Sonntag, 23. Juli 2023

Neue Bestuhlung, staubfreie Bücher. Das Jahr 1954 im Schulwesen

Wenn die Inhalte der Arbeit eines Chronisten sowieso erst frühestens mit einer Verzögerung von einem Vierteljahrhundert zur Kenntnis genommen werden können (wie das bei den Gemeindechroniken in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek der Fall ist), dann kann er sich auch Zeit lassen. Für die Jahreschronik 1954 bis zum Sommer 1957. Damals hat Walter Zollinger die nachstehenden Worte getippt.

WeiachBlog bringt hier den vollständigen Inhalt des Abschnitts c. Schulwesen, der Teil des Kapitels Aus dem Leben der Gemeinde ist.

Schluss mit verstaubten Schulbüchern 

«Die beiden Lehrer freuten sich mächtig, dass auf Initiative des Schulgutsverwalters hin ein Teil der allzugrossen Schulwinde [gemeint: der Dachboden des Alten Schulhauses] zu einem recht sauberen, heizbaren Materialraum für die Schule ausgebaut werden durfte (Kosten Fr. 1'785.50) [nach Swistoval HLI wären das heute mindestens 16'000 Franken]. Damit ist die Möglichkeit geschaffen, Hefte, Bücher, Anschauungsmaterial u.v.a., was vorher unübersichtlich in verschiedenen Ecken und Kasten verstaubt gewesen war, nun zweckmässig und griffbereit zu ordnen und staubfrei aufzubewahren, eine grosse Erleichterung!»

Mit den «beiden Lehrern» sind gemeint:
  • Kurt Ackerknecht (seit 1952 für die Elementarabteilung zuständig)
  • Walter Zollinger (seit 1919 für die Realabteilung, d.h. die oberen Klassen, inkl. 7./8. Kl. zuständig).
Laut Zollingers Liste in derselben Jahreschronik (S. 1) gab es von 1936 bis 1947 aufgrund grosser Schülerzahlen eine dritte Lehrerstelle. Diese wurde bis 1942 durch Adolf Pfister bekleidet, der in seinem sog. Ortsgeschichte-Ordner wertvolles Material zur Weiacher Vergangenheit gesammelt hat.

Neue Stühle aus Thalwil

«Ein weiteres erwähnenswertes Ereignis: Ende Juni erhielt auch das Schulzimmer der 4.-8. Klasse eine neue Bestuhlung, geliefert durch die Firma Hunziker, Söhne Thalwil (Kosten Fr. 6'013.30, daran ein Staatsbeitrag von Fr. 2'465.45). Schüler und Lehrer freuen sich mächtig darüber.» 

Mit 41 Prozent ein recht hoher Beitrag des Kantons. Die 1876 gegründete Firma Hunziker vom linken Zürichseeufer existiert übrigens bis heute und ist nach wie vor im Bereich Schulmöbel tätig, jetzt müssen die einfach Lehrplan 21-tauglich sein.

Im Typoskript auf Seite 10 eingeklebtes Foto. Man beachte die stylische Deckenlampe.

Rücktritt des Schulpflegepräsidenten nach 23 Amtsjahren

«Leider trat Herr Hch. Griesser auch vom Amt des Schulpflegepräsidenten zurück. Er hat dieses seit 1931 mit grosser Umsicht betreut; umfassende Umbauten sind in dieser Zeit beschlossen und ausgeführt worden. Für das stete Wohlwollen gegenüber Schülern und Lehrerschaft gebührt ihm besonderer Dank.»

Das «auch» bezieht sich auf den Umstand, dass der Genannte gleichzeitig von einem anderen Amt zurücktrat, wie man auf Seite 8 lesen kann: «Auch der seit Jahrzehnten im Amt gestandene und hohes Ansehen geniessende Gemeindeammann und Betreibungsbeamte, Herr Heinrich Griesser-Peter, nahm alters- und gesundheitshalber seinen Rücktritt.»

Anhand des Mädchennamens der Ehefrau erkennt man, dass es sich bei diesem langjährigen Amtsträger um den letzten Bäckermeister von Weiach, mit Backstube, Wirtsstube und Wohnung an der Luppenstrasse 8 gehandelt haben muss (vgl. WeiachBlog Nr. 595 und 777).

«Auch Herr Paul Graf im Berg, der seit 1940 der Schulpflege angehört hat, nahm seinen Rücktritt. Zum neuen Präsidenten wurde in der Abstimmung vom 21. März Herr Ernst Pfenninger, Gemeindeschreiber erkoren, als neues Mitglied beliebte Herr Ernst Bersinger-Bernhard.

Zollinger selber hat sich ebenfalls 1954 dazu entschlossen, jüngeren Kräften Platz zu machen. Er war seit 1928 Präsident der evangelisch-reformierten Kirchenpflege (vgl. G-Ch Weiach 1954, S. 8).

Hohe Fluktuation bei den Nähschullehrerinnen / Ade Bezirksschule

«An der Arbeitsschule gabs schon wieder eine personelle Aenderung, indem anstelle von Frl. Wohlfahrt neu Fräulein Berta Weilenmann aus Winterthur trat. – Vielleicht darf noch erwähnt werden, dass mit dem im Mai 1954 beginnenden Schuljahr 9 Schüler aus Weiach die Sekundarschule Stadel besuchen, während nur noch deren 3 in der Bezirksschule Kaiserstuhl sitzen. Vor 1953 war’s immer umgekehrt. [vgl. Brandenberger, U.: Als die Bezirksschule in Kaiserstuhl noch Weiacher ausbildete. WeiachBlog Nr. 1522 v. 7. Juni 2020]

Jeremias Gotthelf als ländliche Ikone

«Am 23.12. fand eine bescheidene „Jeremias Gotthelf-Gedenkstunde“ in der Schule statt. Bei diesem Anlass schenkte das Schulgut jedem Oberschüler das auf diesen Zeitpunkt hin herausgegebene SJW-Heftchen über den grossen Schriftsteller.»

Albert Bitzius (1797-1854), bekannt geworden unter seinem nom de plume Jeremias Gotthelf, muss man in der Schweiz kaum jemandem vorstellen. Bei diesem SJW-Heftchen handelt es sich die Nr. 500 «Jeremias Gotthelf. Aus seinem Leben, Wirken und Kämpfen» von Paul Eggenberg [Katalognachweis Nationalbibliothek]. Das Archiv Schweizerisches Jugendschriftenwerk mit einer leider nicht ganz vollständigen Sammlung der seit 1932 publizierten 2600 SJW-Hefte wird bei der Zentralbibliothek Zürich aufbewahrt.

Kurse in Schüpfheim nur für Knaben. Obst ins Avers auch für Mädchen

«Am 19.10. begann im Zentralschulhaus Stadel der diesjährige Kartonagekurs für die Knaben der 4.-6. Kl., sowie ein Hobelkurs für die 7.8.Kl.-Buben. Die Schulpflege Weiach hat den erforderlichen Kredit von Fr. 450.- bewilligt, damit auch unsere Knaben von jetzt ab diese allwöchentlichen Winterkurse besuchen dürfen. – An die kleine Bergschule Ausserferrera/Grb. konnten 100 kg Obst geschickt werden.

Die noch bis 2007 bestehende Bündner Gemeinde Ausserferrera im Avers hatte damals (Stand 1950: 78) rund einen Zehntel der Weiacher Bevölkerung.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1954. Signatur: ZBZ G-Ch Weiach 1954, S. 1, 8, 10 u. 11. [Originale: Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Serientitel: Jahreschroniken Weiach 1952-1967.] 

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