Wir haben nur noch wenige Alteingesessene, die aus eigenem Erleben über die Zeit des Zweiten Weltkriegs berichten können. Willi Baumgartner-Thut (*1930) ist einer davon. Adolf Bütler-Nägeli (*1932), vormals zum Restaurant Wiesental, ein weiterer.
Gestern, am Pfingstmontag, hat Dölf dem Redaktor des WeiachBlog unter anderem auch eine kleine Anekdote erzählt, die man so nur im Grenzgebiet erleben konnte. Anlass für das Telefonat war ein militärdienstpflichtiger Traktor seines Vaters – dem sei ein späterer Artikel gewidmet.
Ohne Zusatzverdienste geht es nicht
Josef Bütler, besagter Vater, musste seiner Familie mit vielen verschiedenen Aktivitäten ausserhalb von Land- und Gastwirtschaft einen Zuverdienst verschaffen, oft für einen Kaiserstuhler Fuhrunternehmer oder den Sägereibesitzer Meierhofer beim Bahnhof (spätere Holz Benz AG). Häufig war er als Taglöhner für Dritte tätig. Manchmal sogar im Ausland.
Das einstige fürstbischöfliche Amt Kaiserstuhl erstreckte sich zu beiden Seiten des Rheins (vgl. WeiachBlog Nr. 2065). Die Bürger unseres Nachbarstädtchens besassen daher seit Jahrhunderten Weinberge ennet dem Fluss – selbst einige Weiacher (vgl. WeiachBlog Nr. 1517). Auch Kaiserstuhler Stadtwald findet sich aus demselben Grund zu grossen Teilen sowohl rechtsrheinisch auf Reichsboden (im Gebiet der heutigen Gemeinde Hohentengen), wie linksrheinisch auf Schweizergebiet.
Holzen im Ausland
Mitten im 2. Weltkrieg gab es auch ruhigere Zeiten, wo die Grenze zum Deutschen Reich nicht hermetisch geschlossen war. Dann wurde Josef temporär zum Grenzgänger und erledigte Holzerarbeiten im Kaiserstuhler Wald auf deutscher Seite.
Die Einwohner der Gegend erfuhren natürlich, dass bei ihnen gerade Schweizer Holzer zugange sind. Da sei einmal ein Ruh von Bergöschingen zu ihnen gekommen und habe gebeten, man möge ihm ein «Sunntigshämp» mitbringen, er habe nichts mehr dergleichen anzuziehen für eine Erstkommunion oder eine Firmung, genau weiss es Dölf nicht mehr. Aber jedenfalls ein wichtiges Ereignis im Leben eines der Kinder des Ruh.
Unverdächtige Transportmethode
Josef habe dann sein Sonntagshemd angezogen, darüber das Arbeitshemd getragen, es auf diese Weise über die Grenze geschmuggelt und in den Wald gebracht.
So stellten die Zöllner keine blöden Fragen und der Bergöschinger konnte doch noch anständig gekleidet zur Kirche.
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