Freitag, 28. Juli 2023

Die Gerätebaracke als Turnlokal bei Schlechtwetter?

In der Jahreschronik 1959 vermerkt Walter Zollinger eine bauliche Innovation auf dem Schulareal. Dabei schimmert seine Profession als Lehrer der oberen Primarschulklassen unweigerlich durch. Unter dem Titel «Polit. Gemeindegut» schreibt er:

«Da der alte, abbruchreif gewordene und auch zu kleine Turngeräteschopf wegen der Erstellung der Spielwiese gottlob verschwinden muss, beantragt der Gemeinderat die Anschaffung einer grösseren, von der Gemeinde Opfikon käuflichen Baracke. Diese soll bis zum Bau einer Turnhalle zugleich auch als "Turnlokal" für Schlechtwetter dienen. Kosten Fr. 3'700.-. Die Gemeindeversammlung vom 2.5. bewilligt diesen Kredit.»

Umgerechnet nach dem Historischen Lohnindex von swistoval.ch wären das heute rund 30'000 Franken. Man sieht hier, dass die Politische Gemeinde sich auch schon in «Vorkieszeiten» in Schulbelangen finanziell engagiert hat. Mit der mehrheitsbeschaffenden Begründung, dass die Sportvereine ja dann auch einen Nutzen davon haben, nicht nur die Schule.

Bildlegende: «Neuer Geräteschopf»

Eher die Dreschscheune genutzt

Wie sich die Herren Gemeinderäte das mit dem «Turnlokal» wohl vorgestellt haben? Schon Zollinger hat diese Bezeichnung nicht ohne Anführungszeichen durchgehen lassen. Laut einem heute noch aktiven Mitglied der Männerriege, das diese Zeit selber miterlebt hat, habe man in der neuen Baracke drin immerhin «den Handstand machen» können. 

Tatsächlich sei dann allerdings eher die Dreschscheune der Elektrizitätsgenossenschaft genutzt worden, wenn die Witterung allzu schlecht ausgefallen ist. Dieses Gebäude wurde 1919 errichtet und nach einem Brand 1940 wiederaufgebaut. Sie beherbergte später das Lager von Pneu Müller (heute First Stop), wurde 2002 runderneuert und trägt jetzt die Adresse Grubenweg 1.

Turngerätedepot als Datierungshilfe

Der alte Schopf und die neue Occasionsbaracke können nun als Marker verwendet werden: zur Datierung von Aufnahmen, auf denen die Hofwiese zu sehen ist. Fehlt die Baracke, dann deutet das auf eine Zeit vor dem Sommer 1959 hin (sog. Terminus ante quem), ist sie vorhanden, auf danach (sog. Terminus post quem). In letzterem Fall kann die Aufnahme nicht vor diesem Zeitpunkt entstanden sein.

Eine Luftbildaufnahme von 1953 zeigt auf dem Schulhausdach noch deutlich das im Zweiten Weltkrieg als Hinweis an alliierte Flugzeugbesatzungen aufgemalte weisse Schweizerkreuz. Rechts davon der Pausenplatz mit Kletterstangen und am Rande der Geräteschopf:

ETH-Bibliothek Bildarchiv, LBS_H1-015087, 1953 (Ausschnitt)

So gross war die Baracke wirklich nicht

Auf einer jüngeren Aufnahme, 10 Jahre später, zeigt sich das Schweizerkreuz noch verblichener. Deutlich hervorstechend die jüngst umgesetzten Bauprojekte: die Stützmauer der neuen Spielwiese, samt einem mauerparallel am Nordwestrand installierten hohen Zaun, der verhindern sollte, dass die Bälle reihenweise auf dem Nachbargrundstück gesucht und dort das Gras zertrampelt werden musste. In einem Zwischenniveau eine Sprintbahn, die in Richtung Berg und Chälen mit ziemlich hohen Stützmauern abgesichert wird. Und: man sieht die 1959 angekaufte Baracke, samt den Fundamenten, auf die sie gestellt wurde:

ETH-Bibliothek Bildarchiv, Com_F63-00686, 1963 (Ausschnitt)

Ein aus leicht anderem Winkel ein Jahr später aufgenommenes Luftbild zeigt, wie die Baracke (in den 70ern zu Gunsten des neuen Schulhauses abgebrochen) und das (zwischen 1998 und 2002 ebenfalls abgebrochene) sog. Kellerhäuschen im Verhältnis zueinander standen.

ETH-Bibliothek Bildarchiv, LBS_H1-024537, 1964 (Ausschnitt)

Quelle

  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1959 - S. 7. Weiach, Juli 1961. Typoskript in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1959.
[Veröffentlicht am 29. Juli 2023 um 16:01 MESZ]

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