Nach den turbulenten Jahren der Helvetischen Republik, die die Weyacher als Privatleute und in Form ihrer Gemeinde in grösste Schwierigkeiten gestürzt hatten, da konnte man sich spätestens ab 1813 der Konsolidierung der Gemeindefinanzen und dem Wiederaufstocken der Waldungen widmen. Denn der im öffentlichen Eigentum stehende Wald, das war und ist die Trumpfkarte, mit der über viele Jahre hinweg die Lebenserhaltung für eine recht grosse Bevölkerung gesichert werden konnte. Auch für solche, die nicht wirklich viel Landwirtschaftsland und holzreichen Privatwald ihr Eigen nennen konnten.
Wertvolles Weyacher Bürgerrecht
Das Bürgerrecht der Gemeinde Weyach war entsprechend begehrt. Der Bürgernutzen (umfassend Gratisbezüge für Bau- und Brennholz, Weiderechte (Ackaret) für Schweine im Eichenwald, etc.), war derart wertvoll, dass kaum jemand sein Bürgerrecht freiwillig aufgab.
Damals zählte auch nicht der zivilrechtliche Wohnsitz, wenn es darum ging, mit Sozialhilfe unterstützt zu werden, sondern das Gemeindebürgerrecht und dessen Exklusivität. Spätestens zum Ende des 16. Jahrhunderts sicherte sich Wyach daher bereits das Privileg, den sogenannten Einzug (d.h. die Verleihung des Bürgerrechts) mit namhaften Einkaufssummen abgelten lassen zu dürfen. Dasselbe machte übrigens auch der Staat, wenn er das Kantonsbürgerrecht (damals «Landrecht» genannt) verliehen hat.
Gesuch um Bewilligung höherer Gebühren
Im Sommer vor 200 Jahren fand der damalige Gemeinderat, es sei an der Zeit, den gestiegenen Wert von Gemeindegut und Bürgernutzen mit einer höheren Einzugsgebühr absichern zu können, worauf er sich an den Oberamtmann auf Schloss Regensberg (so hiess der Nachfolger der Landvögte) wandte. Dort fand man Gehör und das Gesuch ging an den Regierungsrat (damals Kleiner Rat genannt):
«Ein von dem Lbl. Oberamte Regensperg mit empfehlendem Berichte d. d. 4ten hujus einbegleitetes Petitum der Gemeinde Weyach um Erhöhung ihrer Einzugsgebühren, wird der Lbl. Commißion des Innern zu näherer Prüfung und Einbringung eines gutächtlichen Berichts und Antrags überwiesen.»
Das hatte der Kleine Rat am 14. Oktober 1823 entschieden und nachdem die löbliche Kommission des Innern ihren Bericht eingereicht hatte, konnte die Regierung heute vor 200 Jahren über das Weyacher Gesuch befinden.
Ausdrückliches obrigkeitliches Lob für Gemeinderat und Kirchenpflege
Der Ratsschreiber formuliert den Entscheid wie folgt:
«Es hat der Kleine Rath, nach Anhörung und in Genehmigung eines gutächtlichen Berichts und Antrags der Lbl. Commißion des Innern d. d. 12. hujus [12. November 1823], betreffend die ehrerbietige Bitte der Gemeinde Weyach um Erhöhung ihrer Einzugsgebühren, da sich bey näherer Untersuchung ergeben, daß ihr Gemeindsgut seit Ertheilung des letzten Einzugsbriefes durch sorgfältige Haushaltung und lobenswerthe Verwaltung der Vorsteherschaft, bedeutend vermehrt wurde, erkennt, diesem gegründeten Ersuchen mittels einer angemeßenen Erhöhung zu entsprechen, und daher ihren Einzug in das Gemeindgut von Frk[en]. 220. auf Frk[en]. 360., sowie in das Kirchengut von Frk[en]. 24. auf Frk[en]. 48. gesetzt, wogegen es bey der bestehenden Bestimmung der Gebühr in das Armengut u. in den Viehfond sein Bewenden haben soll.
Gegenwärtiger Beschluß wird dem Lbl. Oberamte Regensperg, unter Beylage eines neuen Einzugsbriefes (gegen welchen der alte zu beziehen und der Staatskanzley einzusenden ist) zu Handen der Gemeinde Weyach, unter Äußerung der Hochobrigkeitlichen Zufriedenheit mit der Verwaltung ihres Gemeindgutes, zugestellt.»
Wie man lesen kann, halten sich gewisse Begriffe hartnäckig. In diesem Fall «hochobrigkeitlich», was vor der Revolution den Inhaber der Hoch- oder Blutgerichtsbarkeit bezeichnete und diesen vom Niedergerichtsherren unterschied. Letztere gab es nach den Revolutionskriegen nicht mehr.
Happige Beträge
Nun, was war die Kaufkraft dieser Frankenbeträge vor 200 Jahren umgerechnet auf heutige Verhältnisse? Zieht man den Historischen Lohnindex (HLI) von Swistoval heran, dann ergibt sich in Geldwerten von 2009 eine Erhöhung von 25'714.- auf 42'077.- für das Gemeindegut und eine von 2'805.- auf 5'610.- für das mit wesentlich weniger Grundbesitz ausgestattete Kirchengut.
Daraus kann man ableiten, dass ein Zugezogener, der ins hiesige Bürgerrecht aufgenommen werden wollte, umgerechnet auf unsere Zeit auf der kommunalen Ebene mehr als 48'000 CHF hinblättern musste. Denn die Einzugsgebühr für Armengut und Viehfonds (deren Erhöhung vom Kleinen Rat abgelehnt wurde) ist da ja noch nicht eingerechnet.
Verglichen mit dem Stand zwölf Jahre später ist das umgerechnet auf die Kaufkraft noch vergleichsweise günstig. Denn 1835 verlangte man bereits 500 Franken, allein für das Gemeindegut (vgl.
WeiachBlog Nr. 1642)!
Quellen und Literatur
- Die Gemeinde Weyach bittet um Erhöhung ihrer Einzugsgebühren. Protokoll des Kleinen Rats (Regierungsrat) vom 14. Oktober 1823, S. 20. Signatur: StAZH MM 1.85 RRB 1823/0845.
- Der Gemeinde Weyach wird eine Erhöhung des Einzugs bewilligt. Protokoll des Kleinen Rats (Regierungsrat) vom 29. November 1823, S. 213−214. Signatur: StAZH MM 1.85 RRB 1823/1001.
- Brandenberger, U.: Können Sie sich Weyach leisten? WeiachBlog Nr. 1642 v. 19. April 2021.
- Historischer Lohnindex (HLI), vgl.: SWISTOVAL. Swiss Historical Monetary Value Converter des Historischen Instituts der Universität Bern.
[Veröffentlicht am 30. November 2023 um 00:16 MEZ]
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