Samstag, 18. März 2006

Heiratsstrafe anno dazumal

In den letzten Monaten hat man beobachten können, dass das vollmundig angekündigte Abschaffen der sogenannten Heiratsstrafe doch nicht so einfach zu bewerkstelligen ist, wie sich das einige Politiker vorstellten. Und so bleibt die als verfassungswidrig eingestufte steuerliche Diskriminierung von Ehepaaren gegenüber den Konkubinatspartnern noch etwas bestehen.

Nun hat sich der Bundesrat Mitte Februar für eine Kombi-Lösung entschieden, welche beim steuerbaren Einkommen eine massvolle Erhöhung des Zweiverdienerabzugs und einen Abzug für alle Verheirateten vorsieht.

Sich über die falschen Grenzen verlieben - ein teurer Spass

In früheren Jahrhunderten gab es auch eine Art Heiratsstrafe und zwar dann, wenn dabei Vermögen den eigenen Herrschaftsbereich verliess. Das galt selbst innerhalb des Stadtstaates Zürich, wenn jemand beispielsweise von der Obervogtei Neuamt in eine andere Vogtei zog!

Die Steuern für Vermögen, das mit einem Wegzug das Neuamt oder gar das Zürcher Herrschaftsgebiet verliess, wurden «abzüge» (von abziehen, wegziehen) genannt und schenkten ziemlich ein:

24 lib. «zalt Verena Meyerhoferin von Weyach, so dissmalen zur ehe hat Hanssen Käller zu Glatfelden in der herrschafft Eglisauw, wegen dahin gezogener ungefahr 700 lib. verfangen gut, zu zahlungen ohne zinss gestelt

Dieser Eintrag steht in der ältesten erhaltenen Abrechnung der Obervogtei Neuamt (zu der Weiach damals gehörte) für den Zeitraum 1683/84. Abgeliefert werden mussten also etwa 5% des Vermögens. lib. ist die Abkürzung für Pfund. Das Futter für ein Pferd kostete 1679 pro Tag etwa 1 Pfund.

Wer sich über die falschen Grenzen hinweg verliebte, der hatte aber nicht nur beim Wegzug zu bezahlen. Noch teurer wurde der Einkauf in die neue Gemeinde. Mit dem Erwerb des Bürgerrechts waren dann wenigstens auch handfeste materielle Vorteile verbunden, beispielsweise die Mitbenutzung von Allmenden und Gemeindewäldern.

Die Kassenverwalter wirds gefreut haben. Die oben erwähnte Abrechnung schliesst mit den Worten: «Es habend mgh, die verordneten rechenherren, an disser abgelegten rechnung ein gutes vergnüegen gehebt und getragen. Actum zinstags, den 4ten augst anno 1685. Presentibus herr burgermeister Escher und geordnete rechenherren. Rechenschrybers cantzley.» Die zur Zahlung Verknurrten werden allerdings für die gute Stimmung, die der Schreiber hier den mgh (meinen gnädigen Herren) attestierte, wohl wenig Verständnis aufgebracht haben.

Quellen
  • Bussgelder, Wegzugssteuern und andere Ärgernisse (Teil 1). Wofür einige Wey­acher ihr sauer verdientes Geld ausgeben mussten. Weiacher Geschichte(n) 25. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Dezem­ber 2001 – S. 16.
  • Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil. Rechte der Landschaft. Erster Band. Das Neuamt. Aarau 1996 – Nr. 26 Rächnung wegen der vogtey in dem Neüwen Amt von Johanni anno 1683 bis anno 1684, Original: StAZH F III 21 c, Papierheft von 4 Bogen.

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