Donnerstag, 25. August 2022

Kaiserstuhler Lindenwirt wird nicht in den Aargau ausgeliefert

Als Schweizer Staatsbürger wird man grundsätzlich nicht ans Ausland ausgeliefert, es sei denn, man gibt sein Einverständnis dazu. So steht es in Art. 25 Abs. 1 der Bundesverfassung. Möglich ist lediglich eine vorübergehende Überstellung an einen Internationalen Gerichtshof, sofern die Zusicherung gegeben wird, dass eine verhängte Strafe anschliessend in der Schweiz verbüsst wird (vgl. Steiger, M.: Schweiz-USA: Auslieferung eigener Staatsangehöriger? v. 1. Februar 2012). 

Ob die Verfassungsbestimmung allerdings in jedem Fall wasserdicht wäre, das wird zumindest von Rechtsanwalt Martin Steiger (s. Link im vorstehenden Abschnitt) infrage gestellt. Bei Auslieferungen von Schweizern an die USA könnte Völkerrecht über Landesrecht gestellt werden, auch über die Bundesverfassung, so Steiger.

Keine Herausgabe, aber Übernahme der Strafverfolgung

Vor 150 Jahren wollte Zürich einen eigenen Kantonsbürger nicht an die Behörden eines anderen Kantons übergeben. 

Nach dem (auch im Auslieferungsvertrag Schweiz-USA von 1997 in Art. 8 statuierten) Prinzip «Aut dedere aut iudicare» hat die Zürcher Regierung der Bundesgesetzgebung von 1852 folgend entschieden, zwar nicht auszuliefern, dafür aber den Prozess gegen den Beschuldigten für die ausserkantonal begangenen Taten nach zürcherischem Recht anzuheben.

So geschehen im Falle des Weiacher Bürgers Rudolf Baumgartner, dessen Auslieferung die Aargauer Regierung verlangt hatte:

«In Sachen des Rudolf Baumgartner von Weiach, betreffend Auslieferung, hat sich ergeben: Mit Zuschrift vom 10. Juli stellt der Regierungsrath des Kantons Aargau das Gesuch um Auslieferung des dortseits wegen Diebstals verfolgten Rudolf Baumgartner von Weiach, frühern Lindenwirths in Kaiserstuhl. 

Der Regierungsrath, 

nach Einsicht der Akten und eines Antrages der Justiz- und Polizeidirektion, beschließt: 

1. Es sei der Regierung des Kantons Aargau zu erwiedern, daß Baumgartner als hierseitiger Kantonsangehöriger nicht ausgeliefert, dagegen die Verpflichtung übernommen werde, denselben nach hierseitigen Gesetzen zu beurtheilen. 

2. Mittheilung an die Justiz- und Polizeidirektion und an die Staatsanwaltschaft unter Aktenzustellung.»

Quellen

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