Montag, 29. August 2016

Die Historika-Orientierungstafel - eine Ansammlung von Fehlern

Vor der Ostfassade des VOLG zu Weiach (Stadlerstrasse 4) ist eine grossformatige Informationstafel angebracht. Nach Aussagen mehrerer Gewährsleute vor Ort ist sie schon vor Monaten montiert worden. Entdeckt habe ich sie allerdings erst vor kurzem. So sieht die Tafel aus (Bilddatei ab der von der Historika AG am 8. August zugesandten pdf-Datei erstellt):


Es gibt tausende solcher Tafeln

Aufgebaut sind diese Tafeln, von denen es nach Eigenwerbung der Urheberin in der ganzen Schweiz mittlerweile rund 6000 gibt, allesamt nach demselben Muster: in der Mitte Angaben zur Geschichte der Gemeinde, allenfalls ein Foto, sowie ein Ortsplan, rechts und links flankiert von Werbebannern des lokalen und regionalen Gewerbes. Unten rechts auf der Tafel findet man die Eigenwerbung der Urheberin Historika AG, einer Werbetechnik-Firma mit Domizil in Oberuzwil SG. Und entsprechend werbefinanziert sind diese Tafeln denn auch.

Daran wäre an und für sich nichts zu bemängeln. Wäre! Denn diese Tafel ist für die produzierende Firma wahrlich kein Ruhmesblatt.

Abgekupfertes Bild mit falscher Legende

Schon kurze Zeit nach der Erstmontage haben einige Weiacherinnen und Weiacher moniert, die Legende passe überhaupt nicht zum gezeigten Foto. Und das völlig zu Recht. Urteilen Sie selbst:


Das Bild zeigt den Speicher des Baumgartner-Jucker-Hauses (in dem seit 2008 die Caffè-Bar Lounge Chamäleon eingemietet ist) und wird als «Ortsmuseum Weiach» bezeichnet! Letzteres befindet sich allerdings etliche hundert Meter weiter südöstlich am Müliweg 1. Wo dieser kapitale Bock seinen Ursprung hat, wird klar, wenn man die Quelle kennt.

Die Aufnahme findet man nämlich in der Online-Enzyklopädie Wikipedia, vgl. hier. Das Bild wurde vom Wikipedianer «Roland_zh» am 15. September 2011 aufgenommen und am folgenden Tag mit der Titelbezeichnung «Weiach_-_Heimatmuseum» in die Wikipedia eingestellt, ursprünglich gar mit der komplett kreuzfalschen Bezeichnung «{{Information |Description= ''Gottfried-Keller-Strasse'' in Glattfelden ({{Switzerland}})»!

Ein Plakat führt in die Irre

Wenn man das Original-Bild in Wikimedia Commons analysiert, sieht man auch, wie der Irrtum entstanden ist. Nämlich durch das grosse Plakat, das auf diesem Bild links der Haupteingangs-Türe des Baumgartner-Jucker-Speichers hängt. Die «Wirtshaustafel» des «Chamäleon» rechts der Türe geht daneben ja auch völlig unter.
Im Februar 2013 habe ich den Irrtum von Roland_zh, dies sei das Ortsmuseum («re-cat, no "house", it's a museum»), in den Wikimedia Commons korrigiert: «Das ist NICHT das Ortsmuseum Weiach! Gruss, Weiacher Geschichte(n)». Seither steht in der Dateibeschreibung: «Speicher des Baumgartner-Jucker-Hauses, Büelstrasse 18 in Weiach (Switzerland)».

Trotzdem hält sich der Irrtum hartnäckig. Einerseits weil der Dateiname der gleiche geblieben ist - und weil natürlich das grosse Werbeplakat für die Ortsmuseums-Ausstellung Herbst 2011 auf dem Bild weiterhin an der Fassade prangt.

Klare Lizenz-Verletzung

Die geschilderten Umstände exkulpieren die Historika AG aber nur teilweise. Denn auch wenn ihr die Nutzung für ihre Informationstafel unter der bei diesem Bild angegebenen Lizenz «Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported» erlaubt ist, so hätte die Firma doch zumindest den Autor des Bildes und die Herkunft offenlegen müssen (das findet man auf der Tafel nämlich nicht). Eine der Bedingungen dieser Lizenz ist diese hier:


Die Nennung des Urhebers zu unterlassen kommt meines Erachtens einem Diebstahl gleich, zumal wenn man bedenkt, dass es sich um eine kommerzielle Verwertung handelt. Kurz: das geht gar nicht.

Gemäss Mitteilung von alt Gemeindeschreiber Hans Meier vom 11. August ist diese Aufnahme auf der Historika-Tafel mittlerweile durch eine von der Kirche ersetzt worden - offenbar von Osten her aufgenommen. Da ich diese Aufnahme bislang nicht gesehen habe, kann ich auch nicht sagen, ob diesmal die Urheberrechte gewahrt bleiben. Immerhin entfällt damit der offensichtliche Lizenzverstoss durch die Historika AG für das Wikipedia-Bild «Heimatmuseum» (das den Baumgartner-Jucker-Speicher zeigt).

Ein Fall zum Fremdschämen

Weniger offensichtlich sind die Irrtümer, die sich auf dem Ortsplan versammelt haben. Die sind - gemäss Mitteilung Hans Meier vom 11. August - nach wie vor auf der Historika-Tafel zu finden.

Da gibt es sage und schreibe 14 Fehler!!! So viele hat jedenfalls der Autor des WeiachBlog binnen weniger Minuten gefunden.

Fangen wir einmal mit den Abschreibfehlern an. Die allein sind schon fast Legion:
  • Da gibt es doch tatsächlich einen «Fiedhofweg» auf dem Plan. Richtig wäre «Friedhofweg», so wie im Strassenverzeichnis unter der Karte aufgeführt.
  • Weiter findet man einen «Damaststeig», statt korrekt «Damaststieg» (noch grandioser ist nur die Schreibweise im Strassenverzeichnis, dort heisst der Fussweg «Damasteig»!!)
  • Sowohl auf dem Plan wie im Strassenverzeichnis gibt es zudem die «Büechlihausstrasse (mit Häusern hat das nichts zu tun, dafür mit einem Holzschlag!). Richtig geschrieben hiesse es «Büechlihaustrasse».
  • Bei den Flurnamen sieht es auch nicht besser aus. Da gibt es gemäss Historika den Namen «Turgauer», statt korrekt «Turgäuer» (schon klar, dass Ostschweizer es mit dem Thurgau haben, aber der ist hier nicht gemeint).
  • Weiter der Flurname «Buchhalden» statt korrekt «Buhalden» (auch da: er hat nichts mit Buchen zu tun); die «Buhaldenstrasse» ist dagegen richtig, sowohl im Strassenverzeichnis wie auf der Karte.
  • Ebenfalls verschrieben der Flurname «Lötten», korrekt wäre «Lätten».
  • Dito: «Winzeltal»! Richtig wäre «Winzental». (Auf dem östlich des Dorfes gelegenen Plateau des Stein gibt es eine Flur namens «Winzeln» - die liegt aber ausserhalb des Planausschnitts).
Eine Qualitätskontrolle, die diesen Namen verdient, müsste solche Fehler eigentlich finden. Entweder gibt es die bei der Historika AG nicht - oder sie lag im Tiefschlaf, als es um die Prüfung der Daten zur Tafel für Weiach ging.

Neben den rein orthographischen Fehlern sind auch noch kartographische Unsauberkeiten festzustellen:
  • Die «Riemlistrasse» ist erst in ihrem oberen Verlauf angeschrieben, dort wo sie das bebaute Gebiet längst verlassen hat - für Ortsunkundige ist das völlig unbrauchbar.
  • Der Flurname «Riemli» ist am falschen Ort, N Bunker West statt korrekt NW Neurebenstr.
  • Die Bezeichnung «Vorder Berg» ist so auf dem Plan platziert (bei gleichzeitigem Fehlen des «Hinder Berg»), dass man meint, das Haus Buckley und die Häusergruppe Hinder Berg seien zusammen das (ehemalige) benannte Gebiet Vorder Berg.
  • Weiter kommt der Flurname «Chürzi» gleich doppelt vor, einmal korrekt platziert (Planquadrat B-4) und einmal falsch (Planquadrat A-5, wo eigentlich der Name «Wasen» angezeigt werden müsste).
  • Und schliesslich ist der Flurname «See» dort eingezeichnet, wo heute die Strasse «Im See» liegt (Planquadrat B-2), nicht an den eigentlich korrekten Stellen W (A-2) und NW (B-1) des Neubauquartiers «Im See»!
Auch bei den öffentlichen Einrichtungen hatte die Historika AG alles andere als ein glückliches Händchen:
  • Vom Friedhof ist nur der neue Teil eingezeichnet, der alte Friedhofsteil existiert auf dem Historika-Plan schlicht nicht.
  • Für Belustigung sorgt auch, dass eine «ARA» (Abwasserreinigungsanlage) unter «Öffentliche Gebäude und Anlagen» einen eigenen Eintrag mit der Nr. 1 erhalten hat, obwohl sie seit April 2006 keine ARA mehr ist.
  • Was die Bezeichnung des «Pfarramt evang.-ref.» (Nr. 5, d.h. das Pfarrhaus) soll, nachdem wir seit drei Jahren keinen residenten Pfarrer mehr haben, erschliesst sich auch nicht. Dafür wird dann die Pfarrscheune weggelassen, die heute als Kirchgemeindehaus genutzt wird.
  • Die Krönung ist schliesslich Nr. 9, welche als «Schulhaus» bezeichnet wird. Bei diesem Gebäude handelt es sich aber lediglich um die Mehrzweckhalle der Schulanlage Hofwies.
Auch die Gemeinde trägt ihren Teil zum Desaster bei
    Vom bildumrahmenden Text oberhalb des Plan war noch gar nicht die Rede. Diesen hat die Historika AG von der Gemeindewebsite übernommen. Dafür, dass dieser Text nicht nachgeführt war, kann sie nichts (mittlerweile ist er es - nach Intervention von WeiachBlog). Da sind zwei Fehler zu nennen:
    • Bevölkerungszahl viel zu tief (statt «gut 1000» müsste da «knapp 1450» und eine Angabe «Stand: Juli 2016» stehen)
    • Fläche Gemeindebann zu hoch: «964 ha» ist die veraltete Angabe nach Zollinger, korrekt ist «957 ha».
    Die Gemeinde muss sich allerdings auch selber an der Nase nehmen. Auf Anfrage von WeiachBlog, ob die Gemeindeverwaltung der Historika AG ein Gut-zum-Druck gegeben habe, oder vorgängig wenigstens einen Abzug gesehen hätte, antwortete der amtierende Gemeindeschreiber am 9.8.2016, für eine fremde, kommerzielle Publikation habe die Gemeinde keinen Support geben wollen (die Historika AG hat also um Durchsicht gebeten).

    Das mag rein rechtlich korrekt sein, sachlich aber ist es falsch, weil nun seit Monaten ein Plan vor dem VOLG hängt, der dem Jahre früher an der Haltestelle «Weiach, Gemeindehaus» montierten (und nach wie vor dort platzierten) Plan in vielen Punkten widerspricht. Was sollen Ortsunkundige denn nun für korrekt halten?

    Mehr auswärtige Unternehmen als einheimische

    Ärgerlich ist schlussendlich, dass von den 23 Firmenwerbungsporträts auf der Tafel gerade einmal 7 solche von in Weiach domizilierten Unternehmen sind! Der Rest kommt aus anderen Unterländer Gemeinden, eines gar aus Kloten! Und das unter dem Titel «Weiach». Weit entfernt von beliebigen Internetseiten, welche beispielsweise das Riverside (bei Rheinsfelden, Gde. Glattfelden) als Weiacher Hotel verkaufen wollen, sind wir da nicht mehr.

    Dass bei diesem rein kommerziellen Teil mehr Weiacher Firmen porträtiert werden, kann nicht erwartet werden, so viel ist klar.

    Umso mehr muss man die auf dem Plan auftauchenden, völlig inakzeptablen Abstrusitäten rügen. Wie oben erwähnt: ein Fall zum Fremdschämen. Man kann nur hoffen, dass die Weiacher Tafel ein Ausrutscher ist - und die Historika AG bei den vielen hundert anderen Info-Tafeln sauber gearbeitet hat. Vielleicht haben da ja auch die Gemeindeverwaltungen Nachhilfe geleistet.

    Wie auch immer sich die Angelegenheit darstellt - für WeiachBlog ist es une affaire à suivre.

    1 Kommentar:

    Anonym hat gesagt…

    Ich würde mal vor der eigenen Haustüre wischen, bevor ich auf solche Weise eine dicke Lippe riskiere. Bezüglich Rechtschreibung ist Ihr Blog kein Vorbild.