Samstag, 31. Dezember 2005

Das Glück nicht hinauswischen

Der letzte Tag des Jahres ist immer ein besonderer Anlass zum Zurückschauen. Wie haben die Menschen in unserer Gegend früher zurückgeschaut und was hat man an diesem Tag gemacht?

Traditionelle Silvesterfeier mit Verlesung der Kasualien

Blättern wir in den Jahreschroniken von Walter Zollinger, so findet man zwar für 1955 keinen Eintrag, dafür aber für die drei vorangehenden Jahre:

1952: «Auch die regelmässig veranstaltete Sylvesterfeier in der Kirche, an der neben einer Ansprache des Ortspfarrers auf Grund eines Bibeltextes, jeweilen eine Uebersicht der kirchl. Handlungen [Kasualien wie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen] und der durchgeführten Kollekten u. Sammlungen gegeben wird, ist immer gut besucht. Kirchenchor und Männerchor wirken an dieser Jahresschlussfeier regelmässig mit.» 1953: «31. Dez.: Sylvesterfeier in der Kirche, abends 8 Uhr.» 1954: «am 31. Dez. wie immer, die Sylvester-Abendfeier in der Kirche unter Mitwirkung beider Chöre.» Also jeweils das traditionelle Programm, das sich heute vor allem insofern verändert hat, als es die beiden Chöre nicht mehr gibt.

Eine ganze Stunde läuten

Etwas später folgte dann der traditionelle Jahresübergang. Nicht mit Partytreiben und Feuerwerk wie in der Stadt seit einigen Jahren üblich, aber auch mit vollem Geläut.

«Wenn am Altjahrabend die Glocken dem scheidenden Jahr den letzten Gruss gewidmet haben und die Kirchenuhr zwölf Mal geschlagen hat, hebt alsbald das Glockenspiel von neuem an; es grüsst das neue Jahr. Während heute gewöhnlich etwa eine halbe Stunde lang das volle Geläute ertönt, dehnte man früher [um das Jahr 1709 am Zürichsee] diesen ehernen Gruss eine ganze Stunde aus», berichtet Emil Stauber in seinem zweibändigen Werk über Sitten und Bräuche im Kanton Zürich aus der ersten Hälfte der 1920er-Jahre (siehe Quellenangabe).

Da ist man heute schon etwas bescheidener: Für die Verabschiedung des alten und die Begrüssung des neuen Jahres wird in Weiach je eine Viertelstunde geläutet. Von 23:45 bis 00:15 - unterbrochen durch die zwölf Stundenschläge. In den Zeiten vor 1957 war das eine anstrengende Angelegenheit; das Geläute war vorher nämlich nicht mit elektrischem Antrieb und Zeitschaltung ausge­rüstet. Die Helfer des Sigristen (meistens Familienangehörige) mussten diese Arbeit übernehmen. Zum Jahreswechsel war sie besonders anstrengend. Erst recht vor 300 Jahren.

Obligatorische Glückwunschbriefe

Gegen Ende des Jahres wünscht man sich auch heute noch ein gutes neues Jahr. Meistens freiwillig. In früheren Zeiten war das für die Schulkinder eine obligatorische Angelegenheit: «Bis gegen das Ende des vorigen [19.] Jahrhunderts mussten in vielen Schulen, wenigstens auf der Land­schaft, die Schüler am Silvester einen Glückwunschbrief an die Eltern von der Tafel in der Schule oder nach Diktat des Lehrers schreiben.» (Stauber 1924 – S. 104ff.)

Putzen nur bis zum Altjahrläuten erlaubt

An Silvester schrieben die Kinder nicht nur Glückwunschkarten an die Eltern. Da sorgte man mit ihrer Mithilfe auch eifrig für die kommenden Festtage vor. Beinahe in jeder Familie wurden für die Ta­ge nach der Jahreswende grosse Mengen an «Tirggeli, Küechli und Anken­weggen für den eigenen Ge­brauch und zum Ver­schenken» gebacken. «Nach vollendeter Bachete wurde noch wacker geputzt in den Häusern. Wenn es aber das alte Jahr ausläutete, durfte nach Ansicht der Alten niemand mehr einen Besen an­rühren; bis am Berchtoldstag [2. Januar] durfte man nicht wischen, sonst wische man das Glück hinaus.» (Stauber 1924 – S. 104ff.)

Quellen:
Stauber, Emil: Sitten und Bräuche im Kanton Zürich, In: Neujahrsblatt der Hülfsgesellschaft in Zürich. I. Teil, 122. Njbl. Zürich 1922; II. Teil 124. Njbl. Zürich 1924.

Weiterlesen in:
«Helse» an Neujahr, Fäschte am Bärchtelistag. Bräuche zum Jahresanfang gestern und heute. Weiacher Geschichte(n) Nr. 50. (im Druck veröffentlicht in den «Mitteilungen für die Gemeinde Weiach», Januar 2004 – S. 13-18.)

Freitag, 30. Dezember 2005

Der Leserschaft einen Eisbären aufbinden

Im gestrigen «Zürcher Unterländer» liest man auf der dem Bezirk Dielsdorf gewidmeten Seite ganz unten rechts:

«Der Gemeinderat Weiach genehmigt die Kreditabrechnung über die Ersterhebung des Leitungskatasters GIS (Geografische Informationssysteme) für die Werke Abwasser, Wasser und Fernwärme. Die Abrechnung schliesst bei Nettoinvestitionskosten von 126 380 Franken mit Mehrkosten von 380 Franken, was 0,3 Prozent entspricht. Das Geschäft wird an der nächsten Gemeindeversammlung vorgelegt. (ZU)»

Der letzte Satz dieser nach Angaben der Redaktion Dielsdorf dem «Mitteilungsblatt der Gemeinde Weiach» entnommenen Notiz hätte vor zwei Wochen zwar noch gestimmt.

Mittlerweile ist aber die Gemeindeversammlung an der besagte Abrechnung abgesegnet wurde, längst über die Bühne gegangen. WeiachBlog berichtete am 15. Dezember darüber: Traktandum 3 Leitungskataster GIS – Kreditabrechnung.

Am Abend des 14. Dezember war übrigens auch ein Redaktor des «Unterländers» anwesend. Um so lustiger, welchen (Eis-)Bären man uns hier aufbindet. Ist es in Dielsdorf so kalt, dass schon die Kalender und Uhren eingefroren sind?

Quelle: ZU (ed.): Weiach. Abrechnung Leitungskataster. In: Zürcher Unterländer, 29. Dezember 2005 - S. 7.

Donnerstag, 29. Dezember 2005

Nicht mehr gangbare Obstbäume ausgerissen

Gestern war die Rede von der Witterung vor 50 Jahren. Präsentiert wurde ein Vollzitat aus der Weiacher Jahreschronik 1955.

Der Chronist, Walter Zollinger, kannte die Gemeinde bereits seit dem Ende des 1. Weltkriegs. 1919 wurde er Lehrer für die oberen Klassen; eine Stelle die er über mehr als 40 Jahre innehatte. Daher war er geradezu die Idealbesetzung für die Führung dieser Jahreschronik. Zumal er auch Einblick in die damals noch breiten Kreisen als Lebensgrundlage dienende Landwirtschaft hatte.

Das Leben war viel stärker von den Zyklen der Natur bestimmt als heute. Vor 50 Jahren wurden beispielsweise die Schulferien noch auf Heuet und Ernte abgestimmt und den Bedürfnissen entsprechend kurzfristig angesetzt.

Heute folgt der nächste Teil der Jahreschronik 1955, der die Landwirtschaft und ihre Erträge behandelt:

«Das Landwirtschaftsjahr 1955 kann keineswegs zu den erfreulichen gezählt werden. Der verhältnismässig trockenkühle Frühling und der feuchte Sommer hinderten sowohl das gute Gedeihen der Baum- wie der Bodenfrüchte, auch das Getreidewachstum litt darunter. Das beweisen die nachfolgenden, gegenüber 1954 (ohne Heu und Emd) durchwegs geringeren Ernteablieferungen [q = Zentner]:

Brotgetreide: 1'209 q
Speisekartoffeln: 1'792 q
Futterkartoffeln: 2'406 q
Tafelobst: 150 q
Mostobst: 96 q
Steinobst: 7 q
Heu und Emd: 520 q

Das Getreidedreschen erforderte rd. 550 Stunden, das
Kleedreschen deren rd. 170 Stunden.

Der Ertrag an Tabak brachte auf 122 Aren Pflanzland 3'374 kg Tabakblätter im Werte von Fr. 12'939.-.

Anfangs Februar wurde eine sogen. "Baumaktion" durchgeführt; d.h. es konnten durch Vermittlung des landw. Kreisvereins ca. 100 alte oder nicht mehr gangbare Sorten tragende Bäume mittels Traktor und Seilwinde ausgerissen und so billig und rasch gefällt werden. Was den landw. Organen dabei wertvoll erschien, war, dass auf diese Weise mancher untaugliche Obstbaum wegkam, der wohl ohne diese gemeinsame Aktion noch lange stehen geblieben wäre.
»

Noch 1850 wuchsen in Weiach über 120 Apfel- und ca. 50 Birnensorten (Pfr. Konrad Hirzel im Kapitel Obstbau der Ortsbeschreibung von 1850). Heute sind es wohl nur noch ein paar wenige - und von den damaligen dürfte gar keine mehr dabei sein.

Ausmerzaktionen dieser Art sind aus heutiger Sicht eine Torheit. Jedem Sortenforscher dürfte bei solchen Zeilen das Herz bluten, wenn er an die genetische Vielfalt denkt, die dabei unwiederbringlich verloren ging. So ändern sich die Vorstellungen darüber, was wertvoll zu nennen ist.

Quelle: Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1955. Weiach, Herbst 1957 -- S. 5. [Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich]

Link: Inventar der Obst- und Beerensorten in der Schweiz

Mittwoch, 28. Dezember 2005

Weiacher Wetter im Jahre 1955

Der Weiacher Lehrer und Ortshistoriker Walter Zollinger (1896-1986) führte für die Jahre 1952 bis 1967 eine Jahreschronik über das Leben in der Gemeinde.

Diejenige zum Jahre 1955 schrieb er im Herbst 1957. Danach war sie 25 Jahre bei der Zentralbibliothek Zürich unter Verschluss. Heute darf man lesen, was er damals geschrieben hat.

Die Einleitung der Chronik 1955 über die in den 70er-Jahren verschwundene Linde auf der Sternenkreuzung haben wir bereits am 12. November publiziert.


Hier lassen wir nun die Aufzeichnungen zum Thema Witterung folgen, die in den Chroniken jeweils an zweiter Stelle direkt hinter der Einleitung stehen:

«Nach dem verhältnismässig milden Abschluss des vorangegangenen Jahres folgte eine ziemlich kühle erste Januarwoche; ich notierte an diesen Tagen je morgens 7 Uhr Temperaturen von -3°, -6°, -5°, -2°. Dazu war’s etwas feuchtneblig, sodass die Strassen beständig gefährlich vereist wurden. Das Sandauto des Staates musste fast täglich fahren und trotzdem hat’s bei der Strassenkurve vor unserm Haus hie und da ein Auto “gekehrt“ oder einen schweren Lastwagen lahmgelegt, bzw. lahmgestellt. Dann, ab 9.1. kamen niederschlagsreiche Tage, Schneefall wechselnd mit regnerischem Hudelwetter bis über die Mitte des Monats hinaus (am 16. z.B. föhnig mit +11°C schon am Vormittag). In den tiefer gelegenen Dorfteilen (Bedmen u. Stationsgebiet) standen verschiedene Keller unter Wasser, sodass die Motorspritze beim Auspumpen derselben zuhilfe gerufen wurde. Ganz schlimm soll es im noch tiefer gelegenen, benachbarten Kaiserstuhl ausgesehen haben! – Die Nacht vom 16./17. Januar war die stürmischste des ganzen Monats, am Morgen dann in wüstes Schneegehudel übergehend. Am 18. früh lag endlich eine 5 cm tiefe Schneedecke auf Feld und Flur, die sich infolge der nachfolgenden kalten Tage (am 20.1. las ich -10°C ab) festigte u. daher trotz wieder ansteigender Temperatur nicht so leicht wegschmolz. Das Monatsende war neblig, mit Kältegraden von beständig 2 bis 3 Grad unter Null, mit Rauhreif auf den Bäumen des Stein, des Sanzen- und des Haggenberges.

Der Februar beginnt mit einigen Sonnentagen, was etwas skeptisch stimmt, denn der Volksmund meint doch: “Wenn an Lichtmess die Sonne scheint, wird’s nochmals mehrere Wochen kalt.“ – Sonst war der Horner normal; ich notierte 6 eigentliche Regentage, 10mal Schneefall (am 16.2. lag er 10 cm, am 21.2. sogar 20 cm tief), sonst immer nur leichtes Schneegefiesel. Tage mit Temperaturen unter 0° zeigt mein Notizheft 9, über 0° deren 7; die übrigen 12 Tage hielten sich immer grad um die 0°-Grenze. – Die ersten 3 Wochen des März blieben kalt, wenn auch an den Nachmittagen meist sonnig. Der Biswind brachte diese Kälte. Erst ab 22.3. trat föhniges Wetter ein mit Nachmittagstemperaturen von 16°, 23°, 19° und hie und da einem leichten Regenspritzer, am 28. und 29. etwas Schneefall und kühler werdend, am 30./31.3. aber wieder sonnig, jedoch mit kaltem Oberwind.

Der April war sehr niederschlagsarm; ich verzeichnete nur 4 bis 5 Tage mit teilweisem Regen oder leichten Schneeschauern, die übrige Zeit trockenkalt, oftmals mit heftigem Wind aus NNO., 1-2° unter Null und Reifbildung. Tagsüber zwischen +6 und +13°C. Die Bäume hielten darum mit Blühen noch arg zurück und mit Kartoffelsetzen musste bis über die Monatsmitte zugewartet werden. Erst ab 27. wird’s wärmer, am 29. und 30. z.B. 25 bzw. 28° am Nachmittag, aber leider immer noch trocken. – Die ersten Maitage führten das trockene und windige Wetter des Vormonats fort. Endlich am 5. und 6. und dann wieder am 10. und 11. Mai fiel der begehrte, Gärten, Wiesen und Ackerfeld erfrischende Regen, allerdings nur spärlich. Aber er half doch dazu, dass sich die Birnbaumblüten nun hervorwagten und das Gras zu spriessen begann. Die “Eisheiligen“ samt der “bösen Sophie“ brachten als Tiefsttemperaturen +3°, sodass kein Frost zu befürchten war. Die zweite Monatshälfte zeichnete sich durch regnerische, oft sogar stürmische Tage und nasskalte Nächte aus; mehrmals sank das Thermometer auf 0°C, am 23.5. sogar auf -1°, sodass an Reben und Kartoffeln, sowie an den spätern Apfelblüten nachträglich doch leichter Frostschaden festzustellen war.

Der Heumonat beginnt recht vielversprechend; schon sind etliche Fuder Ackerfutter gedörrt und eingeführt und mit Eifer wird der Heuet begonnen. Aber gleich nach den ersten paar Junitagen gebietet das eintretende unbeständige Wetter dem Heuet wieder Halt. Nur mit grosser Mühe gelingt es den Bauern, hie und da wieder ein Fuder zu ergattern. Ab Mitte Juni kommt es dann besser, da folgten gem. meinem Tagebuch 10 prächtige Heuertage, während noch deren 5 von allzufrühen Nachmittagsgewittern oder Regenschauern gestört wurden. Immerhin, bei dem heutigen maschinellen Betrieb, liess sich das Heu diesmal ordentlich gut und rasch, wenn auch etwas spät, einbringen und dazu in zufriedenstellender Menge. – Der Juli bringt fast ausnahmslos gewitterschwüle Tage und ausserordentlich viele Regenfälle. Wenn wir auch von bösen Unwettern mit Hagelschlag, wie sie das nahe Rafzerfeld und die Flachergegend erlebten, verschont geblieben sind, so hat dieses feuchtwarme Klima dafür das Auftreten der Krautfäule an den Kartoffelstauden sehr begünstigt. Wo nicht rechtzeitig und mehrmalig gespritzt wurde, ist bereits arger Schaden festzustellen. Den heissesten Tag des Monats erlebten wir am 18.7., allwo das Thermometer abends 1900 Uhr auf der Laube immer noch 32°C zeigte; den kühlsten Tag hatten wir am 7.7. mit 14°C um 1800 Uhr.

Der August, als Erntemonat, darf sich sehen lassen! 14 volle sonnige Tage zählte ich. Trotzdem zog sich die Ernte bis gegen das zweite Monatsdrittel hinaus, weil sich immer wieder Schauer, Gewitter oder einige ganze Regentage zwischen hinein schoben. Der Wind musste vielfach trocknen, was die Sonne dann versäumte oder die zahlreichen Morgennebel befeuchtet hatten. – Etwas über die Hälfte des September (17 Tage) bedecktes oder sogar regnerisches Wetter, 13 Tage sonnig, wenn auch am Morgen zunächst noch neblig; an Vormittagen meist zwischen 8 und 15°, an den Nachmittagen zwischen 18 und 24°C. Der 30. Sept. war der kühlste Tag mit nur 5° morgens um halbsieben Uhr und 12° am frühen Nachmittag.

Der Oktober brachte je 5 ganz helle, sonnige, dazu 5 volle Regen- und 7 gänzlich bedeckte Tage; die übrigen 14 hatten vormittags Nebel oder Hochnebel, nachmittags aber herrlichen Sonnenschein. Besondere Erwähnung verdienen die drei letzten Oktobertage, die den ersten Morgenreif mit -4°, -7° und -2° brachten. – Der November war grösstenteils ein durch bedeckten Himmel ausgezeichneter Herr; ein voller Regentag, einmal leichter Schneefall, einige Sonnentage dazwischen. – Im Dezember sank die Temperatur tagsüber nie unter den Gefrierpunkt, sondern hielt sich beständig um +5 bis +11°C. Einzig am 7.12. las ich genau 0° ab, am 31.12. deren +2°. Diese vorwiegend kühltrockene Witterung wirkte sich nachteilig auf die Energieversorgung aus, sodass man sich in jenen Kreisen an den beiden einzigen Tagen vom 22. und 23.12. mit ihren ergiebigen Regenfällen direkt freute!
»

Quelle: Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1955. Weiach, Herbst 1957 -- S. 2-4. [Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich]

Dienstag, 27. Dezember 2005

Gashoffnungen. Eine Presseschau

Im Nachgang zum gestrigen Artikel «Bohrturm mania» hat mich der Hafer gestochen. Ich wollte den Überblick. Mindestens einen summarischen. Und so habe ich einmal alle bisher in der Weiacher Bibliographie eingetragenen Titel zum Thema zusammengestellt.

Die Anzahl ist - auf den ersten Blick - überraschend gross. Auf den zweiten nicht mehr. Denn eine Gesellschaft wie die unsrige, die süchtig nach fossiler Energie ist, die sucht natürlich auch wie ein Junkie nach dem Stoff ihrer Begierde. Von Panik getrieben und an den unmöglichsten Orten. Weiach als business opportunity ist dann halt nicht mehr abwegig - gestern und heute mit Kies. Und morgen mit Gas? Daraus wird wohl nichts.

Und trotzdem ist der rote Faden interessant, der sich allein schon aus den chronologisch geordneten Titeln ergibt:

Gashoffnungen in the News

  1. Baumgartner, S.: Die Steinkohle von Weiach (ZH): Rohstoff für die Gasindustrie? In: Gas, Wasser, Abwasser. Jg. 65, 1985, Nr. 2 – S. 94-101. Karten, Profile.
  2. Hinze, W.; Jäggi, K.; Schenker, F.: Gasmessungen. Sondierbohrungen Böttstein, Weiach, Riniken, Schafisheim, Kaisten, Leuggern. Technischer Bericht NAGRA 86-11. Baden, 1989.
  3. Schegg, R.; Leu, W.; Greber, E.: New exploration concepts spark Swiss gas, oil prospects. In: Oil and Gas Journal , 29. September 1997.
  4. Tagesschau Hauptausgabe (TS) Erdgas-Bohrung 15.11.1999. Politische Information. Dietrich, Florentina. In: Tagesschau, Schweizer Fernsehen DRS (SF DRS) [Memoriav]
  5. Erdgas-Probebohrung im Zürcher Unterland. Schweizerisch-amerikanisches Konsortium lanciert «Weiach 2». In: Neue Zürcher Zeitung, 16. November 1999.
  6. Erdgas aus der Kiesgrube? In: Basler Zeitung, 16. November 1999.
  7. Neue Bohrungen nach Erdgas. In: Bund, 17. November 1999.
  8. Erdgasbohrprojekt in Weiach. Wird in der Grube Hardrütenen neben Kies auch bald Erdgas gefördert? In: Neues Bülacher Tagblatt, 16. Dezember 1999.
  9. Kempter, E.H.K.: Weiach: A "Tight" Gas Sandstone Play in Northern Switzerland. In: Bulletin for applied Geology, Vol. 4 (1999) Bd. 2 – S. 165-170.
  10. Kempter, E.H.K.: Did Nagra's Weiach Borehole Bypass a Gas Field? In: Bulletin for applied Geology, Vol. 4 (1999) Bd. 2 – S. 171-175.
  11. Forest Oil Corporation Announces Year-End Operations Results and Plans for 2000. In: Business Wire, 01:56, 16. Februar 2000.
  12. PRESS RELEASE: Forest Oil 1999 Drilling Results. In: Dow Jones News Service, 02:27, 16. Februar 2000.
  13. Switzerland. Forest Oil Corp to explore for gas. In: API EnCompass: News, 20. März 2000.
  14. Switzerland. (Brief Article). In: Oil and Gas Journal, 20. März 2000.
  15. Wenig Chancen für eigenes Erdgas. In den Berner Voralpen ist es im Moment ruhig, erst wird in Weiach gebohrt. In: Solothurner Zeitung / NMZ, 4. Mai 2000.
  16. Wenig Chancen für eigenes Erdgas. In: Bund, 4. Mai 2000.
  17. Forest Oil Corporation Announces Second Quarter Operations Results. In: Business Wire, 00:29, 9. August 2000.
  18. Gas unter der Kiesgrube. In: Tages Anzeiger, 14. August 2000.
  19. Tief unten schlummert das Erdgas. In: Tages-Anzeiger, 22. August 2000.
  20. Höber, H.: In Weiach wird nach Erdgas gebohrt. Neuartige Methode mit Luft. In: Neue Zürcher Zeitung, 22. August 2000 – S. 43.
  21. Erdgas Little Texas im Zürcher Unterland. In: Blick, 22. August 2000.
  22. Köhli, A.: Hier noch ein Bäumchen, da ein Türmchen. Gasland Schweiz: Heute bohrt man in Weiach. In: Wochenzeitung (WoZ), 7. September 2000 – S. 9.
  23. Wunderfund am Sarnersee. Schwingerkönig Knüsel entdeckt Erdgas. In: Blick, 29. September 2000.
  24. Statt Erdgas nur Salzwasser gefunden. In: Tages-Anzeiger, 30. September 2000.
  25. Forest Oil Corporation and Forcenergy Inc Announce Third Quarter Operations Results. In: Business Wire, 01:06, 14. November 2000.
  26. Leu, W.: Vorläufige Einstellung der Gasexplorationsbohrung Weiach 2. In: Geothermie CH, 28. November 2000.
  27. Kanz, W.: Gibt es Erdgas in Weiach? In: Umwelt Aargau, Aarau, Jg. 8, 2000, Nr. 11 – S. 33-34.
  28. Stadelmann, M.: Erdgas-Explorationsbohrung mittels Airdrilling im Gang: Hoffnung – aber keine Spekulationen in Weiach ZH. In: Schweizer Baublatt, Jg. 111, 2000, Nr. 72 – S. 4-5.
  29. Exploratory-appraisal drilling surged outside North America in year 2000. In: Oil and Gas Journal, 16. April 2001.
  30. Bösiger, R.: Fast nur Rückschläge und Flops. Erdöl-Geschichte in der Schweiz. In: Volksstimme Sissach, Nr. 51, 27. April 2001 – S. 3.
  31. Ölsuche im Thurgau. In: St. Galler Tagblatt, 31. Oktober 2003.
  32. Boos, S.: Ölland Schweiz. Der Traum vom eigenen Erdöl und Gas. In: Energie & Umwelt. Das Magazin der Schweizerischen Energie-Stiftung SES, Nr. 4, Dezember 2003 – S. 4-7.
  33. Zrinski, S.: Weitere Suche nach Erdgas. Weiach / Altes Bohrloch soll wieder geöffnet werden. In: Zürcher Unterländer, 1. April 2004.
  34. Zrinski, S.: Nummer 17 verspricht Erfolg. Weiach / Eine Studie bestätigt mögliches Erdgasvorkommen. In: Zürcher Unterländer, 10. Mai 2004.
  35. Höber, H.: Erneut Erdgasbohrungen in Weiach. Erste Bohrung im Jahr 2000 abgebrochen. In: Neue Zürcher Zeitung, 12. Mai 2004.
  36. Zrinski, S.: Kleiner «Frac» soll Gas bewegen. Weiach / Der Erdgas-Test ist bisher enttäuschend verlaufen. In: Zürcher Unterländer, 29. Mai 2004.
  37. Riedel, S.: «Wir sind sehr enttäuscht». Weiach / Keine kommerzielle Erdgas-Förderung wegen zu dichter Gesteinsschichten. In. Zürcher Unterländer, 10. Juni 2004 – S. 1.
  38. Doch kein Erdgas - REGION. In: Tages Anzeiger, 11. Juni 2004.
  39. Boos, S.: Bohrinsel Schweiz. In: NZZ Folio, 6. September 2004.
  40. Ölsuche in der Schweiz. In: Der Bund, 24. Dezember 2005.

Habe ich etwas vergessen? Ergänzungen sind wie immer willkommen!

Montag, 26. Dezember 2005

Bohrturm mania

Weiach taucht in Presseartikeln selten auf - und wenn, dann im Zusammenhang mit etwas Schrägem, Aussergewöhnlichem (wie schon im Artikel vom 20. Dezember am exemplum demonstriert).

Kurz vor Weihnachten liefert uns der Blick Online mit dem Artikel «Ölfieber im Welschland» ein weiteres Kuriosum auf den Bildschirm: Bohrtürme. In der Schweiz schon fast eine Fata Morgana. Wir sind hier schliesslich weder in Texas noch im Irak.

Claims abgesteckt

Und doch finden nun dank der hohen Preise die mit Öl und Gas heutzutage zu erzielen sind, gleich drei Explorationsfirmen, das Waadtland habe das Potential zu einem Gaslieferanten zu werden.

Die SEAG Aktiengesellschaft für schweizerisches Erdöl in Winterthur, die Celtique Energie aus Sion und die Petrosvibri aus Vevey haben in der Westschweiz offenbar gegenseitig ihre Claims abgesteckt. Das schreibt nicht nur der Blick sondern unter Berufung auf die SDA gleich mehr als ein Dutzend Online-Ableger von Schweizer Zeitungen.

Wo Bohrtürme sich erhoben...

Was das mit Weiach zu tun hat? Nun, Bohrtürme haben bei uns seit einem Vierteljahrhundert Tradition.

Erst kam Anfang der 1980er-Jahre die NAGRA, die nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, und liess südlich des Areals der Weiacher Kies AG, gleich an der Hauptstrasse Nr. 7 Basel-Winterthur, eine Bohrung abteufen. Sie ging schliesslich fast 2500 Meter tief und förderte vielfältige Überraschungen zutage.

Die NAGRA-Bohrungen sind seither nicht nur ein Garant für viele Nennungen des Ortsnamens in der Fachliteratur von Geologen, Paläoichthyologen und weiteren Disziplinen der hohen Wissenschaft, die Ergebnisse weckten auch schon zwei Mal (in den Jahren 2000 und 2004) die Bohrlust von Öl- und Gassuchern:

«Die Bohrergebnisse [der NAGRA] ermutigten die texanische Firma Forest Oil, Sondierbohrungen zur Suche nach Erdgas-Lagerstätten vorzunehmen. Namhafte Erdgas-Vorkommen im benachbarten Süddeutschland liessen auf weitere Funde in Weiach hoffen. Ebenfalls in grosser Tiefe liegt auch ein Kohle-Flöz. Nach der im Jahre 2000 von Forest Oil abgebrochenen Bohrung hat im Mai 2004 ein Konsortium unter der Führung der SEAG Aktiengesellschaft für schweizerisches Erdöl einen weiteren Bohrversuch begonnen, der Aufschluss über die Grösse der erwarteten Erdgas-Lager bringen sollte. Im Juni 2004 wurden die Erdgas-Tests eingestellt. Eine kommerziell lohnende Förderung ist wegen zu dichter Gesteinsschichten nicht möglich.» (Quelle: Wikipedia)

Lahusen gibt nicht auf

Auch die Online-Ausgabe des Tages-Anzeigers nimmt das Thema auf und bringt Patrick Lahusen, Vizepräsident der SEAG, wieder einmal in die Schlagzeilen:

«Die SEAG darf in bisher zehn Kantonen nach Erdgas suchen, vor allem in der Nordostschweiz, Luzern und Bern. Aufgrund der geologischen Verhältnissen in der Schweiz seien Ölvorkommen eher unwahrscheinlich, sagte Lahusen. Er erwarte, hauptsächlich auf Erdgas zu stossen. Und solches hatte die SEAG bereits einmal gefunden: in Weiach im Zürcher Unterland. Sie begann im Sommer 2000 mit Bohrungen - und musste das Projekt abbrechen. Die dichten Gesteinsschichten hätten eine Förderung verunmöglicht, erklärte Lahusen. Ärgerlich sei dies besonders angesichts der hohen Kosten von Bohrungen.»

Da muss WeiachBlog nun doch etwas Blattkritik üben: der Tagi hat nämlich zwei Bohrkampagnen praktisch zu einer verschmolzen, was für den Leser so aussieht, als hätte die Übung schon vor sechs Jahren abgeblasen werden müssen und nicht erst vor knapp eineinhalb (vgl. den Ausschnitt aus dem Wikipedia-Artikel oben) .

Sonntag, 25. Dezember 2005

Urwaldfreundlich

An Weihnachten sollte man sich ja nicht nur Gedanken um den eigenen Bauch machen. Hierzulande ist der ja meist wohlgefüllt und die irdischen Sorgen drehen sich oft um «falsche Geschenke» beziehungsweise noch zu ergatternde Schnäppchen.

Dabei sollten wir uns um ganz andere Dinge Sorgen machen. Nur ein Beispiel: der Raubbau an den natürlichen Ressourcen unseres Planeten geht auch heute in unvermindertem Tempo weiter. Weihnächtliche Betäubung hin oder her. Und das betrifft Rohstoffe, Wasser, Urwälder, Fischbestände in den Meeren - die Liste ist schier endlos.

Rechtzeitig ins eigene Überleben einwilligen

Man mag sich über die Aktionsformen oder gar die Anliegen von Greenpeace, WWF und Bruno Manser Fonds aufregen. Aber immerhin erinnern uns diese Organisationen mit der ihnen eigenen Hartnäckigkeit daran, dass wir doch noch rechtzeitig in unser eigenes Überleben einwilligen sollten. Am besten bevor es dazu zu spät ist, wie auf der Osterinsel. (Wer sich für die Details interessiert: Jared Diamonds dickes Buch «Kollaps» gibt einige wertvolle Einblicke)

Eine dieser Initiativen ist die Aktion «Urwaldfreundlich». Die 26 Kantone und die über 2800 Gemeinden der Schweiz werden dabei regelmässig aufgefordert, ihre Richtlinien für öffentliche Beschaffungsvorhaben auf Holz aus nachhaltiger Produktion umzustellen, d.h. insbesondere keine Tropenhölzer einzusetzen, wo diese aus Kahlschlägen und Raubbau stammen:

Holz- und Papierverbrauch in der Gemeinde: Es gibt gute urwaldfreundliche Alternativen. Sie müssen nur eingesetzt werden

Globaler Urwaldschutz bedeutet, lokal handeln. Hier in der Schweiz zum Beispiel im Rahmen einer Lokalen Agenda 21. Laut der Strategie «Nachhaltige Entwicklung» des Bundesrates vom März 2002 ist «der Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen zu erhalten und sind die natürlichen Ressourcen mit Rücksicht auf die zukünftigen Generationen zu nutzen».

(...)
Mit Hilfe einer Checkliste können Sie leicht herausfinden, ob Ihre Gemeinde bereits auf dem Weg zu einer urwaldfreundlichen Gemeinde ist. Gemeinden und Kantone, die urwaldfreundlich werden wollen, unterschreiben eine Erklärung, mit der sie öffentlich kundtun, auf Holz und Holzprodukte aus Raubbau zu verzichten. Von ihnen gekaufte Hölzer und Holzprodukte tragen das FSC-Label für umwelt- und sozialverträgliche Produktion und/oder sind aus der Schweiz bzw. dem benachbarten Ausland. Urwaldfreundlich ist kein Label, sondern eine Selbstdeklaration, nach dem Prinzip: Gemeinden tragen hier in der Schweiz dazu bei, die Urwälder weltweit zu schützen.
Die drei Organisationen rufen die Gemeinden und Kantone zudem auf, ihre eigenen Wälder nach den FSC-Kriterien zertifizieren zu lassen.
(Quelle: Startseite Urwaldfreundliche Gemeinde)

Weiach ist urwaldfreundlich

Die politische Gemeinde Weiach mag zwar bedächtig agieren, aber sie gehört nicht immer zu den Letzten, wie wenn es um die eigene Website geht (vgl. Weiacher Geschichte(n) 71: Keine verspielte, teure und nutzlose Selbstdarstellung).

In diesem Zusammenhang gehört sie zu den Vorreitern. Schweizweit haben gerade einmal 20% der Gemeinden eine Selbstdeklaration unterzeichnet. Im Kanton Zürich sind es immerhin 35%.

So ist es zu verstehen, dass die Gemeinde über den grünen Klee gelobt wird. Die Frage Wie steht es um Weiach (ZH)? wird mit einem «SUPER: Weiach ist urwaldfreundlich» beantwortet. Und weiter steht da:

«Weiach hat am 19.09.2000 einen verbindlichen Gemeinderatsbeschluss zum «Verzicht auf Holz aus Raubbau» gefasst und ist jetzt urwaldfreundlich geworden.

Die Gemeinde Weiach wurde im Januar 2005 in einem Brief aufgefordert, die neue «Urwaldfreundlich-Erklärung» zu unterschreiben und somit nebst dem Holz auchh
[sic!] beim Papier auf Urwaldfreundlichkeit zu achten. Denn konventionelles Frischfaserpapier muss verdächtigt werden, Holz aus Urwaldzerstörung zu enthalten (rund ein Fünftel der Fasern zur Papierherstellung stammen aus Urwäldern).

Weiach hat den Verzicht auf Holz aus Raubbau bereits umgesetzt. Damit ist der verbindliche - und messbare - Teil der Forderung nach «Urwaldfreundlichkeit» erfüllt. Dadurch, dass Weiach auf der Liste der «urwaldfreundlichen Gemeinde» steht, müsste sie auch die Absicht haben, wann immer möglich Recycling-Papier einzusetzen (gibt es auch in naturweiss!) und den Papiergebrauch generell zu senken. Ist hochweisses Papier nötig, so soll FSC-zertifiziertes Papier verwendet werden.

Um die Gemeinde Weiach in ihrem Bestreben nach Urwaldfreundlichkeit zu bestärken, ist es wichtig, ihr zu gratulieren. Und - gerade in der Papierfrage - Hilfe anzubieten, denn der Papierverbrauch hängt stark mit jahrzentelangen
[sic!] Gewohnheiten zusammen!» (Quelle: Wie steht es um Weiach (ZH)?)

Anschliessend wird den Lesern über ein mit änderbarem Muster versehenes Webformular Gelegenheit gegeben, der Gemeinde ein e-mail zu schicken.

Das obige Zitat ist klar als Serienseite erkennbar. Das ist auch kein Wunder bei über 2800 Gemeinden. Stellt sich die Frage: Hat die Gemeinde die neue Erklärung unterzeichnet?

WeiachBlog wird sich im neuen Jahr erkundigen, wie der aktuelle Stand bezüglich Papier-Einsatz ist.

Samstag, 24. Dezember 2005

Beim Steuerfuss ist die Nullrunde im Trend

Sie wissen nicht, was ein Steuerfuss ist? Der Diaspora-Deutsche Jens-Rainer Wiese erklärt Ihnen den Begriff in einem Beitrag auf Blogwiese.

Steuerfüsse sind kurz vor Weihnachten ein Teil der Bescherung. Der des nächsten Jahres. Je grösser der Steuerfuss, desto dünner das Portemonnaie des Steuerzahlers.

Und in diesem Punkt dürfte die Freude der Weiacher grösser sein als in den meisten anderen Gemeinden des Zürcher Unterlands. Mit 86% liegt Weiach nämlich weiterhin auf dem dritten Platz der Unterländer Rangliste hinter den beiden Spitzenreitern Neerach und Winkel (beide mit 74%).

Stabilere Zukunftsaussichten

«Nach dem Auf und Ab bei den Steuereinnahmen der vergangenen Jahre blicken die Gemeinden jetzt optimistischer in die Zukunft. Auch die Sparprogramme beginnen zu greifen», schreibt Petra Zürcher im «Zürcher Unterländer» unter dem Titel: «Kaum Raum für grosse Sprünge». Von dort stammt auch die Grafik oben rechts.

Fazit: Die steuerlichen Unterschiede zwischen den Gemeinden bleiben bestehen. Nur Embrach und Boppelsen erhöhen den Steuerfuss, acht Gemeinden senken ihn, alle anderen bleiben beim diesjährigen Ansatz.

Was ebenfalls auffällt bei der Durchsicht der Tabelle: in vielen Gemeinden sind die politische und die Schulgemeinden zusammengelegt. In einigen grösseren Gemeinwesen - vor allem im Bezirk Bülach - besteht zumindest ein Verbund der Primar- mit der Oberstufenschulgemeinde.

Bei der Primarschule (die in Weiach mit 46% den Löwenanteil beansprucht) liegen wir im Mittelfeld. Auch hier sind Winkel und Neerach mit 31 bzw. 32% konkurrenzlos günstig. Wirtschaftet die eigene Primarschulpflege derart himmeltraurig? An den Steuerfüssen darf man dies nicht aufhängen. Denn diese Zahlen täuschen. Je mehr Steuersubstrat vorhanden ist, desto mehr schaut halt bei einem kleineren Steuerfuss für den Gemeindesäckel heraus. Da müsste man schon die Kosten pro Schüler vergleichen.

Quellen
  • Kaum Raum für grosse Sprünge. Steuern im Unterland - Ziel ist das Stabilisieren der Finanzhaushalte. In: Zürcher Unterländer, 23. Dezember 2005.
  • Auf in die Nullrunde. Gemeinden ziehen bei Steuerfussfestsetzung gleich mit dem Kanton. In: Zürcher Unterländer, 23. Dezember 2005.

Freitag, 23. Dezember 2005

Vor 50 Jahren: Zweite Bauetappe der Kanalisation ausgeschrieben

«Endlich ist unterm 13. Dezember die zweite Etappe der Kanalisationsarbeiten zur Submission ausgeschrieben; sie soll dann im kommenden Jahr in Angriff genommen werden», schrieb Walter Zollinger in seiner Chronik des Jahres 1955.

Gegen Ende des Jahres 2005 wurde mit dem Spatenstich der Startschuss für den Abwasserexport gegeben (WeiachBlog berichtete am 26. November darüber).

Ein halbes Jahrhundert früher, im Dezember 1954, bewilligte die Gemeindeversammlung einen Kredit für ein neu zu erstellendes Kanalisationsnetz. Vorher hatte man das Abwasser noch direkt in die Dorfbäche eingeleitet - ohne jede Behandlung. Die erste Etappe der Kanalisation wurde 1955 erstellt. Die zweite sollte 1956 folgen. Das oben abgebildete Inserat markiert deren Startschuss. Schleuderbeton-Leitungen mit Durchmesser 40-70 cm waren zu verlegen.

Spitz kalkulieren über die Festtage

Der Weiacher Gemeinderat liess die Ausschreibung der zweiten Etappe der Kanalisation durch das Ingenieurbüro Gujer in Rümlang publizieren - just Mitte Dezember. Mit Planbezug am 19. Dezember, Baustellenbesichtigung am 21. Dezember (Treffpunkt beim Restaurant Wiesenthal an der Kantonsstrasse Basel-Winterthur) und dem Offerteinreichungstermin am 5. Januar 1956. Also nichts mit geruhsamen Weihnachts- und Neujahrsfeiertagen vor 50 Jahren. Jedenfalls für einige Angestellte von Tiefbauunternehmen. Die mussten zwischen Weihnachtsbaum und Bächtelisumtrunk kräftig das Weiacher Projekt kalkulieren.

Interessant ist übrigens, dass die Gemeinde Weiach und das Büro Gujer auf eine mindestens 50-jährige Zusammenarbeit zurückblicken. Wie an der letzten Gemeindeversammlung bekanntgegeben wurde, erfasste die Fa. Gujer im Zusammenhang mit dem Leitungskataster GIS alle Wasser- und Kanalisationsanlagen.

Quelle

-- Zollinger, Walter: «Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1955» - S. 14.

Donnerstag, 22. Dezember 2005

Scharbet ist ein Kinderrock, kein Bettchen

Ein Nachtrag zum Artikel Die Habsburger sind schuld vom 3. Dezember 2005:

Da habe ich geschrieben, beim Artikel 73 in der Reihe Weiacher Geschichte(n): Strohdachhaus abgebrannt – 12 Obdachlose in 5 Minuten handle es sich um «eine überarbeitete Version im Umfang von 9 Seiten (die im Druck erschienene Version weist lediglich acht auf). Der überarbeitete Artikel enthält die Beiträge von Dr. Hans-Peter Schifferle, Chefredaktor des Schweizerdeutschen Wörterbuchs (auch "Idiotikon" genannt)

Zum Wort Scharbet fragte Schifferle ursprünglich, ob die «Lesung gesichert» sei. Eine sehr legitime Frage, denn wie schnell verliest man sich. Nochmaliges Nachprüfen im Original (siehe Bild) zeigt aber eindeutig, dass kein Lesefehler vorliegt.

Die bis am 20. Dezember auch in der Internetversion angebotene Erklärung für den Begriff "Scharbet" war:

«Vielleicht Schreibvariante von „Schwamm-Bett" = „Kinderbettchen, das fest steht, nicht zum Wiegen eingerichtet, Kinderbettstelle mit hohen Gitterwänden" (Id. 4, 1814). Das gerade aus dieser Zeit aus dem Kanton Zürich gut bezeugte Wort ist auch in den Schreibvarianten „Schwabet", „Stabet" überliefert und geht auf ein schon mittelhochdeutsch belegtes zusammengesetzes Wort „Spann-Bett" zurück. Vgl. auch Id. 4, 1815 „Spann-Bett" und „Sta-Bett"» [Mail von Schifferle, 25.11.2005]

Am 13. Dezember schrieb mir Schifferle, er habe nun für den Begriff "Scharbet" eine «ganz eindeutige Lösung» gefunden:

«"Scharbet" (m.) war die im ganzen Norden des Kantons Zürich und seiner Nachbarschaft gut belegte Form eines Wortes, das im Schw. Id. Band 8, 1002, als "Schapper" (m.) angesetzt ist; daneben gibt es in der deutschen Schweiz auch Formen wie "Tschapper, Gschäpper, Tschäppet, Scharpet, Schabet, Schäberli, Schä(r)betli" usw. Das Wort (als schon mittelhochdeutsch belegtes Lehnwort aus frz. chaperon, zu lat. cappa) bezeichnet u.a. den früher weit verbreiteten "Kinderrock", welcher meist eine Art (hinten zuknöpfbares) Mäntelchen oder Schürze war mit Armlöchern, kurzen oder langen Ärmeln; den "Scharbet" oder das "Schärbetli" trugen Kinder beiderlei Geschlechts zwischen dem 2. und etwa dem 4. Lebensjahr. Meines Wissens waren solche Kinderröckchen noch bis in die Vierzigerjahre des 20. Jahrhunderts hinein in Gebrauch. Stalder definiert das Wort folgendermassen "Schürze der Kinder oder eine Art Flügelkleid, wie es Kinder von 2-4 Jahren zu tragen pflegen". Diese Art Kinderröckchen wurde im Bernbiet auch etwa "Umschwingerli" genannt.» [Mail von Schifferle, 13.12.2005]

Der Artikel 73 wurde entsprechend korrigiert. Und auch finanziell stimmts so eher: Für ein Bettchen wäre 1 Thaler ein gar tiefer Preis gewesen - auch im Jahre 1805.

Mittwoch, 21. Dezember 2005

Schweizer Schiedsrichter des Jahres 2005?

Am 16. Dezember hat ihn der Fussballverband Region Zürich (FVRZ) für die Wahl zum Schiedsrichter des Jahres 2005 nominiert.

Die Rede ist vom Sportchef des Schweizerischen Schiedsrichterverbands für die Region Zürich (mit SH, TG und SZ), dem 44-jährigen Mario Chatzidakis. Er ist in Weiach im früheren Wohnhaus des langjährigen Primarlehrers, Lokalhistorikers und Chronisten Walter Zollinger an der Stadlerstrasse zuhause.

Als völliger Fussball-Banause, als welcher sich der hinter WeiachBlog steckende Schreiberling hiermit outet, ist ihm gerade einmal bewusst, dass es da einen Köbi Kuhn und einen FC Thun gibt, beide offenbar derzeit recht erfolgreich. Aber sonst?

Es braucht schon eine Nomination durch eine regionale Organisation des Schweizerischen Fussballverbands (SFV), das Internet und eine Suchmaschine wie Google, um den Schreibenden auf einen der stillen Chrampfer in seiner nächsten Umgebung aufmerksam zu machen.

Auf einen derjenigen, welche die Erfolge des Schweizer Fussballs von der Basis her erst ermöglichen. Und da gehören sicher auch die Schiedsrichter dazu. Wenn man Sachen wie diese hier liest: Tätlichkeit am Schiedsrichter: was tun?... wird einem umso bewusster, wieviel dicke Haut, Erfahrung und Gelassenheit diese häufig zum Buhmann gemachte Person mit der Pfeife braucht. Mit den farbigen Karten, die bei Bedarf aus dem Shirt gezaubert werden, ist es nicht getan.

Den Rest der Laudation überlasse ich dem FVRZ (s. Link oben).

Dienstag, 20. Dezember 2005

Eingestürztes Sägereigebäude

Allzu häufig wird Weiach im redaktionellen Teil der grossen Zürcher Tageszeitungen nicht genannt. Und wenn dem so ist, dann muss in dem weit vom urbanen Bauchnabel an der Limmat gelegenen Ort schon etwas Ausserordentliches, Schräges passiert sein. Salopp gesagt etwas, was sich in der Rubrik Unglücksfälle und Verbrechen gut macht. Sonst tauchen wir auf den Radarschirmen in der Stadt sozusagen gar nicht auf.

Mit grossem Getöse eingestürzt

Wie zum Beweis dieser Behauptung dient die jüngste Nennung in der NZZ. Unter dem Titel «Der zähe Kampf um das kulturelle Erbe» berichtet Dorothee Vögeli über die Buchvernissage, anlässlich welcher der 16. Rechenschaftsbericht der Zürcher Denkmalpflege vorgestellt wurde. Da findet man folgendes Zitat:

«Wie in den bisherigen Berichten, die seit 1961 regelmässig erscheinen, sind aber auch Misserfolge ein Thema. Zu diesen gehört ein Sägereigebäude in Weiach, das kurz vor der Realisierung eines Sanierungskonzeptes mit grossem Getöse einstürzte

Von diesem Sägereigebäude war in WeiachBlog schon einmal die Rede. Und nostalgisch wie der Schreibende ist, hat er sich selber und dem Leser dort unterschlagen, dass das alte Sägerei-Werkstattgebäude (erstellt 1895) schon vor der Fluchtwanderung Franz Hohlers das Zeitliche gesegnet hat. Die NZZ erinnert unsanft an diesen Verlust.

Keine Subventionierung von Objekten kommunaler Bedeutung mehr

Besonders bedenklich ist, was an dieser Veranstaltung über die Folgen der kantonalen Sparwut für Denkmalschutz und Kantonsarchäologie gesagt wurde:

«Wie Kantonsbaumeister Stefan Bitterli sagte, haben die Sparmassnahmen nicht nur zu einem einschneidenden personellen Abbau geführt: Neu wird die Fachstelle für Denkmalpflege mit der Kantonsarchäologie zusammengelegt. Im Frühjahr wurde die Denkmalpflege schliesslich verpflichtet, sich auf überregionale Schwerpunkte zu konzentrieren. Damit wurde ihr die Grundlage für die Subventionierung der Objekte von kommunaler Bedeutung entzogen. Inwieweit sich dieser Entscheid auf die Zürcher Baulandschaft auswirkt, wird sich laut Bitterli weisen.»

Was das für viele kommunal wichtige Objekte in weniger finanzstarken und/oder historisch uninteressierten Gemeinden bedeutet, muss wohl nicht extra betont werden. Eine Schande für den Kanton Zürich.

Schuld an diesem Debakel sind besonders diejenigen Kantonsräte, die nichts Gescheiteres mit Ihrem Amt anzufangen wissen, als das Bildungswesen, Bibliotheken, Denkmalpflege und Kantonsarchäologie in Raten tot zu sparen.

Zitierte Quellen und Literatur

  • Vögeli, D.: Der zähe Kampf um das kulturelle Erbe. 16. Rechenschaftsbericht der Zürcher Denkmalpflege. In: Neue Zürcher Zeitung, 16. Dezember 2005.
  • Zürcher Denkmalpflege: 16. Bericht, 2001-2002. Kommissionsverlag Fotorotar, Zürich/Elgg 2005. 396 S., Fr. 62.-

Montag, 19. Dezember 2005

Kirchlicher Alleingang definitiv

Nach den beiden Budgetversammlungen der politischen Gemeinde und der Primarschulgemeinde Weiach folgte zu fortgeschrittener Stunde am Abend des 14. Dezember als dritte Versammlung diejenige der Evang.-ref. Kirchgemeinde Weiach. Vorgängig verliessen etliche nicht Stimmberechtigte den Saal, die meisten von ihnen Katholiken.

Die Präsidentin der Kirchenpflege, Karin Klose, eröffnete mit den protokollarischen Präambeln und schloss mit dem unvermeidlichen: «Au mir bruuched Stimmezeller». Sie wurden gewählt und stellten 31 anwesende Stimmberechtigte fest.

Mit Spannung erwartet: Infos zur Kündigung des Pastorationsvertrags

Bereits vor dem ersten Geschäft, dem Voranschlag 2006, gab die Präsidentin Informationen zur Kündigung des Pastorationsvertrags durch die Kirchgenossenschaft Kaiserstuhl-Fisibach, da ein Teil dieser Infos budgetrelevant sei (WeiachBlog berichtete bereits am 5. Dezember unter dem Titel Kirchliches Zerwürfnis an der Kantonsgrenze).

Die Kirchenpflege Weiach habe in ihrem Infoschreiben an die Gemeindeglieder (vom 8. Oktober 2005 auf Briefpapier der vor ihrer Geburt gestorbenen Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach-Kaiserstuhl-Fisibach) genau die Kündigungsgründe aufgelistet, welche ihr vom Vorstand der Kirchgenossenschaft genannt worden seien. Sie hält ganz klar fest, dass die von der Kirchgenossenschaft im darauffolgenden Schreiben vom 24. Oktober 2005 gemachten Aussagen nicht den Tatsachen entsprechen würden.

Insbesondere wies sie den Vorwurf, dass gefasste Beschlüsse nicht umgesetzt worden seien, entschieden zurück. Auf rasche Veröffentlichung der Trennungsgedanken seitens des Vorstandes habe man verzichtet, um Einigungsgespräche nicht zu verhindern. Jegliche Vorschläge für Gespräche seien jedoch vom Vorstand der Kirchgenossenschaft abgelehnt worden. Es sei sogar so gewesen, dass Vertreter der Kirchenpflege keinen Einlass an der Versammlung der Kirchgenossenschaft erhalten hätten und von deren Vorstand wieder heimgeschickt worden seien.

Folgen für das Budget 2006

Die Kirchenpflege Weiach akzeptiere diesen Entscheid der Kirchgenossenschaft. Immerhin gebe es auch für Weiach einen Vorteil: man könne sich nun zu 100% der eigenen Gemeinde widmen, müsse keine Konflikte wegen verschiedener Rechtssystemen mehr austragen. In finanzieller Hinsicht würden Abgaben im Zusammenhang mit dem Pastorationsvertrag von 20'000 Franken durch den Kanton Zürich nicht mehr in Rechnung gestellt. Gleichzeitig erhalte man eine Abgeltung in derselben Höhe, da der Pfarrer uns nicht zu 100% zugeteilt sei. Das sei also fast ein Nullsummenspiel.

Diese Ausführungen gaben Anlass zu etlichen Fragen:

Eugen Hunziker wollte wissen: «Warum sitzt der Pfarrer vorne bei der Kirchenpflege?» Antwort der Präsidentin: Er habe noch eine persönliche Erklärung zu verlesen.

Weiter fragte Hunziker, ob die Pfarrscheune im Winter ständig geheizt werde. Immerhin habe man da seinerzeit eine teure Heizungssteuerung installiert. Antwort der Kirchenpflege: In der Pfarrscheune finde u.a. statt: Domino, 3. Klass-Unterricht, etc. d.h. dazwischen erfolge eine Absenkung der Temperatur. Der Fragesteller zeigte sich nicht befriedigt. Er meinte, wir hätten «wahnsinnig viel Geld dafür investiert und das sollten wir nützen».

Eine Fragestellerin wollte Auskunft über die Stellenprozente des Pfarrers nach dem Ausstieg der Kirchgenossenschaft: «Ist es noch eine 100%-Stelle?» Antwort der Präsidentin: Unsere Pfarrstelle sei schon länger eine 100%-Stelle, stehe aber nur noch zu 70% der Kirchgemeinde Weiach zur Verfügung. 30% seiner Zeit arbeite der Pfarrer zu Gunsten der Landeskirche des Kantons Zürich.

Alt-Sigrist Attinger fragte, ob die 20'000 Franken Abgeltung durch den Kanton wirklich den 30% Anteil ausmachten. Wofür werden die 30% gebraucht? Der Pfarrer antwortete, das seien Einsätze zu Gunsten der Klinik Embrach, für Gefängnisseelsorge, etc. Attinger hakte nach und fragte, ob die Spesen für die 30% von Weiach berappt werden müssten? Der Gutsverwalter glaubte nicht, dass dem so ist, konnte aber nichts Abschliessendes dazu sagen.

Dann gelangte der Voranschlag 2006 mit Beibehaltung des Steuerfusses bei 11% zur Abstimmung. Wer diesem Budget zustimmen wolle, „söll das bitte bezüüge dur Handerhebe“. Die Präsidentin konnte „offensichtliches Mehr“ feststellen.

Erklärung Pfarrer Markus Saxer

Auch am Pfarrer gingen die Auseinandersetzungen zwischen dem Vorstand der Kirchgenossenschaft und der Kirchenpflege Weiach nicht spurlos vorbei. Die Vorwürfe seien unzutreffend. Weiteres wird hier auf Wunsch des Pfarrers nicht ins Internet gestellt, jedoch auf den «Zürcher Unterländer» vom 15. Dezember 2005, Titelseite, verwiesen.

Kirchgemeindeversammlung nach dem Kirchgang?

Gegen Schluss brachte Erna Klose noch einen Vorschlag in die Runde. Es hätten einige ältere Leute gerne an die Versammlung kommen wollen, aber es werde halt gar spät, wenn die Kirchgemeinde erst nach der politischen Gemeinde und der Schulgemeinde drankomme. Hunziker schlägt darauf vor, die Kirchgemeindeversammlung unmittelbar nach dem sonntäglichen Kirchgang anzusetzen.

Der Präsidentin sind solche Überlegungen nicht fremd. Sie sieht das Bedürfnis auch, dass man die Durchführung losgelöst von den anderen «Gemeinden» ins Auge fasse. Sie wolle auch einen Termin unmittelbar vor dem Termin der politischen Gemeinde prüfen, sagte Klose.

Damit war auch diese Versammlung beendet und die Stimmenden wurden in die kalte Nacht entlassen.

Sonntag, 18. Dezember 2005

Treppensanierungen bei den Schulhäusern

Direkt im Anschluss an die «Budgetgemeinde» der politischen Gemeinde folgte am Mittwochabend, 14. Dezember 2005 diejenige der Primarschulgemeinde Weiach.

Da sich die Zahl und Zusammensetzung der Anwesenden nicht veränderte und lediglich die Behördenmitglieder rochierten, erübrigten sich sowohl eine Neuwahl der Stimmenzähler wie auch eine erneute Zählung der anwesenden 43 Stimmberechtigten (6% Stimmbeteiligung).

Die Primarschulpflege gab an, sie budgetiere bewusst konservativ. Bessere Abschlüsse seien dann später auch einfacher zu «verkaufen». Eine entwaffnende Offenheit, muss man schon sagen. Die kann man sich auch leisten, wenn man dem Stimmvolk einen unveränderten Steuerfuss präsentiert.

Der Verwalter erwartet für das Jahr 2006 ein Defizit von 85’000 Franken. Das Eigenkapital soll per Ende 2006 noch 2.1 Mio CHF betragen.

Die Verteilung der Ausgabenposten präsentierte sich wie folgt: 42% Primarschule, 7% Kindergarten, 7% Schulverwaltung, 2% Bibliothek, 13% Sonderschulung.

An grösseren Bauvorhaben wurden genannt: Letztes Jahr (2004) eine Stützmauer beim Kindergarten für 60'000 Franken, dann dieses Jahr (2005) das EDV-System der Gemeindebibliothek Weiach im Betrag von 23'000 Franken (50% Anteil je auf politische Gemeinde bzw. Primarschulgemeinde).

Für nächstes Jahr ist die Sanierung einer der Aussentreppen für 20'000 Franken vorgesehen. Grund ist die mögliche Haftung der Schule für allfällige Unfälle infolge Stolperns über die durch Senkungen entstandenen Unebenheiten. Auch einige zerbrochene Bodenplatten im Eingangsbereich des Schulhauses Hofwies müssten ersetzt werden.

Im Ausblick wurde noch einmal betont, dass der Steuerfuss über die letzten zehn 10 Jahre bei durchschnittlich 48% gelegen habe. Bis 2010 komme aber noch einiges auf die Primarschulgemeinde zu.

Trotz dieser Aussage entstand keine Diskussion und der Präsident konnte das Ergebnis seiner Aufforderung nach Handerheben bei Zustimmung zum Voranschlag mit den Worten: „sieht nach Mehrheit aus. Danke, Gegenmehr ist unnötig“ quittieren.

Damit war auch diese Gemeindeversammlung gelaufen.

Samstag, 17. Dezember 2005

Schneeräumung, Robidogkästen, Sitzbänke, Behördenverzeichnis

Und weiter geht's mit den Traktanden der Gemeindeversammlungen vom 14. Dezember:

Als letzter Punkt der Tagesordnung waren bei der Versammlung der politischen Gemeinde die Anfragen gemäss §51 Gemeindegesetz zu behandeln.

§ 51 des Gesetzes über das Gemeindewesen (kurz: Gemeindegesetz) sieht vor: «Jedem Stimmberechtigten steht das Recht zu, über einen Gegenstand der Gemeindeverwaltung von allgemeinem Interesse eine Anfrage an die Gemeindevorsteherschaft zu richten. Die Anfragen sind spätestens zehn Arbeitstage vor der Gemeindeversammlung der Gemeindevorsteherschaft schriftlich einzureichen. Die Gemeindevorsteherschaft beantwortet die Anfrage in der Gemeindeversammlung. Eine Beratung und Beschlussfassung über die Antwort findet nicht statt.» [Fassung gemäss G über die politischen Rechte vom 1. September 2003 (OS 58, 289). In Kraft seit 1. Januar 2005 (OS 59, 194).]

Es wurden vier Fragen eingereicht, leider nicht fristgerecht. Da die neue Frist jedoch erst seit 1. Januar 2005 in Kraft ist, behandelte der Gemeinderat die Anfragen dennoch.

Der Gemeindepräsident machte in diesem Zusammenhang auf die neue Einreichungsfrist von 10 Tagen vor der Gemeindeversammlung aufmerksam (früher 5 Tage). De facto sind 10 Arbeitstage 2 Wochen.

1. Schneeräumung auf Treppen

Der Fragesteller monierte, es werde auf ebenen Strassen zu viel gesalzen. Die Treppen zwischen den Strassen würden aber nicht vom Schnee geräumt. Diese Treppen hätten überdies kein Geländer und ausserdem eine schlechte Beleuchtung.

Die Kritik wird vom Gemeinderat ernst genommen. Die Treppen habe man im Zusammenhang mit dem Quartierplan Lee erstellt. Man habe dabei offensichtlich keine besseren, ganzjährig problemlos begehbaren Verbindungen gewollt, sagte der Gemeindepräsident. In allen Unterlagen zu diesem Quartierplan gebe es keine Hinweise, dass über ein Geländer diskutiert worden wäre. Angemerkt wurde, dass wohl Kostengründe dafür ausschlaggebend gewesen seien und keine Möglichkeit mehr bestehe, die früheren Quartierplangenossen zur Kasse zu bitten.

In der Angelegenheit der Beleuchtung würden die Abklärungen intensiviert und die Schneeräumung auf öffentlichen Treppen werde künftig durchgeführt. Priorität hätten aber nach wie vor die Gemeindestrassen, die mit Pfadschlitten geräumt werden. Dann folgten die Trottoir (künftig auch die Treppen) . Der Gemeinderat hält weiter fest, dass keine Schwarzräumung erfolge! Er weist ausdrücklich darauf hin, dass mit Schnee und Eis auf Strassen und Wegen gerechnet werden muss.

Private Strassen und Wege würden nicht geräumt. Ebenso keine Zufahrten, Schneemahden vor den Liegenschaften und der Zufahrten seien ebenfalls Privatsache. In den nächsten Mitteilungen für die Gemeinde Weiach werde man sich dazu äussern.

2. Aufstellung weiterer Robidog-Kästen

Die nächste Anfrage betraf den Dauerbrenner Hundedreck. Gesundheitsvorsteher Boris Macullo erklärte, es seien ingesamt drei neue Robidog-Kästen angeschafft worden. Drei neue Standorte würden jetzt mit neuen Kästen bestückt. Zusätzlich habe man noch einen vierten Kasten. Der defekte sei nämlich so weit instandgestellt worden, dass er erst in zwei Jahren ersetzt werden müsse. Die Montage erfolge bis Ende Februar. Am Rande der Veranstaltung zeigte der Gesundheitsvorstand die roten Säcklein der Gemeinde Davos. Damit würde die Hemmschwelle grösser, das volle Säcklein einfach so weg- und auf die Wiese statt in den Kasten zu werfen. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ist Verunreinigung durch Hundekot ein grosses Problem - Hundekot gefährdet die Gesundheit der Kühe.

3. Sitzbänke im Gemeindegebiet

Eine weitere Anfrage betraf die Sitzbänke auf Gemeindegebiet. Einige dieser Sitzbänke seien in schlechtem Zustand oder müssten gar ersetzt werden. Der Gemeinderat antwortete, es gebe in Weiach keinen Verschönerungsverein o.ä. Damit bleibe diese Aufgabe an der politischen Gemeinde hängen. Der Förster erneuere die Bänke in der arbeitsarmen Zeit, schraube die Sitzflächen ab, repariere sie und montiere sie wieder. Neue, durch ihn erstellte Bänke stünden am Rhein, im Büechlihau und beim Sternen. Der Pfarrer erinnerte an das Bänklein beim Brunnen im alten Friedhofsteil. Dieses soll aber bereits erneuert sein.

4. Verzeichnis über Behörden und Vereine

Die vierte Anfrage betraf die Aktualisierung des Behördenverzeichnisses. Die letzte Ausgabe ging im August an alle Haushalte. Eine aktualisierte Auflage soll kurz nach den Neuwahlen erstellt werden. Es werde allerdings Herbst 2006, bis die gedruckte Version erscheine, gab der Gemeindeschreiber zu bedenken. Man müsse warten bis alle Behörden (Primar- und Oberstufenschulpflege, etc.) sich neu konstitutiert hätten. In diesem Zusammenhang erinnert die Gemeinde an die neue Homepage. Dort werde jede Änderung aktuell aufgeschaltet - da man jeden Eintrag separat anpassen könne.

Freitag, 16. Dezember 2005

Totalrevision der Gemeindeordnung

An der am Mittwochabend, 14. Dezember 2005, abgehaltenen Gemeindeversammlung (6% Stimmbeteiligung; siehe den Artikel «...söll das bitte bezüüge dur Handerhebe...») stand als Traktandum 4 die Totalrevision der Gemeindeordnung der politischen Gemeinde Weiach, also der kommunalen Verfassung, auf dem Programm.

Grund für die Revision und den Zeitpunkt der Abstimmung darüber seien die Neuerungen im kantonalem Recht, erklärte der Gemeindepräsident: das revidierte Gemeindegesetz, das Gesetz über die politischen Rechte sowie die neue Kantonsverfassung, welche per 1. Januar 2006 in Kraft tritt, zwingen zu Anpassungen.

Die Änderungen

So wird a) die Bürgergemeindeversammlung aufgehoben, b) werden die Kompetenzen zwischen der Gemeindeversammlung (an der die Stimmberechtigten physisch anwesend sein müssen) und der Urnenabstimmung (die auch brieflich möglich ist) neu geregelt und c) gibt es neu auch eine Referendumsmöglichkeit an der Gemeindeversammlung.

Auch die Rechnungsprüfungskommission schaute sich das Geschäft an, weil es finanzielle Konsequenzen hat. Sie empfahl Annahme.

Die Änderungen im Einzelnen:

  • KV neu Art. 21 reflektiert in Art. 11 und 18 der GO neu
  • KV neu Art. 86 Abs. 2 lit a Urnenabstimmung ab bestimmtem Betrag reflektiert in Art. 6 GO neu
  • KV neu Art. 86 Abs. 3 entspricht Art. 7 GO neu (In der Gemeindeversammlung kann ein Drittel der anwesenden Stimmberechtigten verlangen, dass über einen Beschluss nachträglich an der Urne abgestimmt wird.)
  • KV neu Art. 89 Abs. 2 siehe Art. 6 GO neu

Völlig umgekrempelt und neu nummeriert

Der Abschnitt Bürgerschaft in der alten GO wird ersatzlos aufgehoben. Alle Wahlen erfolgen ausserdem nur noch an der Urne. Ersatzwahlen durch Gemeindeversammlung sind nicht mehr zulässig. Da dies in Weiach de facto nie gemacht wurde, ergibt sich hier keine Änderung.

Auf die Ermöglichung der Tätigkeit der kantonalen Ombudsperson, wie sie KV neu Art. 81 Abs. 4 vorsieht, wurde verzichtet.

Durch die Revision fallen ganze Kapitel der Gemeindeordnung weg, was die Lesbarkeit beeinträchtigt. Der Gemeinderat hat sich daher entschlossen, die Artikel neu zu nummerieren und auch Gliederungstitel angepasst. Deshalb muss die Änderung auch dem Regierungsrat zur Genehmigung unterbreitet werden.

Die totalrevidierte Gemeindeordnung vom 8. November 2005 wurde von den anwesenden Stimmberechtigten ohne Änderung und nach kurzer Fragerunde gutgeheissen.

Damit hat es der Gemeinderat gerade noch geschafft, die Urnenabstimmung zu umschiffen. Eine solche wäre nämlich für Totalrevisionen der Gemeindeordnung ab 1. Januar zwingend vorgeschrieben (KV neu Art. 89 Abs. 2).

Donnerstag, 15. Dezember 2005

«...söll das bitte bezüüge dur Handerhebe...»

Gestern, 14. Dezember 2005 abends von 20:00-22:30, gingen im Gemeindesaal unter der Turnhalle die «Budgetgemeinden» über die Bühne, welche traditionsgemäss Mitte Dezember abgehalten werden. Zuerst die politische Gemeinde, anschliessend die Primarschulgemeinde und schliesslich noch die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde.

Das Wichtigste vorab: die Steuerfüsse bleiben unverändert - politische Gemeinde, Primarschulgemeinde und Oberstufenschulgemeinde kommen zusammen auf 85%, mit den 11% der evang.-ref. Kirche ergeben sich 96%, wie im laufenden Jahr.

Offenes Handmehr vs. Mini-Stimmbeteiligung

Anwesend waren 43 Stimmberechtigte. Bei einem Total von 714 (Stand Eidg. Volksabstimmung Ende November) sind das gerade einmal 6% Stimmbeteiligung. Nach der gesetzlich vorgeschriebenen Einleitung stellte der Präsident die Gretchenfrage nach dem Stimmenzähler. Nach kurzem Geplänkel und zwei Vorschlägen aus der Runde Anwesenden traf es Urs Schenkel und Gustav Duttweiler (der sich mit der scherzhaften Bemerkung «ich bi scho über sächzgi» seinem Schicksal zu entziehen versuchte) .

Sämtliche Vorlagen wurden durch offensichtliches Handmehr entschieden. Das Gegenmehr wurde in keinem Fall aufgerufen. Es ist daher nicht eruierbar, ob die nicht Ja Stimmenden als sich Enthaltende oder Ablehnende zu zählen sind.

Politische Gemeinde - Friedhofabrechnung und eine totalrevidierte Gemeindeordnung

Die politische Gemeinde hatte neben dem Budget (über das in späteren Artikel noch zu berichten sein wird) noch vier weitere Traktanden zu behandeln:
#2 Rechnungsabnahme Friedhoferweiterung
#3 Rechnungsabnahme Leitungskataster GIS
#4 Revision der Gemeindeordnung, d.h. der kommunalen Verfassung
und schliesslich noch der übliche Umfrage nach Art. 51 des Gemeindegesetzes.

Friedhoferweiterung

In der Gemeindeversammlung vom 13. Juni 2003 wurde der Kredit für das Projekt Fuori le mure bewilligt. Die Bauarbeiten konnten ein Jahr später, im Sommer 2004 abgeschlossen und der neue Friedhofsteil am 22. August 2004 offiziell eingeweiht werden. Der Gemeindepräsident dankte der Weiacher Kies AG für ihr Engagement in der Höhe von 25'000 Franken, womit ein Beton-Brunnen aus Weiacher Kies finanziert wurde.

Gleichzeitig mit dem neuen Teil wurde auch die alte Umfassungsmauer gegen die Fasnachtflue saniert. Die Reinigung der in diese Mauer eingelassenen alten Grabplatten aus Sandstein kostete 2995 Franken 85 Rappen. Zu Fragen eines Stimmbürgers gab der Posten von 400 Franken für einen Rutengänger Anlass. Antwort des Gemeindepräsidenten: Da exakte Pläne fehlten hätten sie keine Ahnung gehabt, wo eine Wasserleitung durchführte. Der Rutengänger habe diese auf Anhieb exakt lokalisiert, wodurch eine teure Sondage mittels Grabenziehen unnötig geworden sei.

Weiter brachte WeiachBlog den Pfusch durch die Gartenbaufirma Matter zur Sprache. Auch hier stand der Gemeindepräsident Red' und Antwort: der Baum sei gut gewachsen, war aber zu stark an den Pfahl gebunden, wucherte deshalb um den Strick und wurde bei einem Sturm an dieser Schwachstelle richtiggehend geköpft. Die Gartenbaufirma habe zuwenig häufig kontrolliert, sei daher im Fehler und müsse Realersatz leisten. Dieser Vorfall sei ausserdem der Auslöser für die genaue Prüfung der Umgebungsarbeiten gewesen. Offensichtlich hat sich die Gemeinde durch den sehr günstig offerierten Unterhaltsvertrag blenden lassen. Dass die Qualität der Arbeit gelitten hat, ist nämlich an allen Ecken und Ende offensichtlich.

Trotzdem wurde diese Vorlage mit offensichtlichem Mehr angenommen.

Leitungskataster GIS – Kreditabrechnung

Am 7. Dezember 2000 bewilligte die Gemeindeversammlung einen Kredit zur Erfassung des Leitungskatasters in digitaler Form. Die Pläne wurden in digitale Form überführt und werden seither in diesem System nachgeführt.

Die Grundlage bildeten die bisher von der Firma Landolt nachgeführten Vermessungsdaten. Erfasst wurden: alle Wasserleitungen durch Fa. Gujer, Rümlang. Desgleichen sämtliche Kanalisationsleitungen. Dabei kam aus, dass viele Hausanschlüsse nicht dokumentiert waren, denn die Bauherren hatten es oft unterlassen, nach Fertigstellung die revidierten Pläne bei der Gemeinde einzureichen. Man kann auch sagen: die Gemeinde hatte diese nicht eingefordert.

Auch alle Leitungen des Fernwärmeverbunds wurden aufgenommen, wobei man bereits über gute digitale Pläne verfügte. Parallel dazu hat die Elektrizitätsgenossenschaft Weiach (EGW) das Elektrische aufgenommen.

Leider gibt es bei diesem erfreulichen Bild zwei Querschläger, die auch sonst nicht gerade durch übermässige Investitionen auf Gemeindegebiet auffallen: Leitungen für Kabelfernsehen und Telefon wurden nicht ins neue GIS eingespiesen. Die Cablecom wollte dafür kein Geld ausgeben und die Swisscom hat ihr eigenes System und gab die Daten nicht heraus.

In der Abrechnung über 126'385 Franken für diese GIS-Erfassung stellte der Gemeindepräsident erneut Annahme mit offensichtlichem Mehr fest.

Über die weiteren Geschäfte wird im Artikel Totalrevision der Gemeindeordnung informiert.

Mittwoch, 14. Dezember 2005

Ueber den Leuenchopf

Die Region Zürcher Unterland will sich als Feriendestination vermarkten. Das scheint zumindest die Zielsetzung von Züri Unterland Tourismus zu sein. Das Tourismus-Marketing zeigt sich schon einmal mit einer neuen Website und macht Werbung über Google-AdWords.

Die Aktivitäten machen allerdings noch nicht den Eindruck, wirklich koordiniert und schlagkräftig geplant zu sein. Auch die Aktualität der auf dem WWW verfügbaren Informationen ist nicht über alle Zweifel erhaben. Das sieht man auf der Wandervorschläge-Seite des Verkehrsvereins Eglisau:

Wanderung Nr. 5 mit Ausgangsort Zweidlen Station sieht folgende Route vor: Zweidlen Station - Zweidlen Dorf - Flue - Leuenchopf - Weiach - Weiach-Kaiserstuhl Station
Als Wanderzeit wird ca. 1 Std. 35 Min. voranschlagt.

Alles schön und gut. Die Strecke über den Höhenweg und die Aussicht vom Leuenchopf über das untere Bohnenviertel und das östliche Studenland sind die investierte Zeit wert.

Dem Gast wird aber eine um 10 Jahre veraltete Information aufgetischt. Wenn er Weiach-Kaiserstuhl Station liest, dann glaubt er doch zu Recht, dass da auch noch Züge halten.

Wenn schon müsste der Wandervorschlag auf die heutige Zeit angepasst und die Zeitschätzung entsprechend erhöht werden. Also Kaiserstuhl Station als Endpunkt und 1 Std. 45 Min. als Zeitangabe.

Fazit: Die Pflege von Webangeboten ist keine einfache Sache und frisst Zeit. Zeit, die man zum Durchsehen der Informationen und für Recherchen aufwenden muss. Gerade dieser Lapsus zeigt das in aller Deutlichkeit.

Quelle: Verkehrsverein Eglisau - Wandervorschläge auf www.eglisau.ch

Dienstag, 13. Dezember 2005

New Orleans 1836

Der besonderen Vorliebe der US-Amerikaner für die Familienkunde (auch Genealogie genannt), verdankt die Welt eine ganze Reihe von Datenbanken - öffentliche und weniger öffentliche, seriöse und weniger vertrauenswürdige.

Zu welchen migrations.org zählt, müsste man genauer abklären. Immerhin, der eine Datensatz, der unter dem Stichwort "Weiach" abrufbar ist, tönt schon einmal interessant:

Name: Rudolphe BAUMGARTNER
Lifespan: 1827-1900
Where Born: Weiach, Zurich, Switzerland
Migration Steps to: New Orleans, Orleans Parish, LA in 1836
Researcher:
Jan B. Strickland

Rudolf wanderte also bereits als Kind, mit 9 Jahren, mit seinen Eltern in die noch jungen USA aus. New Orleans, wo er um 1836 aktenkundig wurde, ist heute die grösste Stadt des Bundesstaates Louisiana, der erst am 30. April 1812 zum 18. Bundesstaat der USA wurde.

Weitere Informationen liegen leider nicht vor. Aber das ist bei solchen Datenbanken die Regel und der Alltag des Genealogen - das Zusammentragen von kleinsten Mosaikteilchen.

Montag, 12. Dezember 2005

Samariterverein gegen Verkauf von Schulhaus Raat

Das Schulhaus in Raat, dem Nachbarort von Weiach, soll verkauft werden, meldet der «Zürcher Unterländer» heute Montag. Die Primarschulpflege Stadel wolle das von ihr nicht mehr genutzte Gebäude zu Geld machen. Dagegen opponiert nun unter anderen der Samariterverein Stadel-Weiach:

"Mit einem Flugblatt rufen die Wassergenossenschaft und der Schiessverein Raat, die Zivilgemeinde Windlach und der Samariterverein Stadel-Weiach dazu auf, an der morgigen GV [Gemeindeversammlung] gegen die Verkaufsbewilligung zu stimmen. Der Schulraum wird diesen Organisationen als Versammlungs- und Materialraum gratis zur Verfügung gestellt. «In Raat ist das Schulhaus ein wichtiges Vereinslokal», erklärt Herbert Willi von der Zivilgemeinde. Zudem benötige die Schule offenbar das aus einem Verkauf resultierende Geld gar nicht, wenn sie an derselben Versammlug die Gewährung eines Darlehens von 500 000 Franken an die Zivilgemeinde Stadel beantrage. "

Hansruedi Maag, Präsident des Samaritervereins Stadel-Weiach, teilte auf telefonische Anfrage von WeiachBlog mit, er habe vom Verkaufsvorhaben aus den Unterlagen für die morgige Gemeindeversammlung erfahren müssen. Seitens der Primarschulpflege habe man nicht mit ihnen geredet. Und sie hätten immerhin ihr ganzes Material im Schulhaus Raat eingelagert. Damit steht er nicht allein:

"Auch Walter Meierhofer, Präsident der Wassergenossenschaft, sieht nicht ein, weshalb die Verkaufsbewilligung jetzt eingeholt wird. Langfristig sei es klar, dass es für die Primarschule kaum mehr Sinn mache, eine solche Liegenschaft zu behalten. «Aber man hätte doch den Dialog mit uns Benützern suchen müssen. Das habe ich vermisst.»"

Das sieht WeiachBlog genauso. Es ist innerhalb einer Gemeinde immer noch ein Gebot der gegenseitigen Achtung, vor der öffentlichen Auflage solcher Geschäfte das Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen. Sonst muss man sich nicht wundern, wenn nicht nur die alteingesessenen Windlacher finden, sie gehörten eigentlich nicht zu Stadel.

Quellen:

Sonntag, 11. Dezember 2005

Fahrplanwechsel. Kaum Änderungen.

Nach dem gestrigen Beitrag kann ich mich heute für einmal richtig kurz fassen.

Die Abschaffung der Raucherabteile in SBB-Zügen betrifft uns schon nicht mehr. Die THURBO-Züge der S41 sind seit ihrer Einführung vor einigen Monaten rauchfrei, die Postautos schon viel länger.

Beim eigentlichen Fahrplan gibt es nur minime Änderungen für early birds bzw. für Nachtschwärmer:

Von Weiach, Gemeindehaus Richtung Bülach zwei kleine Änderungen:
- Erster Kurs am Sonntag eine Minute früher: 06:06 statt 06:07 Uhr
- Letzter Kurs Mo-So drei Minuten früher: 21:52 statt 21:55 Uhr

Von Bülach Richtung Weiach: Keine Änderung der Abfahrtszeiten.

Auch die Züge der S41 fahren ab Kaiserstuhl AG wie in der Fahrplanperiode 2004/05: Richtung Koblenz 19 Minuten, Richtung Bülach 37 Minuten nach der vollen Stunde.

Nachtrag: Im gestrigen Artikel fehlte noch ein öV-Netzplan der Nordwestecke des Kantons. Wer wissen möchte, wo die Haltestellen "Alter Bahnhof", "Gemeindehaus" und "Steinbruch" netztopologisch liegen, findet ihn hier.

Samstag, 10. Dezember 2005

ZVV-Linie 515 - die öV-Nabelschnur

öV ist ein Schweizer Kürzel für den öffentlichen Verkehr, das Netz aus Eisen- und Trambahnen, Buslinien, Schiffskursen und Seilbahnsträngen, oder anders gesagt: die Personenförderbänder unseres Landes.

Dieses Netz ist mittlerweile bemerkenswert dicht gewebt. Auch die Gemeinde Weiach ist über die ZVV-Linie 515 mit gleich drei Haltestellen daran angeschlossen: „Steinbruch“, „Gemeindehaus“ und „Alter Bahnhof“.

Buslinie nach Weiach seit 1973

Dabei ist diese Verzweigung des Netzes noch relativ jung. Die Bahnlinie Winterthur-Koblenz mit Halt in Weiach-Kaiserstuhl wurde im Jahre 1876 eröffnet.

Der Postautokurs Bü­lach–Hochfelden–Neerach–Stadel dagegen nahm erst am 1. Dezember 1969 den fahrplanmässigen Betrieb auf. Bereits ein Jahr später verlängerte man diese Linie nach Windlach. Ab dem Fahrplanwechsel 1973 schliesslich fuhren die Postautos bis zur Station Weiach-Kaiser­stuhl.

Betreiber der Buslinie ist der Autobetrieb Stadel-Neerach, der sein Busdepot in der Nähe des Oberstufenschulzentrums bei Schüpfheim (Gemeinde Stadel bei Niederglatt) hat. Auftraggeber ist die PostAuto Region Zürich an der Regensbergstrasse in Oerlikon.

Starke Ausweitung des Angebots seit 1990

Mit dem Start des Zür­cher Verkehrverbunds (ZVV) im Jahre 1990 erhielt dieser Postautokurs neu die Bezeichnung „Linie 515“. Seither ist eine starke Ausdehnung des Angebots an Ver­bin­dungen nach Bülach zu verzeichnen. Die Zeiten als der letzte Zug nach Weiach kurz nach 21 Uhr in Zürich Hauptbahnhof abfuhr, sind vorbei. Mittlerweile kann man bis 23 Uhr in der Stadt bleiben, 23:37 Uhr im Tiefbahnhof Museumsstrasse die S5 besteigen, bis Bülach sitzenbleiben und um 4 Minuten nach Mitternacht bringt einen das Postauto von dort bis Kaiserstuhl, auf Wunsch sogar nach Fisibach.

Zwischen 1990 und 2000 verwandelte sich Weiach in einen zum 6. Gürtel der Agglomeration Zürich gehörenden Ort, wenn man die Kriterien des Bundesamts für Statistik als Massstab nimmt. Das öV-Angebot dürfte diese Entwicklung zumindest nicht behindert haben – ursächlich war es wohl nicht. Das Vorhandensein von Bauland und ein günstiger Steuerfuss dürften entscheidendere Rollen gespielt haben.

Seit im Jahre 1995 der Bahnhof Weiach–Kaiserstuhl für den Personenverkehr geschlossen und eine Haltestelle beim Städtchen Kaiserstuhl eröffnet wurde, wickelt sich der öffentliche Verkehr von und nach Weiach überwiegend mit dem Postauto ab. Denn die neue Haltestelle Kaiserstuhl AG ist noch weiter vom Dorf entfernt als der auf den 11. Dezember definitiv stillgelegte alte Bahnhof. 20 Minuten Fussweg sind halt den meisten zu viel.

Wer die Zeche bezahlt

Die Gemeinde bezahlt für diese Nabelschnur an den öffentlichen Verkehr eine ganze Stange Geld. Derzeit werden jährlich 44'467 Franken an "Betriebsbeiträgen" und zusätzliche 44'000 Franken an kommunalen Steuergeldern für die Verlängerung einiger Kurse am Abend fällig, die der ZVV von sich aus nicht anbieten würde. (Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, November 2005)

Es bezahlen aber noch andere für den dichten Fahrplan. Und zwar die Chauffeure. Die Fahrpläne wurden in den letzten Jahren derart überoptimiert und "die Zitrone bis zum Letzten ausgepresst", dass sie heute praktisch keine Verschnaufpausen mehr haben. Ein Wunder, dass der Fahrdienst dennoch derart professionell und mit Ausnahme von ein paar Kratzern seit Jahren unfallfrei funktioniert.

Quellen
  • 50 Jahre Postauto-Betrieb Bülach–Kloten und Bülach–Höri. In: Neues Bülacher Tag­blatt, 4. Oktober 2000.
  • Zrinski, S.: «Eine Minute ist eine Ewigkeit». STADEL / Den Bus-Chauffeuren weht ein rauer Wind entgegen. In: Zürcher Unterländer, 30. Dezember 2004.
  • Brandenberger, U.: Weiach. Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes. Vierte, überarbeitete Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach». Online-Ausgabe, Dezember 2009 - S. 51.

Donnerstag, 8. Dezember 2005

Auf Franz Hohlers Fluchtroute

52 Wanderungen hat der Schriftsteller Franz Hohler in dem Jahr unternommen, das seinem 60. Geburtstag folgte. Und wie bei einem Wortkünstler kaum anders möglich, ist daraus ein Buch geworden. Der Klappentext bezeichnet diese Wanderungen als "wöchentliche Fluchten aus dem Alltag".

Ausgehend von seinem Wohnort Oerlikon (das von den Lektoren in München regelmässig zur Schreibweise „Örlikon“ vergewaltigt wurde) nahm der Autor am 25. Oktober 2003 den Weg zur Landesgrenze unter die Füsse. Anlass war der "Wahlsieg unserer Rechtspartei" am Sonntag davor, welcher ihn zur Frage veranlasste: "Wie lange würde ich zu Fuß bis zur nächsten Grenze brauchen, wenn ich mein Land verlassen müßte?"

Hat Hohler in seinem Manuskript wirklich "ß" und "Örlikon" geschrieben? Wenn nein, dann muss die Frage erlaubt sein (auch auf die Gefahr hin, dass die Hohler-Fans mir das übelnehmen): Warum akzeptiert ein Schweizer Autor, dass ein deutscher Verlag ihm "ß" und "Örlikon" in seinen Text hineinkorrigiert? Immerhin sind diese Schreibweisen nach Duden nicht falsch, sondern als Schweizer Varietät ausdrücklich zugelassen.

Eilmarsch Oerlikon-Kaiserstuhl

Zurück zu Hohlers Frage. Er beantwortet sie, indem er die Strecke von Oerlikon nach Kaiserstuhl zu Fuss in 4 Stunden 45 Minuten zurücklegt. Und nicht etwa in der Direttissima, sondern über die Waldhöhen hinweg. Eine gute Leistung. Im normalen Marschtempo kaum zu schaffen. Hohler gibt denn auch zu: "Ab dann beginne ich wieder zu rennen, als könne ich keine Stunde länger im Land bleiben." Da war es 11.05 Uhr und Hohler gerade im Wald zwischen Neerach und Stadel. Er marschierte offenbar auf der Höhenroute. Denn weiter schreibt er zu seiner Annäherung an Weiach:

"Als ich zum Wald herauskomme, bin ich im schönsten Wiesengrunde. Ein abgeschiedenes Waldtälchen, allerdings fast senkrecht unter der Anflugschneise des Stadler Bergs, in den vor etwa zehn Jahren eine Alitalia-Maschine donnerte, weil sich die Piloten nicht einig waren, welcher der beiden Höhenmesser klemmte. Der Pilot setzte sich durch, recht hatte der Co-Pilot."

Dieser Schilderung kann man entnehmen, dass Hohler das Gemeindegebiet von Weiach offenbar über den Berg erreichte und dann das Maastälchen hinunter wanderte, wo einst die Weiacher Badi stand. Der von ihm erwähnte Flugzeugabsturz ereignete sich am 14. November 1990. Und auch in diesem kurzen Abschnitt fällt wieder die deutsche Schreibweise auf: „Stadler Berg“ statt wie bei uns üblich „Stadlerberg“.

Der Sägeweiher erhält literarische Weihen

Dann gelangt Hohler kurz nach Mittag zum Weiher der alten Sägerei der Familie Schär (Liegenschaft Zur Säge; das Wohnhaus von 1865 und das Sägegebäude mit Waschhausanbau von 1895):

"12.10 h - Vor dem äußersten Haus von Weiach ist ein Enten- und Gänseweiher. Die Gänse schnattern, als ob sie das Capitol von Rom retten müßten, und kommen sofort über den Teich auf mich zugeschwommen. Ich verfüttere ihnen das Brot, das mir bei der ersten Rast zu Boden gefallen ist."

Dieses Geschnatter ist tatsächlich typisch für den Sägeweiher. Und Hohler tut hier etwas, was viele der Vorbeikommenden mit einem Spaziergang ins Maastälchen verbinden: Gänse und Enten mit Brotresten füttern.

Danach wandert er wohl relativ gemütlich der Bachserstrasse entlang und durch die Chälen bis zur Post. Der Dorfkern von Weiach ist ihm offenbar überhaupt nicht aufgefallen und hat auch keine Assoziationen geweckt. Bei der Sternenkrezung überquerte er dann die Hauptstrasse und gelangte wohl dem Dorfbach entlang bis zum Rhein. Diese Route ist zwar nicht die einzige, aber doch die naheliegendste um ans Rheinufer zu gelangen.

"12.25 h - Ich stehe am Rhein und sehe bereits die Brücke von Kaiserstuhl. Flußabwärts komme ich an Bunkern vorbei, die aus der Zeit stammen, in welcher unser Ufer das Fluchtziel war. Sie stehen wie uralte Schloßruinen da, von Efeu überwachsen, von Bäumen umstellt."

Diese Passage bestätigt die oben geäusserte Vermutung. Da von mehreren Bunkern die Rede ist, muss Hohler dem Dorfbach entlang gewandert und bei dessen Mündung ans Rheinufer gelangt sein, denn dort befindet sich ein Bunker, ein zweiter flussabwärts beim Rheinhof. Danach sieht man bis Kaiserstuhl keine Bunker mehr.

Und schon hat der die Flucht Probende das Gemeindegebiet von Weiach wieder hinter sich gelassen:

"12.45h - Ich überschreite die Brücke von Kaiserstuhl, halte für einen uninteressierten deutschen Zollbeamten auf der anderen Straßenseite meine Identitätskarte in die Höhe und verlasse die Schweiz."

Genau besehen hat Hohler die Schweiz bereits verlassen, als er die Kopie der Nepomukstatue in der Mitte der Brücke passierte. Denn das gemeinsame Zollhaus liegt auf dem Nord-Ufer. Dort aber hat Deutschland längst begonnen.

Quellen
  • Hohler, F.: 52 Wanderungen, Luchterhand, 2. Auflage, München 2005 – S. 154-155.
  • Brunner, K.: Poetisch und ehrgeizig. Bülach: Lesung mit Franz Hohler im Guss 81-80. In: Zürcher Unterländer, 1. Oktober 2005.
  • Schaer, F.: Auf der Flucht vor der grössten Schweizer Partei. Franz Hohler war mit seinen «52 Wanderungen» zu Gast im Guss 81-80. In: Neues Bülacher Tagblatt, 1. Oktober 2005.
  • Zrinski, S.: Die Hoffnung nicht ganz aufgegeben. Weiach / Die Sägerei der Familie Schär wird nicht unter Denkmalschutz gestellt. In: Zürcher Unterländer, 11. Mai 2002 – S. 7.

Dienstag, 6. Dezember 2005

Notariat Niederglatt – letztes Relikt des Neuamts

Die Strukturen des Ancien Régime findet man in der heutigen Verwaltungslandschaft eigentlich nicht mehr. Das ist Geschichte – aufbewahrt in den Archiven. Und doch gibt es in unserem Alltag letzte Relikte.

Ein Blick auf die Karte der Zuständigkeitsgebiete der Zürcher Notariate verrät, dass in diesem alten Bereich staatlicher Tätigkeit das Territorium des Neuamt in seinem Kernbestand weiterlebt.

Die Gemeinde Weiach wird zwar seit 1814 von Regensberg und ab 1871 von Dielsdorf aus verwaltet.

Eines der wichtigsten Elemente der Raumordnung aber, das Grundbuch, liegt seit den Zeiten der Regeneration in Niederglatt, dem alten Zentrum des Neuamts.

Das Notariat in Niederglatt ist heute für die Gemeinden Neerach, Niederglatt, Niederhasli, Oberglatt, Rümlang, Stadel und Weiach zuständig.

Die frühere Obervogtei Neuamt wird beschrieben als schmaler Landstreifen, der «sich links [d.h. westlich] der Glatt in einer Breite von drei bis zehn Kilometern von Oberglatt bis zur Mündung des Flusses in den Rhein erstreckte» (Weibel 1995 - S. 13). Das stimmt grosso modo auch. Mit zwei Ausnahmen ganz im Norden bei der Glattmündung: die westlich der Glatt gelegenen Orte Rheinsfelden und Zweidlen gehörten im Gegensatz zum Weiler Schachen (heute alle Teil der Gemeinde Glattfelden) nicht zum Neuamt.

Über das Gebiet des heutigen Notariatskreises hinaus umfasste die Obervogtei zusätzlich Höri (Gemeindeteile westlich der Glatt) sowie Hochfelden, die heute wie der Schachen im Westteil des heutigen Bezirks Bülach liegen. Im Südwesten der Obervogtei lagen Adlikon (Gemeinde Regensdorf), im Nordwesten die Höfe «im Thal» (Gemeinde Bachs) .

Dagegen gehörten die Gebiete östlich der Glatt nicht zum Bereich der Obervogtei, obwohl sie schon seit Jahrhunderten feste Bestandteile von Gemeinwesen waren, die heute innerhalb der Grenzen der Gemeinden Höri, Niederglatt und Oberglatt liegen. Ebenfalls ausserhalb des Neuamts gelegen: die Gemeinde Rümlang, welche bis 1798 eine eigene Obervogtei bildete, heute aber zum Notariatskreis Niederglatt gehört.

So lebt jahrhundertealte Geschichte in diesem langgestreckten Notariatskreis versteckt weiter - und fast niemand bemerkt es. Ausser Ihnen und ein paar Historikern.

Quellen
- Weibel, Th.: Historische Kurzbeschreibungen der Siedlungen im Neuamt. Zürich, 1995.

Montag, 5. Dezember 2005

Kirchliches Zerwürfnis an der Kantonsgrenze

Die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Weiach und die Kirchgenossenschaft Kaiserstuhl-Fisibach sind nach über 60-jähriger enger Zusammenarbeit zwar noch nicht formell geschiedene, zumindest aber getrennte Leute.

Dank einer 1942 abgeschlossenen Vereinbarung haben «die Protestanten in der benachbarten Diaspora» (ca. 260 Personen) offenen Zugang zu allen Gottesdiensten und anderen kirchlichen Veranstaltungen in Weiach (Zollinger: Chronik 1952 – S. 7). Noch 2004 wurde intensiv an einer Fusion zu einer einheitlichen, die Kantonsgrenze überschreitenden Kirchgemeinde Weiach-Kaiserstuhl-Fisibach gearbeitet.

Tempi passati. Der 1996 letztmals erneuerte Pastorationsvertrag wurde durch die Kirchgenossenschaft per 31. Dezember 2005 aufgekündigt. In einer Replik auf einen Brief der Kirchenpflege Weiach machte der Vorstand der Kirchgenossenschaft klar, dass seiner Ansicht nach getrennte Wege für beide Seiten die beste Lösung darstellten. Er kündigte gleichzeitig auch an, einen eigenen Seelsorger wählen zu wollen.

Dass es ihm mit der Scheidung wirklich ernst zu sein scheint, macht eine am Samstag in der Aargauer Zeitung erschienene Meldung deutlich:

"Pfarrerin Therese Wagner aus Biberstein" werde ab 1. Januar 2006 für ein halbes Jahr "als Verweserin mit einem Teilzeitpensum von 40 Prozent für die evangelisch-reformierte Kirchgenossenschaft Kaiserstuhl-Fisibach tätig sein. Die Kirchenpflege bezeichnet diese Übergangslösung als Basis für einen Entscheid über die Zukunft der [...] Kirchgenossenschaft," schreibt die AZ.

Die in der oben erwähnten Replik vorgebrachten Gravamina wiegen offenbar derart schwer, dass nur noch die Trennung bleibt. Das ist sehr bedauerlich. Denn ein Staatsvertrag zwischen den Kantonen Zürich und Aargau, der die Fusion ermöglicht und damit den Ausserkantonalen das von ihnen gewünschte Stimmrecht bringt, wäre im Bereich des Möglichen. Aber eine solche Lösung braucht Zeit.

Die Kirchgenossenschaft Kaiserstuhl-Fisibach ist eine der wenigen noch verbleibenden so genannten Diaspora-Gemeinden im Kanton Aargau. Sie könnte beispielsweise beschliessen, sich der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Zurzach anzuschliessen, welche die Protestanten im restlichen Studenland betreut.

Quelle
- Verweserin mit Teilzeitpensum gewählt. In: Aargauer Zeitung, 3. Dezember 2005.

Sonntag, 4. Dezember 2005

Assekuranz-Nummer 696 im Tiefschlaf

Es verstaubt ungenutzt vor sich hin, das WC-Häuschen im Chic der 50er-Jahre beim Alten Bahnhof.

Hinter der Scheibe der Männer-Türe hängt ein vergilbtes Blatt Papier mit ausgebleichter, kaum mehr lesbarer Schrift. Eine neue WC-Anlage sei bei der Haltestelle Kaiserstuhl in Betrieb genommen worden, verrät es.

Ja, so neu ist das nun auch wieder nicht. Der Zettel muss etwa 10 Jahre alt sein, denn damals hoben die SBB den Bahnhof Weiach-Kaiserstuhl auf.

Passagirabtritt von 1876 bis 1995

Im Jahre 1955 vergab die Gebäudeversicherung des Kantons Zürich (GVZ) für sämtliche bei ihr assekurierten Objekte neue Nummern. Sie waren nicht mehr fortlaufend wie bisher, sondern gruppiert nach Baugebieten innerhalb der Gemeinde - mit Lücken dort, wo Neubauten zu erwarten waren. Die Nummer 696 ging an einen unscheinbaren, 1950 neu erstellten Mehrzweckbau beim Bahnhof Weiach-Kaiserstuhl.

Der Bau bestand aus einem Magazin für die PTT (samt Einstellraum für den Posthandwagen), einem Drahtverschlag in dem man sein Velo einschliessen konnte sowie (als separatem Teil) einer WC-Anlage.

An dieser Stelle war schon seit 1876 (dem Eröffnungsjahr der Linie Winterthur-Koblenz) ein «Passagirabtritt Classe V» in Betrieb. Der Eintrag zum damaligen Gebäude Nr. 147 lautet denn auch: «Bahnstation. Abtrittgebäude, Schweizerische Nordostbahngesellschaft.» Ab 1895 (und bis 1955) trug das Häuschen dann die von der GVZ vergebene Nr. 191 - seit 1902 von den SBB verwaltet (alle Angaben gemäss den Lagerbüchern der Gebäudeversicherung).

Ob der bis 1950 bestehende Abtritt wie das Stationsgebäude in Holzbauweise erstellt war, ist derzeit nicht bekannt. Dazu müsste man die Pläne für die Norm-WC-Häuschen «Classe V» aus der NOB-Zeit konsultieren, sofern sie in den Beständen des SBB-Archivs noch greifbar sind.

Quellen
- Lagerbücher der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich im Staatsarchiv (StAZH RR I 397a & b)
- Brandenberger, U.: New Public Eisenbahn Management. Die Station Weiach–Kaiserstuhl wird 125 Jahre alt. Weiacher Geschichte(n) 21. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, August 2001 – S. 9-10.

Samstag, 3. Dezember 2005

Die Habsburger sind schuld

Ja, sind sie. Zum Beispiel daran, dass es die Schweiz gibt.

Ohne die Versuche habsburgischer Monarchen, den Urkantonen die Selbstbestimmung wegzunehmen, hätten diese sich Ende des 13. Jahrhunderts nicht in einem Bündnis zusammengeschlossen. Dabei wollten sie den Rahmen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nicht verlassen. Noch nicht.

Ohne den Verrat eines Habsburgers auf dem Kaiserthron, der die Schweizer im 15. Jahrhundert allein gegen den Burgunderfürsten Karl den Kühnen antreten liess und ohne die Starrköpfigkeit des späteren Kaisers Maximilian, der gegen die Eidgenossen 1499 einen Krieg vom Zaun brach - ohne diese Habsburger hätten sich die Schweizer nicht vom Reich abgewendet.

Ohne den habsburgisch-österreichischen Minister Fürst Metternich wäre die Schweiz anlässlich des Wiener Kongresses 1815 nicht zur immerwährenden Neutralität verpflichtet worden...

...und ohne die Habsburger gäbe es heute keine kantonalen Feuerversicherungen.

Das Fricktal droht bankrott zu gehen

Wie bitte? Was haben denn Versicherungen mit den Habsburgern zu tun?

Nun, als Napoleon im Jahre 1803 den kurzlebigen helvetischen Kanton Fricktal dem vergrösserten Kanton Aargau zuteilte, kamen die Fricktaler in finanzielle Nöte. Denn bislang hatten sie ihre Häuser bei der vorderrösterreichischen Brandassekuranzkasse versichern können. Und auf ein versichertes Haus konnte man Geld aufnehmen. Wenn es abbrannte, war da ja immer noch die Versicherungs-Police, welche dem Kreditgeber den finanziellen Schaden ersetzte.

Die Zuteilung zum Kanton Aargau veranlasste viele Gläubiger, ihre Gelder zurückzufordern. Denn mit dem Austritt aus dem Reichsverband war auch der Verlust des Schutzes durch die Brandassekuranz verbunden. Kurz: viele Fricktaler wären bankrott gegangen und hätten ihre bis unters Dach belehnten Häuser verloren. Deshalb war der Kanton Aargau quasi gezwungen, 1805 eine staatliche Gebäudeversicherungskasse zu gründen.

Die neue Institution machte Schule. Schon 1808 beschlossen die Zürcher, ebenfalls eine eigene Brandassekuranzkasse ins Leben zu rufen. Jedes Haus auf Kantonsgebiet musste bei dieser obligatorisch versichert werden - mit Ausnahme von einigen mit hohem Risiko behafteten Objekten wie Ziegelhütten. Die Gebäudeversicherung des Kantons Zürich gibt es heute noch - sie ist ein Erfolgsmodell und ein Paradebeispiel dafür, dass ein staatliches Monopol auch wesentlich kosteneffizienter sein kann als der Konkurrenzkampf privater Unternehmen.

Appellieren an die Mildtätigkeit

Vor 200 Jahren, am 16. November 1805, brannte in Weiach ein Strohdachhaus ab. 12 Menschen, eine Grossfamilie mit fünf Kindern und ein altes Ehepaar, das mit einem Sohn samt dessen Ehefrau zusammenlebte, wurden innert Minuten obdachlos und verloren alles was sie hatten. Eine schreckliche Tragödie, denn damals gab es (wie oben erläutert) noch keine staatliche Gebäudeversicherung, die den finanziellen Schaden übernommen hätte. Mobiliarversicherungsdeckungen, wie sie heute im Kanton Bern (nicht aber im Kanton Zürich) obligatorisch sind, konnten sich die Leute damals ohnehin nicht leisten.

Feste Entschädigungsansprüche gab es also nicht. Und so waren "Brandbeschädigte" auf die Mildtätigkeit ihrer Mitbürger angewiesen. Ein von der Obrigkeit ausgestellter Bettelbrief erlaubte das Almosensammeln offiziell. Weil dieser Brandbettel oft zu Missbräuchen führte wurden auch so genannte Brandsteuern erhoben, die meist als Kollekte in den Kirchen eingesammelt wurden. So war man sicherer, dass das Geld auch wirklich den Bedürftigen zukam.

Verlustverzeichnis

Der Artikel Nr. 73 der Weiacher Geschichte(n), erschienen in der Dezember-Nummer der Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, gibt Einblick in das Verlustverzeichnis (siehe Bild oben rechts), das der Gemeinderat Weiach im November 1805 mit der Bitte um Unterstützung der Brandbeschädigten an die "hochwohllöbliche" Regierung sandte:

Strohdachhaus abgebrannt – 12 Obdachlose in 5 Minuten. Einblick in ein amtliches Schadenverzeichnis vom 18. November 1805. Weiacher Geschichte(n) 73. In: MGW, 12/2005 – S. 12-19.

Hinweis: Der auf dem Internet abrufbare Artikel ist eine überarbeitete Version im Umfang von 9 Seiten (die im Druck erschienene Version weist lediglich acht auf). Der überarbeitete Artikel enthält die Beiträge von Dr. Hans-Peter Schifferle, Chefredaktor des Schweizerdeutschen Wörterbuchs (auch "Idiotikon" genannt) . Eine e-mail-Panne auf meiner Seite hat seinen überaus wertvollen Input leider erst nach Redaktionsschluss des MGW bei mir eintreffen lassen. Da mit Hilfe des Idiotikons aber viele der offenen Fragen geklärt werden konnten, habe ich mich zur vollständigen Überarbeitung des Wörterverzeichnisses am Schluss des Artikels entschlossen.

Weiterlesen zum Thema Brandassekuranz

Zwei Artikel von Markus Fischer, Direktor der Gebäudeversicherung des Kantons Graubünden: