Mittwoch, 19. Mai 2021

Das doppelte Brandunglück eines Weyacher Hafners

Neben der obrigkeitlich konzessionierten Ziegelhütte gab es in Weyach auch Hafner, also Ofenbauer, die ihre eigenen Öfen zum Brennen der dazu nötigen Bauelemente betrieben. Einen von diesen Handwerkern traf es am 2. Oktober 1814 mit voller Wucht, wie man dem Protokoll des Kleinen Rats (d. h. des Regierungsrats) des Kantons Zürich entnehmen kann:

«Die von Herrn Bezirksstatthalter Angst mit Zuschrift vom 2ten d. M. gemachte bedauerliche Anzeige, daß gleichen Tags morgens um 8. Uhr die Brennhütte des Ludwig Meyerhofer, Hafners zu Weyach, ein Raub der Flammen geworden, – bedarf, da das Gebäude nicht aßecuriert ist, keiner Verfügung; einzig soll der Herr Bezirksstatthalter Angst eingeladen werden, auf den Fall, daß die Brennhütte wieder aufgebaut wird, dafür Sorge zu tragen, daß solches auf eine Weise geschehe, daß dadurch für die Zukunft die benachbarten Häuser-Besitzer weder gefährdet noch beschädiget werden.» (RRB 1814/0963, 4. Oktober 1814)

Die Brennhütte war also nicht versichert! Moment mal, denken Sie jetzt vielleicht. Gab es da nicht ab 1808 die kantonale Gebäudeversicherung, bei der doch jedes Haus versichert sein muss? Ja, diese kantonale Feuer-Societät (wie sie auch genannt wurde) hat am 1. Mai 1809 den Betrieb aufgenommen.

Einige brandgefährliche Gewerbe waren nicht versicherbar

Aber bereits der Gesetzesentwurf an den Grossen Rat (vom 11. November 1808) hatte einige Gebäudenutzungen explizit von der Deckung ausgenommen, sodass das Gesetz am 16. Dezember mit folgendem Wortlaut verabschiedet wurde: 

«§. 2. Es sollen alle und jede, im Kanton gelegene Häuser, Scheunen oder Stadel, Stallungen und Trotten, mit Inbegriff der Trottbette und Trottbäume; alle Back-, Färb- [im Original: «Farb»] und Waschhäuser, Schmied-, Schlosser-, Rothgießer-, so wie andere dergleichen Werkstätte und Fabrikgebäude; auch alle Kirchen und Pfarrhäuser, ohne Unterschied, und überhaupt alle und jede, im folgenden Artikel nicht bestimmt ausgenommene Gebäude, in der Brand-Versicherungs-Anstalt begriffen, und derselben einverleibt werden. 

§. 3. Von dieser Anstalt werden einzig ausgenommen, alle Pulvermühlen und Pulvermagazine, Schmelz-, Glas- und Ziegelbrennereyen; ferner alle einzeln und abgelegen stehende Gebäude, deren Schatzungswerth unter 100. Gulden ist; auch versteht es sich von selbst, und wird nur zu Vermeidung jedes Mißverständnisses ausdrücklich bemerkt, daß der Werth der Mobilien und der auf den Häusern haftenden Gerechtigkeiten, bey der Assecuranz-Anstalt nie in Anschlag und Schätzung kommen kann.»


Hafnerhütten mit Brennöfen wurden also als Ziegelbrennereien angesehen. Und erhielten aufgrund der als zu hoch empfundenen Brandrisiken keine Deckung.

Scharfe Auflagen für den Wiederaufbau

Der Regierungsrat lud – wie man dem Entscheid vom 4. Oktober entnehmen kann – den Bezirkstatthalter ein, einen allfälligen Wiederaufbau im Auge zu haben. Diesen Hinweis kann man als reine Höflichkeitsgeste verstehen, jedoch auch dahingehend, dass das Gesetz von 1808 punkto Aufgaben des Statthalters nach einem Brand offenbar als nicht explizit genug angesehen wurde. Da heisst es nämlich (vgl. die unterstrichene Passage): 

«§. 33. Damit endlich alle Theilnehmer an dieser Brandversicherungs-Anstalt nicht befürchten dürfen, daß, aus Zutrauen auf dieselbe, die Wachsamkeit gegen Feuersgefahr überhaupt vermindert werden möchte, – so sind anmit alle Gemeinden, so wie auch alle Orts- und Polizey-Behörden des Kantons, auf das Ernstlichste aufgefordert, die bereits bestehenden Feuer-Polizeylichen Verordnungen auf das strengste und mit besonderer Wachsamkeit zu handhaben; ansonsten für dießfällige Nachläßigkeit, sowohl der Urheber, eines allfälligen Unglücks, als auch die zur Aufsicht verordneten Personen, zur gerechtesten Ahndung und Strafe gezogen würden. Zu dem Ende hin liegt es in den besonderen Absichten der Regierung, daß die Vollziehungs- und Gemeindsbeamteten, bey Wiederaufbauung abgebrannter Häuser, sich angelegen seyn lassen, nach den Umständen möglichster Maaßen darauf einzuwürken, daß dieselben einerseits nicht allzu nahe zusammengestellt, und anderseits mit Rauchfängen versehen und mit Ziegeln gedeckt werden. Es sollen daher auch die Gemeindsvorsteherschaften pflichtig seyn, über die vorhabende Art und Weise eines jeden, an die Stelle abgebrannter Gebäude aufzuführenden Baues, der Assekuranz-Commission einen bestimmten und ausführlichen Plan einzugeben, damit solche im Fall sey, auf diesen Zweck hin zu arbeiten, und nöthigen Falls das Erforderliche zu bestimmen und zu verfügen.»

Die Befürchtung, dass man es nun, da man ja jetzt eine Versicherung habe, mit dem Brandschutz nicht mehr allzu genau nehmen könnte, die ist hier in aller Deutlichkeit herauszulesen. 

Auch interessant ist, wie bereits 1808 vorgesehen war, dass daraufhin gewirkt werden sollte, abgebrannte Strohdachhäuser nach dem Wiederaufbau nicht wieder mit Stroh eindecken zu lassen. Erst mit dem § 9 des Gesetzes vom 24. Januar 1832 wurden neue Stroh- und Schindeldächer dann tatsächlich verboten.

Ob Ludwig Meyerhofer seine Brennhütte wieder aufbauen durfte und wenn ja, unter welchen Auflagen und an welchem Platz, ist Gegenstand vor Ort zu tätigender Nachforschungen im Gemeinde- bzw. Staatsarchiv.

Quellen und Literatur 

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