Freitag, 1. Juli 2022

Rote Laterne. Die Frage nach der ersten Frau im Gemeinderat

«Im Kanton Zürich sind 15 Gemeinden in reiner Männerhand. Hingegen gibt es keine Gemeinde ohne Männervertretung.»  So alarmistisch formuliert die Website Züri-Löwinnen brüllen basierend auf Zahlen über den 2021 errechneten Frauenanteil in Gemeinde- und Stadtregierungen. 

Auch wenn da keine explizite Quotenforderung nachgelegt wird: Die ist bei Aktivistinnen dieser Sorte natürlich mitgemeint. Ebenso selbstverständlich, wie sie bei der Militärdienstpflicht oder in Berufsfeldern wie Forstwirtschaft, Kanalreinigung, Gleisbau und dergleichen nie gestellt wird. Lebensgefährliches sollen die Männer machen. Dafür sind die schliesslich da.

Aber Polemik beiseite. Bis gestern war Weiach nach obiger Definition «in reiner Männerhand». Was bei Licht betrachtet völliger Blödsinn ist. Denn wie es schon die Innerrhödlerinnen, die selbst 1990 gegen das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebene waren, zum Ausdruck gebracht haben: wenn es ihnen wichtig ist, dann wissen die Frauen bei den Männern sehr wohl auf die richtigen Knöpfe zu drücken. Die stimmen dann in ihrem Sinne ab. In Weiach hat sich das u.a. in den 1950ern - also noch vor dem Frauenstimmrecht - am Beispiel der Gemeinschaftskühlanlage gezeigt (hinter dem VOLG; heute Stadlerstrasse 4a, vgl. WeiachBlog Nr. 356). Die wurde in Rekordzeit realisiert und ganz gewiss nicht, weil sie jetzt von den Männern so hoch priorisiert worden wäre.

Seit heute, dem Tag des offiziellen Amtsantritts der Gemeindebehörden für die Wahlperiode 2022-2026, kann den Weiachern die bisher zuweilen thematisierte Stigmatisierung als hinterletztes Schlusslicht beim Frauenanteil im höchsten Gemeindeamt (vgl. WeiachBlog Nr. 1454) herzlich egal sein. Es wird zwar, gemessen an Amtsjahren von Frauen im Gemeinderat noch ein paar Jahre dauern, bis Weiach in dieser Hinsicht eine Gemeinde wie jede andere ist. Aber die aktuelle rote Lampe der Gemeinde mit null Frauenanteil und noch nie einer Frau im Gemeinderat ist jetzt ein Fall für die Geschichtsbücher.

Wer war die erste Frau im Gemeinderat?

Ob der Antworten auf diese Frage (in einem mittlerweile gelöschten Posting auf der Facebook-Gruppe Du bisch vo Weiach, wenn...) hat es kurz nach dem 15. Mai 2022 (2. Wahlgang für das letzte Direktmandat im Gemeinderat), offenbar auch offline böses Blut gegeben.

Der Autor dieser Zeilen hat vor anderthalb Monaten unter genanntem Beitrag kurz und knapp kommentiert, sah sich mit Kritik u.a. seitens des abtretenden Schulpräsidenten konfrontiert und hat daher die nachstehende Duplik angebracht:

«Nun, @ Mischa Peter und Samuel Meier: Die Aussage war nicht, Manuela Galimberti-Vogel sei die erste Frau im Gemeinderat. Ich habe mich lediglich vorsichtig über die Frage ausgelassen, ob Weiach noch die rote Laterne hat oder nicht.

Erklärung: Mir liegt keine aktuelle Statistik über den Frauenanteil sämtlicher Gemeindeexekutiven im Kanton Zürich vor. Die Studie, die mir bekannt ist, ist rund 10 Jahre alt, vgl. WeiachBlog Nr. 1454: https://bit.ly/3sy6U3C -- Gemäss der in diesem Artikel genannten Studie, auf die ein Zeitungsartikel von Ende 2012 Bezug genommen hat, war Weiach das Schlusslicht.

Mit nur EINER Frau im seit 1.1.2022 sechsköpfigen Gemeinderat hätte Weiach diese ominöse rote Laterne immer noch haben können, wenn man zusätzlich das Sortierkriterium verwendet, ab welchem Jahr eine Frau im Gemeinderat Einsitz genommen hat. Jetzt hat Weiach aber ZWEI Gemeinderätinnen (eine auf Direkt-Ticket, eine indirekt über das Schulpflegepräsidium). Mit diesen 2/6 ist nun die Wahrscheinlichkeit sehr gross, dass die Laterne bei einer Gemeinde mit HÖCHSTENS EINER Frau in der Exekutive sein muss.

Bruno Koller hat übrigens auch nicht ganz unrecht. Frau Galimberti wird, wenn die konstituierende Sitzung des Gemeinderates in neuer Zusammensetzung stattgefunden hat, die erste Frau sein, die a) auf dem Direktticket gewählt wurde und gleichzeitig b) tatsächlich Einsitz genommen hat. Das Kriterium a), nämlich gewählt zu werden, das hat die heute als Kirchenpflegepräsidentin wiedergewählte Elsbeth Ziörjen bereits 2010 erfüllt.»

Wegen Wahlen 2010 alle drei zuoberst auf dem Podest

Alle drei genannten Frauen, die notabene aktuell auch alle ein Amt auf kommunaler Ebene bekleiden, können also je nach Definition als erste Frau im Gemeinderat gelten.

  • Elsbeth Ziörjen-Baumgartner als erste Frau, die je in den Gemeinderat Weiach gewählt worden ist.
  • Dania Peter-Möri als erste Frau, die das Präsidium der Schulpflege innehat und daher qua Gemeindeordnung 2022 im 1. Wahlgang ex officio automatisch als sechstes Mitglied des Gemeinderates gewählt wurde.
  • Manuela Galimberti-Vogel als erste Frau, die nicht nur auf einen der fünf direkt gewählten Sitze in den Gemeinderat gewählt worden ist, sondern das Amt auch angenommen und tatsächlich Einsitz genommen hat.
Diese doch etwas spezielle Konstellation konnte auch nur deshalb entstehen, weil bei den Gemeinderatswahlen 2010 gewisse Kreise in letzter Minute noch verhindern wollten, dass Emanuel Galimberti (vgl. WeiachBlog Nr. 727) als einziger Kandidat für das Gemeindepräsidium sozusagen automatisch Präsident wird und daher kurz vor dem Wahlsonntag den eigentlich schon zurückgetretenen Gemeinderat Paul Willi zur Kandidatur bewegt haben. 

Willi landete auf dem sechsten Platz und war damit als Gemeindepräsident nicht wählbar. Wäre Elsbeth Ziörjen damals nicht als Fünfplatzierte gewählt worden, sondern von den Stimmen her weiter vorn platziert, dann hätte wohl ein Mann dem Dorffrieden zuliebe auf sein Amt verzichten müssen. Ob er das gemacht hätte? 

Egal. Geschlecht, Gender, oder gar die sexuelle Ausrichtung zählen nicht. Entscheidend ist, dass sich jede Amtsträgerin und jeder Amtsträger voll im Sinne der ihm anvertrauten Gemeinde einsetzt.

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