Sonntag, 4. Oktober 2020

Die Murerkarte von 1566 zwischen Detailtreue und Schludrigkeit

Die Karte des zürcherischen Herrschaftsgebiets von Jos Murer aus dem Jahre 1566 ist die älteste bekannte kartographische Darstellung, auf welcher der Ortsname der Gemeinde Weiach (in der damals gebräuchlichen Schreibweise «Wyach») erscheint. Jedenfalls nach dem aktuellen Kenntnisstand des Verfassers dieser Zeilen.

Jos Murer (1530-1580) machte eine Lehre als Glasmaler, betätigte sich als Porträtist bekannter Persönlichkeiten. Als Schriftsteller schrieb er sieben Dramen und illustrierte sie auch mit eigenen Holzschnitten (vgl. den Wikipedia-Artikel). Am bekanntesten ist er uns Heutigen jedoch als Kartograph. Denn es gibt im Zürichbiet wohl kaum eine schon länger hier verweilende Person, die seine geostete Karte von 1566 (oder seinen Plan der Stadt Zürich von 1576) noch nie gesehen hat, zumal wenn ihm oder ihr eine gewisse historische Neugier eigen ist.

Detailverliebt bei den Städten...

Sehen wir uns diese Karte, vom Urheber selber mit dem Titel «Eigentliche Verzeichnuß der Stätten, Graffschaften, und Herrschafften, welche in der Statt Zürich Gebiet und Landschafft gehörig seind» versehen, in der Nordwestecke des Kantons genauer an. 

Es fällt auf, wie genau (man könnte schon fast sagen, wie «detailverliebt») Murer die Stadt Kaiserstuhl gezeichnet hat. Deutlich sichtbar ist die Dreiecksform. Die Kirche St. Katharinen ist mit ihrem charakeristischen Turm klar erkennbar. Die Brücke über den Rhein (nur in der nördlichen Hälfte gedeckt) und der am nördlichen Brückenkopf stehende Amtssitz des fürstbischöflich-konstanzischen Obervogts (Schloss Rötteln oder Rotwasserstelz) sind ebenfalls detailgenau dargestellt. 

Dazu muss Murer nicht unbedingt selber vor Ort gewesen sein, denn es gab damals bereits bildliche Darstellungen in gedruckter Form, wie die von Johannes Stumpf aus dem Jahre 1548, die das Städtchen in seinen wesentlichen Grundzügen zeigen, wenn auch von Norden her (vgl. e-rara-Digitalisierung) und nicht von Westen.


...die Landschaft dagegen stiefmütterlich behandelt

Die Bauerndörfer darum herum sind ohne eigentliche Charakteristika abgebildet. Meist nur mit zwei bis vier Haussymbolen. Manchmal erkennt man auch noch einen Kirchturm. 

Bei Wyach hat Murer interessanterweise keine Kirche eingezeichnet (im Gegensatz zu «Wißlickon», Wislikofen, oder «Ober-Fyßibach», dem heutigen Alt-Bachs), obwohl es zum Zeitpunkt des Entstehens der Karte nachweislich eine gegeben hat, nämlich die alte Kirche im Oberdorf.

Weiter ist auffällig, dass die Häuser vor den Toren der Stadt Kaiserstuhl (die, wie die Gastwirtschaft zum Kreuz, zwar nicht innerhalb der Mauern, aber dennoch innerhalb ihres Efadens standen), irrtümlich mit dem Label «Windlach» versehen sind. Oder wie «Schüpffen» (Schüpfheim) zwischen Stadel und «Nerach» (Neerach) eingetragen ist, statt wie in der Realität zwischen Raat und Stadel platziert.

Man fragt sich, ob er (oder ein Mitarbeiter) die Schriftzüge für die einzelnen Ortschaften, die nachträglich in die Druckstöcke eingepasst worden sein müssen, daraufhin überprüft hat, ob sie mit den Gebäudesignaturen korrekt korrespondieren.

Quellen
  • Digitalisierung von StAZH PLAN A 84 auf der GIS-Website des Kantons: LUBIS Murer 1
  • Kolorierter Nachdruck Verlag Dorfpresse Gattikon auf Wikimedia Commons.

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