Sonntag, 28. Februar 2021

Nahe Verwandte: Die Kirchen von Niederhasli und Weiach

Mit ihrem himmelwärts strebenden, achtseitigen Spitzhelm auf dem Dachreiter gilt die evangelisch-reformierte Pfarrkirche von Weiach als Wahrzeichen des Dorfes. Ganz so einzigartig wie dieses Bauwerk wirkt, ist es im Zürcher Unterland allerdings nicht.

Emil Aftergut vergleicht in seiner Dissertation aus dem Jahre 1922 die Weiacher Kirche von 1706 explizit mit der 1683 erbauten Kirche Unterdorf in Affoltern bei Höngg (seit 1934: Zürich-Affoltern).

Darauf hat der Redaktor des WeiachBlog bereits in seiner Schrift zum 300-jährigen Jubiläum des Weiacher Gotteshauses hingewiesen.


Links die Kirche Unterdorf, Zürich-Affoltern, rechts die Kirche Weiach
(Abb. 9 auf S. 18 der Monografie «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach»)

Nun gibt es aber noch ein weiteres Bauwerk, das unserer Kirche sehr ähnlich sieht. Und dieses liegt geographisch sogar noch näher als Affoltern. Es handelt sich um die Reformierte Kirche Niederhasli.

Im Gegensatz zur Weiacher Kirche, die auf einem neuen Bauplatz errichtet wurde, steht die Niederhasler Kirche an der Nöschikonerstrasse am Platz ihrer Vorgängerinnen. Die Baugeschichte reicht nachweislich bis mindestens ins Jahr 1188 zurück, als die damalige Kapelle von der Kirche in Bülach abgelöst wurde.


Die Kirche von Niederhasli im Jahre 1943 (aus: Hauswirth, S. 145)

Der heutige Zustand datiert auf das Jahr 1703 zurück, als gemäss dem Niederhasler Chronisten Hauswirth, die 1469 fertiggestellte alte Kirche den Anforderungen nicht mehr genügte: «Die Barockzeit brachte die damals übliche Erweiterung zur Saalkirche. Anlass zum grossen Umbau gab die Baufälligkeit des Turmes.» 

Die Baupläne wurden offensichtlich nicht nur einmal verwendet

Man habe zwar eigentlich zuerst nur einen neuen Dachreiter bauen wollen, erläutert Hauswirth weiter. Als die Baukommission (bestehend aus dem Obervogt und einem weiteren Ratsherrn aus Zürich) jedoch feststellen musste, dass der Chor der Kirche aus dem 15. Jahrhundert (ein Wiederaufbau nach der Zerstörung der mittelalterlichen Kirche im Alten Zürichkrieg am 7. Juni 1443) zu alterschwach geworden war, entschloss sie sich, den heutigen polygonalen Chorabschluss erstellen und den Dachreiter darauf anbringen zu lassen.

Der genannte Obervogt war der des Neuamts, derselben Verwaltungseinheit, der auch Weiach von 1442 bis 1798 angehört hat. Es verwundert daher nicht wirklich, dass die Ähnlichkeit des Bauplans zu dem von Weiach frappant ist. Die Masse des Langhauses sind zwar nicht gleich, aber ähnlich:
  • Niederhasli: 9 m breit, ca. 19 m langer Saal (gemessen ohne Chorpolygon);
  • Weiach: 10 m breit, ca. 21 m langer Saal (ohne Chorpolygon) [geändert am 28.2. um 10 Uhr nach Fietz 1943; ursprüngliche Angabe: 12 m, aus dem Katasterplan herausgemessen].
Die Niederhasler Kirche konnte kleiner gebaut werden, weil es in den anderen Ortsteilen der damals (und noch bis 1840) Nöschikon und Niederglatt umfassenden Gemeinde weitere Gotteshäuser gab.

Als es 1705 um den Neubau der Weiacher Kirche ging, musste der Neuamts-Obervogt also nicht wieder bei Null anfangen, sondern konnte auf frische Erfahrungen aus der erfolgreichen Erweiterung in Niederhasli zurückgreifen.

Bemerkenswert ist es daher, wenn Pfr. Heinrich Brennwald im Weiacher Turmkugeldokument Nr. 2 von 1706 vermerkt, dass gleich eine ganze Reihe von Handwerkern aus Niederhasli und Nöschikon stammten, so der Maurermeister und einer seiner sieben Mitarbeiter, dann zwei der vier Steinhauer, sowie – mit einer Ausnahme – alle Zimmerleute!

Auch die Innenausstattung weist Ähnlichkeiten auf. So ist beispielsweise die Weiacher Kanzel mitsamt Schalldeckel in ähnlichem Stil gestaltet wie die von Niederhasli aus dem Jahre 1703 (vgl. Hauswirth S. 148 und Brandenberger 2006, S. 35).

Die Weiacher Kirche ist daher so etwas wie die jüngere Schwester der Kirche Niederhasli.

Quellen und Literatur
  • Brennwald, H.: Turmkugeldokument Nr. 2 vom 9. August 1706. Signatur des Originals: OM Weiach KTD 2. Volltext-Edition in Brandenberger, U.: Zeitkapsel Turmknopf. Weiacher Turmkugeldokumente Bd. 1. Wiachiana-Verlag, Trub 2017 (in Überarbeitung).
  • Aftergut, E.: Reformierte Kirchen im Kanton Zürich von der Reformation bis zur Romantik, Diss. Univ. Zürich 1922.
  • Fietz, H.: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich [Kdm]. Band II: Die Bezirke Bülach, Dielsdorf, Hinwil, Horgen und Meilen. (Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 15). Basel 1943 – S. 143-144.
  • Hauswirth, F.: Niederhasli. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. vom Gemeinderat Niederhasli. Niederhasli 1988 – S. 144-145 u. 148. [Kapitel über die Kirchen: pdf, 9.0 MB]
  • Brandenberger, U.: «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». 300 Jahre Kirche Weiach, 1706 – 2006. Herausgegeben von der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach und der Ortsmuseumskommission Weiach. Weiach 2006 – S. 18. [Online-Ausgabe 2007]
  • Brandenberger, U.: Pfarrer Brennwald beim Bau der Kirche zu Tode geärgert. WeiachBlog Nr. 1553 v. 25. Juli 2020.

Keine Kommentare: