Was kommt einem etwas weiter von Weiach entfernt lebenden Schweizer zuerst in den Sinn, wenn er unseren Ortsnamen hört? Kies! Eindeutig. Dafür sorgen schon die seit 2009 auf die Farben der Eberhard-Gruppe umgespritzten Schüttgüterwagen der Weiacher Kies AG, die auf dem Schienennetz verkehren.
Beim Präsidenten des Zürcher Regierungsrates, Ernst Stocker, der aus Wädenswil stammt, liegt überdies die volkstümliche Assoziation von Kies mit Geld nahe. Weil er seit 2015 die Finanzdirektion unter sich hat.
Auch in den 598 Jahren, die Weiach nun mittlerweile zum Zürcher Herrschaftsgebiet gehört, spielten finanzielle Erwägungen für die Leitungsgremien der Handelsstadt Zürich eine wesentliche Rolle. Denn die Weiacher Zehntenerträge flossen direkt in die Kassen und Vorratskammern des Almosenamts, d.h. der Sozialhilfebehörde der Stadt.
Stocker (im Ancien Régime bis 1798 hätte man ihn als Bürgermeister des Zürcher Stadtstaates bezeichnet) beehrte unsere Gemeinde zur Eröffnung der 750-Jahr-Feier mit seiner Anwesenheit und hielt eine kurze Ansprache.
Wie er sich an diesem Abend genau ausgedrückt hat, das bleibt den damals Anwesenden vorhalten. Für die Nachwelt haben wir via seinen Kommunikationsbeauftragten den folgenden Text erhalten, den WeiachBlog nachstehend in vollem Wortlaut und ohne Bearbeitung veröffentlicht. Dialektfärbungen sind also genau so gewollt. Schliesslich hat der Herr Regierungsrat seine Rede ja auch in Mundart gehalten.
Sehr geehrter Herr Gemeindepräsident (Stefan Arnold),
Geschätzter OK-Präsident (Stephan Liechti)
Geschätzte Besucherinnen und Besucher
Ich danke für die Einladung zu diesem Jubiläumsfest, und ich danke für die Gelegenheit, dass ich an diesem einmaligen Anlass dabei sein und das Wort ergreifen darf. Ich wünsche der Gemeinde Weiach zu ihrer 750-Jahr-Feier alles Gute und darf Ihnen an dieser Stelle auch die Glückwünsche vom ganzen Regierungsrat überbringen.
Ich habe die Einladung zu dieser Feier sehr gerne angenommen. Sie denken jetzt vielleicht: Ja klar, er ist ja Finanzdirektor. Und als Finanzdirektor ist er immer auf der Suche nach – sagen wir es mal salopp – Chole, Chlütter, Kies und Schotter, um die Löcher in seiner Kasse zu stopfen.
Kein Wunder also zeigt er sich gerne in dem Dorf, wo durch den Abbau von seinem steinigen Rohstoff bekannt und wohlhabend geworden ist. Vielleicht hofft er insgeheim noch, dass er zwei, drei Bahnwaggons oder einen Extrabatzen nach Zürich mitnehmen kann.
Ich muss zugeben: Zu einem Extrabatzen sagt ein Kassenwart natürlich nie Nein. Es ist auch wahr, dass ich mir schon ein paar Mal gewünscht habe, das Geld würde einfach auf der Strasse oder unter dem Boden liegen. Aber das Kies ist nicht der Grund, warum ich gerne ins Zürcher Unterland gekommen bin.
Vielmehr möchte ich dem OK und der ganzen Gemeinde meinen Dank dafür aussprechen, dass sie die erste Erwähnung von der Gemeinde vor 750 Jahren zum Anlass für dieses grosse Fest genommen hat. Gerade ein Finanzdirektor hat allen Grund, Dorffester zu schätzen, und ich sage Ihnen auch warum.
Meine Damen und Herren, Jahr für Jahr nimmt die Zürcher Bevölkerung zu. Zwar nicht so stürmisch wie hier in Weiach, wo sich die Einwohnerzahl im letzten Jahr verdoppelt hat – aber immerhin. Sie wächst stetig, und das heisst auch: Zürich zieht die Leute an, unser Kanton ist attraktiv.
Ein wesentliches Merkmal von dieser Attraktivität ist: Er bietet auf vergleichsweise kleinem Raum eine schon fast unglaubliche Vielfalt.
Das gilt zum Beispiel für unsere Wirtschaft. Zürich hat etliche internationale Unternehmen, aber auch viele Familienbetriebe, wie sie hier in Weiach zu sehen sind. Es gibt den internationalen Finanzplatz, IT-Unternehmen und immer mehr Firmen im Life-Sciences-Bereich – aber eben auch ein starkes lokales Gewerbe.
Das Gewerbe liefert nicht nur qualitativ hochstehende Arbeit ab. Es bildet in grossem Stil Nachwuchs aus und trägt somit dazu bei, dass es in Zürich überdurchschnittlich viele junge Erwachsene mit einem Sek-II-Abschluss gibt – das heisst junge Leute mit einer Berufslehre, einer Berufsmatur oder Matur.
Zürich ist der bevölkerungsreichste Kanton der Schweiz. Er hat mit Zürich und Winterthur die grösste und die sechstgrösste Stadt, hat eine ausgedehnte Agglomeration. Und doch sind wir der fünftgrösste Landwirtschaftskanton. In unserem Kanton steht die Hälfte aller Hochhäuser in der Schweiz, es gibt aber auch ganz viele intakte Dorfkerne.
So ist es auch mit den Festen. Zu Zürich gehören Grossanlässe wie das Sechseläuten und die Streetparade. Es gibt Parties in Clubs, Festivals, aber eben auch währschafte Dorffeste wie hier in Weiach. Auch Dorffeste gehören zur Vielfalt und Breite von den Angeboten, die das Leben in unserem Kanton so attraktiv machen.
Bei einem Dorffest geht es in erster Linie um Freude, Unterhaltung und die Aussicht auf Kontakte.
Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag zum Festkalender im Zürcher Unterland. So ein Fest bietet auf begrenztem Platz während einer begrenzten Zeit Gelegenheit, dass sich Menschen treffen, unterhalten, und miteinander anstossen und reden können. Sie schaffen damit den Rahmen und die Bühne für gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen.
Sie, meine Damen und Herren, leisten mit ihrem freiwilligen Engagement bei der Organisation eines solchen Jahrhundertanlasses einen unbezahlbaren Beitrag dazu, dass unser Kanton lebendig, gesellig und attraktiv bleibt.
Ich bin überzeugt, dass sich alle gerne an Ihre Feier zum 750-jährigen Bestehen von Weiach erinnern werden. Soweit ist es aber noch nicht. Zuerst feiern wir.
Vielen Dank.
Bildquelle: Instagram-Seite des OK 750 Jahre Weiach
Quelle
- Finanzdirektion des Kantons Zürich (ed.): 750-Jahr-Feier in Weiach. Grusswort von Regierungspräsident Ernst Stocker in Weiach, 9. September 2022 (Es gilt das gesprochene Wort)
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