Donnerstag, 14. Juli 2022

Klauten die Weyacher mehr Holz als andere?

Der Oberförster des Kantons Zürich musste seinem Dienstherrn jährlich über die Tätigkeit seines Amtes Bericht erstatten. Da sich der Holzschlag überwiegend in den Wintermonaten abspielt, war die Berichtsperiode kalenderjahrübergreifend.

Der Bericht pro 1886/87 enthielt eine Aufstellung über die sog. Frevelfälle, sprich illegalen Holzschlag und Holzdiebstahl, die in der Schweizerischen Zeitschrift für das Forstwesen abgedruckt wurde:

Unter dieser Tabelle die Bemerkung: 

«Interessant ist die Wahrnehmung, dass der IV. Kreis immer die Hälfte der Frevelfälle des Kantons aufzuweisen hat, trotzdem dort die öffentlichen Waldungen an Fläche weitaus am stärksten vertreten sind, und hier sind es dann wieder die Gemeinden mit grossem Waldbesitz, so Bülach mit 49, Rafz mit 44, Rümlang mit 21 und Weiach mit 27 Fällen. Im III. Kreis steht obenan Winterthur mit 125 Frevelfällen.» (S. 29)

«Trotzdem»? Müsste man nicht eher «weil» schreiben? 

Denn wo das Gemeinwesen viel Wald besass, da fühlten sich mehr Menschen dazu berechtigt, sich im öffentlichen Eigentum fehlendes Brennholz zu beschaffen. Nicht?

Oder ist es eben doch so, dass Gemeinden mit viel Waldeigentum eher darauf bedacht waren, dieses zu schützen und erwischte Fehlbare konsequent zur Anzeige brachten? Man muss ja den Diebstahl auch bemerken. Und das geht am ehesten, wenn es einen aus öffentlichen Mitteln besoldeten Gemeindeförster gibt, der den Auftrag hat (wie nachweislich derjenige von Weiach) jeden Tag nach den Hölzern zu schauen.

«Die Behandlung der Frevelwerthung und die Bestrafung ist eine sehr verschiedene. Immer neigen die Förster dahin, die Frevel hoch zu werthen, und die Gemeindräthe in der Mehrzahl, die Bussen tief zu halten. Das letztere ist begreiflich und sehr oft begründet, das erstere dagegen geradezu ungerecht. Die Gerichte strafen ohne Ausnahme scharf.» (S. 30)

Daraus kann man schliessen, dass die Förster eher als harte Hunde verschrieen waren, die Gemeindeväter dagegen weniger. Also hohe Anzeigequote, aber Bussen eher tiefer, wenn es nicht gerade ein Gerichtsurteil gab. Wie man oben an den Zahlen «Werth» und «Schaden» vs. «Busse» sieht, wäre selbst bei einer Entdeckungsquote von gerade einmal 25 Prozent gefrevelten Holzes der monetäre Schaden im Kantonsdurchschnitt abgedeckt.

Auch wenn also 4.4 Prozent aller in diesem Oberförsterbericht aufgeführten Frevelfälle die Gemeinde Weiach betrafen, so kann man die im Titel dieses Beitrags gestellte Frage nicht zwingend bejahen. Vielleicht war auch nur unser damaliger Förster ein guter Kriminalist, der sofort merkte, wenn etwas fehlte, bzw. wundersamen Brennholzzuwachs an bestimmter Stelle im Dorf einer Täterschaft zuordnen konnte.

Quelle 

  • Mittheilungen. Kanton Zürich. Aus dem Jahresbericht des Oberforstamtes pro 1886/87. In: Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen. Bd. 40 (1889) – S. 29-30.

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