Weil sie grosses Unheil und den Zorn Gottes fürchtete, den man an vielen Zeichen der Natur und des Himmels ablesen zu können glaubte (darunter Unwetter und einen «traurigen Cometen» nennend), erliess die Zürcher Regierung am 19. Dezember 1664 nach julianischem Kalender für das gesamte Staatsgebiet ein Mandat, das über die kommenden Neujahrstage für eine Woche jede Art von Festivitäten strikte untersagte:
«Wir wöllen und haben auch fehrners, für nohtwendig geachtet, und ernstlich erkent, daß alle, sonsten gewohnte Neujahrsfest, und Freudenmähler, und daran hangende, und gebrauchende allerley spil, von geigen und pfeiffen, trommen und trompeten, singen und springen, und was dergleichen mehr, auf diß allernächst bevorstehende Neue jahr, und selbiger gantzen Wochen, zu Statt und Land, gänztlichen und mit allem ernst, hiemit abgestelt und verbotten seyn söllen.» (Bettagsmandat der Stadt Zürich und Mandat betreffend Verbot von Neujahrsfesten. Signaturen: StAZH III AAb 1.4, Nr. 84 bzw. ZBZ M&P 2: 114)
Auch wenn das im Mandat nicht drinstand, war damit wohl auch die Schliessung aller Gaststätten verbunden und der Auftrag an die Behörden, private Feste ebenfalls zu unterbinden, sollte sich jemand uneinsichtig zeigen und trotzdem feiern wollen.
Verbote können ganz generell nicht schaden...
Was man von Neujahr bis zum Dreikönigstag 1665 durchgezogen hatte, das empfahlen die Zürcher Pfarrherren in einem Gutachten zuhanden des Rates in abgeschwächter Form auch 1674:
«Erinnerung der Geistlichkeit, in diesen gefährlichen und schweren Zeiten, in denen vielerorts Krieg herrscht, zu Zürich den Abendtrunk am Neujahrstag zu verbieten, auch weil Trunkenheit zum Gottesdienst untüchtig macht, ferner wegen besserer Beachtung des grossen Sittenmandates zu Stadt und Land».
In diesem Schreiben werden explizit erwähnt: «der zweite Neujahrstag als der Bechtelistag und das Bechtelen (Bächtelen) und Neujährlen, das Trommeln und Pfeiffen und Tanzen vor den Häusern.» (vgl. den Online-Katalog des Staatsarchivs; Signatur: StAZH E I 5.6, Nr. 10)
... und wo wir schon dabei sind, erweitert werden
Und 1679 ging die Pfarrerschaft sogar noch etwas weiter, weil die kirchliche Unterweisung ihrer Ansicht nach durch einen weiteren Neujahrsbrauch gestört wurde:
«Antrag der Geistlichkeit wegen der Feier des Neujahrstages, dass die sogenannten Stubenhitzen auf den zweiten Neujahrstag verlegt werden möchten, um Kinder und Dienste nicht von der hochnotwendigen Katechisation abzuziehen.»
Das ist einer der Gründe, weshalb die Neujahrsblätter eben traditionell bis heute am 2. Januar, also dem Bächtelis- oder Bärchtelistag, ausgegeben werden und die Kinder das Geld für die Stubenhitzen (für das Holz zum Beheizen der Gesellschaftsstuben) an diesem Tag gegen eine erbauliche Druckschrift eintauschen konnten (vgl. den Online-Katalog des Staatsarchivs; Signatur: StAZH E I 5.6, Nr. 33).
Bechtelen wurde 1686 mit Busse bestraft
Einige Jahre später war es jedenfalls offensichtlich verboten, mit Speis, Trank und Musik zu feiern, wie man dem Protokoll des Stillstandes im Städtchen Eglisau entnehmen kann. Da heisst es unter der Januar-Sitzung dieser Kirchenpflege:
«Heinrich Hartman in synem hauß laßen bechtelen, so gwehrt bis ztag, da sy auch sollend gspilt haben, das mans auf die gaßen ghört und gwesen Stynen Rudis Hanß und töchteren, item Stynen Jacob und Hanß Martin, deßgleichen Clot Rudis sel[ig], wurdend alle bschikt und ihnen sonderlich dem Hartman zugesprochen und alle in oberkeitliche buß gesetzt.» (Stillstandsprotokoll Eglisau 1686; StAZH TAI 1.328; ERKGA Eglisau IV A 1 a , S. 62–65).
Alle Anwesenden und besonders der Hausherr wurden vor den Stillstand zitiert und ihnen ins Gewissen geredet. Versehen mit einem Bussgeldbescheid durften sie dann wieder gehen.
Bächtelen bis in den Morgen hinein, noch dazu für alle hörbar, war also nicht erlaubt. Wobei nicht ganz klar ist, ob Hartmann nur am falschen Tag bechern liess. Oder man das in diesem Jahr überhaupt nicht durfte.
Weiterführende Beiträge
- «Helse» an Neujahr, Fäschte am Bächtelistag. Bräuche zum Jahresanfang gestern und heute. Weiacher Geschichte(n) Nr. 50. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Januar 2004.
- Was mer am Bächtelistag schaffet, das frässed d’Müs! In: WeiachBlog Nr. 59 v. 2. Januar 2006.
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