Wussten Sie, dass es die eidgenössische ALV als je hälftig durch Lohnprozente von allen Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanzierte Arbeitslosenversicherung noch kein halbes Jahrhundert gibt? Sie wurde erst 1976 beschlossen (vgl. den Artikel im Historischen Lexikon der Schweiz).
In den Jahrzehnten davor wurde die Unterstützung über ein System aus eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Leistungen sowie privater Initiativen und Versicherungslösungen bewerkstelligt.
Kantonssubvention beschlossen
So berichtete beispielsweise die Volkswirtschaftsdirektion zuhanden des Regierungsrates (vgl. RRB 1929/0402):
«Die Kälteperiode der Monate Januar und Februar 1929 zeigt ein starkes Ansteigen der Arbeitslosenziffern. Die Bautätigkeit wird gegenüber den Vorjahren mit Verspätung einsetzen. Die Notstandsarbeiten sind eingestellt. Schneeräumungsarbeiten, Wachtdienst an den gefrorenen Seen, sowie die üblichen Winterbeschäftigungen bringen geringen Ersatz für den ausfallenden Verdienst.
Glücklicherweise kann von einer allgemeinen Krisis der zürcherischen Industrien und Gewerbe nicht gesprochen werden. Es handelt sich um lokale Stockungen in einzelnen Zentren, wo hauptsächlich das Baugewerbe und verwandte Gebiete durch den Kälterückfall in ihrer Entwicklung gehemmt sind.
Zur Bekämpfung der Folgen von Winter-Arbeitslosigkeit bei Bauleuten und dem großen Kontingent ungelernter Erdarbeiter und Handlanger ist in erster Linie die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit vorgesehen und ausgebaut. Wo die Notlage sich verschärft hat, ist bereits von einzelnen Gemeinden durch Bewilligung von Zuschüssen in Form von Weihnachtszulagen und Kältebeihülfe etc. eingegriffen worden. Auch private Fürsorge-Institute und Hülfsaktionen stellen neuerdings Mittel zur Verfügung.»
Der Regierungsrat beschloss daraufhin in seiner Sitzung vom 4. März 1929, den Gemeinden zwischen 15 und 25 Prozent ihrer kommunalen Arbeitslosenzulagen zuzusichern.
Weiach ist traditionell unterwegs
Das wenige Jahre später (1934) in die Stadt Zürich eingemeindete Affoltern beantragte kurz darauf eine solche Subvention ihrer an Arbeitslose ausbezahlten Zulagen und erhielt sie auch, samt Bewilligung der ausserordentlichen Budgetüberschreitung (StAZH MM 3.43 RRB 1929/0464).
Im landwirtschaftlicher geprägten Weiach war aber nach wie vor das alte Modell der Absicherung innerhalb des Familienverbands die Regel. Erst wenn dieses Netz reisst, dann wird im minimalen Umfang Sozialhilfe ausgerichtet. Die Mittel dafür sind in einer weitgehend subsistenzbasierten Ökonomie aber begrenzt. Arbeitsfähige sind damit schon einmal nicht unterstützungswürdig.
Getreu dieser Maxime hielt der Weiacher Gemeinderat alles vom Gemeindesäckel fern, was nach Arbeitslosenunterstützung aussah.
Wer den im gestrigen Beitrag bereits erwähnten Protokollband durchsieht, der findet auch Spuren dieser Haltung.
Keine Winterzulage für Arbeitslose
«Als letztes Geschäft folgte die Bekanntgabe eines Kreisschreibens der Volkswirtschaftsdirektion betreffend Winterzulage für Arbeitslose. Wurde beschlossen in unserer Gemeinde keine Winterzulage auszuzahlen.» (Sitzung 9. März 1929, Geschäft Nr. 6)
Diese Politik zog sich auch nach dem Börsencrash vom Oktober 1929 und der daraufhin mit voller Wucht ausbrechenden Weltwirtschaftskrise durch die Weiacher Behördenentscheide. So in einem Entscheid vier Jahre später:
Gewerkschaft blitzt mit Rückforderungsbegehren ab
In der 6te. Sitzung den 29. März 1932, entschied der Gemeinderat abschlägig auf ein Begehren einer Vorgängerorganisation der heutigen Unia zu reagieren:
«Lt. Schreiben des Schweiz. Metall-Arbeiter-Verbandes Sektion Oerlikon verlangt dieselbe an die an Meierhofer Eugen ausbezahlte Arbeitslosenunterstützung im Betrage von Frk. 150.- eine Subvention aus der Gemeindekasse. Wurde beschlossen denselben mitzuteilen, dass die Gemeinde Weiach für Arbeitslosenunterstützungen keine Subventionen auszahlen werde.» (29. März 1932, Geschäft Nr. 4)
Quellen
- Protokoll des Gemeinderates 1928-1934 [Archiv der Politischen Gemeinde Weiach; Signatur: IV B 02.11] – S. 57 & S. 208-209.
- Winterzulage für Arbeitslose. Protokoll des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 4. März 1929. Signatur: StAZH MM 3.43 RRB 1929/0402.
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