Dienstag, 31. Januar 2023

Vom Höbrig kamen prämierte Schweine (Heute vor 125 Jahren)

Die NZZ, das steht für Hochfinanz, globalisierte freisinnige Abgehobenheit aus der Weltstadt an den Gestaden des Zürichsees. Landwirtschaftlich-kleinteilige Notizen würde man in diesem Blatt kaum erwarten. Heute vor 125 Jahren hingegen fand man in die dritte Ausgabe des Tages eingerückt die Rubrik «Landwirtschaft».

Dieser konnte die geneigte Leserschaft das Nachstehende entnehmen:

«Die Zürcher kantonale landwirtschaftliche Kommission hat für das Jahr 1897 an die Zuchtstierhaltung im Kanton 870 Fr. und an örtliche Viehprämierungen 800 Fr. Beitrag beschlossen. In der ersten Kategorie erhielt den höchsten Preis die Viehbesitzerkorporation Regensberg (100 Fr.), in der zweiten Kategorie figurieren mit diesem Preisansatze die landwirtsch. Vereine Schönenberg und Wädensweil sowie die Viehbesitzerkorporation Hombrechtikon. 

Das Preisgericht für die Prämierung der Schweinezucht, Schweinehaltung und Schweinestallungen im Kanton Zürich sprach für das Jahr 1897 20 Prämien im Gesamtbetrag von 750 Fr. Die ersten fünf Prämien (je 60 Fr.) erhielten Ulrich Goll, Jungholz-Goßau, Jakob Ott, Eidberg-Seen, Hrch. Hofstetter, Knonau, Gebr. Schenkel im Berg Weiach und Heinrich Schmid i. d. Gusch Oetweil a. S.»

Ministädtchen mit Spitzenrang

Man notiere den Umstand, dass ausgerechnet eine Kleinstadt (!) wie Regensberg die Zürcher Nummer 1 in Sachen Viehhaltung war. Verwunderlich ist das dennoch nicht. Denn es war in unserer Gegend seit der Gründung dieser Städtchen im Hochmittelalter so, dass sich auch die Kleinstädter für ihren Lebensunterhalt auf Subsistenzlandwirtschaft stützten. Die Kaiserstuhler waren den Regensbergern in diesem Punkt vergleichbar. Auch sie hielten Vieh und durften dieses auf dem Gebiet der Hohentengener, Fisibacher und Weiacher weiden lassen.

Die prämierten Schweinezüchter hingegen stammen laut NZZ durchwegs aus Dörfern und Weilern nichtstädtischen Charakters. Die Prämie der fünf Bestplatzierten von 60 Franken hätte, gemessen am Historischen Lohnindex (HLI) von Swistoval.ch, in etwa dem Gegenwert von 2700 Franken entsprochen (Stand 2009; spätere Jahre sind nicht verfügbar).

Welcher Berg ist gemeint?

Schenkel im Berg zu Weiach, also. Aber welcher Berg? Immerhin gab es zu dieser Zeit (vgl. auch die Wild-Karte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts) gleich mehrere höhergelegene Einzelgehöfte, denen man den Namen «Höhberg» zuwies: 

  • den noch 1834 als «Homberg» bezeichneten «Höhberg beim Stocki» am Sanzenberg, heute «Höbrig» genannt, und
  • die Häuser an der heutigen Bergstrasse, angefangen mit der Nr. 13 (Liegenschaft Bryner) über die Nr. 31 (Liegenschaft Graf), wo die geschlossene Siedlungszone endet, bis auf die gewellte, höhergelegene Landschaft mit den Höfen Vorder Berg (Bergstr. 36, ehem. Liegenschaft Buckley) und Hinter Berg (Bergstr. 40).

Für die Einheimischen war das keine Frage. Sie wussten auch so, dass mit den Gebrüdern Schenkel im Berg, nur der Hof am Sanzenberg gemeint sein konnte. Denn die südöstlicher gelegenen Höfe gehörten den Schmid, etc. Aber keinem Schenkel.

Wir Heutigen können das nachvollziehen, indem wir die alten Gebäudeversicherungs-Lagerbücher und dort die Einträge aus der Zeit zwischen 1890 und 1900 konsultieren. Denn da sind auch die Eigentümer aufgeführt. Womit man für 1895 auf ein Wohnhaus mit Scheune, Stall, Schopf und Schweinställen sowie Wagenschopfanbau stösst, das die Nummer 166 trug: den Höbrig-Hof.

Die letzten landwirtschaftlich aktiven Bewirtschafter auf dem Höbrig waren Max (1938-2018) und Dorli Schenkel-Gabathuler (1944-2022). Seither wird der Hof im Pachtverhältnis von einem anderen Weiacher Landwirt weitergeführt.

Quellen

  • Lagerbuch Weiach Nr. 2 (1895-1954) der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich, Exemplar Gemeinde. Signatur: PGA Weiach IV.B.06.02.
  • Neue Zürcher Zeitung, Nummer 31, Zweites Abendblatt v. 31. Januar 1898, S. 2
  • Todesanzeigen Schenkel-Gabathuler.
[Veröffentlicht am 1. Februar 2023 um 00:51 MEZ]

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