Heute vor 50 Jahren im glarnerischen Mitlödi (wenige Kilometer südlich des Kantonshauptorts).
Da setzte sich Jakob Kobelt (1916-1987), der Orgelexperte unserer evangelisch-reformierten Kirchgemeinde für die Gesamtrestauration der Weiacher Kirche an die Schreibmaschine und tippte seinen abschliessenden Kurzbericht über die neu eingebaute Orgel. Gerichtet war er an Hans Griesser, zu diesem Zeitpunkt Präsident der Kirchenpflege.
Aus Anlass des diesjährigen Orgeljubiläums wird nachstehend der volle Wortlaut dieses letzten Schreibens veröffentlicht.
«Sehr geehrter Herr Präsident,
im Auftrag der Kirchgemeinde Weiach hatte ich am 20. Oktober 1965 ein Gutachten über die bestehende alte Orgel und über ein neu zu erstellendes Instrument geschrieben.
In oft mühsamen Verhandlungen mit der kant. und z.T. auch der eidg. Denkmalpflege - wobei sich Herr Dr. Albert Knöpfli sehr für das Projekt von Herrn Architekt Hintermann und mir einsetzte - konnte schlussendlich die von mir vorgeschlagene Orgel (Gutachten vom 20. Oktober 1965) gebaut werden.
Die Orgel wurde auf Grund des Werkvertrages vom 22. Februar 1968 von der Firma Neidhart und Lhôte in Saint-Martin erbaut und am Sonntag, den 26. Oktober 1969 eingeweiht. Da das Instrument längere Zeit vorher fertig gebaut war, hatte ich Gelegenheit bei mehreren Besuchen und ausgiebigen Spielen die Orgel gründlich kennen zu lernen und zu prüfen.
Die Prüfung ergab, dass der Orgelbauer das Instrument genau nach Werkvertrag erstellt hat. Einige kleine Aenderungen (z.B. Principal 8' C-Dis akustisch) waren platzmässig bedingt. Es wurde durchwegs erstklassiges Material verwendet und nur Qualitätsarbeit geleistet. Auch wurde den Wünschen des Experten entsprochen (z.B. Lager des Instrumentes in Holz, zugelötete Gedackte!)
Eine glückliche, dem Raum angepasste Mensurierung, sowie eine sorgfältige künstlerische Intonation (Labiale: Herr Jehmlich, Zunge: Herr Lhôte) ergeben einen sehr differenzierten Klang bei den Einzelregistern und sehr viele herrliche Klangkombinationen.
Das Gehäuse (Entwurf Architekt Hintermann) ist ganz orgelgemäss entworfen und passt vorzüglich architektonisch in den Raum. Es ist eine Orgel, die in den Dimensionen dem Raume adäquat ist.
Zu dem ausgezeichneten Werk darf der Gemeinde herzlich gratuliert werden. Bei rechter Pflege dürfte die Orgel für viele Jahrzehnte ihren Dienst versehen. Auf alle Fälle sollte mit dem Orgelbauer (auch der Garantie wegen) ein Stimmvertrag abgeschlossen werden.
Ich danke allen Beteiligten, vor allem den Orgelbauern und dem Architekten für die sorgfältige, künstlerische Arbeit. Ich danke für die alle Zeit schöne Zusammenarbeit zwischen Baubehörde, Architekt und Orgelbauer.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Jakob Kobelt
Beilage:
Meine Rechnung an die Kirchgemeinde
Kopien des Schlussberichtes an:
- Orgelbauer Neidhart-Lhôte
- Herrn Architekt Hintermann»
Die im zweiten Abschnitt erwähnten «mühsamen Verhandlungen» insbesondere mit der kantonalen Denkmalpflege, aber auch Geplänkel mit den Exponenten der Eidg. Kommission für Denkmalpflege, spielen auf die monatelangen, erbittert geführten Auseinandersetzungen um die Frage des Rückpositivs an, bei der sich die Allianz aus Kirchgemeinde, Orgelbauer, Architekt und nicht zuletzt dem Orgelexperten schliesslich gegen die Bedenkenträger der Denkmalpflege durchsetzte. Die waren nämlich der Meinung, dass die Feldereinteilung der Emporenbrüstung derart schützenswert sei, dass man unmöglich ein Rückpositiv darüberhängen könne (vgl. dazu WeiachBlog Nr. 1412: Neidhart&Lhôte-Orgel Weiach: Nur ein Rückpositiv bringt's! v. 18. Oktober 2019). Der erwähnte Albert Knöpfli, Mitglied der Eidg. Kommission aus dem Thurgau war konstruktiv an der Lösung des vom kantonalen Denkmalpfleger sozusagen zur cause celèbre erklärten Rückpositiv-Problems beteiligt.
Im dritten Abschnitt erwähnt Kobelt, wie er das neue Instrument ausführlich habe testen können. Da er darauf das Einweihungskonzert gespielt hat, war das auch zwingend erforderlich (vgl. WeiachBlog Nr. 1414: Die Einweihung unserer Neidhart&Lhôte-Orgel, v. 26. Oktober 2019, zum 50-jährigen Jubiläum derselben).
Quelle
Kobelt, J.: Schlussbericht des Experten über den Neubau der Orgel in der Kirche Weiach ZH. Brief an Hans Griesser, Präsident Evangelisch-reformierte Kirchenpflege Weiach, 25. November 1969.
Original: ERKGA Weiach, 5.06.7 Orgel -- Durchschlag: ZBZ, Mus NL 118: W6, Fasz. 1
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