Donnerstag, 3. Januar 2013

Was im März 1785 alles zum Wirtshaus zu Weyach gehörte

Im alten Stadtstaat Zürich gab es im 18. Jahrhundert wöchentlich erscheinende Publikationen, in denen neben amtlichen Verlautbarungen auch private Anzeigen veröffentlicht wurden, so das «Hoch-Obrigkeitlich bewilligte Donnstags-Blatt» (vgl. Bild)


In der Rubrik «Es wird zum Verkauf angetragen» der Ausgaben No.  XIII  vom 31. Merz 1785  [Nr. 10] und der No. XIV vom 7. Aprill 1785  [Nr. 30] wurde folgendes Inserat abgedruckt:

«Ein Tafernen-Wirthshaus zu Weyach, bestehend in 3 Stuben, 5 Kammern mit 4 Bettern, 2 Schüttenen, Freyheit zu backen, zu wirthen, zu mezgen, zum Schrepfen und Aderlassen, ein gewölbter Keller mit 100 Saum Faß, alle mit Eisen gebunden, auch eine Trotten, 100 Saum Träst zu behalten, item eine Scheuer samt einem Gast-Stall, ein Haus-Stall, Waschhaus, s. v. Schweinstall, ferner ein Krautgarten, samt 2 dabey ligenden Baumgärten mit vielen Bäumen, ungefehr 3 Vierling groß, 7 Juchart Acker in allen 3 Zelgen, 5 Vierling gute Wisen, eine halbe Juchart Reben nahe bey dem Haus, ein Vierling Farb. Reben, eine Juchart Bauholz, 4 Juchart Holz und Boden, und ein grosser Platz vor dem Haus, Bau zusammen zu schorren

Umfassende Konzession

Unter einer Taferen oder Taverne verstand man zu dieser Zeit eine auch als ehaftes Wirtshaus bezeichnete Gaststätte, die - im Fall von Weiach als einzige - staatlich konzessioniert war und daher exklusiv das Recht auf umfassende Dienstleistungen für Gäste besass (vgl. auch den Wikipedia-Artikel Tafernwirtschaft).

Was im Fall der 1785 in Weyach zum Kauf angebotene Taferen alles zu den Rechten gehörte, wird im Inserat anschaulich beschrieben: der Wirt durfte eine Bäckerei, eine Metzgerei, eine Baderei (Schröpfen und Aderlassen) betreiben sowie Gäste über Nacht unterbringen. Für die Pferde, das Fortbewegungsmittel des Gastes, gab es einen eigens dafür vorgesehenen Stall (heute wäre das eine Tiefgarage).

Mit der eigenen Trotte konnte der Wirt auch selber Traubensaft pressen und daraus Wein keltern. Der Keller fasst immerhin Fässer mit einem Gesamtvolumen von 15'000 Litern (1 Saum = 150 Liter), wofür seine eigenen Reben kaum ausreichten.

Der dazugehörende Umschwung (Krautgarten und zwei Baumgärten, ca. 2700 Quadratmeter) waren aber für die Selbstversorgung gut geeignet und die rund zweieinhalb Hektaren Ackerland, eine halbe Hektare Wiesen und anderthalb Hektaren Wald auch nicht zu verachten.

Was ist ein Vierling? Vorsicht mit Flächenmassen!

Eine Jucharte unterteilte sich in 4 Vierlinge oder 16 Quärtli (vgl. Artikel Juchart im Historischen Lexikon der Schweiz). Der Einfachheit halber wird bei obigen Berechnungen davon ausgegangen, dass 1 Jucharte rund 36 Aren entspricht, ein Vierling wäre demnach etwa 9 Aren gross.

Zu beachten ist aber, dass eine Juchart je nach Bodennutzung (Äcker, Wiesen, Wald oder Rebgelände) durchaus unterschiedlich gross sein konnte. So waren Waldjucharten eher grösser, Rebjucharten hingegen kleiner. Der Grund für diesen Unterschied: mit dem Begriff der Jucharte wurde der Zeitbedarf für die Bewirtschaftung gemessen (vgl. unten Weiterführende Artikel).

Wo stand die ehafte Taverne damals?

Aufgrund eines in den 1820er-Jahren gezeichneten Plänchens (vgl. WeiachBlog Nr. 944) darf man annehmen, dass das Wirtshaus damals auf dem Platz der heutigen Liegenschaft Oberdorfstrasse 7 stand - an der Verzweigung von Oberdorfstrasse und Winkelstrasse, d.h. am Nordende des alten Hauptplatzes im Dorfzentrum. Das Südende besteht aus der Gabelung Oberdorfstrasse - Alte Poststrasse (ehemals Zürcherstrasse genannt, die über die Bergstrasse nach Stadel Richtung Zürich führte).

Weiterführende Artikel

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