Donnerstag, 30. Juni 2022

Geniale Schwimmbeckenkonstruktion by Jucker Engineering

Alle, die in den letzten fünfeinhalb Jahrzehnten in Weiach zur Schule gegangen sind, kennen mindestens eine Einrichtung des Oberstufenschulhauses Stadel: das Lehrschwimmbecken im Untergeschoss der 1964-1966 erstellten ersten Bauetappe zwischen Schüpfheim und Stadel.

Diese Einrichtung ist deshalb besonders erwähnenswert, weil es das erste Schwimmbad mit höhenverstellbarem Zwischenboden ist, das in der Schweiz gebaut wurde. 

Dies schreibt Heinrich Guggenbühl, langjähriger Lehrer ebendieser Oberstufenschule, in seiner hervorragend mit Quellen belegten ortsgeschichtlichen Monografie über die Gemeinde Stadel aus dem Jahre 1994.

Wenn man sich die zu dieser an sich schon bemerkenswerten Information verfügbare Anmerkung 559 heraussucht, dann staunt man noch mehr. Eine besonders wichtige Rolle spielte beim Bau dieses Schwimmbads nämlich der Oberstufenschulpräsident, Johann Jucker IV. aus der Wagenschmitten-Dynastie von Neerach:

«Die Baukommission, ich [H. Guggenbühl] war deren Aktuar, besichtigte Hubböden in Deutschland. Wir sahen recht merkwürdige Systeme. Die genial-einfache Stadler Lösung, nach dem Prinzip der einfachen Rolle, zeichnete Schulpräsident und Schmiedemeister Johann Jucker im Hotel in Hamburg auf die Rückseite einer Speisekarte. Ein anwesender Ingenieur der Firma Schellenbaum u. Co. Winterthur realisierte Juckers Idee. Schellenbaum baute den Zwischenboden in Stadel und noch an vielen anderen Orten.»

Von Guggenbühl ist auch zu erfahren, warum das Schwimmbad im Schulhaus anfangs sehr beliebt war: «Es stand lange Zeit der Öffentlichkeit abends zur Verfügung. Die anfänglich sehr guten Besucherfrequenzen gingen aber zurück, als in der näheren Umgebung eigentliche Hallenbäder wie die «Hirslen» in Bülach oder die «Erlen» in Dielsdorf gebaut wurden, so dass schliesslich der Betrieb defizitär wurde.»

Sei's drum: als Einwohner von Weiach kann man schon ein bisschen stolz darauf sein, dass eine in der Region bekannte Unternehmerfamilie, die über familiäre Verbindungen auch dem Baumgartner-Jucker-Haus mitten im Dorfkern ihren Namen gegeben hat, das Konstruktionsprinzip des Lehrschwimmbeckens massgeblich geprägt hat. Denn Johann Jucker IV. war der Bruder von Ruth Baumgartner-Jucker, der letzten Eigentümerin der Liegenschaft der «unteren Amtsrichters» bevor sie in Gemeindeeigentum überging; vgl. In memoriam «Tante Ruth» (WeiachBlog Nr. 140).

Wer sich die Erfolgsgeschichte der Wagenschmitte Jucker ansieht, die am Standort Neerach mittlerweile über 7 Generationen zurückverfolgt werden kann (Firmengründung 1851; heute Jucker Technik AG; http://www.wagenschmitte.com/ueber-uns.html), versteht auch, warum die Designidee auf der Hamburger Speisekarte keineswegs aus dem luftleeren Raum kam.

Quelle
  • Guggenbühl, H.: Stadel. Raat, Schüpfheim, Stadel und Windlach. Entwicklung einer Gemeinde. Stadel bei Niederglatt 1994 – S. 186 u. 251 (Anm-559).
Nachtrag

Korrektur der Verwandtschaftsangabe. Wenn man seine eigenen Artikel von anno dazumal (WeiachBlog Nr. 140) nicht nur verlinken, sondern auch richtig lesen würde, dann wäre klar gewesen: Johann Jucker IV, der Grossvater des heutigen Seniorchefs der Jucker Technik AG (Johann Jucker VI), war nicht der Vater, sondern der Bruder von Ruth. Denn als Neffe konnte alt Kantonsrat Johann Jucker V nicht der gleichen Generation angehören. -- 5. Juli 2022

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