Montag, 4. Dezember 2006

Ordnung muss sein. Auch bei Grabmälern.

Eine der letzten Ausgaben des «Schweizerischen Beobachters» mokiert sich über den kommunal blühenden Föderalismus an der letzten Station des menschlichen Lebens:

«Zu dick, zu schwarz, zu poliert, zu schräg: In den Friedhofsreglementen der Schweizer Gemeinden finden sich Tausende überflüssiger, skurriler Vorschriften, wie Grab und Grabstein auszusehen haben», liest man im Lead des Artikels.

Und in der Tat: die Deutschschweiz scheint wirklich ein Hort des (wenigstens nach dem Tode gelebten) Egalitarismus zu sein. Zumal wenn man einen Vergleich mit den Nekropolen umliegender Länder wagt. Man denke nur an Friedhöfe in Frankreich oder Italien mit teils monumentalen, jahrhundertealten Familiengruften.

Familiengräber nicht gefragt

Das «Modell Egalité» - jedem gleich viel Platz; ein genormtes Reihengrab am andern - ist offensichtlich weitgehend akzeptiert und in den Köpfen der Dorfbevölkerung verankert.

Der Friedhofvorsteher meint denn auch, er habe noch gar nie eine Anfrage für ein Familiengrab erhalten. Das habe vielleicht auch damit zu tun, dass dieses teurer sein als ein normales Reihengrab.

Mag sein. Möglich ist auch, dass man eben nicht auffallen will und sich um keinen Preis für alle sichtbar als etwas «Mehrbesseres» inszenieren möchte. Ganz abgesehen davon können in einem herkömmlichen Reihengrab auf Wunsch ja auch mehrere Urnen bestattet werden.

Nachdem unser Gemeinderat in der neusten Ausgabe der «Mitteilungen» ausführlich auf die neue, seit 2004 geltende, Friedhofsordnung eingegangen ist, und gar noch anfügte: «Genaue Angaben über die Masse der Gräber und die Vorschriften finden Sie in der Friedhof- und Bestattungsverordnung, welche auf der Gemeinderatskanzlei auf Verlangen abgegeben wird», stach den Blogger der Hafer und er beschloss, dem Wortlaut auf den Zahn zu fühlen.

Harmonisch ins Gesamtbild passen

Die vom Beobachter aufs Korn genommenen Grabplatten sind in der Weiacher Verordnung im Kapitel 6 abgehandelt. Art. 18 regelt Materialien, Bewilligung und das Stellen der Grabmäler:

«Jedes Grabmal muss sich in Form, Farbe und Werkstoff harmonisch in das Gesamtbild des Friedhofes einordnen.

Von der Verwendung ausgeschlossen sind: Kunststeine, Kunststoffe, Klinker, Blech, Gusseisen, Draht, Porzellan, Glas, Email und ähnliche, ungünstige
(sic!) wirkende Materialien.

Für die Errichtung von Grabmälern ist die Bewilligung des Friedhofvorstehers einzuholen. Das Gesuch ist im Doppel einzureichen. Eine Skizze 1:10 mit allen Massangaben, Hinweise auf Material und Ausführung, ist dem Gesuch beizufügen.

Die Grabmäler, und Grabplatten, dürfen frühestensnach Ablauf eines Jahres nach der Beisetzung aufgestellt werden, Bei Frost und Niederschlägen ist das Aufstellen von Grabmälern untersagt.
»

Keine Regel ohne Ausnahme. Auf Urnengräbern darf der Grabstein sofort aufgestellt werden. Das leuchtet ein. Ein Urnengrab ist viel kleiner; da muss sich auch die wieder eingefüllte Erde nicht erst wieder grossflächig setzen können.

In Art. 19 folgen die Maximal-Masse, die je nach Kategorie unterschiedlich sind. Sieben sind es insgesamt. Es gibt Reihengräber für Erwachsene (inkl. Kinder im schulpflichtigen Alter), Reihengräber für Vorschulkinder, Urnengräber im alten Friedhofsteil, Reihengräber für Erd- bzw. Urnenbestattungen im neuen Teil (Fuori le mure). Und ganz neu seit 2004: Wiesengräber für die Beisetzung von Urnen. Nur beim Gemeinschaftsgrab für die Beisetzung von Asche (ohne Urne) gibt es keinen Grabstein oder sonstige Kennzeichnung.

Der Artikel 19 schreibt weiter vor: «Die vorgeschriebenen Höchstmasse dürfen bei freien Plastiken, Kreuzen, schlanken Stellen (sic!; gemeint sind wohl: Stelen) um maximal 10 cm überschritten werden. Kreuze dürfen die Maximalbreite um 5 cm überschreiten.»

Werbung ist nur ganz dezent erlaubt: «Der Hersteller darf seinen Namen nur an der Seitenfläche des Grabmales und in unauffälliger Weise eingravieren.»

Alles klar? Also bitte keine Email-Porträts der lieben Verstorbenen (und schon gar keine E-mail-Porträts *schmunzel*).

Was «ungünstig wirkende» Materialien im Sinne dieser Verordnung seien, das wissen die auf Grabplatten spezialisierten Steinmetze offenbar sehr genau. Bisher sei es noch nicht vorgekommen, dass jemand Beschwerde oder gar Rekurs gegen einen Entscheid eingelegt habe, meint der Friedhofvorsteher.

Die Ordnung stellt sich also sozusagen selbst her. Wenigstens im (noch) ländlichen Raum.

Quellen und Literatur
  • Politische Gemeinde Weiach (Hrsg.): Friedhof- und Bestattungsverordnung vom 23. November 2004.
  • Müller, M.: Friedhöfe. Nichts ist so genormt wie der Tod. In: Beobachter Nr. 23/2006.
  • Gemeinderat Weiach (Hrsg.): Friedhof und Bestattungen. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Dezember 2006, S. 5-6.

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