Freitag, 26. März 2021

Ein Zebra einsperren?

Derzeit kursiert in den Social Media ein regierungskritischer Witz in einem Stil, wie er weiland zu Zeiten der DDR oder der Sowjetunion hinter vorgehaltener Hand gepflegt wurde:

Parmelin und Berset sitzen im Bundeshaus-Restaurant und haben es sichtlich lustig. Ein Journalist, der das mitbekommt, geht auf die beiden zu und fragt, was sie denn so erheitere. «Wir planen die Massnahmen für die nächste Welle», erklärt Berset. «Darf man fragen, wie die aussehen?», antwortet der Journalist. «Mais bien sûr», antwortet Parmelin, «wir werden 8,5 Millionen Menschen und ein Zebra einsperren!» -- «Aber warum denn ein Zebra?», fragt der Journi entgeistert. Da klopft Berset dem Parmelin auf die Schulter und sagt: «Siehst Du, es funktioniert! Keiner interessiert sich für die 8,5 Millionen!»

In Abwandlungen mit angepassten Zahlen und anderen politischen Akteuren gibt es den Witz gegen die Corona-Massnahmen auch für Deutschland (mit Spahn und Lauterbach) und Österreich (mit Anschober und Kurz). Eine Schweizer Variante findet man auf dem Twitter-Auftritt des Weiacher Imageberaters Hanspeter Bühler.

Aufmerksamkeitssteuerung

Die Promoter der Campus Hofwies-Ideologie wenden im Kern genau diese Zebra-Taktik an. Die Aufmerksamkeit wird gezielt umgelenkt. Beispiel gefällig?

Von den Steuerzahlern in Kaiserstuhl und Fisibach, die nicht ihren fairen Anteil an den Kosten der Weiacher tragen müssen (nur maximal 85% der Vollkosten, vgl. WeiachBlog Nr. 1631), wird geschickt abgelenkt. Wie? Indem man ein grosses Geschrei erhebt, es sei unfair, die Kaiserstuhler und Fisibacher Kinder (!) für die höheren Kosten des Schulbetriebs in Weiach verantwortlich zu machen. 

Warum man nicht die Erklärung brachte, die am Gemeindeversammlungsabend im Ebianum gegeben wurde? [Die war, nur damit das hier festgehalten ist, dass die massive Erhöhung des Steuerfusses der Primarschulgemeinde um 12% auf die vor Abschluss des Schulanschlussvertrags angefallenen Kosten der Schulhaussanierung (weinrote Hülle des Schulhauses von 1976) und den Neubau des Kindergartens Farbtupf zurückzuführen sei.] 

Ganz einfach: diese Erklärung hat keinen emotionalen Wert. Kinder hingegen (oder eben Zebras) wecken die Emotionen. Und werden geschickt instrumentalisiert. 

Gefühle sind das A und O

Als netter Nebeneffekt brauchte die Schulpflege auf die sachlich einzig gerechtfertigte Forderung: «Die Behauptung der Projektgegner [von Balance] bedarf einer transparenten Überprüfung», wie sie zuerst der Kaiserstuhler Stadtammann Ruedi Weiss geäussert hat (ZU, 12.9.2020, vgl. Quellen), erst gar nicht mehr einzugehen.

Denn für die in Fisibach am 16. März 2021 mehrheitlich anwesende Klientel geht es nicht um Zahlen, sondern primär um Gefühle. Die wurden an diesem Abend auch perfekt orchestriert bedient.

Als Tüpfli auf dem i musste Eusi-Schuel-Stratege Frank Lehmann nur noch die im abendlichen In-Fight im Ebianum gefallene Aussage «Das lässt mich kalt» des zum Lord Voldemort von der Fasnachtsflue hochstilisierten Hauptinitianten Werner Ebnöther emotional wirken lassen und schon war die Frontstellung klar und das Ziel der Fangemeinde deutlich vor Augen geführt.

So gesehen ist das Resultat der Abstimmung über die Kündigungsinitiative keine Überraschung, umso weniger als viele Weiacherinnen und Weiacher, die die Vorlage befürwortet hätten, der Gemeindeversammlung fernblieben. Sei es aus Protest gegen den Tagungsort, Angst vor Corona, oder aus welchen Gründen auch immer.

P.S.: Mit Zebras ist nicht zu spassen

Die Wirkmacht von Zebras kennt die Weiacher Gemeindepolitik übrigens aus jahrelanger eigener Erfahrung. 

Als der Kanton 2009 die Zebrastreifen über die Stadlerstrasse entfernte, da regte sich hartnäckiger Widerstand. Besonders die Eltern schulpflichtiger Kinder gingen auf die Barrikaden. Denn, so ihre Vorstellung: Nur auf einem Zebrastreifen ist mein Kind sicher! Da konnte der Gemeinderat argumentieren wie er wollte. Auch der Kanton und all seine Verkehrsfachleute bissen bei den Zebra-Aktivisten auf Granit. Und sie trugen den Sieg davon. Seit 2013 gibt es die Zebrastreifen wieder und der Kanton zahlte laut den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach sogar dafür! (Vgl. Weiterführende Beiträge unten)

Federführend bei diesem zähen Ringen war übrigens eine Gruppierung namens F.O.R.U.M Weiach, gegründet am 27. Oktober 2007 (vgl. WeiachBlog Nr. 551 bis 553). Sie ist so etwas wie eine ältere Schwester des Familienvereins Weiach (gegr. 2019) oder der IG Eusi Schuel (gegr. 2021). In dieser Gruppe wurde der Zebra-Kampf vorbereitet und geführt.

Mit den Zebraisten musste man rechnen. Sie als Gegner zu haben? Sehr dumme Idee, da konnte man als Gemeindepolitiker nur verlieren. Also wurden sie integriert (um es nicht gleich «kooptiert» zu nennen). Mit Andy Brüngger (Gemeinderat) und Carlo Losurdo (RPK) sitzen heute gleich zwei dem F.O.R.U.M. zuzurechnende Personen an den Schalthebeln der Macht.

Ein Zebra einsperren? Das will gut überlegt sein. Es sei denn, man will es sowieso zu Tisch bitten.

Quellen und weiterführende Beiträge
  • Brandenberger, U.: «Zebrastreifen braucht es hier nicht». WeiachBlog Nr. 750 v. 22. Januar 2010.
  • Brandenberger, U.: Wenn Volkes Stimme Fussgängerstreifen fordert. WeiachBlog Nr. 1135 v. 10. Mai 2013.
  • Abazi, A.: Schule Weiach plant grenzübergreifend. In: Zürcher Unterländer. 12. September 2020 – S. 5.

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