Freitag, 8. Juli 2022

Nau.ch – Entgenderungsspezialisten mit Recherchierschwäche

«Der Gemeinderat Weiach hat entschieden, das Mitteilungsblatt in gedruckter Version nur noch an Abonnenten, d.h. auf Bestellung zu versenden. Das Mitteilungsblatt wird wie bis anhin auf der Webseite zum Download aufgeschaltet und es besteht die Möglichkeit das Mitteilungsblatt im Abonnement zu bestellen. Dieses kann über den Online-Schalter auf der Webseite der Gemeinde oder per Mail (info@weiach.ch) bestellt werden. Eine einmalige Anmeldung reicht, damit das Mitteilungsblatt monatlich zugestellt wird. Das Abonnement ist für Einwohnerinnen und Einwohner kostenlos.»

Dieser Text steht in jedem Mitteilungsblatt. In wirklich jedem. Unverändert. Seit Monaten. Nachzulesen jeweils auf den ersten Seiten in der Sektion Politische Gemeinde, Abschnitt Gemeinderat und Gemeindeverwaltung

Das Weiacher Mitteilungsblatt wird natürlich auch von Blog-Autoren (wie dem hier in die Tasten hauenden) und Journalisten (Zürcher Unterländer, etc.) durchforstet und für ihre Zwecke nutzbar gemacht.

Von Nau Lokal verwurstet

Nau.ch gehört zum «Werbevermarkter Livesystems», ansässig in Liebefeld bei Bern, weiss Wikipedia: «Nau publiziert Nachrichten und zumeist kürzere Meldungen zu aktuellen Themen. Der Fokus liegt dabei auf Regionalität, es sollen vor allem Pendler bedient werden.»  Ausgespielt wird das Kurzfutter dann vor allem über die Info-Bildschirme in öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn und Bus).

Journalisten dieser mittlerweile fünfjährigen Online-Plattform haben den eingangs zitierten Text am 2. Juni wie folgt verwertet:

Titel: «Mitteilungsblatt nur noch für Abonnenten»

Spitzmarke: «Wie die Gemeinde Weiach informiert, wird das Mitteilungsblatt in gedruckter Version nur noch an Abonnenten versendet.»

Text: «Der Gemeinderat Weiach hat entschieden, das Mitteilungsblatt in gedruckter Version nur noch an Abonnenten, das heisst auf Bestellung, zu versenden. Das Mitteilungsblatt wird wie bis anhin auf der Webseite zum Download aufgeschaltet und es besteht die Möglichkeit, das Mitteilungsblatt im Abonnement zu bestellen.

Dieses kann über den Online-Schalter auf der Webseite der Gemeinde oder per Mail bestellt werden. Eine einmalige Anmeldung reicht, damit das Mitteilungsblatt monatlich zugestellt wird. Das Abonnement ist für Einwohner kostenlos.»

Ein astreines Paraphrase-Plagiat. Mit dem nicht zu unterschätzenden Mehrwert einer Entgenderung. 

Tolle Leistung. Vor allem, wenn man den Umstand berücksichtigt, dass das ja keine wirkliche Neuigkeit ist (vgl. Tweet unten). Und, dass «Nau» anscheinend für «Neu, aktuell, unterhaltsam» stehen soll. Die ersten beiden Punkte können wir hier gleich kassieren und dafür den Unterhaltungswert hervorheben.

Kritikfähigkeit: Fehlanzeige

Denn auf diese Kritik von WeiachTweet:

reagierte @nau_live vordergründig noch professionell, im Hintergrund aber höchst verschnupft:

Der Wiachiana-Verlag als Herausgeber von WeiachTweet und WeiachBlog stellt nun nach einem Monat Schonfrist – bei einem im Bernbiet angesiedelten Medienhaus ein Gebot der Fairness – leider fest, dass die angekündigten Nachgänge komplett versandet sind.

Zugutehalten muss man dem (wohl mehrheitlich aus schlechtbezahlten Praktikanten bestehenden) Redaktionsteam die in der Branche übliche Unterressourcierung. Für diese Pleite sind die Eigentümer zuständig. Ein mimosenhaftes Verhalten der Leute an der Front, wie das oben dokumentierte, ist dennoch nicht angebracht.

Es braucht auch Kritik pro domo

Auch die Redaktion des Weiacher Mitteilungsblatts muss sich ihren Anteil an dieser Posse anrechnen lassen. Dort wurde schlicht nicht berücksichtigt, dass man aktuelle und wiederkehrende Informationen nicht vermischen sollte. Tut man das trotzdem, dann müsste gekennzeichnet sein, dass es sich um einen vergleichsweise älteren Hut handelt. Zum Beispiel, indem der Text wie folgt abgeändert wird: 

«Der Gemeinderat Weiach hat im September 2019 entschieden, das Mitteilungsblatt in gedruckter Version nur noch an Abonnenten, d.h. auf Bestellung zu versenden. [...]»

Es war somit seit diesem Gemeinderatsbeschluss bereits Anfang Juni 2022 nicht «fast zweieinhalb Jahre» her, sondern schon etwas mehr. Und diesen Fall von Recherchierschwäche (vgl. den Tweet vom 7. Juni) nimmt der Wiachiana-Verleger auf seine Kappe.

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