Montag, 12. Dezember 2022

Das Eisenwarengeschäft in Buenos Aires in Zeiten des Gelbfiebers

Heute vor 150 Jahren nahm der Zürcher Regierungsrat per Präsidialverfügung ein Begehren aus der Gemeinde Weiach zum Anlass, via den Bundesrat das Schweizer Konsulat in der argentinischen Hauptstadt um sachdienliche Hinweise über eine «Verlassenschaftssache», d.h. den Nachlass eines Weiacher Bürgers zu ersuchen: 

«12. December 1872. Bezugnehmend auf die durch Präsidialverfügung vom 4. Nov. abhin erhaltene Mittheilung berichtet der Gemeindrath Weiach, daß der auf dem vom Bundesrathe eingesandten Verzeichnisse der in Buenos-Ayres am gelben Fieber gestorbenen Zürcher erscheinende Konrad Meyer, Tischler, wirklich ein Angehöriger der Gemeinde Weiach und der am 10. Mai 1822 geborne Sohn Jakobs u. der Susanna geb. Schenkel sei, der im Sept. 1868 sich von Genf aus nach Buenos-Ayres begeben habe. Zwei in der Heimat lebende Brüder des Verstorbenen behaupten aber, daß Konrad Meyer sich mit bedeutendem zum größten Theil elterlichen Vermögen nach Amerika begeben habe u. in Buenos-Ayres bei einem Verwandten als Associé in ein rentables Eisenwaarengeschäft eingetreten sei. Sie wünsche daher, daß über den Nachlaß nähere Erkundigungen eingezogen u. derselbe den rechtmäßigen Erben aushingegeben werde. Der Gemeindrath Weiach ersucht, daß diesem Wunsche durch Vermittlung des Bundesrathes resp. des Konsuls in Buenos-Ayres entsprochen werde. Es wird ein entsprechendes Schreiben an den Bundesrath gerichtet.»

Im Bundesarchiv sind die Handakten des damals als Schweizer Konsul tätigen Friedrich Kubly erhalten geblieben. Ob sie auch Unterlagen zu diesem Fall enthalten, ist noch unklar. Die Digitalisierung des Dossiers (und nachfolgende Auswertung durch den Verfasser dieser Kurznachricht) muss erst noch erfolgen. Affaire à suivre. [Nachtrag vom 13. Januar 2023: Durchsicht des digitalisierten Dossiers ergibt: Unterlagen mit Glattfelden-Bezug, nicht aber zu Weiach].

Die grosse Epidemie in Buenos Aires, 1871

Was die Todesursache anbelangt, so kann festgehalten werden, dass Gelbfieber (wie die in WeiachBlog Nr. 1875 thematisierte Tollwut) durch ein Virus ausgelöst wird, welches durch Mücken übertragen wird. In Argentinien ist die Krankheit eigentlich nicht endemisch. Die südamerikanischen Endemie-Gebiete liegen in subtropischen und tropischen Breitengraden des Kontinents. Ab und zu aber wird die Krankheit auch in Gebiete eingeschleppt, wo sie normalerweise kein Problem darstellt. So auch nach Buenos Aires.

Ausgelöst wurde der Seuchenzug von 1871 durch aus dem brutalen Krieg der Tripelallianz (Argentinien, Brasilien und Uruguay) gegen Paraguay zurückkehrende argentinische Soldaten. Verschärfend wirkten hohe Bevölkerungsdichte kombiniert mit unhaltbaren hygienischen Zuständen, denn die Stadt verfügte weder über ein Abwassersystem noch eine sichere Trinkwasserversorgung. Letztere war überdies durch menschliche Exkremente kontaminiert.

Ende Januar wurden die ersten Fälle diagnostiziert, jedoch nicht ernst genommen, sodass die Situation bereits im März derart ausser Kontrolle geriet, dass die Wohlhabenden aus der Stadt flohen und die umliegenden Provinzen jeden Verkehr mit der Hauptstadt strikte unterbanden. In der ersten Hälfte des Aprils 1871 stieg die Todesrate auf über das 25-fache der üblicherweise beobachteten Zahlen. Gesundheits- und Bestattungswesen waren völlig überfordert. Resultat: Bis am 2. Juni starben acht Prozent der Einwohner der Stadt am Rio de la Plata an Gelbfieber, darunter auch der oben erwähnte Weiacher Bürger.

Quellen

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