Samstag, 20. Juni 2020

Projekt «Balance». Die RPK im Papageien-Modus?

Im ersten WeiachBlog-Beitrag Nr. 1524 zum Ersatzbau Schul- und Mehrzweckanlage Hofwies wird im Titel die Frage gestellt, ob das Projekt «Balance» die Gemeinde Weiach aus dem Gleichgewicht bringe.

Für Antworten auf solche Fragen orientieren sich Weiacher Stimmberechtigte beim Durchsehen der Abstimmungsunterlagen vertrauensvoll an den Aussagen der Rechnungsprüfungskommission. Und das (in der Regel) völlig zu Recht. Die Weiacher RPK unter ihrer Präsidentin Karin Klose ist nämlich für ihre Bissigkeit bekannt und teilweise gefürchtet. Mit einer Nein-Empfehlung versehene Vorlagen sind schon so gut wie versenkt. Man erinnere sich an die Abstimmung zur Kirchenfusion vor etwas mehr als drei Jahren (vgl. WeiachBlog Nr. 1338 und 1339).

Ein Ja?

Umso erfreuter waren die Exekutiven von Primarschule und Politischer Gemeinde denn auch über den für sie überaus positiven Bescheid der Rechnungsprüfer.

Die RPK empfehle, «mit einem Ja zuzustimmen», werben die Behörden auf dem Vorsatzblatt des Beleuchtenden Berichts für ihr Projekt.

Über die Frage, ob man auch mit einem Nein zustimmen könnte, zerbrechen wir uns den Kopf an dieser Stelle nicht.

Wichtiger ist die Beurteilung, ob es a) überhaupt stimmt, dass die RPK sozusagen vorbehaltlos für das Projekt ist und b) in welcher Form sie sich dazu äussert.

Unter die Lupe genommen...

Sehen wir uns das einmal genauer an. Der Bericht der RPK vom 29. April 2020 befürwortet das Projekt tatsächlich (vgl. S. 22 im Beleuchtenden Bericht). Da gibt es allerdings ein grosses «Aber»:

«Die Tragbarkeit sehen wir als gegeben, wenn:

1. Die Bereitschaft zu einer hohen Ausgabendisziplin da ist; sowohl bei der Politischen Gemeinde wie auch bei der Primarschulgemeinde.

2. Der Gemeindesteuerfuss rasch möglichst auf mindestens 95% angehoben wird.

3. Ab 2028 weitere Massnahmen zur Finanzierung der laufenden Investitionen getroffen werden.»

Moment mal, denkt sich da der geneigte Leser, der die Unterlage als gewissenhafter Stimmbürger von A bis Z durchliest und blättert zurück auf S. 19.

Und tatsächlich steht dort unter Pt. 4.7.8 Fazit und Empfehlungen folgender Wortlaut aus der Feder von Gemeinderat und Schulpflege:

«Dennoch erachten wir die Tragbarkeit des geplanten Projektes als gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Bereitschaft zu einer hohen Ausgabendisziplin bei Politischer und Primarschulgemeinde

2. Bereitschaft zur Erhöhung des Gemeindesteuerfusses auf mindestens 95%. Je frühzeitiger die Erhöhung erfolgt, desto eher können weitere Erhöhungen zu einem späteren Zeitpunkt vermieden werden.

3. Bewusstsein, dass nach 2030 zur Finanzierung der laufenden Investitionen und Amortisationen weitere Massnahmen erforderlich sind. Entsprechende Möglichkeiten sind aus unserer Sicht vorhanden.»

Man reibt sich die Augen und stellt fest: Das ist schon sehr nahe an einem Papageien-Gutachten, erstellt von jemandem, der alles brav nachplappert, was man ihm vorsetzt.

Oder zumindest nicht wagt, den Finger auf wunde Punkte zu legen. Über den von Gemeinderat und Schulpflege in Punkt 3 verbreiteten Optimismus punkto Möglichkeiten schweigt sich die RPK beispielsweise komplett aus. Wollte sie sich nicht damit befassen? Oder ist das als beredtes Schweigen zu interpretieren, wie in einem Arbeitszeugnis, wo man lieber nichts sagt, weil jede positive Aussage nicht der Wahrheit entsprechen würde?

Wo die RPK hätte nachbohren können? Nur ein Beispiel von etlichen: Die Aussage «Die Zinsfolgekosten bei einer Finanzierung mit CHF 16 Mio. Fremdkapital betragen bei einem angenommenen Zinssatz von 1% für den mittleren Kapitalbedarf ca. CHF 89‘500.00 jährlich.» (Beleuchtender Bericht S. 14) seitens Gemeinderat und Schulpflege lässt einen schon etwas in Grübeln kommen. Einmal abgesehen davon, was mit Zinsfolgekosten gemeint ist und wie man bei 1% auf die 89500 kommt: Was passiert, wenn der Zinssatz auf fünf oder noch mehr Prozent steigt? Das hatten wir in den letzten 30 Jahren auch schon einmal. Eine solche Entwicklung würde die vorgesehenen Amortisationen ziemlich illusorisch machen. Allein schon die Zinszahlungen würden etliche Steuerprozente auffressen.

Vernichtender Befund: RPK befangen?

Inhaltlich bringt die RPK, die doch sonst jede Vorlage ziemlich akribisch auseinandernimmt, fast nichts an eigener Analyse ein. Einzig der kleine Sicherheitsabstand von zwei Jahren (2028 statt 2030) bei Punkt 3 macht einen materiellen Unterschied zum Befund der Antragstellenden aus. Ansonsten? Copy & Paste über weite Strecken!

Dazu kommt noch, dass die Präsidentin der RPK, sonst bei Anfragen durchaus offen für eine Diskussion der Vorlage, erstaunlich wenig zum materiellen Gehalt aussagte, ja zum Zeitpunkt der Anfrage von WeiachBlog (vor der Veröffentlichung des Beleuchtenden Berichts auf der Gemeindewebsite am 9. Juni) nicht einmal wusste, ob die Stellungnahme ihres Gremiums nun Eingang in den Bericht gefunden hatte oder nicht.

Caveat emptor. Stimmvolk mach die Augen auf!

Diese schon fast verdächtig zu nennende Harmonie der Aufpasser mit den Kontrollierten sollte die Stimmberechtigten der Gemeinde Weiach aufhorchen lassen.

Zumal es hier um eine Vorlage geht, welche die finanzielle Kapazität ihres Gemeinwesens auf Jahrzehnte hinaus bis zur Belastungsgrenze und darüber hinaus strapazieren wird.

Dass dies so sein wird, das geben beide Seiten ja unumwunden zu. In Klartext übersetzt könnte man das oben Zitierte nämlich auch so verstehen:

1. Für alle anderen Vorhaben (optionale oder zwingende) ist künftig fast kein oder gar kein Geld mehr da. Sorry Leute!

2. Leider müssen wir die Gesamtsteuerfusskosmetik der letzten fünf Jahre (Senkung des Ansatzes der Politischen Gemeinde von 30 auf 13% um die Erhöhung bei der Primarschulgemeinde von 42 auf 54% abzufedern) subito rückgängig machen.

3. Keine Ahnung, wie sich unsere Steuereinnahmen mit der von Corona ausgelösten, strukturell schon längst unausweichlichen Weltwirtschaftskrise entwickeln werden. Ebenfalls keine Ahnung, ob unsere Sozialhilfekosten nicht massiv durch die Decke gehen werden. Wir wollen jetzt unsere neue Doppelturnhalle, wollen die Vorlage unbedingt durchbringen und machen deshalb einen auf Optimismus in der Hoffnung auf einen immerwährend tiefen Zinssatz für Fremdkapital. Wird schon irgendwie gehen.

Ja. Irgendwie wird es gehen. Wenn auch möglicherweise nicht mehr als selbstständige Gemeinde. Oder zumindest am Gängelband von Banken und des Kantons in Form des Finanzausgleichs. Als bis übers Dach hinaus verschuldetes Gemeinwesen, das keinen Gestaltungsspielraum mehr hat.

Deshalb (wie der Untertitel sagt): Der Käufer sehe sich vor. Und setze die Brille mit den Risikomanagementgläsern auf. Im Sinne der Wahrung des Gleichgewichts.

Quelle

Nachtrag vom 22.6. 10:40 - Sichtweise der RPK-Präsidentin

Karin Klose hat WeiachBlog soeben per E-Mail mitgeteilt: «Betreffend «Papagei» und weiteren Inhalten bin ich ganz anderer Meinung. Gerne nehme ich dazu Stellung. Im Moment fehlt mir aber die nötige Zeit

Selbstverständlich hat die RPK-Präsidentin (und auch jede(r) andere von irgendeinem meiner Beiträge Betroffene) das Recht auf Gegendarstellung. Diese kann in eigenen Worten unter seinem Namen erfolgen und entweder anschliessend an diesen Beitrag, als Kommentar zu diesem Beitrag oder als separater Artikel (mit Link von hier aus) veröffentlicht werden. Oder nach einem klärenden Gespräch als redaktionelle Ergänzung mit oder ohne Zitate. Nehmen Sie mit mir Kontakt auf. Wir finden eine Lösung.

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