Sonntag, 5. Juli 2020

Alt Lehrer Meierhofer der Brandstiftung beschuldigt

Vor drei Tagen hat WeiachBlog über die radikalen Säuberungsmassnahmen der Schulreformer um Ignaz Thomas Scherr berichtet (vgl. WeiachBlog Nr. 1538). Auch der Weiacher Schulmeister genügte deren neuen Anforderungen nicht mehr und wurde in den Ruhestand versetzt.

Wie dieser Schulmeister hiess, wie hoch seine Pension ausfiel und dass er bei seiner Absetzung erst 51 Jahre alt war, das kann man Zeitungen entnehmen, die mehr als zwanzig Jahre später erschienen sind. Alt Lehrer Rudolf Meierhofer geriet nämlich im höheren Alter noch ins Visier der Strafverfolgungsbehörden und musste vor dem Geschworenengericht in Zürich antreten:

«Zürich. Schwurgericht. Gestern [d.h. am 4. März 1856] wurde noch ein Fall von Brandstiftung verhandelt, der gerechtermaßen mit einer Freisprechung endigte. In der letzten Stunde des 7. Januar brach in einer Stube im obern Stockwerk der den Gebrüdern Grieser gehörenden Wohnung in Weiach Feuer aus, das aber bald wieder gelöscht werden konnte. Der Verdacht fiel auf Rudolf Meierhofer, einen 73jährigen Mann, der die Stube ganz allein bewohnte. Er war bis 1834 Schullehrer gewesen, wurde damals aber entlassen und lebte von einer kleinen Pension von 50 alten Fr. für sich. Man wußte nichts Böses über ihn, als daß er etwas gern ins Glas guckte. Das Haus sollte schon längst abgerissen werden und er am 14. Januar die Wohnung verlassen. Darüber scheint er etwas ungehalten gewesen zu sein und im Wirthshause äußerte er sich kurz vor dem Brand, ehe er das Haus verlasse, werde es noch etwas absetzen. Das war Alles, was gegen ihn vorlag. Den Eigentümern des Hauses kam der Brand nicht gerade ungelegen, doch waren sie als sehr gut beleumdet von jedem Verdachte frei. Dagegen ist die Möglichkeit einer zufälligen Entstehung des Feuers nicht ausgeschlossen. Die Geschwornen sprachen nach kurzem Besinnen das Nichtschuldig und der gutmüthige alte Mann zog frei von hinnen.» (Eidgenössische Zeitung, Nummer 65, 5. März 1856, S. 259)

Die 1838 gegründete Eidgenössische Zeitung erschien damals täglich, selbst am Samstag und Sonntag. Die bereits seit 1705 herausgegebene Freitagszeitung war hingegen immer noch ein Wochenblatt. Gerichtsberichterstattung gab es auch in diesem Blatt. Einleitend ist jeweils aufgeführt, wer die Richter waren. In der fraglichen März-Woche 1856 war die Zusammensetzung die folgende:

«Schwurgericht. — Präsident Hr. Oberrichter DändIiker. Richter Herren A. von Orelli und Gerichtspräsident Denzler. Geschworne: Herren Präsident Nägeli von Marthalen, Obmann, Paur von Zürich, Hotz von Hinweil, Hegetschweiler von Ottenbach, Welti auf dem Stock Enge, Kuhn von Dübendorf, Lüssi von Wyla, Suter von Schönenberg, Baumann von Horgen, Scherer von Niederhasle, Kienast von Riesbach, Bindschädler von Zürich.»

Im weiteren Verlauf des Berichts dann die Kurzfassung zum Weiacher Brandfall:

«Dienstag[, 4. März 1856]. Der 73 jährige R. Meierhofer war in Verdacht gerathen, daß er in dem Hause zu Weiach Feuer eingelegt habe, in welchem er eine Stube allein bewohnte; er hatte sich mißmuthig gezeigt, weil er ausziehen mußte, da das Haus niedergerissen werden sollte. Die Eigenthümer des Hauses waren als sehr gut beleumdet von keinem Verdacht getroffen. Aber auch den alten Mann sprachen die Geschwornen nach kurzem Besinnen frei, dem man weiter nichts vorwerfen konnte, als daß er gern ins Glas gucke, und dabei vielleicht im Wirthshaus eine verfängliche Aeußerung gethan hatte.» (Zürcherische Freitagszeitung, Nummer 10, 7. März 1856, S. 3)

Interessant ist, dass ein sehr guter Leumund der Eigentümer (Gebrüder Griesser) bereits völlig ausreichend war, um jeglichen Verdacht (und offenbar auch Ermittlungen und Strafverfahren) von ihnen fernzuhalten. Und das, obwohl ihnen der Brand nicht ungelegen gekommen ist. Dafür hat man sich auf den abgehalfterten Schulmeister eingeschossen.

Quellen und Literatur

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