Feuerläufer? Heute kennt man das vor allem aus der Welt der Selbsterfahrungstrips. Männer, die über glühende Kohlen laufen, um sich selber zu spüren.
Vor 300 Jahren hatten Feuerläufer ganz profan mit Schadenbegrenzung zu tun. Dann, wenn es wirklich darauf ankam. Feuerläufer waren so etwas wie fliegende Verstärkungen bei Grossbränden in Nachbargemeinden. Wurde dort Sturm geläutet und mittels Boten um Hilfe gebeten, dann liefen diese Mannschaften an den Ort der Katastrophe und machten sich dort nützlich. Beim Bilden von Wasserkübel-Ketten, beim Herunterreissen des Strohs von Dächern mittels Feuerhaken, beim Stellen von Leitern um überhaupt auf die Dächer zu kommen. Wo halt eben gerade Manpower gebraucht wurde, um zu verhindern, dass das ganze Dorf abbrennt.
Ob Weiach auch solche Feuerläufer auf Pikett hatte, ist derzeit nicht bekannt. Für Rafz hingegen schon. Da hat Thomas Neukom (der heutige stellvertretende Zürcher Staatsarchivar) 2005 in seiner grossen Ortsgeschichte wie folgt berichtet:
«Zudem hatte sich immer eine gewisse Anzahl Feuerläufer bereitzuhalten, um bei einem Brand in den umliegenden Dörfern zu Hilfe eilen zu können. So halfen die Rafzer Feuerläufer beispielsweise im Jahr 1700 in Wilchingen oder 1702 in Weiach. Die Kosten zu Lasten der Steuerrechnung entstanden durch die auswärtigen Verpflegungskosten und besonders durch den Umtrunk, den die Läufer bei ihrer Rückkehr aus dem Steuergut bezahlt erhielten.»
Neukom bestätigt auf tel. Rückfrage von WeiachBlog, dass er sich für obige Aussagen insbesondere auf die Rafzer Gemeinderechnungen stützt.
Dazu, ob es für die Institution der Feuerläufer, die sogar überregionale Hilfsfunktion hatte (Wilchingen SH!) eigentliche Finanzausgleichsmechanismen zwischen Vogteien oder über die Zürcher Staatskasse gegeben hat, müssten genauere Abklärungen gemacht werden.
Und für Weiach steht die Analyse der wenigen noch erhaltenen «Gemeinderechnungen» der Jahre ab 1755 aus. Die Formulierung, sie enthielten «Ausgaben für Besoldungen, Spesen, Wachtdienste, Wasserversorgung, Brunnen, Feuerwehrwesen, Gemeinwerk, Schermauser.» (Otto Sigg im Gemeindearchivführer 2006) schliesst die Existenz von Weiacher Feuerläufern zumindest nicht aus.
Quelle und Literatur
- Neukom, Th.: Rafz. Geschichte eines Zürcher Dorfes «ennet dem Rhein». Chronos-Verlag. Zürich 2005 – S. 227.
- Sigg, O.: Archivführer der Zürcher Gemeinden und Kirchgemeinden sowie der städtischen Vororte vor 1798. Zeugnisse zürcherischer Gemeinde-, Verwaltungs- und Rechtskultur im agrarischen und kirchlichen Zeitalter. [Hrsg.: Staatsarchiv des Kt. ZH]. Zürich 2006 – S. 113 (Direktlink Weiach.auf zuerich-geschichte.ch; PDF, 22 MB auf Website StAZH)
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