In WeiachBlog Nr. 1762 war die Rede von den Zehntenrechten zu Niederglatt und Nöschikon, die ab 1487 dem Stadtzürcher Bürgergeschlecht der Zweifel gehörten. Aus dem Verkaufserlös von 7000 Pfund erhielt die Weiacherin Margreth Baumgartner, Ehefrau eines der Zweifel, 1581 ihre 100 Pfund Morgengabe ausbezahlt.
Spezielle Finanzierungsvehikel wie das oben beschriebene waren im 16. Jahrhundert nicht unüblich. Am heutigen Datum vor einem halben Jahrtausend, dem 4. November 1521, hat die Gemeinschaft der Kapläne zum Grossmünster in Zürich ein Finanzinstrument genutzt, um sich den Ankauf des Grossen Zehntens von Weiach auch wirklich leisten zu können.
Dieses Zehntrecht hatte seit 1375 die aus Kaiserstuhl stammende Ministerialadelsfamilie Escher inne, die 1384 bzw. 1385 das Zürcher Bürgerrecht erworben hat und nach ihrer Übersiedlung dorthin eine massgebende Rolle einnahm. In diesen rund 150 Jahren der Besitzdauer erhielt dieser Zehnten auch seinen gebräuchlichen Namen: «Escher Gross Zehnten».
Unbeschränkte Laufzeit
Wann genau die Escher dieses Nutzniessungsrecht mit variabler Auszahlung in Naturalien an die Propstei Zürich (so wurde die Bruderschaft auch genannt) verkauft hatten, ist nicht ganz klar. Anfang November 1521 vereinbarten die Käufer jedenfalls eine Art Hypothekargeschäft. Sie tilgten ihre Schulden, indem sie eine ewige Gült errichten liessen. Also ein Wertpapier, das dem Gläubiger eine regelmässige Geldzahlung versprach und zwar mit unbeschränkter Laufzeit.
Im Regest der Urkunde StAZH C II 1, Nr. 828, die «uf menntag vor St. Martis tag» (Montag vor Martini) ausgestellt ist, liest sich das wie folgt:
«Die Gemeinschaft der Kaplane an der Propstei Zürich, welche von Heinrich Escher, Vogt zu Greifensee, den Zehnten zu Weiach (Schreibweise: Wygach) mit Haus und Hofstatt, die dazu gehören, gekauft haben und ihm von da her 470 rheinische Gulden schuldig geblieben sind, verkaufen ihm um diesen Betrag einen jährlichen Zins von dreiundzwanzig Gulden, versichert auf den genannten Zehnten, unter Vorbehalt des Rückkaufs.»
Der Zürcher Staat legt seine Hand auf den Weiacher Zehnten
Sollte die Bruderschaft also nicht mehr zahlen können, dann würde der Zehnten wieder an die Escher fallen. Dieses Risiko wurde aber bald gegenstandslos, denn mit der Reformation wurde die Gemeinschaft der Kapläne im Jahre 1523 zum reformierten Chorherrenstift zum Grossmünster umgewandelt und diente fortan als Ausbildungsstätte für die Zürcher Theologen. Die Institution wurde 1525 sozusagen teilverstaatlicht und musste das Zehntrecht über Weiach ans Almosenamt abtreten. Der Zürcher Staat, vertreten durch dieses Amt, hat es dann wohl hinbekommen, den Rückkauf zu bewerkstelligen, denn vom Siegel ist nur der Pergamentstreifen übrig, eine übliche Methode der Entkräftung einer Urkunde.
Haus und Hofstatt. Was ist damit gemeint?
Aus lokalhistorischer Sicht besonders interessant ist der Umstand, dass gemäss dieser Urkunde zum Weiacher Zehnten explizit «Haus und Hofstatt» gehörten. Was damit gemeint ist, muss noch genauer untersucht werden. Es ist möglich, dass damit u.a. die Zehntenscheune bezeichnet wurde.
Ob damit auch ein Vorgängerbau des heutigen Pfarrhauses gemeint ist? Hat das Almosenamt dieses Gebäude an einen Dritten verkauft, der dann an dieser Stelle 1564 unser heutiges Pfarrhaus gebaut hat? 1591 war es jedenfalls noch nicht ins Eigentum des Staates übergegangen, denn sonst hätte man dem ersten ortsansässigen Pfarrer auch gleich das heutige Pfarrhaus als Wohnsitz anweisen können. Affaire à suivre.
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