Zumindest in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts könnte es in Weiach in der Mühle im Oberdorf (Müliweg 7a-c) auch einen Gastwirtschaftsbetrieb gegeben haben. Wir wissen davon, weil der zum Betrieb Berechtigte sich dies regelmässig obrigkeitlich genehmigen lassen musste.
So geschehen am heutigen Datum vor 200 Jahren. Das Protokoll des Zürcher Regierungsrats vermerkt unter diesem Tag die «Bewilligung und Erneuerung von Weinschenken in mehrern Oberämtern».
«Oberamt» war in dieser Zeit, genannt Restauration, die Bezeichnung der Bezirke, die zwischen 1813 und 1830 in vieler Hinsicht ähnlich geführt wurden wie die früheren Landvogteien vor 1798. Der Chef hiess jetzt halt einfach Oberamtmann statt Landvogt. Auf Schloss Regensberg residierte er aber nach wie vor.
Um ein Weinschenken-Patent muss man bitten
Unter dem 17. Juli 1824 heisst es: «Es haben UHHerren und Obern, nach Anhörung und in Genehmigung eines sorgfältigen Berichts und Gutachtens der Lbl. Commißion für Administrative Streitigkeiten d. d. 28sten passati, den nachbenannten Petenten theils ihre Weinschenkspatente für 10. Jahre de dato erneuert, theils für den gleichen Zeitraum neue Patente ertheilt: [...]»
Unsere Hohen Herren und Obern! Weit von den Gnädigen Wohlweisen, etc. pp. Herren des Ancien Régime ist das nicht entfernt. Restauration halt. Nun aber zum Restaurant.
Die Gemeinde Weiach lag im Oberamt «Regensperg» und es wurde folgende Konzession erneuert:
Recognition Franken 24.»
Die Konzessionsabgabe für die Weinschenke zur Weiacher Mühle betrug also 24 alte Franken. Wieviel das in heutigen Geldwerten ist, kann leider nicht eruiert werden, da Swistoval.ch aufgrund veralteter Software zurzeit nicht mehr abrufbar ist.
Unklar, ob schon die Untervögte wirteten
Nach Aufführung sämtlicher Konzessionäre, die eine Abgabe zwischen 20 und 32 Franken bezahlen mussten, wird der Tarif durchgegeben: «Von gegenwärtigem Beschluße wird der Lbl. [löblichen] Commißion für Administrative Streitigkeiten, der Lbl. Finanz-Commißion und jedem betreffenden Oberamte zu Handen der in seiner Abtheilung befindlichen obbenannten Weinschenken, mit der Weisung Kenntniß gegeben, daß selbige ihre Patente mittelst Bezahlung der Recognition und Taxe binnen einem Monath de dato in der Staatskanzley zu lösen haben, widrigenfalls solche nach Verfluß dieses Termins als erloschen betrachtet würden.»
Und warum hatte der Müller ein Weinschenkenrecht beantragt? Wohl deshalb, weil er auch Eigentümer einer Trotte war. Noch die Müllerei-Dynastie Bersinger besass 1811 gleich zwei Trotten, beide im Oberdorf (vgl. den Inserattext in WeiachBlog Nr. 1666). Der Betreiber einer solchen Traubenpresse wurde mit einem Anteil des gepressten Saftes entlohnt.
Wenn seine Familie den nicht selber trinken konnte oder wollte, dann war die Idee einer Weinschenke als Nebengewerbe durchaus naheliegend. Ob schon die häufig den zürcherischen Untervogt stellenden Bersinger diese Geschäftsidee verfolgten, ist nicht bekannt.
Der neue Eigentümer der Mühle, ein Stadler, hatte sie jedenfalls. Das geht aus der rund zehn Jahre zuvor erfolgten Konzession für eine Weinschenke hervor, die ihm der Regierungsrat am 19. März 1814 genehmigt hatte:
«Auf angehörten Bericht und Antrag der L. Commißion der administrathiven
Streitigkeiten vom 11ten hujus [11. März], ist dem Jacob Schmid von Stadel, als Übernehmer der von
dem se[lig] verstorbenen alt Untervogt Bersinger beseßenen Mühle zu Weiach, – ein
Weinschenkenbewilligungs-Patent auf zehn Jahre gegen eine Recognition von 24. Franken
ertheilt worden. Herr Bezirksstatthalter Angst wird dem Schmid anzeigen, daß er sein Patent
vor dem 19ten April in der Staatscanzley zu lösen habe. Auch wird gegenwärtiger Beschluß
der L. Finanzcommißion und der L. Commißion der administrathiven Streitigkeiten zu
Handen gestellt.»
Wer die Abgabe nicht fristgerecht bezahlt, verliert die Konzession
Nach Aufführung sämtlicher Konzessionäre, die eine Abgabe zwischen 20 und 32 Franken bezahlen mussten, wird der Tarif durchgegeben: «Von gegenwärtigem Beschluße wird der Lbl. [löblichen] Commißion für Administrative Streitigkeiten, der Lbl. Finanz-Commißion und jedem betreffenden Oberamte zu Handen der in seiner Abtheilung befindlichen obbenannten Weinschenken, mit der Weisung Kenntniß gegeben, daß selbige ihre Patente mittelst Bezahlung der Recognition und Taxe binnen einem Monath de dato in der Staatskanzley zu lösen haben, widrigenfalls solche nach Verfluß dieses Termins als erloschen betrachtet würden.»
Hat Schmid die Weinschenke zur Mühle wirklich je geführt? Gesichert ist nämlich nur, dass er 1814 die Gebühr bezahlt hat. Sonst wäre er nicht nach Verfluss von zehn Jahren zur Patent-Erneuerung aufgefordert worden.
Quellen und Literatur
- Kleiner Rat des Cantons Zürich: Weinschenkenbewilligung für Jacob Schmid von Stadel, Müller in Weiach. Datum: 19. März 1814; S. 364. Signatur: StAZH MM 1.48 RRB 1814/0324.
- Kleiner Rat des Cantons Zürich: Bewilligung und Erneuerung von Weinschenken in mehrern Oberämtern. Datum: 17. Juli 1824; S. 67. Signatur: StAZH MM 1.88 RRB 1824/0636.
- Brandenberger, U.: Nur eine Mühle? Untervogt Bersinger als Grossgrundbesitzer. WeiachBlog Nr. 1666, 7. Juni 2021.
[Veröffentlicht am 18. Juli 2024 um 17:07 MESZ]
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