Viel ist nicht erhalten geblieben von all den Urkunden und Akten, die es einst auch im Archiv der heutigen politischen Gemeinde Weiach gegeben haben muss. Das alte Archiv ist wohl beim Brand des Gemeindehauses während des Zweiten Koalitionskrieges vernichtet worden.
Einige Akten aus der Zeit vor 1800 waren aber zu diesem Zeitpunkt nicht am Ort des Brandes und sind uns bis heute erhalten geblieben. So auch die unter der Signatur PGA Weiach III A 1 aufbewahrten Jahresabrechnungen. Diese «Gemeinderechnungen» umfassen die Jahre 1755–1798 (mit Lücken).
Darin sind gemäss alt Staatsarchivar Otto Sigg u.a. verzeichnet:
- Einnahmen aus dem Verkauf von Holz, Rinden, Eicheln, Esparsette, Birnen, Getreide (ab Gemeindegütern) sowie von Flur- und Forstbussen;
- Ausgaben für Besoldungen, Spesen, Wachtdienste, Wasserversorgung/Brunnen, Feuerwehrwesen, Gemeinwerk und Schermauser.
Die Jahresrechnung von 1790 (s. Bild unten) ist besonders interessant. Denn da wird unter dem Titel «Außgeben wegem Mieth» über ein ganz spezielles Unternehmen rapportiert.
«Im Jahr 1790 gab die Gemeinde die verhältnismässig hohe Summe von 225 Pfund aus, um im Bergbau eine Mietgrube zu eröffnen. Miet wurde derjenige Mergel genannt, den die Naturforschende Gesellschaft in Zürich zur Verbesserung der Fruchtbarkeit des Bodens empfahl. Wir entnehmen dem Rechnungseintrag, dass die Gemeinde mittels eines «Neppers» (Eisenbohrer) aus dem staatlichen Bauamt an verschiedenen Orten Bodenproben nehmen liess. Man wurde im Wald von Untervogt Bersinger im «grossen Gebirg», neun Schuh unter der Erde fündig. Um die Eignung der gefundenen Mergelerde zu prüfen, wurde ein Bergmann des Kohlenbergwerks Käpfnach eingestellt, der während 100 Arbeitstagen einen Stollen vorwärts trieb und eine zwölf Schuh dicke Mergelschicht nachwies. Er förderte 30 Fuder, und die Dorfgenossen wurden aufgefordert, sich von diesem Mergel zu bedienen und «auf unterschiedliche Güter zu tun, um die Proben zu machen, damit man sich in Zukunft zu richten wisse».»
Wo war unser Mergelbergwerk?
Nicht einmal drei Meter unter der Oberfläche auf Mergel zu stossen, ist keine schlechte Tiefe. Da lohnte sich ein Probeabbau. Wo sich die genannte Stelle im grossen Gebirg befand, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht bekannt. Dafür müsste man sich das Original genauer ansehen, denn vielleicht hat Sigg einen für Ortskundige sofort wegweisenden Flurnamen oder andere sachdienliche Hinweise nicht in seine Zeilen über Weiach im Archivführer übernommen.
Was das Kohlebergwerk Käpfnach betrifft: dieses wurde 1784 im Auftrag des Zürcher Staates an einem bekannten Fundort für Kohle bei Horgen durch den aus dem Badischen stammenden Bergbauspezialisten Johann Sebastian von Clais professionell aufgezogen. Und es ist mit 80 Kilometern Stollenlänge das bisher bedeutendste in der Schweiz. Wenn man schon den Nepper aus dem staatlichen Bauamt hatte, dann lag es nahe, auch den Bergbauspezialisten quasi von dort zu «beziehen».
In Vergessenheit geraten
Aus dem Mergelabbau in Weiach scheint allerdings nichts Grösseres geworden zu sein, trotz der vom Käpfnacher Bergmann festgestellten vier Meter dicken Schicht.
So schreibt Schulpfleger Johannes Baumgartner in der Ortsbeschreibung 1850/51: «Die trefflichen Eigenschaften des Mergels sind zwar nicht unbekannt, doch gräbt man ihn noch viel zu wenig nach und benutzt ihn nur, wo man ihn zufällig findet.»
Angesichts dieser Passage muss man annehmen, dass der gemeindefinanzierte Abbau auf Probe nach sechs Jahrzehnten nicht mehr allgemein bekannt war. Baumgartner wusste davon offensichtlich nichts.
Quellen
- Baumgartner, J.: Kapitel VIII. Dungstätten und Dünger. In: Hirzel, K. et al.: Ortsbeschreibung Weiach Anno 1850/51. Abschrift des Originals durch Walter Zollinger. Edition: Wiachiana Fontes Bd. 3, Trub 2018-2021.
- Staatsarchiv des Kantons Zürich (Hrsg.): Archivführer der Zürcher Gemeinden und Kirchgemeinden sowie der städtischen Vororte vor 1798. Zeugnisse zürcherischer Gemeinde-, Verwaltungs- und Rechtskultur im agrarischen und kirchlichen Zeitalter. Bearbeitet von Otto Sigg. Zürich 2006 – S. 112-113 (Direktlink Weiach.auf zuerich-geschichte.ch; PDF, 22 MB auf Website StAZH)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen