Mittwoch, 5. August 2020

Dreijahresvertrag für den Kirchenheizer, 1891 bis 1894

In der Jubiläumsbroschüre von 2006 wurde die Frage gestellt, ob die Weiacherinnen und Weiacher in ihrer Kirche zu Winterszeiten jämmerlich gefroren hätten oder nicht (vgl. S. 55). Bekannt war bisher lediglich, dass die erste Elektroheizung im Jahre 1929 (oder Winter 1929/1930) durch die Elektrizitätsgenossenschaft Weiach eingebaut worden ist.

Nach Unterlagen, die im Archiv der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach zu finden sind, muss jedoch bereits 1888 eine Heizungsanlage in der Kirche installiert worden sein. Sie wurde vom Oerliker Bauschlosser Ad. Günthart geliefert und bewährte sich im ersten Winter nicht zur Zufriedenheit der Kirchenpflege. Das geht aus einem Schreiben des Lieferanten vom 25. April 1889 hervor, in dem er sich gegen den Vorwurf verwahrt, die Heizung bringe die geforderte Leistung nicht. Seiner Ansicht nach hätte man einfach früher mit Heizen beginnen müssen. Bereits am Samstag und nicht erst am Sonntag.

Was auch immer die Ursachen gewesen sein mögen für die zu tiefen Temperaturen und wer dafür verantwortlich war, letztlich suchte die Kirchenpflege sich nach zwei Wintern einen Heizer, der zu festgelegten Bedingungen sein Amt auszuüben hatte. Ob es sich bereits in den erwähnten zwei Wintern um den späteren Auftragnehmer für die Periode 1891 bis 1894 gehandelt hat, ist bisher nicht bekannt.

Der Präsident der Pflege, Pfarrer Johannes Stünzi, legte die wesentlichen Bestimmungen gegenüber dem Stelleninhaber Heinrich Meierhofer handschriftlich wie folgt fest (Seite 1 von 2):


Vertrag zwischen der Kirchenpflege Weyach und Herrn Heinrich Meierhofer, Stägenheiris betreffend Beheizung der Kirche.

Die Kirchenpflege Weyach übergibt anmit dem Herrn Heinrich Meierhofer, Stägenheiris, die Beheizung der Kirche vom 1. November 1891 bis zum 31. October 1894 unter folgenden Bestimmungen:

1. die Kirche ist jeweilen auf Verlangen des Pfarrers bis auf mindestens 8° R. 1 m. ab Boden zu erwärmen.

2. der Pflege steht das Recht zu, bei unbefriedigender Besorgung dieser Arbeit dieselbe jederzeit einem Andern zu übergeben.

3. der Übernehmer hat 1) Unreinigkeiten in Folge des Heizens selbst wegzuräumen, 2) den Transport der Kohlen von unserer Station zu besorgen, 3) das Holz zur Heizung zuzurüsten.

4. die Kirchenpflege entschädigt den Übernehmer der Beheizung der Kirche mit 23 Franken jährlich.

Namens u. Auftrags der Kirchenpflege
Der Präsident:  sig. Stünzi, Pfarrer
Der Übernehmer: sig. Heinrich Meierhof. Stägheiris
Weyach 27 October 1891

Bemerkungen 

A. Damals war noch die Réaumur-Skala massgebend und nicht die heute gebräuchliche Celsius-Skala (vgl. Bild im Wikipedia-Artikel für ein Thermometer mit beiden Skalen). Die Umrechnung von Grad Réaumur in Grad Celsius wird wie folgt vorgenommen: °R × 1,25 = °C. Somit sind  8°R also 10°C. Auch nicht eine wirklich angenehme Raumtemperatur. Aber durchaus annehmbar bei eisigen Aussentemperaturen.

B. Die Heizung wurde mit Kohle und Holz betrieben, wobei erstere vom Heizer an der Bahnstation Weiach-Kaiserstuhl abgeholt werden musste.

C. Der Heizer, Heinrich Meierhofer, verdiente pauschal rund 1140 Franken pro Jahr (Quelle: Historischer Lohnindex HLI von Swistoval zur Umrechnung in heutige Geldwerte auf  Basis 2009).

D. Pfarrer Stünzi erweist sich mit diesem Vertrag auch im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts als konsequenter Verfechter der traditionellen Schreibweise des Ortsnamens mit y statt i. Obwohl die Kantonsbehörden bereits 1851 die Version «Weiach» offenbar als amtliche betrachtet hatten.

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