Donnerstag, 29. Februar 2024

Bundesratsbeschluss betreffend Münchner Fabrikarbeiterin

Heute ist Schalttag. Das heutige Kalenderdatum hat daher Seltenheitswert. Und wer am 29. Februar geboren wurde, hat höchstens alle vier Jahre richtig Geburtstag, wie der Sohn des letzten Weiacher Bäckermeisters (vgl. WeiachBlog Nr. 777).

Heute vor 144 Jahren beseitigten die Mineure tief im Gotthard drin die letzten Reste der Wand zwischen Nord und Süd. Der offizielle Durchstich des Gotthard-Tunnels (dem heutigen Scheiteltunnel) war Tatsache und die Welt staunte: «Die Abweichungen betrugen seitlich nur 33 Zentimeter und 5 Zentimeter in der Höhe – eine Meisterleistung der damaligen Ingenieurs- und Vermessungstechnik.» (Wikipedia-Artikel Gotthardtunnel). Diesen Erfolg bezahlten allerdings der Chef selber, Tunnelbau-Unternehmer Favre, und rund 200 seiner Mineure mit dem Leben.

Welchem Staat ist das uneheliche Kind zuzuordnen?

Weniger gefährlich ging es an diesem 29. Februar acht Jahre später in einer Amtsstube der Zürcher Kantonsverwaltung zu. In einer Civilstandsangelegenheit nahm man Kontakt mit dem EJPD auf und bat um dessen Unterstützung. Resultat: ein Bundesratsbeschluss vom 19. März 1888:

«Die Direktion des Innern des Kantons Zürich übermacht mit Zuschrift vom 29. Februar (ergänzt unterm 16. dies) einen ihr von der Polizeidirektion München zugegangenen Geburtschein betreffend ein am 24. Oktober 1887 in München angeblich von der ledigen Fabrikarbeiterin Karolina Elisabeth Meierhofer, von Weiach, geborenes Kind (Richard), mit dem Bemerken, daß laut Bericht des Civilstandsamtes Weiach, zwar eine Karolina Meierhofer, geboren 11. Juni 1875, als jüngstes Kind das in München wohnhaften Joh. Meierhofer im Geburtsregister figurire, daß aber doch daran gezweifelt werden müße, daß dieses 12 1/2 Jahre alte Mädchen die Mutter des fraglichen Knaben sei.»

Teenie-Schwangerschaft oder Registereintrag falsch?

Der Bundeskanzler notierte jedenfalls den bundesrätlichen Auftrag ans Aussendepartement wie folgt: «Ans bayerische Ministerium z. B.» (d.h. wohl «zur Beantwortung»). Da bekamen nun also königlich-bayerische Beamte offiziell Post in dieser delikaten Frage.

War die Kindsmutter Karolina Elisabeth Meierhofer doch keine Schweizerin? Oder liegt ein Fehler im Register vor, d.h. falsches Geburtsdatum eingetragen? Letztere Möglichkeit wollten weder Gemeinde, Kanton noch Bund in Betracht ziehen.

Ob Richard wirklich Karolinas Kind war und dann tatsächlich Weiacher Bürger wurde, das wissen wir derzeit nicht. Die entsprechende Nachforschung in den Zivilstandsakten und dem Gemeinderatsprotokoll steht noch aus.

Quelle

  • K. E. Meierhofer, Civilstand. Randantrag vom 3. März 1888. BRB 1888 1290. Signatur: CH-BAR E1004.1#1000/9#7574*

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