Dienstag, 20. April 2010

Warum es zur Milizarmee keine Alternative gibt

Seit der im Sommer 2008 mit dem Subprime-Debakel eingeläuteten Finanzkrise ist das Vertrauen in die Eliten nur noch an einem kleinen Ort. Der Normalbürger macht immer häufiger die Faust im Sack und manche fordern bereits offen die Köpfe der Abzocker.

Im Moment ist es an der Oberfläche noch ruhig. Aber das könnte sich ändern. Sollte die Wirtschaft der westlichen Hemisphäre vollends den Bach hinuntergehen (was bei der exorbitanten Geldmengenausweitung und den mangelhaften Eigenkapitalquoten der Grossbanken leider nicht ausgeschlossen ist - im Gegenteil), dürfte sich wohl selbst der Mittelstand nicht mehr ruhig halten.

Nicht einfach gegen das eigene Volk einsetzbar

In solchen Situationen wird sich die Schweiz glücklich schätzen können, wenn sie noch eine Milizarmee hat. Denn eine solche Armee kann man nicht einfach so mir nichts dir nichts zum Ordnungsdienst abkommandieren, sprich mit der Aufstandsbekämpfung betrauen.

Dass dem so ist, musste die Zürcher Regierung bereits im 17. Jahrhundert, anlässlich des Bauernkriegs von 1653 feststellen. Im Weiacher Kirchturmdokument von 1659 schrieb Pfarrer Ernj zu diesem Thema:

«Alls man zält 1653 sind die Berner und Luzerner buren wider ire Oberkeit loss gezogen, denselbigen zween Oberkeiten sind ze hilf komen die heren von Zürich ... sambt anderen mehr orten ..., aber es hat etlichen die Köpf kostet.»

Gemeint: unter den aufständischen Bauern. Dass die Hiesigen aber durchaus Sympathien für den Aufstand der Emmentaler und Entlebucher Bauern hatten, zeigte sich als die Unterländer unter dem Kommando des zürcherischen Junkers Grebel gegen die widerspenstigen Berner und Luzerner ausrücken sollten.

In Niederweningen und Schöfflisdorf (und vielleicht auch an anderen Orten) weigerte man sich nämlich offen, diesem Aufgebot Folge zu leisten: «sie wellint nit ins Bernpiet, die Puren tot ze schlagen», las sich das dann in den obrigkeitlichen Protokollen.

Den Kopf der Perücken gefordert

Solche Aufstände erschreckten die Gnädigen Herren zutiefst. Sie versuchten bis zum Ende des Ancien Régime mittels Abschreckung an der Macht zu bleiben:

«Pfyffer erzählt folgenden merkwürdigen Fall vom Jahr 1732. Beat Knübühler von Willisau hatte im betrunkenen Zustande, als er zu Luzern zu den auf dem Unterthor aufgesteckten Rebellenköpfen (von 1653, dem Bauernkriege her) hinaufschaute, ausgerufen: "Es wird eine Zeit kommen, wo die Perüken da hinauf müssen." Ferner hatte er geäussert, er wolle noch Schultheiss in Luzern werden. Derselbe wurde dafür eine Stunde neben den Pranger gestellt, mit einem Zeddel am Halse mit der Inschrift: "Wegen rebellischen Reden". Ferner ward er zu Willisau in seinem Hause für seine Lebenszeit an die Kette geschlagen und angeguntet (d.i. die Kette an der Wand befestigt).» (Osenbrüggen)

Wenn eine Regierung auf diese Weise ihre Ratlosigkeit dokumentieren muss, ist das schon schlimm genug. Dann sollte sie wenigstens nicht auch noch ein stehendes Heer von bezahlten Söldnern zur Verfügung haben.

Quellen
  • Walter Zollinger: Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach. Chronik Weiach. 1271-1971 (1. Aufl. 1972, 2., ergänzte Aufl. 1984.) - Kapitel Bauernunruhen.
  • Eduard Osenbrüggen: Deutsche Rechtsalterthümer aus der Schweiz – S. 42-43.

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