Das heutige Datum, der Tag des Hl. Martin, oder kurz Martini, war ein wichtiger Termin im bäuerlichen Jahreslauf. An diesem Tag wurden traditionellerweise die Zinsen fällig. An Martini begann die Winterschule, wobei man wissen muss, dass vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht viele Kinder im Sommer nicht zur Schule gingen, denn dann wurden sie als Arbeitskraft in der Landwirtschaft dringend gebraucht. Im Winter waren sie eher entbehrlich. Vgl. zu diesem einleitenden Abschnitt auch WeiachBlog Nr. 1609.
An Martini fand in unserer nächsten Umgebung aber auch noch etwas anderes statt. Da war nämlich im benachbarten Städtchen Kaiserstuhl Markttag. Vielleicht ist er daraus entstanden, dass an diesem Tag (und bis zu dessen Säkularisierung im Jahre 1806/07) viele dem Kloster St. Blasien zinspflichtige Bauern zum Amtshaus an der Hauptgasse 35 nahe der Rheinbrücke kamen, um dieser Verpflichtung nachzukommen. Und wo viele Menschen zusammenkommen, da gibt's auch für Wirte und Händler etwas zu verdienen.
Am 11. November 1834 jedenfalls, das wissen wir sicher, war Markttag. Dies geht aus einem Inserat des Weiacher Sternenwirts Jakob Schenkel im Zürcherischen Wochenblatt hervor. Unter der Rubrik Anzeigen von Gefundenem wurde der nachstehende Text abgedruckt:
«97. Letzten Kaiserstuhler Martinsmarkt ist bey Unterzeichnetem eine Sackuhr liegend gefunden worden; wer dieselbige verloren zu haben glaubt, kann sie gegen Beschreibung erhalten. Jb. Schenkel, Wirth, in Weyach.»
Eine Taschenuhr also hatte da ein im Gasthaus zum Sternen Einkehrender liegengelassen oder sonst verloren und in den Tagen darauf nicht abgeholt. Und weil die Leute an einem solchen Markttag von weit her aus dem Zürichbiet nach Kaiserstuhl strömten, entschied sich Wirt Schenkel für eine Annonce in einem Stadtzürcher Blatt, denn Unterländer Regionalzeitungen gab es damals noch nicht (die kamen erst ab den späten 1840er-Jahren auf).
Ob die Eigentümerschaft sich gemeldet hat, wissen wir nicht, aber das Inserat war für Schenkel sicher hilfreich dabei, nach Ablauf einer bestimmten Zeit das Eigentum an der Fundsache für sich beanspruchen zu können.
Quelle und Literatur
- Anzeigen von Gefundenem. In: Zürcherisches Wochenblatt, Nummer 94, 24. November 1834 – S. 419.
- Brandenberger, U.: Martini: Schulbeginn und Zinszahlungstermin. WeiachBlog Nr. 1609 v. 11. November 2020.
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