Samstag, 27. August 2016

Klingenberger spielen die habsburgische Karte

Zu Beginn des 14. Jahrhundert zeichnete sich die Territorialisierung immer deutlicher ab. Kleinere Adelsgeschlechter kämpften mit Bedeutungsverlust und standen vor der Frage, wie es in Zukunft weitergehen sollte. An den Freiherren von Regensberg und den Freiherren von Klingenberg kann man die unterschiedlichen Strategien sehen, die als Antwort auf dieses Problem verfolgt wurden.

Wachse oder weiche

Die Regensberger waren im 13. Jahrhundert mit ihrem Versuch gescheitert, ihre Macht zu konsolidieren. Die Gründung des Städtchens Kaiserstuhl im Jahre 1254 (ein Joint-Venture u.a. mit den Herren von Wart) und etliche weitere Aktivitäten waren nur mässig erfolgreich. 1267/68 verloren die Regensberger gegen eine Koalition, welche Graf Rudolf von Habsburg mit der Stadt Zürich gebildet hatte (sog. Regensberger Fehde). In der Folge mussten sie ihren Besitz sukzessive liquidieren. Profiteure waren: Habsburg, Zürich und das Fürstbistum Konstanz.

Sich an die Erfolgreichen hängen

Anders machten es die Freiherren von Klingenberg, die aus dem Gebiet des heutigen Kantons Thurgau stammen. Sie waren zuerst in Diensten des Bischofs von Konstanz, dann der Grafen von Kyburg und nach deren Aussterben, von deren Rechtsnachfolgern, den Habsburgern. Einen Machthöhepunkt erlebten sie am Übergang zum 14. Jahrhundert.

Ein cleverer Jurist

Heinrich von Klingenberg, den wir im Artikel WeiachBlog Nr. 1295 kennengelernt haben, wurde 1240 geboren, studierte in Italien und schloss als Doktor der Jurisprudenz ab. Dann trat er in die Dienste des ersten Habsburgers auf dem deutschen Königsthron, Rudolf I. und wurde Kanzler. Heinrich war also ein Mann mit Macht und Einfluss, einer mit besten Verbindungen, der nach dem nassauischen Zwischenspiel auf dem Königsthron (1292-1298) ein Parteigänger des 15 Jahre jüngeren Königs Albrecht (1308 ermordet, vgl. Weiacher Geschichten(n) Nr. 102) wurde.

Nach dem Tod von Rudolf im Jahre 1291 musste sich Heinrich ein neues Betätigungsfeld suchen und fand dieses 1293 als Fürstbischof von Konstanz. Auf diesem Posten verfolgte er in vieler Hinsicht ähnliche Strategien wie die Habsburger. Macht und Einfluss über Territorien sichern war nur die eine Seite. Die schriftliche Niederlegung der Machtverhältnisse war die andere.

So kaufte Heinrich von Klingenberg den Regensbergern 1294 das Städtchen Kaiserstuhl ab, und konnte sich 1295 auch die Niedergerichtsrechte über Weiach sichern (Freiherr von Wart war ein Parteigänger der Regensberger). Und Heinrich liess auch das erste Urbar des Fürstbistums Konstanz erstellen. Fast zur gleichen Zeit erstellten die Habsburger ebenfalls Verzeichnisse über alle ihre Rechte, das sogenannte Habsburgische Urbar (HU), begonnen 1303, fertiggestellt 1307. Manche dieser Rechte wurden gleich von beiden, Fürstbistum wie Haus Habsburg, beansprucht.

Das Konstanzer Urbar

Otto Feger gelang es mitten im Zweiten Weltkrieg sein Buch über das Konstanzer Bistumsurbar von 1302/03 zu veröffentlichen. Wer das 1943 gedruckte Werk in die Hand nimmt, stellt fest, wie sich die Mangellage des Kriegs auswirkte: das Papier ist extrem brüchig, da für dessen Herstellung viel Holzschliff und wenig Haderlumpen verwendet wurden.

Unter dem Punkt «B. Herrschaft Kaiserstuhl» vermerkt das Urbar: «Isti sunt census et redditus in Kayserstůl»: «5. Item in Wiach [Fn-6] 1 mod. avene nomine advocatie de quodam bono, quod pertinet monasterio in Vare.»

Die Fussnote 6 zu Wiach lautet: «Weiach, Bez. Dielsdorf, Kant. Zürich. 1295 bestätigt Bischof Heinrich von Klingenberg die Schenkung von Zwing und Bann des Meierhofs und des Dorfes Weiach durch Jakob von Wart an das Bistum (REC. II 2930). Ein Habsburger Revokationsrodel des 14. Jahrhunderts (Urbar II 351) führt aus: "item dominus episcopus Constantiensis occupat in prejudicium domini advocatiam in bonis ac hominibus curie in Wyach, monasterio sti Blasii pertinentis." Warum diese Rechte, die das Hochstift bis zu seiner Aufhebung ausübte, im Urbar nicht berücksichtigt sind, läßt sich nicht feststellen.»

Ist das etwa eine Rücksichtnahme unter Geschäftspartnern? Als Bischof von Konstanz konnte Heinrich jedenfalls nicht die habsburgische Karte spielen. Aber sein Bruder Ulrich war habsburgisch-österreichischer Vogt im heute süddeutschen Raum (Mengen und Sigmaringen).

Quellen
  • Feger, Otto: Das älteste Urbar des Bistums Konstanz, angelegt unter Bischof Heinrich von Klingenberg. Untersuchungen und Textausgabe. Quellen und Forschungen zur Siedlungs- und Volkstumsgeschichte der Oberrheinlande. 3. Band. Karlsruhe, 1943 - S. 75ff.
  • REC: Regesta episcoporum Constantiensium. Regesten zur Geschichte der Bischöfe von Konstanz (Bd. 1-5). Badische Historische Kommission [Hrsg.]. - Innsbruck, 1895-1931.

Keine Kommentare: