Montag, 28. August 2023

«In letzter Minute inszenierte Abschussaktion...»

So einen Satzteil würde man in einem Boulevardblatt erwarten, nicht wahr? Man findet ihn aber in einem höchst distinguierten Presseerzeugnis, der «alten Dame» von der Stadtzürcher Falkenstrasse. 

Diesen begrifflichen Zweihänder hat NZZ-Redaktor Hillmar Höber, damals bereits seit Jahren für Berichte über das Zürcher Unterland zuständig, im Februar 1978 zu einem Vorgang in der Weiacher Gemeindepolitik geschwungen:

«hhö. In Weiach ist eine in letzter Minute inszenierte Abschussaktion gegen den bisherigen Gemeindepräsidenten Ernst Baumgartner misslungen; der Kampfkandidat Peter Bresch vermochte nur wenige Stimmen auf sich zu vereinigen. Bei einem absoluten Mehr von 123 Stimmen wurden in die Exekutive gewählt: Ernst Baumgartner, zugleich Präsident, 234, Peter Bresch 209, Hans Griesser 253, Paul Odermatt (alle bisher) 206 und Werner Fruet (neu) 199. Mit 53 Stimmen blieb Willy Rusterholz weit zurück und wurde nicht gewählt. Die Wahlen in die Primarschulpflege und in die reformierte Kirchenpflege erfolgten kampflos. Das Primarschulpräsidium übernimmt neu Gustav Duttweiler. Die Wahlbeteiligung betrug 62 Prozent.»

Dazu muss man nun wissen, dass Ernst Baumgartner-Brennwald bereits seit 1966 den Gemeinderat präsidiert hat. Und noch bis 1982 in diesem Amt war, d.h. während 16 Jahren. Davor war er bereits 16 Jahre als Kirchengutsverwalter der evangelisch-reformierten Kirche tätig gewesen.

Immerhin hat Höber diesen – in unserer Politikgeschichte keineswegs einmaligen Vorgang – nicht gerade als Wildwest-Geschehen eingeordnet. 

Die letzte Aktion dieser Art hat Weiach übrigens bei den Wahlen 2010 erlebt, als der sozusagen in letzter Sekunde portierte Kampfkandidat Paul Willi lanciert wurde, um einen Gemeindepräsidenten Galimberti zu verhindern. In diesem jüngeren Fall war der Coup allerdings erfolgreich. Allerdings auch nur, weil sich die mit der tiefsten Stimmenzahl gewählte Elsbeth Ziörjen-Baumgartner zurückgezogen hat, um dem Volkswillen zu entsprechen. Nach dem Buchstaben des Gesetzes hätte dieser Postenschacher jedenfalls nie und immer Bestand haben dürfen (vgl. WeiachBlog Nr. 766).

Quellen

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