Dienstag, 15. September 2020

Früheres Weiacher Geläute im Escherschen Glockenbuch

Im grossen Werk «Die Gotteshäuser der Schweiz» von Arnold Nüscheler steht zu den Weiacher Glocken: «Im Thurm der [...] Kirche hingen zwei seither umgegossene Glocken, wovon die eine aus dem Jahre 1682 stammte, und die andere die Inschrift trug: "O . Rex . glorie . Christe . veni . cum . pace"» (Bd. 2, S. 15 - Zürich 1867; vgl. WeiachBlog Nr. 930). Die dazu gehörende Fussnote verweist auf  «Vögeli, G.B.».

Gemeint ist ein sogenanntes Glockenbuch, handschriftliche Aufzeichnungen, die von Privatleuten erstellt wurden. Im obgenannten Fall ist eines der Glockenbücher gemeint, die Kirchenrat Salomon Vögelin (1774-1849) zugeschrieben werden, namentlich die im 19. Jahrhundert entstandenen und weitergeführten Bände Ms. P 6313 und Ms. J 432, die beide in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich aufbewahrt werden.

Glockenliebhaber Junker Conrad Escher

In diesem Artikel soll es um ein Glockenbuch gehen, das bereits im 17. od. 18. Jahrhundert geschrieben worden ist. Die Memorabilia Tigurina von 1742 verweist auf das Werk und seinen Autor mit den Worten: «Aller, oder doch der vornehmsten Glocken in dem Zürich-Gebieth, Ueberschrifften, hat Jckr. Conrad Escher sel. vom Steinernen Erckel gar fleißig, mit grosser Mühe zusammen geschrieben». (Mem.Tig. 1742 - S. 188-189)

So ganz sicher waren sich der Herausgeber Blunschli oder seine Korrespondenten dann doch nicht, wie umfassend das Werk Junker Conrad Eschers ausgefallen sei. Wichtig ist der Hinweis «sel.», denn der gibt uns einen Hinweis darauf, dass das Werk (jedenfalls soweit es von ihm selber zu Papier gebracht wurde und nicht spätere Hände mitgewirkt haben) vor 1742 entstanden sein muss.

Das genannte Werk findet man in der oben schon erwähnten Handschriftenabteilung unter dem Kürzel EL 67.203 (vollständige Signatur: FA Escher v. L. 67.203; alte Signatur der Stadtbibliothek: Ms. J 258). Zu diesem Band wird im Katalog III zu den Handschriften der Zentralbibliothek Zürich (Sp. 191-192) der Autor identifiziert als «Hans Konrad Escher, 1661-1710 [vom Luchs]». Dass er ein Luchs-Escher war, zeigt sich schon an seinem Adelstitel.

Der Autor selber oder einer der späteren Besitzer der Handschrift, Hans Wilpert Zoller, hat den Titel gesetzt: «Inscriptionen welche an denen meisten Gloggen der Statt und Landschafft Zürich auch anderstwo sich befinden samtt derselben Ursprung und vilerhand darbey sich zugetragnen Historien und Denkwürdigkeiten. Zusamen getragen von Hans Conrad Escher zum Steinernen Erggel. Anno 1700 vor und nach.» (gem. Katalog III der Handschriften ZBZ)

Neben den Glockeninschriften sind also noch viele weitere campanologisch (d.h. glockenkundlich) interessante Schriften in diesem Werk versammelt, darunter «Gloken vertreiben Zauberey, Kranckheiten, Unzieffer, Ungewitter und Gspengster (Bl. 153-156)» oder «Glocken erledigen die Belagerte von ihren Feinden (Bl. 167)».

Die Weiacher Glocken ab 1682

Kommen wir nun wieder zu den eingangs erwähnten Weiacher Glocken zurück. In Eschers Werk findet man dazu auf Blatt 50 die detailliertesten Informationen, die zu ihnen verfügbar sind.

Vorderseite von Bl. 50 (50r):

«Zu Wejach sind 2 Glocken mit folgenden Umbschriften
Die erst und grösst am Crantz

Durch hitz und feuwer bin geflossen ich,
Johann Fuesli von Zurich hat gossen mich [in Ms. P 6313: «Füessli» u. «Zürich»]
Anno M • DC • LXXXII»

Darunter
[Darstellung zweier Wappen mit Helmzier: Wappen Escher mit Stern und Noppenglas, Wappen Waser]

Herr Johann Caspar Æscher des Raths und Statthalter.
Herr Johann Heinrich Waser des Raths
beide Obervögt des Neüw Ambts»

Auff der andern Seiten
[Zwei weitere Wappen]

Herr Hans Rudolf Seeholzer Pfarrer zu Weyach
Herr Johann Kramer des Regiments, Landtschriber im Neuambt

Diese Glocke war also wohl von den damals amtierenden Obervögten und dem Landschreiber des Neuamt, sowie dem aktuellen Weiacher Pfarrer in toto gestiftet, oder zumindest massgebend mitfinanziert.

Hergestellt wurde sie in der bekanntesten Zürcher Glockengiesserei der Neuzeit, bei Johannes Füssli in Zürich (dessen Wirkstätte dort lag, wo heute der sog. Glockenhof zu finden ist, d.h. an der Sihlstrasse 35 in Zürich). Auch in einem vor dem Buchblock in das Eschersche Glockenbuch eingebundenen Minibüchlein (S. 29) ist «Johans Füßly» als Giesser genannt, bei dem die Glocke «durch hiz und feur» gegangen sei.

Auf der Rückseite von Bl. 50 (50v) ist die zweite Glocke nur kurz erwähnt:

Die 2. Glok

☩ O • Rex • glorie • Criste • veni • cum • pace

Das Kreuz ist als sogenanntes Kruckenkreuz oder vierfaches Tau-Kreuz dargestellt, da es Querbalken an den vier Enden der Kreuzarme aufweist. Die Inschrift, die so nur auf Glocken zu finden ist, verweist auf ein höheres Alter dieser Glocke (vgl. WeiachBlog Nr. 1581).

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