Mittwoch, 31. August 2011

Den Alitalia-Absturz als Armeeoffizier erlebt

Daniel Rebetez, Chef Zivilschutz im Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS), einer der Chefbeamten von Bundesrat Ueli Maurer, beginnt das Editorial der jüngsten Ausgabe des Magazins «Bevölkerungsschutz» mit einer Erfahrung, die er mit vielen Weiacherinnen und Weiachern teilt. Dem Alitalia-Absturz vor über 20 Jahren:

«Liebe Leserin, lieber Leser

14. November 1990: Ich war im Militärdienst und sah mir am Abend zusammen mit dem Kommandanten der Rettungskompanie IV/10 ein Fussballspiel im Fernsehen an. Plötzlich wurde die Meldung «Absturz einer DC-9-32 der Alitalia am Stadlerberg» eingeblendet. Noch in derselben Nacht erhielt die Kompanie den Befehl, die zivilen Behörden zu unterstützen. Als Nachrichtenoffizier des Bataillons begleitete ich den Einsatz. Das Flugzeug war beim Absturz in den Wald in Brand geraten und zerschellt. Die Bergung der verkohlten Leichen erfolgte durch Freiwillige der Rettungskompanie. Nie werde ich den Geruch, der über der Absturzstelle lag, und den Anblick der weinenden Angehörigen bei der Gedenkfeier vergessen.
»

Rebetez geht dann auf einen Verkehrsunfall ein, den er als Feuerwehroffizier erlebte und führt mit diesen beiden persönlichen Beispielen das Thema der Ausgabe «Der Faktor Mensch im Katastrophenfall» perfekt ein:

«Katastrophen und auch viele Alltagsereignisse belasten die Betroffenen und die Einsatzkräfte psychisch stark. Die meisten verarbeiten das Erlebte glücklicherweise ohne nachhaltige Störungen. Jedoch überstehen manche ein Unglück zwar körperlich unbeschadet, zerbrechen aber psychisch daran.»

Umso wichtiger ist das Defusing von Einsatzkräften untereinander. Reden und schreiben darüber hilft. Wie das geht, darüber berichtet «Der Faktor Mensch im Katastrophenfall».

Diese und auch die früheren neun Themen-Ausgaben der Zeitschrift «Bevölkerungsschutz» sind es wert gelesen zu werden: Link auf die BABS-Seite.

Quelle

Weiterführende Literatur zum Absturz

Dienstag, 30. August 2011

Der Landschreiber soll im Neuamt wohnen

Die Obervögte der Zürcher Obervogtei Neuamt residierten zu Zeiten des Ancien Regime nicht etwa vor Ort (wie z.B. auf Kyburg in einem Landvogteischloss mitten in der Vogtei), sondern blieben in der Stadt Zürich wohnhaft.

Konsequenterweise war ihre Kanzlei in der Nähe untergebracht. Das änderte sich auch in der Restaurationszeit ab 1813 nicht: im Mai 1814 unterzeichnete «Landschreiber Heß, zu Stadelhofen» zuhanden der «Canzley Neuamt» (vgl. Zürcherisches Wochen-Blatt, Nro. 40, Donnstag Den 19. May 1814 bzw. Nro. 43, Montag Den 30. May 1814). Mit anderen Worten: der Landschreiber hatte seine Kanzlei direkt vor den Toren der Stadt und wohnte wohl auch nicht weit davon entfernt.

Die Notariatskanzlei für Weiach war in der Stadt Zürich

Für die Weiacher und andere Neuämtler bedeutete dies, dass sie für notarielle Geschäfte rund einen Tag einrechnen mussten. So lange dauerten die Reise von Weiach nach Zürich, der Amtstermin und die anschliessende Rückreise - selbst wenn man ein Pferd zur Verfügung hatte.

Noch 1830 war die Kanzlei wie selbstverständlich mitten in der Stadt Zürich ansässig, wie nachstehende Umzugsanzeige beweist:

«Es wird hiermit bekannt gemacht, daß vom 26ten dieses Monaths an die unterzeichnete Canzley nicht mehr in No. 102 in Gassen sondern im Hause zum Waldros [?] No. 282 große Stadt, oben an der Spiegelgasse, zu finden ist. - Canzley Neuamt, Rümlang und Weyach.» (Zürcherisches Wochen-Blatt Nro. 22. Donnerstag, den 18. März 1830, Avertissements Nr. 15)

Verlegung des Aufenthaltsorts ins Neuamt verlangt

Nach der liberalen Staatsumwälzung fassten sich die Neuämtler ein Herz und verlangten von der neuen Regierung, dass die Kanzlei näher bei ihnen angesiedelt sein solle.

Am 22. Oktober 1831 beriet der Regierungsrat über ein «Gesuch der Gemeinden des Kanzleybezirkes Neuamt, daß ihr Landschreiber angehalten werden möchte, seinen Wohnsitz in Niederglatt zu nehmen»:

«Ein vom 8ten d. M. [dieses Monats] datirtes Gesuch der Gemeinden des Kanzleybezirkes Neuamt, daß ihr Landschreiber angehalten werden möchte, in Niederglatt als dem Mittelpunkte des Bezirkes seinen Wohnsitz aufzuschlagen, wird der L. [Löblichen] Gesetzes-Revisions-Commißion überwiesen, auch den Petenten von dieser Verfügung Kenntniß gegeben.» (RRB 1831/1328; StAZH MM 2.4, S. 158)

Daraufhin scheint wenig Konkretes gegangen zu sein, sonst hätte sich der Regierungsrat nicht am 24. September 1833 mit dem inhaltlich identischen «Ansuchen der Notariatsangehörigen von Neuamt um Verlegung des Aufenthaltsortes des Landschreibers in ihre Mitte» befassen müssen. Sie formulierte deshalb eine höfliche Beschwerde an die Adresse der zuständigen Kommission:

«Das vom 19. d. M. datirte Gesuch der zum Notariatskreise Neuamt gehörenden Gemeinden, daß der dasige Landschreiber angehalten werden möchte, seinen Wohnsitz in Niederglatt als dem Mittelpunkt des Notariates aufzuschlagen, wird der Gesetzgebungs-Revisions-Commißion überwiesen, auch bey dieser Gelegenheit der Wunsch gegen diese verehrliche Stelle ausgedrückt, daß sie möglichst die Vorlegung der Notariatsordnung beschleunigen möchte.» (RRB 1833/1697; StAZH MM 2.13, S. 225)

Niederhasli und Höri fahren Extrazügli

Aber auch jetzt ging monatelang gar nichts, weshalb nun einzelne Gemeinden aktiv wurden und versuchten, den Amtssitz in ihre eigene Mitte zu ziehen:

Am 23. Dezember 1834 hatte der Regierungsrat das «Gesuch der Gemeinde Niederhasle um Verlegung des Notariats Neuamt nach da» auf dem Tisch und beschloss:

«Das vom 10. d. M. datirte Gesuch der Gemeinde Niederhasle, daß der Sitz der Kanzley Neuamt dahin, als den Mittelpunkt des Notariatskreises, verlegt werden möchte, – wird der Gesetzgebungs-Revisions-Commißion zu gutfindendem Gebrauche überwiesen». (RRB 1834/2092; StAZH MM 2.21, S. 102)

Der Grosse Rat soll endlich entscheiden

Offensichtlich war auch mehr als 2 Jahre später noch kein Umzug ins Neuamt erfolgt, weshalb der Regierungsrat am 28. Februar 1837 über ein «Gesuch der Gemeinden Weiach und Niederhasle um Abänderung des Wohnsitzes des Landschreibers der Kanzley Neuamt» zu befinden hatte und ins Protokoll schreiben liess:

«Die vom 8. und 21. d. M. datirten Gesuche der Gemeinden Weiach und Niederhasle, daß dem nächsten Großen Rathe ein Gesetzesvorschlag betreffend Veränderung des Wohnsitzes des Landschreibers der Kanzley Neuamt vorgelegt werden möchte, werden der Gesetzesrevisions-Commißon zu gutfindendem Gebrauche überwiesen.» (StAZH MM 2.34 RRB 1837/0340, S. 291)

Regierungsrat genervt

Nachdem sich die Gesetzesvorlage weiter verzögerte und am 1. April 1837 schon wieder ein Gesuch auf die regierungsrätliche Traktandenliste kam - das «Gesuch der Gemeinde Höri um Verlegung des Sitzes des Landschreibers der Kanzley Neuamt nach Ober-Höri» - lässt die Formulierung im Protokoll keinen Zweifel darüber aufkommen, dass die Regierung offensichtlich ziemlich genervt war und darauf drängte, der Kantonsrat möge sich endlich mit der Angelegenheit befassen:

«Das vom 25. v. M. datirte Gesuch der Gemeinde Höri, daß der Sitz des Landschreibers der Notariatskanzley Neuamt nach Ober-Höri verlegt werden möchte, wird der Gesetzgebungs-Revisions-Commißion mit der Einladung überwiesen, dem Großen Rath mit möglichster Beförderung einen Antrag über das erwähnte Begehren zu hinterbringen.» (RRB 1837/0537; StAZH MM 2.35, S. 147)

Ob und was das Parlament schliesslich beschlossen hat, dürfte ein Blick in die Protokolle des Grossen Rates zeigen.

Aus der Archivdatenbank des Staatsarchivs geht hervor, dass es erst 1842 einen «Entwurf zum Gesetz betr. Veränderung und Abgrenzung der Notariatskreise: Kyburg-Winterthur, Neuamt, Grüningen, Herrliberg, Andelfingen, Greifensee, Wädenswil, Pfäffikon und Knonau» gegeben hat (vgl. StAZH P 10.2.1).

Weiterführende Artikel

Zur Obervogtei und ihrer Kanzlei vgl. die folgenden Beiträge auf WeiachBlog:

Montag, 29. August 2011

Bewaffnete Frauen errichten «Strassensperre»

Gemeinderat Thomas Steinmann hat in seiner Bundesfeier-Rede (vgl. WeiachBlog vom 2. August 2011) die zunehmend schwindende Solidarität mit dem Gemeinwesen beklagt. Konkret: das sich in Luft auflösende Milizprinzip.

Ob sich die Situation wirklich so stark verschlimmert oder es sich bloss um die in nicht allzu einfachen Zeiten üblichen Klagen handelt, sei dahingestellt.

Wenn es um die Wurst geht, dann stehen wieder genug Leute selbstlos und mutig hin. So wie die Weiacherinnen vor 300 Jahren Wehrhaftigkeit bewiesen haben.

Früher «Frauenhilfsdienst»

Wie sich diese manifestiert hat wurde von verschiedenen Autoren berichtet, unter anderem auch Jürg Stüssi-Lauterburg (Chef der Bibliothek am Guisanplatz (BiG) in Bern, in der die frühere Eidgenössische Militärbibliothek aufgegangen ist).

Stüssi-Lauterburg befasste sich mit der Geschichte der Frauen in der Armee und kam dabei auf den sogenannten «Blinden Lärmen» von 1703 zu sprechen:

«Als Anna Willi Meyerhofer aus Weiach 1703 bei Kaiserstuhl den Feind zu erspähen glaubte, mobilisierte sie, angesichts der Abwesenheit der Männer ihres Dorfes an der Musterung, 20 behelfsmässig bewaffnete Frauen und errichtete eine Strassensperre gegen Kaiserstuhl. Es handelte sich 1703 um einen Fehlalarm, die Reaktion ist aber typisch geblieben.»

Ist auf der Strasse stehen = Strassensperre errichten?

Was ist unter dieser «Strassensperre» zu verstehen? Behelfsmässig errichtete Barrikaden? Es ist völlig unklar, was Stüssi-Lauterburg mit dieser Bezeichnung meinte und noch unklarer, welche Quellen er dafür anführen müsste.

In den Protokollen von 1703 selber (vgl. Weiacher Geschichte(n) 56) wird lediglich erwähnt, Untervogt Maag habe «20 Weiber mit Mistgablen» angetroffen.

Und Gustav Jakob Peter schreibt in seiner Dissertation «Geschichte des zürcherischen Wehrwesens im XVII. Jahrhundert» auch nur davon, dass die Weiacherinnen sich «alsbald mit Mistgabeln bewaffnet, auf der Strasse gegen Kaiserstuhl postierten». Diese Ortsangabe ist - verglichen mit dem Protokoll der Zürcher Obrigkeit von 1703 - ebenfalls eine Novität. Dort wird nämlich nicht erwähnt, wo genau Maag die Weiber angetroffen hat.

Die Details und Quellen zu diesem «Lärmen» kann man übrigens in den Weiacher Geschichte(n) Nr. 56 nachlesen.

Quellen

Sonntag, 28. August 2011

Augustwetter 1961: erst schwül-heiss, dann herbstlich

Überdurchschnittlich warm ist der August 2011. Wie das Wetter in Weiach vor 50 Jahren ausfiel, darüber berichtet Walter Zollinger in der Jahreschronik 1961. Er geht gleich zu Beginn auf die Bundesfeier ein (vgl. dazu auch WeiachBlog vom 1.8.2011):

«August. Er beginnt recht sonnig und schwül, "verhebt" aber doch, sodass die Bundesfeier auf dem nun vergrösserten Schulplatz trocken durchgeführt werden kann. Erst um Mitternacht setzt Regen ein und hält dann aber auch fast während des ganzen 2. Augusttages an. Ab 3.8. bis zum 6.8. ein paar recht schöne Sommertage, bis zu 28°C an den Nachmittagen. Die nächsten sechs Tage sind ebenfalls düppig, aber ausnahmslos von gewittrigen Regenschauern durchsetzt, bald nachmittags, bald in der Nacht. Darauf folgen wieder drei niederschlagslose Tage, aber mit nebligen Morgen. Die zweite Monatshälfte bringt zahlreiche Tage mit bedecktem oder bewölktem Himmel am Morgen, Nebel am Vormittag, dann aber aufheiternd und schöne sonnige Nachmittage und Abende, auch recht öfters Wind. Ausnahmen hievon machten der 17.8., frühmorgens mit Sudelwetter beginnend und den ganzen Tag sehr wechselvoll bleibend, sowie der 22.8., der wiederum etliche Regenschauer brachte. Das Monatsende, vom 24.8. an, erfreute dann noch durch recht sonniges Wetter, allerdings frühmorgens jeweils lag immer etwas Nebel um's Dorf.

Höchste Nachmittagstemperatur des Monats 28°C;
tiefste Nachmittagstemperatur des Monats 15°C.
»

Das Aufkommen von Morgennebel ist in Weiach ein typisches Herbstzeichen. Der Nebel hüllt das Dorf dann meist bis um die Mittagszeit ein. Wenn man Glück hat, lacht bereits auf dem Kistenpass in Raat schon die Sonne.

Quellen

  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1961 - S. 5-6. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1961].
  • Bundesfeier – vor 50 Jahren auf dem Schulplatz. In: WeiachBlog, 1. August 2011 [Nr. 1035]

Samstag, 27. August 2011

Fest des Missionsverbands am Zürcher Rhein, 1961

Heute vor 50 Jahren fand in Weiach ein sogenanntes «Missionsfest» statt. Organisiert wurde es vom «Missionsverband am Zürcher Rhein».

Der Begriff «Zürcher Rhein» umfasst die Gemeinden Buchberg, Eglisau, Glattfelden, Hüntwangen, Rafz, Rüdlingen, Wasterkingen, Weiach und Wil. Er beschränkt sich also nicht nur auf das Gebiet des Kantons Zürich. Auch die beiden Gemeinden der Südexklave des Kantons Schaffhausen (Buchberg und Rüdlingen) gehören dazu.

Hier natürlich vor allem, weil der Kanton Schaffhausen traditionell evangelisch-reformiert ausgerichtet ist. Denn um eine Veranstaltung dieser Prägung handelt es sich bei diesem «Missionsfest», das am Nachmittag des «Sonntag, 27. August 1961 in der Kirche Weiach» durchgeführt wurde.

Auf dem Programm standen «Liedervorträge der vereinigten Kirchenchöre der Verbandsgemeinden», dann ein «Vortrag von Herrn Missionar J.E.E. Scherrer, Schaffhausen» mit dem Titel «Eine Inselwelt in Bewegung» (wahrscheinlich über irgendein klassisches Missionsgebiet in der Südsee) und schliesslich «Geselliges Beisammensein im Restaurant Bahnhof».


Ein halbes Jahrhundert später gibt es das Restaurant Bahnhof nicht mehr. Sogar das Gebäude wurde dem Erdboden gleich gemacht. Und auch der Missionsverband am Zürcher Rhein dürfte das Zeitliche gesegnet haben. Selbst der Begriff «Zürcher Rhein» ist nicht mehr allzu gebräuchlich.

[Veröffentlicht am 28. August 2011]

Montag, 22. August 2011

Kein zweites Weiach werden

Es passiert bekanntlich nicht allzu häufig, dass Weiach als Dorf mit nicht einmal 1000 Einwohnern in Zeitschriften erwähnt wird (auch in Zeitungen nur, wenn es sich um regionale Blätter wie den «Zürcher Unterländer» oder das «Neue Bülacher Tagblatt» handelt).

Wenn es dann doch vorkommt, hat es entweder etwas mit Kiesabbau, NAGRA-Sondierlöchern oder Erdgasbohrungen zu tun. Oder wie in anderen kleinen Gemeinden mit Sportlern oder aufsehenerregenden Verbrechen.

Atomkraftwerke sind geräuschloser als Kieswerke

Interessant dieser Tage ist die ziemlich unerwartete Erwähnung im Beobachter vom 18. August 2011, welche den Bogen von den für die Atomabfallentsorgung auf Weiacher Boden abgeteuften Prospektionsbohrungen zur Produktion dieses Abfalls einige Kilometer rheinabwärts spannt:

«Anfang der sechziger Jahre tauchte der erste Vorbote der neuen Zeit im Dorf auf. «Grüezi, Odi esch min Name», sagte er. «Elektrowatt.» Nicht zu verwechseln mit Otti, dem Gemeindeschreiber. Herr Odi war scharf auf Land vor dem Dorf, sicherte sich 200 Blätz bestes Ackerland durch Kaufrechtsverträge. Erst dachte man, der habe es auf die Kiesvorkommen da draussen abgesehen. Nein, ein zweites Weiach wollte man nicht werden! Es kam anders: Kernspaltung statt Kiesabbau. 1965 sagte der Leibstädter Gemeindeammann Ernst Kramer zu einer Zeitung: «Das Atomkraftwerk ist sauber, macht keinen Lärm und ist krisenfest.» Das war Mainstream damals. Sonst hätte das Atomkraftwerk im nahen Beznau nicht ohne jeglichen Widerstand von 1965 bis 1972 gebaut werden können. Atomkraft war hip, es war die Zukunft. Und wer hätte es ihnen verargen wollen, voll darauf zu setzen, den Bewohnern dieser Region, die schon immer im toten Winkel der Eidgenossenschaft gelebt hatten?»

Ein Image hat man schnell

Leibstadt südwestlich Waldshut ist eines der Aargauer Atomdörfer. Und die KKL, die Kernkraftwerk Leibstadt AG, ist für diese Gemeinde, was die Weiacher Kies AG für unser Kiesdorf. Sie bringt Geld - aber auch ein Image. Und nicht immer das beste. Es ist entweder verbunden mit einem gähnenden Loch oder mit einem dampfenden Turm. Beides Auswirkungen einer «Zuvielisation», die von deren Profiteuren gerne in die Peripherie abgeschoben werden. Ganz nach dem Motto «Not in my backyard»: die negativen Folgen meines Strom- bzw. Kieshungers sollen andere ausbaden.

Vor 50 Jahren war es für die Aargauer Gemeinden nahe des Zurzibiets offensichtlich erstrebenswerter, das Land für Nuklearreaktor und Kühlturm zu verkaufen, als es wie die Weiacher für ein Kiesloch lediglich langfristig zu verpachten.

Quelle
  • Schilling, Christoph: Leibstadt. Das Dorf und das Atom. In: Der Schweizerische Beobachter, Ausgabe: 17, 18. August 2011 - S. 40.

Montag, 15. August 2011

Abgebrannt: Das Haus des Weberliheiri

Heute vor 50 Jahren traf Weiach ein Ereignis der feurigen Art. Es brannte in der Chälen. Und zwar dort, wo sich heute die Kreuzung mit der Stockistrasse befindet. Walter Zollinger berichtet in seiner Jahreschronik 1961:

«Am 15. August brannte das alte Häuschen des "Weberliheiri", das unbewohnt war, gänzlich nieder. Grund: zeuseln des Knaben Roland bei Köllikers. Der früher jahrelang einsam drin wohnende Besitzer, Heinrich Meier-Dellenbach, ist erst vor kurzer Zeit (24. Mai) im 76. Altersjahr gestorben.»

Dass es sich dabei um ein für die lokale Bauhistorie interessantes Haus gehandelt hat, erwähnt Zollinger in seinem Büchlein «Weiach 1271-1971»: «1961: eines der ältesten Gebäude des Dorfes, das kleine Gütchen des erst im Mai vorher verstorbenen sogenannten Weberliheiri in der Chälen wurde das Opfer eines zäuselnden Knaben.» [nach Zoll72], (vgl. WeiachBlog vom 11. Januar 2011)

Leider verfügt WeiachBlog über keine Nahaufnahme dieses Hauses. Auf alten Postkarten kann aber mindestens erahnt werden, wie das Gebäude ausgesehen hat (Zum Vergrössern Bild anklicken):


Das durch den Brand vernichtete und nicht wiederaufgebaute Haus ist im Zentrum der roten Ellipse zu sehen. Es zeichnet sich durch ein Steildach aus, was ein Hinweis auf sein hohes Alter ist, denn die früher (im 17. und 18. Jahrhundert) vorherrschenden Strohdächer waren steiler als unsere heutigen Ziegeldächer.

Ebenfalls in der Ellipse: links des heute verschwundenen Objekts die landwirtschaftliche Liegenschaft Chälenstrasse 18, die von Max Griesser bewirtschaftet wird, hinter dem Objekt die ehemalige Liegenschaft Marie Meier-Bleuler (Chälenstrasse 16) mit dem charakteristischen Knick in der nordexponierten Dachhälfte.


Quellen
  • Bildausschnitt: Postkarte der Edition Photopol, Thalwil (gelaufen 1929)
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1961 - S. 15/16. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1961].
  • Zoll72: Chronik Weiach 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach. Autor: Walter Zollinger - erschienen 1972.
  • GIS Kanton Zürich, Ausschnitt Chälenplatz mit Verzweigung Stockistr./Chälenstrasse.

Sonntag, 14. August 2011

Brief von Holderbank an Haniel nicht auffindbar

Der Zürcher Regierungsrat Dr. Paul Meierhans erwähnte laut Kantonsratsprotokoll zur Sitzung vom 9. Oktober 1961, dass Holderbank Financière versucht habe, die deutsche Firma Haniel «vom schweizerischen Kiesgeschäfte abzuhalten». Interessant auch die Aussage, in dem Brief habe der Verwaltungsrat von Holderbank «auch auf die grosse Empfindlichkeit des Schweizers in Fragen der Überfremdung des Bodens» hingewiesen. Ein solcher Druckversuch lässt aufhorchen. Existiert dieser Brief noch? Vielleicht sogar im Original?

WeiachBlog recherchierte und korrespondierte mit dem Leiter des Haniel-Archivs in Duisburg, mit dem Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv zu Köln sowie mit dem Verantwortlichen des Archivs der Holcim-Gruppe.

Haniel findet indirekten Nachweis

Ulrich Kirchner, Leiter des Haniel-Archivs antwortete am 8. Juli:

«Leider konnten wir diesen Brief in unseren Akten nicht finden. Die Angaben zum Brief stimmen meiner Meinung nach nicht: So heißt es, dass der Brief an den Direktor der Haniel AG Dortmund verfasst worden ist. Eigentlich müßte der Brief an die Franz Haniel & Cie. GmbH geschickt worden sein und die hat seit mehr als 250 Jahren ihren Sitz in Duisburg.»

Dieser Patzer war mir bis dahin noch gar nicht aufgefallen. Er zieht sich durch das gesamte Kantonsratsprotokoll hindurch. Kirchner fand aber einen indirekten Nachweis, dass es einen solchen Beeinflussungsversuch per Brief tatsächlich gegeben hat:

«Allerdings habe ich in der Akte mit der Signaturnunmmer ZABW:201 einen Hinweis auf einen anderen Brief der Holderbank gefunden, der im Dezember 1960 an Hermann Reusch geschickt wurde. Dieser war zu diesem Zeitpunkt Vorstandsvorsitzender der Gutehoffnungshütte, die wiederum bis 1960 einer der Gesellschafter der Franz Haniel & Cie. GmbH war. Leider haben wir diesen Brief auch nicht finden können. Es gibt jedoch ein Archiv der Gutehoffnungshütte, in dem dieser Brief sein müßte. Und meiner Meinung nach müßte es sich um den Brief handeln, den Sie suchen. Denn, wenn es einen Brief an den Vorsitzenden der Franz Haniel & Cie. GmbH gegeben hätte, dann hätte dieser eigentlich in der Akte ZABW:201 sein müssen.

Das Archiv der Gutehoffnungshütte befindet sich im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv zu Köln. Ansprechpartner hier ist Herr Dr. Jürgen Weise.
»

Keine Verbindung zur Gutehoffnungshütte

Der von WeiachBlog daraufhin kontaktierte Jürgen Weise antwortete am 12. Juli:

«Wir haben den Nachlass Hermann Reusch innerhalb des Unternehmensbestandes Gutehoffnungshütte Oberhausen (GHH) auf Ihre Fragen hin überprüft. Leider sind die zahlreich vorhandenen Akten nicht differenziert erschlossen, sondern es wurden nur die Titel aufgenommen. Sie können sich den gesamten Bestand als Online-Findbuch auf unserer Seite ansehen (Abt. 130). Dabei werden Sie feststellen, dass es neben der Nennung konkreter Korrespondenzpartner auch viele Akten A-Z gibt und auch thematisch zugeordneten Schriftwechsel. Wir können daher nicht sicher davon ausgehen, ob das Schreiben, nach dem Sie suchen, tatsächlich vorhanden ist oder nicht.»

Immerhin. Da müsste man also tief ins Archiv steigen und vielleicht würde man dann tatsächlich etwas finden. Eigens dafür nach Köln zu reisen wäre aber schon etwas übertrieben. Weise weiter:

«Was wir in diesem Zusammenhang nicht verstehen, ist die Verbindung zu Haniel. Die GHH AG gehörte zwar zu einem großen Teil der Familie Haniel, sie hat aber ihre Geschäfte selbständig getätigt. Warum sollte H. Reusch als Vorstand der GHH AG für die Firma Haniel, einer Kommanditgesellschaft, in der Weise tätig werden?»

Warum die Holderbank ausgerechnet an Reusch gelangte? Nun, es ist ja schon etwas ungewöhnlich einen solchen Beeinflussungsversuch zu starten. Und offenbar glaubte man bei Holderbank, Dr. Hermann Reusch könnte Haniel noch umstimmen.

Bei Holcim keine Spur vom Beeinflussungsbrief

Nun interessiert natürlich noch, ob der fragliche Brief im Holderbank-Firmenarchiv als Durchschlag vorhanden ist. Auch Holcim-Archivar Philip Zumstein wurde nicht fündig. Er antwortete am 25. Juli:

«Ich habe unser Archiv nun auf den Kopf gestellt, muss Ihnen aber leider mitteilen, dass sich bei uns kein solcher Brief (oder andere Informationen zu dieser Angelegenheit mit Haniel) auffinden lassen. Unser Archiv geht zwar weiter zurück als 50 Jahre, allerdings waren die Richtlinien für die Aufbewahrung von Dokumenten dazumals auch anders. Falls dieser Brief so existierte, wird wohl nun der damalige Delegierte des VR wissen, wo er sich befindet ... Tut mir leid Sie zu enttäuschen.»

Fazit: Ein solcher Brief muss zwar tatsächlich existiert haben (vgl. die Hinweise aus dem Haniel-Archiv in WeiachBlog vom 12. Juli 2011). Er wird vielleicht irgendwann einmal gefunden. Aber für den Moment lassen wir die Angelegenheit jetzt einmal ruhen.

Den beteiligten Archivaren Kirchner, Weise und Zumstein sei hier für ihre Unterstützung noch einmal herzlich gedankt.

Samstag, 6. August 2011

Auftritte im Ignorantenstadel

Manchmal fragt man sich schon, wie es kommt, dass in gewissen Ämtern und Unternehmen des öffentlichen Verkehrs Ignoranz und Schludrigkeit derart um sich greifen.

Jüngstes Beispiel: die Kommunikation der Vollsperrung der Kantonsstrasse zwischen Raat und Weiach vom 12. bis 22. August 2011 infolge Einbau des neuen Belags.

Diese Massnahme war ja seit Jahren fällig. Damit man ungestört arbeiten kann, wird der Verkehr über die sogenannte «Kiesstrasse» um Weiach, Raat, Windlach, Stadel und Neerach herumgeleitet. So weit so verständlich.

Warum schon wieder ein Flugblatt?

Aber: nur wer auf dem doppelseitig bedruckten farbigen Flugblatt auch die nicht fett gedruckten Passagen liest, erfährt, dass dieser Zeitraum keineswegs sicher ist. Es kann auch länger dauern: «Je nach Witterungsverhältnissen kann sich die Sperrung verzögern», schreibt das Tiefbauamt, Strasseninspektorat, Unterhaltsregion I, in Glattbrugg in einem Flugblatt.

Dass hier erneut ein Flugblatt derselben Organisation in unsere Briefkästen flattert, obwohl mit den «Mitteilungen für die Gemeinde Weiach» für genau solche Fälle seit Jahren ein Kommunikationskanal besteht, zeugt für die Steuergelder verschleudernde Ignoranz der Projektleitung. Es muss ja nicht immer gleich Farbdruck sein, vor allem wenn das Kärtchen auf der Rückseite trotzdem kaum leserlich herauskommt.

«Weiacherstrasse»?

Den Vogel abgeschossen hat in dieser Angelegenheit aber die PostAuto Schweiz AG, Region Zürich, an der Regensbergstrasse 89 in Zürich. Die hängen doch tatsächlich ein laminiertes Plakätchen an die Haltestelle Gemeindehaus, auf dem erklärt wird, diese Haltestelle werde während der Sperrung nicht bedient. So weit so klar. Was dann allerdings den Satz «Bitte benützen Sie die eingerichtete Ersatzhaltestelle an der Weiacherstrasse (200m)» betrifft, greift man sich als Einheimischer wirklich an den Kopf.

Einmal abgesehen vom völlig unnötigen Füllwort «eingerichtet» (wir hoffen ja schwer, dass man dort mindestens eine Tafel aufstellen wird), wo bitteschön, sehr verehrte Postauto-Beamten, ist denn die «Weiacherstrasse»? Die gibt es in Weiach nicht. Zum Glück ist die Ersatzhaltestelle auf dem Plakätchen per Punkt auf einem Plan eingezeichnet. Sonst würde man schlicht nicht verstehen, was überhaupt gemeint ist: Die Ersatzhaltestelle wird an der Kaiserstuhlerstrasse bei der Sternenkreuzung installiert.

So kommt es heraus, wenn man nicht einmal fähig ist, einen Ortsplan richtig zu konsultieren. Übrigens kann auch der Projektleiter des Tiefbauamts offensichtlich nicht lesen. Der verortet die Ersatzhaltestelle nämlich an der «Kaiserstuhlstrasse». So eine Strasse findet man in Neerach, Oberglatt oder Niederglatt. Aber nicht bei uns.

Freitag, 5. August 2011

Holderbank wollte ein Kies-Monopol

Als neunter und letzter Redner in der Parlamentsdebatte des 9. Oktober 1961 kam mit Dr. Paul Meierhans der zuständige Regierungsrat zu Wort. Er hatte die Vorlage («610 Beschluss des Kantonsrates über die Beteiligung des Kantons Zürich an einer Aktiengesellschaft zur Ausbeutung von Kies in Weiach») als Vertreter der Exekutive vor den Rat gebracht und verteidigte sie dort auch.

Für grosses Bauprogramm verantwortlich

Meierhans war von 1950 bis 1963 im Zürcher Regierungsrat, «wo er als Vorsteher der Baudirektion beim Bau des Flughafens Zürich-Kloten sowie der ersten Autobahnen federführend war.» (Quelle: Wikipedia-Artikel über Paul Meierhans).

In der Online-Ausgabe des Historischen Lexikons der Schweiz (e-HLS) findet man über den aus dem Aargau stammenden Lehrer, Doktor der Volkswirtschaftslehre, Journalisten und SP-Politiker noch weitere Details: «Zürcher Regierungsrat (Baudirektion), bei der Wahl 1963 als überzählig ausgeschieden.»

Dass bei diesem Mann die Bezeichnung Baudirektion wortwörtlich zu nehmen war, zeigt eine weitere Passage aus dem e-HLS: «Während der "Ära Meierhans" realisierte der Kt. Zürich ein Bauprogramm von über 2 Mrd. Fr., darunter den Bau und Ausbau des Flughafens Kloten sowie die ersten Autobahnen.» Meierhans setzte sich auch für den Bau des ersten Schweizer Atomkraftwerks Beznau I ein.

Der Kanton muss neue Wege beschreiten

In seinem Votum versuchte der Baudirektor, die gerade vorgebrachten Bedenken der Kommissionsmehrheit und ihrer Redner zu zerstreuen und so das Blatt zu wenden [Abschnitte und Zwischentitel durch WeiachBlog gesetzt]:

«Regierungsrat Dr. P. Meierhans gibt bekannt, der Regierungsrat halte an der Vorlage fest. Der grosse Kiesbedarf des Kantons erfordert die Anwendung neuer Methoden. Die Eröffnung eigener Kiesgruben kam nicht in Frage, da dafür wohl keine Mehrheit im Kantonsrat gefunden worden wäre. Andere Kantone, beispielsweise die Waadt, haben grosse Kredite für den Ausbau eigener Kieswerke bewilligt. Zürich hat schon frühzeitig Anstrengungen unternommen, um in Rafz, aber auch im Reusstal Kiesgruben zu erwerben. Die privaten Unternehmen sind ihm aber überall zuvorgekommen. Der Betrieb eigener Kiesgruben hätte bedeutende Installationen sowie die Anstellung zusätzlichen Personals erfordert.

Bei der beabsichtigten Beteiligung an der Haniel AG dagegen werden die Gruben nicht vom Kanton, sondern von der Gesellschaft ausgebeutet. Für wichtige Beschlüsse in einer AG braucht es eine Zweidrittelsmehrheit. Diese kann der Mehrheitsaktionär nur im Einverständnis mit dem Kanton erreichen. Die Position des Kantons wäre also innerhalb der Gesellschaft sehr stark. Wenn die Kieswerke in Weiach ausgebeutet sind, fällt das Land wiederum der Gemeinde Weiach zu, denn die Firma hat ja nur das Recht auf Ausbeutung erworben.

Kein anderes Kieswerk ist schon nächstes Jahr für Lieferungen bereit; selbst Holderbank wird frühestens in einem Jahr Kies aus Hüntwangen liefern können. Die Projektierungen für das Werk Weiach sind abgeschlossen, die Verträge mit der SBB unter Dach und die Installationen können schon morgen vergeben werden.
»

Warum Holderbank opponiert

«Die scharfe Opposition der Holderbank AG ist daraus zu erklären, dass das Zementgeschäft gegenüber der Betonverarbeitung zurückgehen wird. Holderbank möchte deshalb den nötigen Ausgleich schaffen und auch im Betonelementbau Fuss fassen. Hier aber fürchtet es vor allem die Konkurrenz grosser Unternehmen, wie beispielsweise der Haniel AG, die in dieser Branche in Deutschland grosse Erfahrungen gesammelt hat.

Der Delegierte des Verwaltungsrates der Holderbank AG schrieb am 28. Dezember 1960 dem Direktor der Haniel AG Dortmund einen Brief, worin er versuchte, die Haniel vom schweizerischen Kiesgeschäfte abzuhalten. Er verweist in diesem Brief auch auf die grosse Empfindlichkeit des Schweizers in Fragen der Überfremdung des Bodens. Die Aktivität beider Firmen im Zementgeschäft könnte zu ernsthaften Kollisionen und vor allem zu unerwünschten Diskussionen in der Öffentlichkeit führen. Haniel solle sich aus dem Kiesgeschäft zurückziehen, da die Schweiz für beide Gesellschaften zu klein sei. Mit diesem Brief hat die Holderbank AG aber bewiesen, dass sie ein Monopol anstrebt.
»

Obenstehender Abschnitt brachte WeiachBlog überhaupt erst auf die Idee, die Verantwortlichen der Firmenarchive von Haniel und Holderbank darum zu bitten, in ihren Beständen nach diesem Schreiben zu suchen. (Im Haniel-Archiv waren tatsächlich zwei Hinweise zu finden: vgl. Trotz Spionage kein Direktangriff: Haniel hält sich still, WeiachBlog, 12. Juli 2011, Nr. 1018; sowie Haniel fühlt sich durch Holderbanks Angriff bestätigt, WeiachBlog, 13. Juli 2011, Nr. 1019.)

[Auch hier übrigens wieder der schon im WeiachBlog vom 15. Juli 2011 (Votum des Kommissionspräsidenten) eingebaute Irrtum: «Dortmund» statt «Duisburg».]

Kein Recht auf Monopol-Rente

Meierhans fuhr weiter: «Haniel steht kein Exklusivrecht auf staatliche Lieferung zu, da es zu marktkonformen Preisen liefern muss; marktkonform aber heisst: Selbstkosten plus normaler Unternehmergewinn. Die Lieferungen für den Nationalstrassenbau werden ausgeschrieben werden. Wenn die Haniel teurere Offerten unterbreitet als andere, so kommt sie nicht zum Zuge.

Bei einer Beteiligung an der Weiach AG könnte der Kanton gegenüber den bisherigen Offerten allein für den Bau der linken Höhenstrasse mindestens 2 Millionen Franken einsparen.
»

Damit war es bereits Mittag geworden und der Ratsvorsitzende E. Gugerli meldete sich zu Wort: «Der Vorsitzende teilt mit, dass noch vier Redner eingetragen seien», und schloss um 12:15 Uhr die Sitzung. Die Debatte war somit vertagt bis zur nächsten Sitzung in acht Tagen.

Das Protokoll aus dem wir zitiert haben, hat W. Ciocarelli verfasst. Es wurde vom Büro des Kantonsrates an dessen Sitzung vom 16. November 1961 genehmigt.

Quelle
  • Kantonsratsprotokoll 1961, S. 1793-1794. Signatur: StAZH III AAg 1 37 LS
Jubiläum 50 Jahre Weiacher Kies AG

Donnerstag, 4. August 2011

Pferdezäune - professionell aufgezogen

Wer die Entwicklung in den letzten Jahren verfolgt hat, der kommt nicht umhin festzustellen, dass in Weiach ein richtiger Pferdeboom ausgebrochen ist. Allenthalben werden wieder Pferde gehalten.

Mittlerweile dürften mehr Equiden (Tiere der Pferdegattung) auf Gemeindegebiet stehen, als zu den Zeiten da man sie noch als Arbeitspferde brauchte, sie vor Wagen und den Pflug spannte und zum Holzrücken einsetzte.

Heute handelt es sich bei der überwiegenden Mehrheit um Hobbypferde - reine Luxusartikel - und nur noch ganz wenige werden «Eidgenossen» sein, also Pferde die militärdienstpflichtig sind und beim Patrouillendienst des Train eingesetzt werden.

Stabil muss es sein...

An einem Landschaftsmerkmal kann man die Pferdehaltung besonders gut verfolgen: an den Zäunen. Bei solch grossen Tieren, die sich und andere massiv gefährden können, wenn sie in Panik die Flucht ergreifen, müssen die Zäune stabil sein. So etwas überlässt man gern den Profis, wie dieses Bild der Firma Zaunteam beweist:


Im Bild: eine Wiese zwischen Büechlihau und Glattfelderstrasse. Im Hintergrund sieht man einen Bagger und Schüttgüterwaggons der Weiacher Kies AG sowie die Skyline der deutschen Ortschaft Hohentengen am Hochrhein.

Mittwoch, 3. August 2011

nur für Frauen GmbH

Am 25. Juli 2011 wurde im Handelsregister unter der Nummer CH-020.4.045.509-5 die «nur für Frauen GmbH» als jüngste Firma mit Rechtssitz in Weiach eingetragen.

Im Schweizerischen Handelsamtsblatt liest sich das dann wie folgt:

«142 / 2011 vom 25.07.2011 nur für Frauen GmbH, in Weiach, CH-020.4.045.509-5, c/o Andrea Hauser, Oberdorfstrasse 6, 8187 Weiach, Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Neueintragung).

Statutendatum: 07.07.2011.

Zweck: Die Gesellschaft bezweckt die Durchführung von Events für die Beratung, Aufklärung und den Verkauf von erotischen Artikeln für Frauen und Personen, die sich als Frauen fühlen, sowie den Handel mit Textilien aller Art und Vertrieb von erotischen Artikeln aller Art für Frauen und Personen, die sich als Frauen fühlen.
»

Nun wird es wohl in Weiach nicht gleich einen solchen Aufruhr geben, wie im Film «Die Herbstzeitlosen» von Bettina Oberli, wo die kürzlich verstorbene Stephanie Glaser eine ältere Dame spielt.

Diese erfüllt sich einen Jugendtraum und eröffnet zum Entsetzen der Dorfbevölkerung im oberemmentalischen Trub in der früheren Handlung ihres verstorbenen Mannes die Lingerie-Boutique "Petit Paris".

Heute braucht es für eine Geschäftstätigkeit nur noch einen Webshop. Einen solchen ziehen die alten Damen in «Die Herbstzeitlosen» übrigens auch auf.

Gemäss HR-Eintrag für vieles offen

Trotzdem hält der Registereintrag der frisch gegründeten Firma sämtliche Optionen offen, wie das heute Standard ist. Das Handelsamtsblatt weiter:

«Die Gesellschaft kann Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im In- und Ausland errichten und sich an anderen Unternehmen im In-und Ausland beteiligen sowie alle Geschäfte tätigen, die direkt oder indirekt mit ihrem Zweck in Zusammenhang stehen. Die Gesellschaft kann im In-und Ausland Grundeigentum erwerben, belasten, veräussern und verwalten. Sie kann auch Finanzierungen für eigene oder fremde Rechnung vornehmen sowie Garantien und Bürgschaften für Tochtergesellschaften und Dritte eingehen. Sie kann auch Wertschriften erwerben, verwalten und veräussern sowie Urheberrechte, Patente und Lizenzen aller Art erwerben, verwalten und veräussern.

Stammkapital: CHF 20'000.00. Nebenleistungspflichten, Vorhand-, Vorkaufs-oder Kaufsrechte gemäss näherer Umschreibung in den Statuten.

Publikationsorgan: SHAB. Die Mitteilungen der Geschäftsführung an die Gesellschafter erfolgen schriftlich oder per E-Mail. Gemäss Erklärung vom 07.07.2011 wurde auf die eingeschränkte Revision verzichtet.

Eingetragene Personen: Hauser Andrea, deutsche Staatsangehörige, Weiach, Gesellschafterin und Geschäftsführerin, mit Einzelunterschrift, mit 20 Stammanteilen zu je CHF 1'000.00.
»

Dienstag, 2. August 2011

Zuwanderung und Entsolidarisierung machen Sorgen

Es ist beinahe schon Tradition: WeiachBlog hält die Rede zum Nationalfeiertag, die in Weiach gehalten wurde, für die Nachwelt und die Abwesenden zum Nachlesen fest.

Mit der Rede von Regierungsrat Markus Kägi zum 1. August 2007 hat WeiachBlog zum ersten Mal die traditionelle Festansprache zum Bundesfeiertag im Wortlaut veröffentlicht. Auch die Reden
fanden mit dem freundlichen Einverständnis ihrer Urheber den Weg auf die Seiten von WeiachBlog.

Als Fünfte in der Reihe der Erst-August-Ansprachen erhält nun auch diejenige des diesjährigen Redners, Gemeinderat Thomas Steinmann, ihren Platz auf WeiachBlog.

[Hinweis: Die Rede wurde auf Schweizerdeutsch gehalten. Dieser Text wurde auf Wunsch von Thomas Steinmann redaktionell bearbeitet. Die nicht kursiv gesetzten Zwischentitel stammen von der Redaktion des WeiachBlog.]

1. Augustrede Weiach 2011
von Gemeinderat Thomas Steinmann


«Geschätzte Weiacherinnen und Weiacher, liebe Festbesucher

Über die Einladung, an diesem historischen Tag ein paar Worte an Sie zu richten, habe ich mich sehr gefreut.

Ebenfalls möchte ich es nicht unterlassen, Ihnen die besten Grüsse vom Gemeinderat zu überbringen und Ihnen den Dank aussprechen, dass Sie diesen Anlass mit uns allen feiern wollen.

Im Weiteren will ich Ihnen, geschätzte Schweizerinnen und Schweizer, zum 720- jährigen Bestehen der Eidgenossenschaft gratulieren.

Ebenso will ich allen Einwohnerinnen und Einwohner von Weiach auch gratulieren, denn Weiach wurde bereits 1271 urkundlich erwähnt. 2021 würde Weiach somit 750 Jahre alt.
Dieser Geburtstag von Weiach wird sicherlich für ein erneutes Dorffest vorgesehen.

Der Knalleffekt rückt in den Hintergrund

Als kleiner Knabe fieberte ich immer dem 1. August entgegen, weil es die Zeit war, wo wir Knaben unser Sackgeld für kleine Knallfrösche oder „Pfupfraketen“ ausgeben konnten. Zum Leidwesen meiner Mutter, wenn wir schon 2 Tage vorher alles „verklöpft“ hatten. Uns war zu dieser Zeit gar nicht bewusst, welcher Hintergrund sich hinter dem 1. August verbirgt.

Heute ist es umgekehrt und ich besinne mich auf die historischen Gegebenheiten der Eidgenossenschaft und das Feuerwerk rückt in den Hintergrund.

Natürlich gehört ein Höhenfeuer oder sogar Feuerwerke dazu. Es ist immer schön, dem beizuwohnen.

Aber was sind die historischen Hintergründe?

Die Vertreter Walter Fürst, Werner Stauffacher und Arnold Melchtal von den Talschaften Uri, Schwyz und Unterwalden schwören auf der Rütliwiese auf den Bundesbrief.

Keine fremden Richter bitte

Der beste Absatz im Bundesbrief aus meiner Perspektive sagt aus:

"Wir haben auch einhellig gelobt und festgesetzt, dass wir in den Tälern durchaus keinen Richter, der das Amt irgendwie um Geld oder Geldeswert erworben hat oder nicht unser Einwohner oder Landmann ist, annehmen sollen."

Dieses Gedankengut hat unserer Schweiz weltweit Anerkennung und Erfolg beschert. Schon unsere Gründungsväter wussten, wie wir uns gegenüber anders Denkenden verhalten sollen.

Schliesslich sind wir nur von Vorteilen eingedeckt worden, indem wir uns nicht von fremden Richtern unser Tun vorschreiben liessen.

Die Erfolgsstory der Schweiz:
- Seit 164 Jahren hat es keinen direkten Krieg in der Schweiz gegeben (der letzte war 1847 der Sonderbundskrieg);
- 1848, als die Schweiz ihre Bundesverfassung veröffentlichte, wurde sie bedroht durch Deutschland, Österreich und Frankreich. Es war in Europa allgemein verpönt, dem Pöbel so viel Freiheit und Macht zuzugestehen;
- Neutralität. Die Schweiz verteidigt sich selber und mischt sich nicht in andere Konflikte ein;
- Wohlstand und dies ohne eigentliche Bodenschätze;
- Schönste Landschaften mit Bergen und Seen;
- Möglichst viel Eigenverantwortung dem Bürger übertragen;
- Unsere direkte Demokratie mit unserer Gewaltenteilung (Legislative, Exekutive und Judikative) auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesstufe;
- Unsere Freiheit, usw.

Was wollen wir noch mehr? Geht es noch perfekter?
Ich denke nicht, also warum etwas ändern!

Der Krug geht zum Brunnen...

Ein Sprichwort sagt: Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.

1992 mit der Abstimmung zum EWR, hat sich damals der Souverän entschieden, einen bilateralen Weg einzuschlagen. Seit dieser Zeit sind immer wieder Stimmen gehört worden, dass sich die Schweiz der Europäischen Union anschliessen soll.

Ich bin felsenfest überzeugt, dann wäre der Krug zerbrochen.

Doch wenn wir jetzt sehen, was seit gut 3 Jahren in Europa geschieht, können wir doch stolz auf unser „Ländli“ sein. Wenn es so weitergeht, so wird der EURO und die Europäische Union Geschichte sein. Ich selber bin kein Gelehrter, habe aber in der Schule beim Rechnen schon aufgepasst:

Schulden mit noch mehr Schulden tilgen = gibt noch mehr Schulden und noch grössere Probleme.

Der Druck auf die Schweiz wird jeden Tag zunehmen, solange die Probleme rundherum um die Schweiz nicht gelöst sind. Dieser Druck ist nur vorhanden, weil es uns sehr gut geht. Die Schweiz ist ein Land, in dem es Milch und Honig gibt. Darum ist es nicht erstaunlich, dass auch andere von diesen guten Sachen etwas abbekommen möchten.

Spruch zum Nachdenken:
"Von dem, was du erkennen und wissen willst, musst du Abschied nehmen, wenigstens auf eine Zeit. Erst, wenn du die Stadt verlassen hast, siehst du, wie hoch sich ihre Türme über die Häuser erheben."

(Friedrich Nietzsche, 1844-1900, deutscher Philosoph und Dichter)
[Anmerkung WeiachBlog: das Zitat stammt aus: Menschliches, Allzumenschliches II, 2. Aph. 307]

Also machen wir so weiter. Nehmen wir einmal Abschied vom Gedanken eines Zusammenschlusses und sehen einmal selber, was wir im Vergleich zu anderen erreicht haben.

Herausforderungen der nahen Zukunft

Wir werden uns in den nächsten Jahren selber mit einigen brisanten Themen auseinandersetzen müssen:

Zuwanderung ist ein Kernelement, da viele auch etwas von unserem Wohlstand haben wollen. Sie verlangt aber dass wir eine enorme Erneuerung der Infrastruktur mit Auswirkungen auf die Strassen, Energieversorgung und Wohnraum tätigen müssen. Der Druck auf den Arbeitsmarkt und das allgemeine Zusammenleben mit anderem Gedankengut wird immer grösser. Hier stellt sich die Frage, was für die Schweiz noch zumutbar ist.

Eine weitere Entwicklung macht mir ebenfalls Sorgen:
Auch das alte Gedankengut im Bereich der Solidarität gegenüber unserem Land verschwindet immer mehr. Unsere Stütze der inneren Sicherheit löst sich immer mehr auf.

Eigentlich ist es wahnsinnig, wenn wir daran denken, dass unsere Milizarmee vor gut 15 Jahre noch einen Bestand von 650'000 Angehörige der Armee hatte. Jetzt geht's in die nächste Runde und dann soll sie nur noch 80'000 Armeeangehörige klein sein.

Das gleiche Phänomen sieht man im Zivilschutz. Im Kanton Zürich ist der Bestand über 50% eingebrochen. Auch in der Feuerwehr kämpft man beeits mit Nachwuchsproblemen.

Dem gegenüber steht nur, dass mehr Papier produziert wird, Verwaltungen in anderen Bereichen grösser werden, Polizeikommandos erweitert werden, neue Sicherheitsfirmen wie Pilze aus dem Boden schiessen oder das Ganze mit Geld abgegolten wird.

Dabei wird nicht gespart, sondern das Geld wird einfach neu umverteilt. Diese Entwicklung ist nicht einfach zu ändern und ich hoffe für die Schweiz, dass hier der Krug noch ganz ist.

Es braucht eine sehr gute Diplomatie in der nächsten Zeit, damit unser Land keinen Schaden nimmt. Es braucht sehr gute Persönlichkeiten, um diesen Druck auf uns abzuwenden. Wir haben uns nichts vorwerfen zu lassen und müssen daher auch keine Kompromisse eingehen. Für was, weil wir alles richtig gemacht haben!

Zwei bevorstehende Jubiläen im 2012

Schauen wir noch ins nächste Jahr hinein. Da kann Weiach neben dem 1. August noch zwei Mal feiern.

Das Kieswerk begeht seinen 50-jährigen Geburtstag. Die Firma Eberhard wird sicherlich ein gebührliches Fest für diesen Anlass den Weiacherinnen und Weiacher und aus der Region bieten.

Ebenso können wir nach längerer Zeit am 24.–26. August 2012 (das sind noch genau 383 Tage) wieder ein Dorffest geniessen. Die Elektrizitätsgenossenschaft Weiach wurde vor 100 Jahren ins Leben gerufen. Diese runde Zahl war der Anlass, dass sich die Gemeinde und die EGW verpflichtet fühlten, eine Feier auf die Beine zu stellen. Neben Festbeizli und Chilbi im Zentrum von Weiach werden verschiedene Darbietungen gezeigt.

Das Organisationskomitee, die Gemeinde, die Elektrizitätsgenossenschaft und die Vereine laden Sie heute schon ein und wir wünschen uns alle, dass Petrus für diese Festlichkeiten das beste Wetter reserviert und wir heitere Stunden der Gemütlichkeit mit reger Beteiligung aus der ganzen Region geniessen können.

Dank an alle freiwilligen Helfer

Uns ist es auch bewusst, dass es für unsere Dorfvereine und freiwilligen Helfer eine enorme Belastung geben wird. Schon jetzt möchten wir allen Vereinen und freiwilligen Helfern unseren Dank aussprechen, dass diese Anlässe ein voller Erfolg werden und bei uns stets in Erinnerung bleiben.

Zu guter Letzt danke ich der Trachtengruppe Wehntal. Ohne sie fände hier keine 1. Augustfeier statt. Sie haben diesen Anlass organisiert und umgesetzt. Dank ihnen werden wir heute Abend noch kulinarisch verwöhnt mit Speis und Trank.

Ebenso danke ich dem Turnverein Weiach, welcher dieses Jahr die Ehre hat, das 1. August-Feuer im Gebiet Stocki anzuzünden.

Vielen herzlichen Dank an diese Vereine, dass sie diesen traditionellen Anlass in Weiach ermöglichen.

Ich wünsche Ihnen, verehrte Festbesucher, heute noch heitere Stunden, gute Gespräche - hier auf dem Platz und beim Geniessen des Augustfeuers.

Erhebt die Gläser und trinken wir auf das Wohl der Schweiz, dass sie so bleibt wie wir sie lieben.

Danke.
»

Anschliessend an diese Rede wurde gemeinsam die Landeshymne gesungen. Der Text passt zu unserer Verfassung, wo ganz zu Beginn, an der Spitze der Präambel, steht: «Im Namen Gottes des Allmächtigen».

Kennen Sie mehr als die erste Strophe?

Zur Erinnerung wieder einmal der Text der Landeshymne. Wenn Sie mehr als nur die erste Strophe auswendig können, dann gehören sie zu einer verschwindend kleinen Minderheit.

Erste Strophe
Trittst im Morgenrot daher,
Seh' ich dich im Strahlenmeer,
Dich, du Hocherhabener, Herrlicher!
Wenn der Alpenfirn sich rötet,
Betet, freie Schweizer, betet!
Eure fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland,
Gott im hehren Vaterland.

Zweite Strophe
Kommst im Abendglühn daher,
Find' ich dich im Sternenheer,
Dich, du Menschenfreundlicher, Liebender!
In des Himmels lichten Räumen
Kann ich froh und selig träumen!
Denn die fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland,
Gott im hehren Vaterland.

Dritte Strophe
Ziehst im Nebelflor daher,
Such' ich dich im Wolkenmeer,
Dich, du Unergründlicher, Ewiger!
Aus dem grauen Luftgebilde
Tritt die Sonne klar und milde,
Und die fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland,
Gott im hehren Vaterland.

Vierte Strophe
Fährst im wilden Sturm daher,
Bist du selbst uns Hort und Wehr,
Du, allmächtig Waltender, Rettender!
In Gewitternacht und Grauen
Lasst uns kindlich ihm vertrauen!
Ja, die fromme Seele ahnt,
Gott im hehren Vaterland,
Gott im hehren Vaterland.

P.S.: Reden von Bundesrat Maurer und Nationalrat Schlüer

Zu den oben aufgegriffenen Themen passt die vom VBS veröffentlichte Ansprache von Bundesrat Ueli Maurer. Titel: Bürger oder Biedermann. Darin äussert Maurer die Hoffnung, dass die Schweizer wachsamer, konsequenter und nicht so duckmäuserisch sind wie der Protagonist im Theaterstück «Biedermann und die Brandstifter» von Max Frisch.

Die in Bonstetten im Knonaueramt gehaltene Bundesfeier-Rede von Nationalrat Ulrich Schlüer nimmt ähnliche Themen auf wie Steinmann. Sein Fazit: Es braucht hervorragende Diplomaten. Als solche nennt der promovierte Historiker Schlüer den Basler Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein, der 1648 die völkerrechtliche Unabhängigkeit der Schweiz erreichte sowie Bundesrat Ulrich Ochsenbein, der 1848 eine vor den Toren der Schweiz stehende französische Interventionsarmee davon abbrachte, die Volkssouveränität (von den Fürstenhäusern «Herrschaft des Pöbels» genannt) in der Schweiz gewaltsam verhindern zu wollen.

Montag, 1. August 2011

Bundesfeier - vor 50 Jahren auf dem Schulplatz

Wie heute Bundesfeiern in der Gemeinde Weiach ablaufen, ist bekannt. Meist gibt's eine Ansprache, eine von der Gemeinde gesponserte Wurst vom Grill und nach dem Einnachten das Feuer auf einem der angrenzenden Hügel (Sanzenberg oder Fasnachtflue).

Das ist auch 2011 nicht viel anders. Die diesjährige 1. Augustfeier findet wie jedes Jahr auf dem Schulhausareal statt - da zentral gelegen, geräumig und dank Gemeindesaal, Hartplätzen und Spielwiesen auf jede Wetterlage anpassbar.

Das heutige Programm

Geworben wird auf Seite 17 der «Mitteilungen für die Gemeinde Weiach» vom Juli 2011 wie folgt:

«Verbringen Sie einen schönen Sommerabend im Kreise der Dorfbevölkerung und geniessen Sie ein sommerliches Abendessen.

Wir von der Trachtengruppe verwöhnen Sie gerne mit:
- Steak, Spiess und Wurst vom Grill
- feines Salatbuffet
- Kuchen und Torten
- Getränke aller Art

Wie jedes Jahr erhält jeder Festbesucher von der Gemeinde
einen Bon von Fr. 8.-

Programm:
Ab 18.00 Uhr Festwirtschaft mit Abendessen
20.00 Uhr Läuten der Kirchenglocken anschliessend
Festansprache durch Gemeinderat Thomas Steinmann
Gemeinsames Singen der Landeshymne

Für Unterhaltung sorgt die Joe und Joe Band

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
»

Als Organisatoren treten die Gemeinde Weiach und die Trachtengruppe Wehntal auf. Was Thomas Steinmann heute abend sagt, wird morgen Thema auf WeiachBlog sein.

Und wie war es früher?

Wir blicken nun 50 Jahre zurück, wo Walter Zollinger uns in der Jahreschronik 1961 berichtet, wie die offizielle Bundesfeier am 1. August 1961 ablief:

«1. Aug. Gemeinsame Bundesfeier aller Ortsvereine auf dem vergrösserten Schulplatz; der Gemeindeprsdt. Alb. Meierhofer-Nauer hält immer noch die unvermeidliche Rede und führt die Aufnahme der volljährig gewordenen Jungbürgerinnen und Jungbürger durch.» (G-Ch 1961, S. 18)

Wo damals das Feuer entzündet wurde und wer dafür verantwortlich war, steht in der Jahreschronik 1953. In einer topographischen Beschreibung der Hügelzüge rund um das Dorf schreibt Zollinger:

«Die Fortsetzung des Stein, gegen Norden, bildet ein (..) felsiger Hang, namens "Fastnachtfluh". (Hier, an derselben Stelle, wo früher der jeweilige "Fastnachtfunken" leuchtete, brennt nun alljährlich das 1. August-Feuer und zündet hell in die Nacht hinaus. Die Bürdeli dazu werden von den Schulbuben in den Tagen vorher im Dorf herum erbettelt und droben zu einem mächtigen Haufen aufgeschichtet.)» (G-Ch 1953, S. 12)

Begleitet wird obiger Text von diesem Bild, das einen Holzstoss auf der Fasnachtflue mit Blickrichtung Südwesten zeigt:


Damit wäre dann auch gleich eine mögliche Deutung für die Herkunft des Flurnamens Fastnachtflue gegeben.

Quellen
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1953 - S. 12. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1953].
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1961 - S. 18. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1961].