Mittwoch, 3. Juli 2024

Pfarrer J. C. Hirzel: Kinder, Landwirtschaft und edle Tonkunst

Einer der für die Entwicklung der Gemeinde Weiach wichtigsten Pfarrherren war wohl Johann Conrad Hirzel (1804-1884). Zusammen mit seiner Ehefrau Sophie von Meyenburg (1818-1879) entfaltete er eine enorme Wirkung, die bis in die Stadt Zürich ausstrahlte. So kam es dann, dass die Familie im Herbst 1855 mit der Leitung des städtischen Waisenhauses betraut wurde.

Ein paar Streiflichter aus dem Leben eines bemerkenswerten Mannes und seiner Familie:

Von der landwirtschaftlichen Ortsbeschreibung...

Wer das Zollinger'sche blaue Büchlein gelesen hat, dem ist Pfr. Hirzel ein Begriff. Hirzel war der Initiator und wichtiger Kontributor der Ortsbeschreibung von 1850/51, einem der wertvollsten separaten Dokumente zur Geschichte der Gemeinde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Edition, vgl. Wiachiana Doku Bd. 3, V 2.01, Juli 2024; PDF, 8.90 MB). Und er war buchstäblich die Seele des Landwirthschaftlichen Gemeindsvereins Weiach (einer der ersten lokalen Sektionen des heutigen Zürcher Bauernverbands).

... über die edle Musik...

Dem Nekrolog, einem schmalen Bändchen aus dem Todesjahr, mit Nachruf, Predigttext und dem Gedicht eines Freundes und Wegbegleiters, entnehmen wir zu seiner Weiacher Zeit die folgenden Abschnitte (S. 5-6):

«Im Jahr 1842 als Pfarrer nach Weiach im nordwestlichen Theile des Kantons gewählt, gründete er nun im eignen Pfarrhaus auch seinen eignen Hausstand. Er fand eine treue und charakterfeste Lebensgefährtin in Fräulein Sophie von Meyenburg, der Tochter des damaligen Bürgermeisters von Meyenburg-Stokar in Schaffhausen, die, einen grossen, reichbewegten Familienkreis verlassend, ihm das einfache Pfarrhaus zu einer freundlichen Heimat gestaltete. Es erblühten ihm darin zwei Töchter und ein Sohn; öfters fanden sich von Zürich und Schaffhausen her die Verwandten ein und verlebten mit den Pfarrsleuten fröhliche Stunden. Auch die Musik fand wieder eifrige Pflege; mit dem nahen Kaiserstuhl (Musiker Göhse) wurden freundschaftliche Verbindungen angeknüpft, die hauptsächlich in der gemeinsamen Freude an der edeln Tonkunst ihre Nahrung fanden.

Im Wirken für die Gemeinde war es nicht nur die Sorge für gute Jugendbildung und vernünftige Armenerziehung, welche seine Thätigkeit in Anspruch nahm, sondern auch die Förderung einer rationellen Landwirthschaft, zu welcher Hirzel ja schon im väterlichen Hause genügende Anregung empfangen. Ueber Weinbau und Obstbaumzucht ertheilte er sachgemässe Rathschläge; mit der Seidenzucht und Anpflanzung von Tabak machte er eigene Versuche. Durch diese mannigfaltige Theilnahme an den Interessen seiner ländlichen Pfarrgemeinde gewann er sich die Herzen; als er im Jahr 1855, einem Rufe, der von Zürich her an ihn ergangen, folgend, von der Gemeinde schied, liess sein treues Wirken bei Alt und Jung eine dankbare Erinnerung zurück.»

... den schwiegerväterlichen Absturz, ...

Hirzels Schwiegervater Franz Anselm von Meyenburg-Stokar war zwar ein Mann von vielen Talenten, der in seiner Vaterstadt Schaffhausen Karriere machte, aber offenbar auch der Spielsucht ergeben. Jedenfalls hat er, wie man damals sagte, sein Vermögen «verjeut». Schon 1838 musste er das seit 1779 in Familienbesitz stehende Schloss Herblingen verkaufen und 1844 gar (sozusagen bei Nacht und Nebel) aus seiner Heimatstadt verschwinden. Für seine Familienangehörigen war das nicht nur ein finanzielles Problem.

.... eigenen Nachwuchs...

Die Weiacher Pfarrstelle war zwar auch damals finanziell nicht allzu gut dotiert. Aber Sophies Ehemann war ein rechtschaffener, tüchtiger Pfarrer, dem man keine solchen Eskapaden nachsagen kann. Nach der Heirat im Jahr 1844 erfüllte jedenfalls bald Kindergeschrei das Pfarrhaus Weiach. Bertha Sophie, die älteste Tochter, kam 1845 zur Welt, im folgenden Jahr ihre Schwester Anna Margaretha (genannt Meta), sowie als Nachzügler der einzige Sohn des Paares, Hans Conrad junior, geboren 1853. (lt. Pfister 1861)

... bis zur Fröbelpädagogik

Die Tochter Bertha war ihrem Vater eine tatkräftige Mithilfe im Waisenhaus und hat später in Zürich einen privaten Kindergarten nach den Grundsätzen Friedrich Fröbels gegründet, wobei sie von ihrem Vater tatkräftig unterstützt wurde.

Fröbel, ein Schüler von Johann Heinrich Pestalozzi, hat 1840 in Thüringen die erste Institution mit dieser Ausrichtung in deutschen Landen gegründet und auch den Begriff «Kindergarten» geprägt. Erste Ansätze in diese Richtung sind allerdings schon ein paar Jahre zuvor in Ungarn gemacht worden (vgl. spielundlern.de Wissensblog 2018).

Quellen und Literatur

  • Pfister, J. C.: Verzeichniß der Bürger der Stadt Zürich im Jahr 1861. Zürich. Druck und Verlag von Friedrich Schultheß. 1861 – S.  99
  • Zur Erinnerung an C. Hirzel-von Meyenburg, alt Pfarrer und Waisenvater, geboren 1804, gestorben 1884. Druck von Ulrich & Co. im Berichthaus. Zürich 1884. https://doi.org/10.20384/zop-772
  • Friedrich Fröbel – Geschichte und Idee des Kindergartens. spielundlern.de Wissensblog, 31. Juli 2018.

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