Gestern wurde die älteste erhaltene Urkunde, die eine Weiacher Ziegelhütte erwähnt, exakt 600 Jahre alt (vgl. WeiachBlog Nr. 1757). Genannt wird in diesem Pergament aus dem Jahre 1421 Fürstbischof Albrecht Blarer, in dessen Namen der Übergang des Unternehmens von einem Pächter zum nächsten an einem Sonntag (!) notariell bestätigt wurde.
Nun bekleidete aber dieser Albrecht Blarer lediglich zwischen 1407 und 1410 das Amt des Bischofs von Konstanz! Zum Verurkundungszeitpunkt war sein Nachfolger Otto III. von Hachberg bereits über ein Jahrzehnt in Amt und Würden. Da stellt sich die Frage: Wie geht denn das? Ein Rechtsgeschäft wird im Namen eines gar nicht mehr im Amt befindlichen Bischofs abgeschlossen?
Das muss etwas mit den Abmachungen zu tun haben, die zwischen Albrecht und seinem Nachfolger Otto bzw. dessen Vater getroffen wurden. Veronika Feller-Vest erwähnt in ihrem Artikel über Blarer dazu lediglich: «1410 überliess er das Bistum nach der Regelung der finanziellen Verhältnisse Otto von Hachberg.»
Das kann aber nicht alles gewesen sein. Es scheint, als ob Blarer sozusagen für Teile des Fürstbistums noch die landesherrliche Würde belassen wurde. Es ist nämlich kaum denkbar, dass einem Amtsträger in Kaiserstuhl die Machtverhältnisse im Fürstbistum nicht klar gewesen wären.
Obwohl Blarer also formal wieder einfacher Domherr geworden war und seinen Lebensabend bis zu seinem Tod im April 1441 auf der Küssaburg verbracht haben soll, wird er als Inhaber der Bischofswürde geführt.
Die einzige weitere Fundstelle ausserhalb der Helvetia Sacra (HS I/2, 340-343 für Blarer sowie HS I/2, 343-348 für von Hachberg) ist «Elsbeth von Küssaberg», eine Erzählung von Wolf Pabst, die sich auf der Website der Gemeinde Küssnach findet (auf deren Gebiet liegt die Ruine der Küssaburg).
Dort heisst es: «Unser Herr, Bischof Albrecht Blarer, der erst drei Jahre zuvor sein hohes Amt von seinem Vorgänger Marquard von Randegg übernommen hatte, lag angeblich nach einer Herzattacke schwach und krank im Hospital. Notgedrungen musste er dann das Bischofsamt an seinen Nachfolger, der sich Otto III von Hachberg nannte, abgeben. Später erfuhr ich aber, dass er hierzu gezwungen worden war.»
Auch das erklärt noch nicht, weshalb der Spross einer Adelsfamilie aus dem Breisgau (die von Hachberg) einen Vertreter der wohlhabendsten Kaufmannsfamilie aus Konstanz (den Blarer) im Amt des Bischofs ersetzte. Die Blarer spielten in einer Liga mit den reichsten Zürchern und St. Gallern ihrer Zeit.
Wollte Albrecht Blarer sich dem Kampf gegen die aufständischen Appenzeller widmen, deren erbitterter Gegner er war (vgl. den HLS-Artikel Appenzeller Kriege (1401-1429))? Möglich wäre es, denn seine Familie war eng mit dem Fürstabt von St. Gallen verbunden und griff der Abtei auch finanziell unter die Arme. Affaire à suivre.
Quellen
- Staerkle, P.: Zur Familiengeschichte der Blarer. In: Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte, Bd. 43 (1949) - S. 203-224.
- Pabst, W.: Elsbeth von Küssaberg und ihre Zeit [erzählt und nacherzählt von Wolf Pabst]. Ohne Orts- und Jahresangabe - S. 33. [darin referenziert: Dörner 1996]
- Dörner, G.: Kirche, Klerus und kirchliches Leben in Zürich von der Brunschen Revolution (1336) bis zur Reformation (1523). Würzburg 1996 (Diss Univ Münster (Westfalen) von 1993)
- Feller-Vest, V.: Albrecht Blarer. In: Historisches Lexikon der Schweiz (e-HLS), Version vom 29.11.2012. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012514/2012-11-29/.
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