Montag, 18. Dezember 2006

«Es sind ja fast nur Behördenmitglieder da»

Politische Gemeinde, Primarschulgemeinde und Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Weiach. In dieser Reihenfolge fanden vor einer Woche die Weiacher Budgetgemeinden statt. In traditionsgemässer Abfolge wie aufgelistet und wie immer in der Adventszeit - heuer am 11. Dezember 2006.

«Es sind ja fast nur Behördenmitglieder da». Mit diesen Worten eröffnete der Gemeindepräsident, Gregor Trachsel, kurz nach 20 Uhr die Veranstaltung im Gemeindesaal unter der Turnhalle. Er verzichtete daher auf eine Vorstellung der Mitglieder des Gemeinderats. Und in der Tat war man «en famille»: gerade einmal 30 Stimmberechtigte wurden gezählt, Gemeinderat inklusive.

Tages-Anzeiger glänzte mit Abwesenheit

Die Zürcher Landzeitung, der noch junge Verbund von Zürcher Unterländer und Neuem Bülacher Tagblatt, war trotz allem mit einem Vertreter vor Ort. Auf die Frage, ob Nichtstimmberechtigte im Saal seien, hob ZU-Redaktor Florian Riesen brav die Hand.

Die Regionalredaktion Unterland des Tages-Anzeigers demonstrierte dagegen Desinteresse und hielt es nicht für nötig, sich in Weiach auch nur zu zeigen. Ein weiterer Hinweis darauf, dass es dem Tages-Anzeiger primär um den Umsatz, und weniger um die Region selber geht. Immerhin wird der WeiachBlog mehr oder weniger regelmässig abgegrast.

Doch kommen wir zu den eigentlichen Geschäften des Abends, den Budgets.

In den Budgetgemeinden geht es um den Voranschlag des folgenden Jahres. Meist ist das eine Formsache. Der Grund ist ein ganz einfacher und hängt eng zusammen mit dem Desinteresse der grossen Mehrheit der Stimmberechtigten: Der Spielraum der Gemeinden wird nämlich immer kleiner. Nur noch wenige Budgetposten können überhaupt in eigener Kompetenz bewilligt werden. Über den grossen Rest bestimmt der Kanton - zum Teil bis ins kleinste Detail hinein.

Ziel: Keine Steuererhöhung

Wie ein roter Faden zieht sich diese Maxime quer durch die drei Gemeinden. Die politische Gemeinde präsentierte ein Balkendiagramm welches die Entwicklung über die letzten zehn Jahre zeigt. Sie ist im wesentlichen ausgeglichen. Festzustellen ist aber schon seit längerer Zeit ein hoher Aufwandüberschuss. Deshalb gelte die Maxime: «Inveschtizione schträhle, wo’s nu gaat», sagte Gemeindepräsident Trachsel. Man will den Steuerzahler möglichst nicht vergraulen.

Anschluss ans LeuNet

Dennoch sind einige Investitionen unumgänglich. So muss beispielsweise die EDV der Gemeinde ans so genannte «LEUnet» des Kantons angeschlossen werden. Grund für diese Auslagerung auf einen externen Server sei die zunehmende Zentralisierung von Funktionen der Einwohnerkontrolle, der Militärverwaltung und der Verarbeitung der Steuererklärungen. Sie alle verlangten neue Programme, die auf den bestehenden Rechnern nicht mehr installiert werden können. Der Vorteil sei immerhin, dass ein grosser Teil der Infrastruktur eingespart und der EDV-Raum im Parterre des Gemeindehauses zu einem weiteren Besprechungsraum umfunktioniert werden könne. Kostenpunkt: 80'000 Franken.

Als weitere Kosten für nächstes Jahr sind die Verfahrenskosten des Quartierplans See-Winkel mit 17'000 Franken veranschlagt. Die eigentliche Erschliessung des Gebiets See-Winkel ist für 2009 vorgesehen und soll mit 250'000 Franken zu Buche schlagen.

Das Ortsmuseum erhält ein neues Dach

Im nächsten Jahr unumgänglich sei die Sanierung des Daches des Ortsmuseums am Müliweg 1. Neue Balkenlagen und Sparrenlagen sind vorgesehen, zu Gesamtkosten von 75'000 Franken. Nur so ist sichergestellt, dass es nicht mehr in die elektrischen Installationen hineinregnet - was vor einigen Monaten gleich zweimal in einer Nacht zu einem Feueralarm führte (WeiachBlog berichtete am 5. Februar: Brandmelder entdeckt Dachschaden). Für die Erneuerung des Spielplatzes sind 40'000 Franken vorgesehen.

Entschleunigung auf der Stadlerstrasse nimmt Formen an

Für die Projektierung der Verkehrsberuhigung auf der Stadlerstrasse sind 80'000 Franken vorgesehen. Präsident Trachsel hängte an der Stirnwand des Saals eine grosse, farbig gedruckte Planrolle auf. Sie sei soeben eingetroffen und daher noch nicht mit den Beteiligten (insbesondere der Schulpflege) besprochen worden.

Ins Auge sticht darauf beispielsweise die neue Diagonalverbindung vom Gemeindehaus zum Schulhaus-Komplex - quer über die Strasse. Diese soll überdies durch eine 2.5 m lange Mittelinsel geteilt werden. Das Ziel ist, die Autos hinter dem anhaltenden Bus warten zu lassen. Die Intention ist ganz deutlich: man will einen direkten Bezug der Spielplatz-Wiese (zwischen Gemeindehaus und Baumgartner-Jucker-Haus) zum Schulhausareal herstellen.

Weitere Bauvorhaben: Belag erneuern und Kanalnetz sanieren

Das ist aber noch nicht alles. Über die nächsten Jahre wird im Gebiet Winkelstrasse-Büelstrasse-Oberdorfstrasse eine Belagserneuerung fällig. Sie soll 2008 ausgeführt werden und 20'000 Franken kosten. Im darauffolgenden Jahr ist die Strassenbeleuchtung im Quartier See-Winkel vorgesehen - für 120'000 Franken. Die neu zu erstellende Kanalisation im selben Gebiet soll 30'000 Franken kosten.

Ein grosser Brocken wird in Tranchen unterteilt: die Sanierung des Kanalisationsnetzes wird in den Jahren 2007 bis 2010 jedes Jahr mit 50'000 Franken alimentiert. Auch der Anschluss an die ARA Hohentengen will finanziert sein: das kostet bis 2010 jährlich 90'000 Franken, der Kantonsbeitrag von 2000 Franken pro Jahr fällt da kaum ins Gewicht. Eine wirksame Entlastung bringen die von den Grundeigentümern zu berappenden Anschlussgebühren im Gebiet See-Winkel. Sie sollen sich auf 60'000, dann zwei Jahre 40'000 und noch einmal 4000 Franken belaufen. Der Generelle Entwässerungsplan schlägt mit 24'000 Franken zu Buche, abzüglich 8000 Franken Bundes- und 1000 Franken Staatsbeitrag.

Wasserversorgung: Quellfassung Brunngasse sanieren

Ähnliches ist bei den Wasseranschlussgebühren des Quartierplangebiets budgetiert: 48'000 und dreimal 40'000 Franken über die Jahre 2007-2010.

Das wichtigste Vorhaben für 2007 ist jedoch die Sanierung der Quellfassung Brunngasse. Sie soll 90'000 Franken kosten (nach Angaben des Gemeindepräsidenten «wahrscheinlich weniger») . Der Generelle Wasserversorgungsplan (GWP) wird erst 2008 spruchreif - mit Kosten von 10'000 Franken.

Ebenfalls 2008 werden für die Gemeinde Kosten von 50'000 Franken aus dem Quartierplan Bedmen erwachsen, da die politische Gemeinde dort ein Stück Land besitzt.

Schliesslich sind noch der Sicherheitszweckverband Glattfelden-Stadel-Weiach mit 2007 vorgesehenen 10'000 und 2008 zu budgetierenden 20'000 Franken zu nennen. Ein signifikanter Budgetposten ist ausserdem das Spital Bülach mit einem Gemeindeanteil von 77'000 Franken für 2007, 45'000 für 2008, 33'000 für 2009 und noch 11'000 für 2010.

Wo es mehr und wo es weniger kostet

Interessant sind die Abweichungen zum Voranschlag 2006. Auf der Aufwandseite sind dies:

  • Mehr EDV-Kosten: +22'000 Franken (RZ-Anschluss ans LEUnet; Investitionen viel tiefer als wenn man eine eigene Anlage kaufen würde).
  • Sockelbeiträge Spitäler: (für jeden Spitaltag eines Einwohners der Gemeinde) +60'000 Franken !!
  • Sozialhilfe: +69'000 Franken (die Anzahl der Fälle hat zugenommen).

Soziales schlägt sich denn auch mit 15%, Behörden und Verwaltung mit 20% im Aufwand nieder. Auf der Ertragsseite gibt es Erfreulicheres:

  • Gewinnausschüttung ZKB: +40'000 Franken (es wird ein gutes Ergebnis erwartet, was bei 20 Milliarden Boni für die Kader einer einzigen Grossbank auch nicht verwundert)
Die Liegenschaftengebühren machen 13% aus. Finanzen und Steuern hingegen mehr als die Hälfte: 56%.

Aufwandüberschuss - und warum die Steuern nicht erhöht werden mussten

Im Budget 2007 ist der Aufwandüberschuss mit Abschreibungen auf 494'450 Franken voranschlagt. Bei Abschreibungen von 444'500 Franken ist der eigentliche Überschuss also lediglich ca. 49'000 Franken. Dieses Defizit darf nicht höher sein als 3 Steuerprozente. Werden sie überschritten, müssen die Steuern zwingend erhöht werden. Der Kanton verhindert mit dieser Vorschrift zu grosse Entnahmen aus dem Eigenkapital. Eine Gemeinde soll nicht plötzlich mittellos dastehen, weil sie sich zu Tode gespart hat.

Der Haken an der Sache ist die Bewertung der Liegenschaften. Eine Gemeinde mit viel Land kann alle 10 Jahre, wenn jeweils eine Neubewertung erfolgt, beträchtliche Buchgewinne erzielen. Allein für Weiach kommt auf diese Weise 1 Million Franken an Anlagevermögen hinzu (das Industrieland des Kieswerks musste aufgrund des Baurechtszinses höher bewertet werden). Bleibt zu hoffen, dass ein drastischer Preiszerfall des Bodens nicht auch gleich die Gemeinden in den Ruin treibt.

Für 2007 ist der Steuerfuss der politischen Gemeinde auf 18% festgesetzt, was 432'000 Franken abwirft. Der Rest des Aufwandüberschusses wird durch Eigenkapitalentnahme gedeckt. Weiter teilte der Gemeindeschreiber mit, die 79% Eigenfinanzierungsgrad seien kein schlechtes Resultat, räumte aber ein, die Gemeinde werde dadurch schleichend ärmer, weil die Substanz abnehme.

Ärgernisse 1 und 2 des Abends: Katzengeschäfte und Autowracks

Die Traktanden 2 und 3 waren schon im Vorfeld zurückgezogen worden. Anschliessend an die Annahme des Budgets ging man daher direkt zur Allgemeinen Umfrage über. Schriftliche Eingaben waren keine erfolgt. Dafür wurden direkt Fragen gestellt:
  • Der bekieste Übergang vom alten zum neuen Friedhofsteil befriedigt nicht, denn dort erledigten die Katzen ihr Geschäft. Könnte man dieses Kies nicht verringern?
    Gemeindepräsident Trachsel erklärte, er habe das auch festgestellt, das sei aber ein nicht ganz einfaches Problem. Pflästerung wie im alten Friedhofsteil habe finanziell nicht dringelegen. Zu groben Schotter hätte man man auch nicht gewollt. Fazit: Man könne nichts anderes machen, bis man eine bessere Lösung finde. Wie die allerdings aussehen soll, blieb offen.
  • Als nächstes wurde das nach wie vor trostlose Aussehen des neuen Friedhofsteils thematisiert. Trachsel sagte, die Bäume würden nun ordentlich wachsen. Ausserdem seien Pfingstrosen in der Wiese gesetzt worden. Im übrigen sei das halt so mit Neuanlagen von Friedhöfen - das seien einfach nur Wiesen, wenn man nicht für teures Geld einen Park daraus mache wie in der Stadt. Gemeinderat Boris Macullo fügte hinzu, nächstes Jahr werde die Pflege intensiviert. Es solle dann zwar nicht mehr Begrünung geben, die vorhandene werde aber anders gepflegt.
  • Die nächste Beschwerde aus der Runde betraf das Abstellen von defekten Autos und Autowracks auf dem Parkplatz des Restaurants Bahnhof.
    Dem Gemeindepräsidenten ist dieser unschöne Zustand sehr wohl bewusst. Es brauche aber «einen härteren Tatbestand, dass wir etwas in den Händen haben». Sonst könne man gegen die dafür Verantwortlichen nicht mit der nötigen Schärfe vorgehen.

Ärgernis 3: Wieder einmal die Cablecom

Schliesslich wurde noch das leidige Thema Cablecom angeschnitten. «Kannst Du dazu etwas sagen?», wurde der Gemeindepräsident gefragt. Die Antwort liess an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig: «Die Cablecom ist Meister in der Hinhaltetaktik. Wir haben zwar einen Brief bekommen, aber gemacht wurde nichts. Sie gehen nur dorthin, wo es viele Abonnenten hat und wo sie viel herausholen können. Wir haben versucht Druck zu machen. Sie kamen um zu erklären, wie arm sie seien und schlussendlich kam heraus, dass die Gemeinde 100'000 Franken in die Hand nehmen müsste. Dann käme das digitale Fernsehen etwas früher, sagten sie». Doch bis 2010 müssten sie den Ausbau ohnehin bewerkstelligen, denn dann werde es nur noch Digitalfernsehen geben.

Was die Swisscom anbelange, liege der Fall etwas anders: Dort hänge es an der zu schwachen Zentrale in Stadel. Die Leitungen seien schnell ausgewechselt oder schon ausreichend für die gewünschten Datendienste, sagte Trachsel.

In Rekordzeit abgehandelt: das Budget der Primarschulgemeinde

Die folgende Schulbudgetgemeinde war schnell vorbei. Rainer Hüssy konnte ebenfalls lediglich 30 Stimmberechtigte begrüssen, sich selber und die Mitglieder der Schulpflege inklusive.

Das Verlesen des Budgets war leider eine ziemlich lustlose Folienübung - viel zu kurz gezeigt und noch knapper kommentiert. So macht es keinen Spass. Wer die Unterlagen nicht schon im stillen Kämmerlein en détail studiert hatte, der blieb ob des hohen Tempos auf der Strecke.

Trotzdem seien hier einige Eckdaten gegeben. Beim Aufwand ist vor allem die Sonderschulung zu nennen. Sie allein verschlingt nach Voranschlag 200'000 Franken - Tendenz steigend!

Beim Ertrag fällt auf: 88% stammen aus Steuern und Kapitaldienst. Um den Steuerfuss konstant zu halten, wurden im Jahr 2007 überhaupt keine Investitionen vorgesehen.
2008 oder im Jahr darauf werde dann aber der Rote Platz fällig. Dieser grosse Brocken von 100'000 Franken liegt der Schulpflege ziemlich auf dem Magen. Zumal die Nutzung dieses Hartplatzes nur klein sei, meinte der Präsident der Schulpflege auf Nachfrage.

Der Beibehaltung des Steuerfusses auf dem Niveau von 46% wurde seitens der Versammlung denn auch kommentarlos zugestimmt. Das hängt einerseits damit zusammen, dass die Steuersätze der letzten zehn Jahre sich im Schnitt auf 47.6% belaufen. Andererseits (und vor allem) aber damit, dass ca. 90% der Ausgaben von der Schulpflege gar nicht beeinflusst werden können. Der grösste Ausgabeposten, die Personalkosten, wird nämlich vom Kanton vorgegeben. Fragt sich nur, weshalb dann die Lehrerlöhne nicht gleich direkt aus Kantonsmitteln finanziert werden.

Es geht sogar noch kürzer: Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde im Schnellverfahren

Kurz vor 21 Uhr verliessen die Katholiken und einige Gemeindebedienstete den Saal. Immerhin 20 Stimmberechtigte wurden für die letzte Budgetgemeinde des Abends noch gezählt - wieder inklusive der Kirchenpflege selber, versteht sich.

Zum Voranschlag äusserte sich die Pflege überhaupt nicht. Das könne man alles in den Unterlagen nachlesen. Auf S. 33-34 würden die wesentlichsten Abweichungen festgehalten. Das war den Anwesenden offenbar Auskunft genug. Der Voranschlag 2007 wurde bei unverändertem Steuerfuss kommentarlos genehmigt.

In der Allgemeinen Umfrage wurde mitgeteilt, dass von einer Durchführung der Kirchgemeindeversammlung am Sonntag nach dem Gottesdienst Abstand genommen werde. Die Budgetgemeinden sollten alle am selben Abend stattfinden. Man überlege sich nun, künftig die Reihenfolge der Versammlungen situativ zu ändern, also beispielsweise die Kirchgemeinde als erste, dann die politische und schliesslich die Primarschulgemeinde.

Mit der Anmerkung, dass gegen die gefassten Beschlüsse schriftlich Beschwerde beim Bezirksrat erhoben werden könne, schloss Kirchgemeindepräsidentin Karin Klose die Versammlung.

Alles über die Bühne - in knapp über einer Stunde.

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