In dieser Schule sind ganze Generationen von ambitionierten Weiacher Sekundarschülern ein und aus gegangen. Darunter Ruth Schulthess-Bersinger, die dort 1941 einen Vortrag über ihr Heimatdorf Weiach gehalten hat (vgl. die Literaturangaben unten für Weiacher Geschichte(n) Nr. 88 u. 89).
Zollingers Typoskripte als Fundgrube
Auf die Anfrage eines früheren Weiacher Gemeindepräsidenten von gestern Samstag habe ich in meinen gesammelten Notizen nachgeforscht und bin auf interessante Details gestossen. Die nur als Typoskripte in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich erhaltenen Jahreschroniken Walter Zollingers erweisen sich erneut als Fundgrube.
So schreibt er in der Einleitung der Chronik des Jahres 1953, welche die Beziehung zum Nachbarstädtchen zum Thema hat:
«Mit dem Geschehen in Kaiserstuhl ist auch dasjenige unseres Dorfes in verschiedenen Belangen nahe verknüpft: [...] 1906-1953 Besuch der Bezirksschule Kaiserstuhl durch die Weiacher Schüler, [...]» (G-Ch Weiach 1953 – S. 1)
Zu diesem Eintrag gibt es weitere in den Chroniken für die Jahre 1952, 1954 sowie 1956. Die erste von Zollinger verfasste Chronik 1952, in der er Weiach näher vorstellt, gibt die ausführlichste Darstellung (G-Ch Weiach 1952 – S. 10):
«Weiach gehört zum Sekundarschulkreis Stadel. Weil aber der Weg dorthin reichlich weit ist und über die Höhe von Raat führt, bestand seit 1906 ein Staatsvertrag mit dem Aargau, wonach unsere Schüler aus der 5. oder 6. Klasse in die Bezirksschule im viel näher gelegenen Kaiserstuhl übertreten konnten. Die daraus erwachsenden Kosten hatte das Sekundarschulgut Stadel solange zu übernehmen, bis es "die Schüler von Weiach selber dauernd aufzunehmen imstande ist".
Am 5. Oktober dieses Jahres wurde nun das neue Zentralschulhaus Stadel eingeweiht; somit fällt der Vertrag von 1906 automatisch dahin und unsere künftigen Sekundarschulaspiranten werden, ab Frühjahr 1953 also, trotz des ungünstigen Schulweges, den Unterricht in Stadel zu besuchen haben.»
Von diesem Staatsvertrag zwischen den Kantonen Zürich und Aargau habe ich in den Online-Katalogen der jeweiligen Staatsarchive keinen direkten Nachweis finden können. Aber da Zollinger offensichtlich daraus zitiert, dürfte ein Exemplar davon zumindest im Archiv der Oberstufenschulgemeinde Stadel zu finden sein. [Anmerkung vom 1. August 2020: Dem ist leider nicht so, wie von Christian Seegmüller, dem Weiacher Vertreter in der Oberstufenschulpflege, zu erfahren war.]
Die hier thematisierte Länge des Schulweges ist natürlich ein wichtiges Kriterium, damals noch weit eher als heute. Denn zu Beginn war der Besuch der weiterführenden Schule (Sekundarschule) ein Privileg, das sich die Eltern leisten können mussten. Gerade Jugendliche waren als Arbeitskraft im eigenen Betrieb ein unverzichtbare Ressource.
Wer nicht nur eine 7./8. Klasse im eigenen Dorf für richtig hielt und für die Sekundarschulausbildung (v.a. im 19. Jahrhundert) auch noch ein stattliches Schulgeld zahlen musste, der wollte natürlich den zu Fuss zurückzulegenden Schulweg so kurz wie möglich halten.
Das Städtchen Kaiserstuhl ist zu Fuss gut 20 Minuten von Weiach entfernt. Die Wegstrecke ins Ortszentrum von Stadel hingegen beträgt auf der erst ab 1846 bestehenden Strasse ab Ortsmitte Weiach 4.3 Kilometer und damit gut eine Wegstunde.
Zwei Stunden versus eine gute halbe Stunde. Die Rechnung ist einfach: Jeden Schultag mehr als eine Stunde Verzicht auf Hilfsarbeiten durch den Sekundarschüler? Eine Frage des Geldes.
Offenbar doch Wahlfreiheit beim Schulstandort
Zwei Einträge in den Jahreschroniken 1954 und 1956 zeigen, dass nur die neuen Jahrgänge zwingend nach Stadel in die Sekundarschule mussten. Wer bereits in Kaiserstuhl zur Schule ging, der durfte dort auch bleiben:
«Vielleicht darf noch erwähnt werden, dass mit dem im Mai 1954 beginnenden Schuljahr 9 Schüler aus Weiach die Sekundarschule Stadel besuchen, während nur noch deren 3 in der Bezirksschule Kaiserstuhl sitzen. Vor 1953 war’s immer umgekehrt.» (G-Ch Weiach 1954 – S. 11)
«An die Sekundarschule nach Stadel fahren täglich 11, nach Kaiserstuhl in die Bezirksschule noch 1 Schüler.» (G-Ch Weiach 1956 – S. 11)
Interessant ist die Bemerkung, vor 1953 sei es immer umgekehrt gewesen. Die Anzahl Weiacher, die schon vor 1953 nach Stadel in die Sek gingen, war also (wenn der Eindruck nicht trügt) offenbar nie Null. Und da Zollinger schon seit 1919 in Weiach Lehrer der oberen Klassen war, hat seine Aussage gerade in Schulbelangen doch ein gewisses Gewicht.
P.S.: 1836 als Boomjahr der Schulausbildung
Einleitend habe ich festgehalten, dass es die Bezirksschule Kaiserstuhl seit 1836 gab. Im selben Jahr ist auch die Sekundarschule Stadel aus der Taufe gehoben worden (vgl. Hafner 1886). Und ebenfalls 1836 wurde am 24. November das Alte Schulhaus in Weiach feierlich eröffnet (vgl. WeiachBlog Nr. 324).
Quellen und Literatur
Interessant ist die Bemerkung, vor 1953 sei es immer umgekehrt gewesen. Die Anzahl Weiacher, die schon vor 1953 nach Stadel in die Sek gingen, war also (wenn der Eindruck nicht trügt) offenbar nie Null. Und da Zollinger schon seit 1919 in Weiach Lehrer der oberen Klassen war, hat seine Aussage gerade in Schulbelangen doch ein gewisses Gewicht.
P.S.: 1836 als Boomjahr der Schulausbildung
Einleitend habe ich festgehalten, dass es die Bezirksschule Kaiserstuhl seit 1836 gab. Im selben Jahr ist auch die Sekundarschule Stadel aus der Taufe gehoben worden (vgl. Hafner 1886). Und ebenfalls 1836 wurde am 24. November das Alte Schulhaus in Weiach feierlich eröffnet (vgl. WeiachBlog Nr. 324).
Quellen und Literatur
- Zur Gründung der Bezirksschule Kaiserstuhl siehe auch: Allgemeiner Schweizerischer Anzeiger. In: Der Schweizer-Bote, 33. Jg., Nro. 6, 20. Januar 1836 – S. 24.
- Hafner, J.: Die Sekundarschule Stadel in den Jahren 1836-1886. Denkschrift zur Feier ihres fünfzigjährigen Jubiläums. Im Auftrag der Sekundarschulpflege bearb. von Jakob Hafner. Stadel 1886.
- Zollinger, W.: Jahreschroniken Weiach. Originale: Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Fundstellen zur Bezirksschule Kaiserstuhl in: G-Ch Weiach 1952, S. 10. G-Ch Weiach 1953, S. 1, G-Ch Weiach 1954, S. 11 sowie G-Ch Weiach 1956, S. 11.
- Brandenberger, U.: «Weiach – mein Heimatdorf». Ein Vortrag von Ruth Bersinger an der Bezirksschule, November 1941 (Teil 1). Weiacher Geschichte(n) Nr. 88. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, März 2007 – S. 9-13.
- Brandenberger, U.: «Die Trotte im Oberdorf war unser Eigentum». Ein Vortrag von Ruth Bersinger an der Bezirksschule, November 1941 (Teil 2). Weiacher Geschichte(n) Nr. 89. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, April 2007 – S. 9-12. (pdf, 1.6 MB)
- Wenzinger Plüss, F.: Kaiserstuhl. In: Historisches Lexikon der Schweiz. e-HLS, Version vom 26. November 2014.
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