Noch in den 1960er-Jahren konnte sich die Politische Gemeinde einen Steuerfuss von sagenhaften 0 % leisten (vgl. u.a. WeiachBlog Nr. 1964, dritter Abschnitt).
Anfangs der 70er aber war das nicht mehr möglich. Warum? Weil die Gemeinderäte vorausschauende Finanzplanung betrieben haben, wie ein Kurzbeitrag von Hillmar Höber in der NZZ erkennen lässt:
«hhö. Auch im Jahre 1972 erfährt der Gesamtsteuerfuß der Gemeinde Weiach gegenüber dem Vorjahr mit 165 Prozent keine Veränderung. Im Hinblick auf den Bau der Turnhalle mußte von einer Reduktion des Steuerfußes Umgang genommen werden, ansonst die Schuldenberge rapid in die Höhe gehen würden. Bei 514 400 Franken Einnahmen und 575 800 Franken Ausgaben rechnet man im Ordentlichen Verkehr des Politischen Gemeindegutes mit einem mutmaßlichen Rückschlag von 59 400 Franken, der durch 33 Steuerprozente – der 100prozentige Staatssteuerertrag beträgt 180 000 Franken – gedeckt wird. Auf der Ausgabenseite sind besonders die angestiegenen Besoldungen und Entschädigungen sowie die Zinsen von angelegten Kapitalien zu erwähnen; auf der Einnahmenseite fällt der kantonale Finanzausgleichsbeitrag ins Gewicht. Der Gesamtsteuerfuß der Gemeinde Weiach setzt sich wie folgt zusammen: Politisches Gemeindegut 33 Prozent, Primarschulgut 80 Prozent, Oberstufenschulgut 27 Prozent und reformiertes Kirchengut 25 Prozent. Die Stimmberechtigten hießen die Voranschläge an der Budgetgemeindeversammlung stillschweigend gut. Auch der Bruttokredit von 298 000 Franken für den Ausbau der Chellenstraße war unbestritten. Es wird ein ansehnlicher Staatsbeitrag erwartet.»
Wer unbedingt bauen will, der opponiert nicht gegen hohe Steuerfüsse
Auf der Hofwiese stand ein für die rund 650 Einwohner zählende Gemeinde geradezu gigantisches Bauvorhaben auf dem Zettel, das die Primarschulgemeinde nicht allein stemmen konnte. Aber auch nicht musste, denn gerade das Mehrzweckgebäude sollte ja massgebend auch der Politischen Gemeinde dienen.
Wenn man grosse Bauvorhaben umsetzen will, dann sollte man einen guten Teil der dafür nötigen Gelder schon angespart haben. So setzte das Politische Gemeindegut für das Steuerjahr einen Ansatz von 33 Prozent fest, was an der Budgetgemeindeversammlung (an der nun auch die Frauen Stimmrecht hatten) zu keinerlei Diskussionen geführt hat. Wie erwartet wurde dann im Sommer 1973 das Grossprojekt durch die Stimmberechtigten auch tatsächlich genehmigt (vgl. WeiachBlog Nr. 1951).
Das Beispiel der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde, die 1964 ebenfalls vor einem grösseren Bauvorhaben stand, nämlich der umfassenden Sanierung und Restauration der Kirche (1965-1969), zeigt übrigens denselben proaktiven Finanzplanungsansatz. Der damalige Steuerfuss von 35 % konnte bis zum Jahre 1972 immerhin auf 25 % reduziert werden.
Ausbau der Chellenstraße
Zum letzten Geschäft dieser Gemeindeversammlung, dem Ausbau der «Chellenstrasse», wie Höber sie hier bemerkenswerterweise explizit nennt, lässt sich anmerken, dass dieser leider nur bis auf die Höhe der Liegenschaft Chälenstrasse 21a/b erfolgt ist. Dort endet das südseitige Trottoir.
Leider hat man es auch bei der Baubewilligung für die Überbauung Chälenstrasse 23/25/27 versäumt, eine Rücknahme der Baulinie zu verfügen, weshalb ein Trottoir immer noch fehlt, obwohl in den grossen Mehrfamilienhäusern Im Bruchli mittlerweile ein Mehrfaches der Mitte der 70er-Jahre dort ansässigen Bevölkerung lebt. Mit entsprechend gut gefüllten Tiefgaragen.
Ausgerechnet dort ist – im Gegensatz zu den traditionell privilegierten Wohngegenden östlich der Stadlerstrasse im Oberdorf und Büel – immer noch keine 30er-Zone eingerichtet worden.
Quellen
- Höber, H.: Unveränderter Steuerfuß in Weiach. In: Neue Zürcher Zeitung, Nummer 9, 6. Januar 1972, Ausgabe 02 (Mittagausgabe) – S. 11.
- Höber, H.: Ein neues Primarschulhaus für Weiach. In: Neue Zürcher Zeitung, Nummer 330, 19. Juli 1973, Ausgabe 02 (Mittagausgabe) – S. 11.
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