Montag, 11. Juli 2011

Beträchtliche Reserven für Konkurrenzkampf

Die Franz Haniel & Cie. GmbH aus Duisburg war seit der Gründung der Weiacher Kies AG im Jahre 1961 bis 2004 der wichtigste wirtschaftliche Partner der Gemeinde Weiach. Dies lässt sich bei der enormen Bedeutung der Kiesabbauentschädigungen für die Finanzlage der Gemeinde kaum bestreiten.

Wenn man das Machtgefälle berücksichtigt, wäre die Frage, ob und inwieweit das deutsche Grossunternehmen seine Stellung ausnutzte oder nicht, einer genaueren Prüfung durchaus würdig. Hier soll es aber vor allem um die mit der Gründung verbundenen Aspekte gehen.

Formal verantwortlich für die Führung der Weiacher Kies AG war zwar die (Jahrzehnte zuvor bereits gegründete; vgl. Quellen und Literatur) schweizerische Niederlassung und 100%ige Tochter des Konzerns, die Franz Haniel AG Basel. Doch es ist klar, dass die strategischen Entscheide im Ruhrgebiet gefällt wurden.

Weiacher Vorhaben konservativ kalkuliert

Die bewegte Geschichte des Konzerns zeigt vor allem eines: dass stetiger Wandel die einzige Konstante ist. Diese geistige Beweglichkeit ist wohl der Hauptgrund, dass das Unternehmen über 250 Jahre überlebt hat. Es existiert heute nur noch, weil sich seine Form und die Tätigkeitsfelder mehrfach radikal verändert haben. Und weil genaue Marktbeobachtung sowie das Eingehen sorgfältig kalkulierter Risiken durch die von Franz Haniels Erben eingesetzten Statthalter zu guten Ergebnissen führten.

Der folgende Ausschnitt aus einem Dokument der Franz Haniel AG Basel (wohl an den Verwaltungsrat gerichtet) zeigt, dass vor 50 Jahren im Hinblick auf den erwarteten Preiskampf besonders konservativ kalkuliert wurde:

«Im Moment ist es leider gänzlich ausgeschlossen, eine genaue Kalkulation [für das geplante Weiacher Kieswerk] zu erstellen. In den oben aufgeführten Zahlen sind jedoch so viele Sicherheiten enthalten, dass sie nur als Richtwerte dienen können. Wir haben dadurch aber auch die Sicherheit, dass uns im Falle eines Konkurrenzkampfes beträchtliche Reserven zur Verfügung stehen. Ausserdem haben verschiedene Kieswerke ab 1. Juli 1961 ihre Preise für Wandmaterial ab Werk um Fr. 2.-- erhöht, was für unsere Rechnung eine zusätzliche Reserve bedeutet.» (Haniel Archiv, Duisburg, ZABW:201, S. 113)

Quellen und Literatur
  • Auszug aus: Haniel Archiv, Duisburg, Signatur: ZABW:201, S. 113.
  • «1924 Gründung der Franz Haniel AG in Basel um Zugriff auf die Kohlemärkte in der Schweiz zu bekommen.» (Quelle: Timeline zur Geschichte der Franz Haniel & Cie GmbH von www.MarCollect.de aus dem Jahre 2008)
  • Bestätigt wird dies durch eine Diplomarbeit der Universität Köln (Kim Holger Opel: Die Goldmarkeröffnungsbilanz 1924 der Franz Haniel & Cie. GmbH im Lichte zeitgenössischer Bilanztheorien. Diplomarbeit im Fach Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Vorgelegt in der Diplomprüfung im Studiengang Betriebswirtschaftslehre der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät an der Universität zu Köln, Köln 2005) entnehmen kann, muss die Franz Haniel AG in Basel bereits Mitte der 1920er-Jahre gegründet worden sein. Vergleiche S. 69, wo über die Zeit von 1925 bis 1929 gesagt wird: «Zum anderen war es die Politik des Generaldirektors Welker, das Vertriebsnetz des Unternehmens durch Gründungen und Zukäufe von Gesellschaften im In- und Ausland (z.B. die A.M Schmidt AG in Riga, die Franz Haniel AG in Basel oder die Aktieselkabet Kjobenhavns Brændsls Kompagni in Kopenhagen) auszubauen.»
Für die Genehmigung zur Veröffentlichung auf WeiachBlog sei Herrn Dr. Ulrich Kirchner, Leiter des Haniel-Archivs, an dieser Stelle herzlich gedankt.

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