Mittwoch, 21. April 2021

Neubewertung der Gemeindegüter verschlampt!

Im letzten Beitrag ging es um die Gebühren, die Weiach 1835 von einem Niederlassungs- bzw. Einbürgerungswilligen einkassieren durfte. Interessenten für das Bürgerrecht gab es wohl nicht so viele, wenn man sich die prohibitiv hohen Einbürgerungsgebühren vor Augen führt.

Nach dem Gesetz musste der Gemeinderat insbesondere prüfen, ob die Einzubürgernden ohne Benachteiligung der bestehenden Bürgerschaft (d.h. vor allem Schmälerung von deren Bürgernutzen) aufgenommen werden könnten:

Die Gesetzesbestimmung im vollen Wortlaut: «Ausserdem muß derselbe [der Einbürgerungswillige] durch ein Zeugniß des Statthalters oder Unterstatthalters, in dessen Bezirks-Abtheilung er sich niederzulassen willens ist, bestimmt erweisen, daß er, nach erhaltenem Landrecht, von einer benannten Gemeinde dieses Bezirks zu ihrem Gemeindsbürger mit seiner ganzen Haushaltung werde angenohmen werden, welcher Bescheinigung auch das Befinden des betreffenden Kirchenstillstands an die Regierung beyzufügen ist. Die Gemeinden, und besonders die Gemeindräthe sollen, im Fall einer eventuellen Bürgerrechts-Zusicherung, sorgfältig erwägen, ob ein neuer Bürger, mit Hinsicht auf Zahl der Gemeinds-Bürger und Wohnungen, ohne Nachtheil der anderen aufgenohmen werden könne; und hierüber dem betreffenden Bezirks- oder Unterstatthalter, zu Handen des Kleinen Raths [Regierungsrat], pflichtmäßigen Bericht erstatten.» (Gesetz über die Landrechts-Ertheilungen v. 22. Mai 1812, § 3)

Knatsch um den Wert des Holzbodens, 1856/57

Dass es bei den Bürgergütern um nachwachsende Rohstoffe, d.h. vor allem um Waldungen ging, wird durch Erwägungen der Direktion des Innern belegt, wie sie in einem Regierungsratsbeschluss vom 7. März 1857 festgehalten wurden, der sich im Protokollband über 29 (!) Seiten hinweg erstreckt.

Nachdem sich viele Gemeinden darüber beschwert hatten, die Einschätzungen der Werte ihrer Besitztümer seien viel zu niedrig, wurden im Winter 1856/57 mehrere Konsultationen vorgenommen. Man beschloss in der Folge, die Bewertungsgrundlagen anzupassen und bestimmte die für die danach folgenden Neubewertungen Verantwortlichen: 

«Als Schazungsexperte würde für jeden Bezirk je der betreffende Kreisforstmeister bezeichnet, welcher diese Arbeit in Anwesenheit eines Mitgliedes des Bezirksrathes, sowie der hiebei betheiligten Gemeindsbehörde an Ort u. Stelle vorzunehmen hätte.»

Direktion des Innern redet Klartext

Soweit alles klar. Da der Regierungsrat nicht gerade erbaut gewesen sein dürfte über den ganzen Aufruhr, redete die Direktion des Innern in ihrem Schlussbericht auch Klartext und benannte die aus ihrer Sicht für die monatelangen Diskussionen eigentlichen Verantwortlichen:

«Was die Einwendungen des Bezirksrathes Regensberg gegen die Art der Berechnung der Gebühren anbetrifft, so sind dieselben bereits durch die Vornahme der neuen Werthungen, soweit sie begründet waren, als gehoben zu betrachten, denn der wesentlichste Punkt derselben war, die bestehenden Werthungen der Liegenschaften seien mit den Nutzungen derselben in keinem richtigen Verhältnisse, eine Thatsache, die sich aus den neuen Schatzungen als wahr erwies, welchem Uebelstande aber der Bezirksrath schon längst hätte abhelfen können, wenn er bei Anlaß der Aufnahme von neuen Inventarien über die Gemeindegüter wie es in seiner Aufgabe lag, auf eine richtige Werthung sämmtlicher Gemeindsliegenschaften hingewirkt hätte. In dieser Beziehung haben zwar auch die Bezirksräthe Andelfingen u. Bülach ihre Aufgabe nicht erfüllt; allein immerhin stellte sich die Ungleichheit in den Güterwerthungen im Bezirke Regensberg am grellsten dar.» (RRB 1857/0326, S. 494)

Autsch! So etwas will man als kantonaler Beamter über die eigene Amtsführung nicht lesen. 

Keine zehn Jahre später wurde die Bezirksverwaltung in den Wahlen 1866 in spektakulärer Art und Weise aus ihren Sesseln gekippt (vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 55).

Schulgut wurde wertvoller

Weiach betreffend haben sich im Winter 1856/57 nach der aktualisierten Bewertungsmethode folgende neuen Gebühren ergeben: 

Einzug in das Schulgut:  130 Franken  (1835: 64.-)
Einzug in das Gemeindgut:  540 Franken  (1835: 500.-)


Gemäss SWISTOVAL ergeben diese Beträge nach dem Historischen Lohnindex HLI auf den Wert von 2009 umgerechnet ca. 12'600 bzw. 52'400 Franken (1835 noch 57'200). Dass die Schule nun fast doppelt so hoch bewertet war wie noch 1835, ist wohl auf den Bau des 1836 eingeweihten Alten Schulhauses zurückzuführen.

Quellen und Literatur

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