In der Altjahrswoche 1967 waren die Weiacher Stimmberechtigten noch einmal gefordert, in die Hosen zu steigen. Und das ist wörtlich gemeint, denn damals waren das ausschliesslich Männer.
Auf dem Tisch lagen vier Vorlagen, über die man zu befinden hatte: Das Budget des Folgejahres, eine Landabtretung und zwei Bauprojekte: einen grösseren Neubau und eine kleine Renovation. Über die Resultate berichtete die NZZ in ihrer ersten Sonntagsausgabe – das gab es damals schon! – des Jahres 1968:
«Weiach, 28. Dez. In der Gemeindeversammlung wurden sämtliche Budgetvorschläge für 1968 gutgeheißen und der Gesamtsteuerfuß von 180 auf 175 Prozent herabgesetzt. Ein Kredit von 13 000 Franken für eine Renovation des vor 20 Jahren erbauten Gemeindehauses wurde stillschweigend gewährt. Die Römerwarte im Hard, die dem Zerfall nahe ist, wurde dem Kanton abgetreten, der sie erhalten will. Das Hauptgeschäft bildete der Antrag auf Kreditbewilligung für eine Abwasserreinigungsanlage, an die die ganze Gemeinde angeschlossen werden soll. Das Projekt und der Baukredit von 500 000 Fr. fanden Genehmigung. Die Kläranlage für 1500 Einwohner kann später vergrößert werden, so daß sie für die doppelte Einwohnerzahl ausreicht. Da die Abwässer die Anlage mit natürlichem Gefälle durchfließen, wird sie als Tropfkörperanlage erstellt.»
Die Erträge, die seit 1962 dank der Weiacher Kies AG in die Gemeindekasse fliessen, haben mit dazu beigetragen, dass die sonst sehr auf Ausgabendisziplin bedachten Weiacher nun Infrastrukturprojekte angepackt haben, die vor diesen Zeiten wesentlich kritischer beäugt (und bekämpft) worden wären.
Über die Pinselrenovation an der Stadlerstrasse 7 (neues Gemeindehaus) wurde – glaubt man der NZZ – nicht einmal richtig abgestimmt.
Kostenintensives Uralt-Gemäuer wird man lieber los
Der Bedarf an Altertümern hielt sich nach dem Erwerb der Liegenschaft Müliweg 1, dem Lieberthaus, aus dem nun ein Ortsmuseum entstand, aber offensichtlich in engen Grenzen.
Trotz des Geldsegens war man an einer der ältesten baulichen Strukturen auf Gemeindegebiet so wenig interessiert wie es schon in den finanziell schwierigeren 50er-Jahren der Fall war. Da kam das Angebot des Ur- und Frühgeschichtsexperten und kantonalen Denkmalpflegers Walter Drack (1917-2000) gerade recht.
Das im Hardwald zu besichtigende konservierte Mauergeviert hat deshalb eine Sonderstellung. Das im Plan der Amtlichen Vermessung ersichtliche Resultat ist das im Staatseigentum stehende Grundstück Nr. 604. Eine Fläche von 183 Quadratmetern, die mitten in der über 33 ha grossen Gemeindewaldung Unter Hard liegt (Parzelle 607 nördlich der Bahnlinie).
Gross-Weiach im Hinterkopf
Besonders aufmerken lässt, dass die zu erstellende Kläranlage von vornherein auf mehr als das Doppelte der damaligen Bevölkerungszahl (rund 650 Einwohner) ausgelegt wurde. Sogar ein Ausbau auf 3000 Einwohner war vorgesehen.
Heute, wo die 1500er-Marke überschritten ist, da fungiert das Klärwerk am Rhihofweg allerdings nur noch als Durchgangsstation. Das Weiacher Abwasser wird von dort nach Kaiserstuhl geleitet, fliesst unter der Rheinbrücke durch und landet im Ausland: bei der ARA der deutschen Gemeinde Hohentengen. –– Vgl die WeiachBlog-Artikel unten für einen kleinen Einblick in die Weiacher Abwassergeschichte.
Quelle und Literatur
- Kläranlage für Weiach. In: Neue Zürcher Zeitung, Nummer 11, 7. Januar 1968 [Sonntagausgabe] – S. 23.
- Brandenberger, U.: Spatenstich für Abwasser-Export. WeiachBlog Nr. 25 v. 26. November 2005.
- Brandenberger, U.: Vor 50 Jahren: Zweite Bauetappe der Kanalisation ausgeschrieben. WeiachBlog Nr. 49 v. 23. Dezember 2005.
- Brandenberger, U.: Abwasser in den Rhein statt in die Dorfbäche. WeiachBlog Nr. 70 v. 13. Januar 2006.
- Brandenberger, U.: Der Kanalisationserstellung dritte Etappe. WeiachBlog Nr. 369 v. 27. Januar 2007.
- Brandenberger, U.: Abwasserexport funktioniert schon seit einem Jahr. WeiachBlog Nr. 413 v. 1. April 2007.
- Brandenberger, U.: Der Startschuss zu einem Regenwasserklärbecken. WeiachBlog Nr. 981 v. 6. Februar 2011.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen