Ein Flyer, der heute in die Weiacher Briefkästen gelegt wurde, ist der Aufreger des Tages. Jedenfalls unter den Befürwortern des grossen Gemeindeinfrastrukturprojekts.
«NEIN DANKE! FINANZIELL UNTRAGBAR!» Würden diese Worte so wie hier in Grossbuchstaben gesetzt in einem Social-Media-Kanal veröffentlicht, so würden sie wohl als lautes Schreien verstanden.
In grossen roten Lettern steht diese Kernbotschaft auf dem zweiten Flyer im selben Design und damit mutmasslich aus derselben Ecke der Gegnerschaft der Abstimmungsvorlage «Zukunft 8187».
Die Bildsprache, die von der «Interessengemeinschaft für eine nachhaltige Gemeinde Weiach» diesmal gewählt wurde, ist noch um einiges drastischer als das letzte Symbolbild mit dem zerschlagenen Sparsäuli (vgl. WeiachBlog Nr. 1926):
«Einfach geschmacklos dieses Foto für die kampagne zu verwenden. Schämt euch», schreibt die Autorin, die das obige Bild des Flyers auf der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Weiach, wenn...» gepostet hat.
In den Kommentaren darunter ist der Tenor ähnlich: «Absolut völlig daneben so zu politisieren. Pfui!!». Einige diskutieren die Frage, ob die Nutzung des Bildes auch rechtmässig sei. Und einer ergänzt dazu: «Wenn man bedenkt, dass beim Unglück der Costa Concordia 32 Menschen gestorben sind und einige davon noch im Wrack auf dem Bild sind... muss den Urheber vom Flyer wohl eher in der tieferen Bildungschicht der Weiacher gesucht werden.» Letzteres ist keine Einzelmeinung: «Zeigt das Niveau der Gegner.», schreibt ein anderer und schiebt nach: «Und vor allem untragbar sind die Behauptungen die auf diesem „ Ding“ stehen!!»
Untragbare Behauptungen?
Mit dem «Ding» meint er wohl den Flyer selber. Mit der Empörung sind auch die Ausrufezeichen auf dem Flyer auf die Kommentatoren übergesprungen. Diese Satzzeichenhäufung springt - korrespondierend zu den Grossbuchstaben - sofort ins Auge, wenn man die Begründungen liest, die gemäss dem/den Urheber/n für ein (oder zwei) Nein am 18. Juni sprechen:
«⟹ Warum:
- Sämtliche Baukosten übernimmt die Gemeinde Weiach!
Keine Beteiligung von Fisibach und Kaiserstuhl!
- Verschleierung der Betriebskosten!
Fisibach und Kaiserstuhl decken diese nicht.
⟹ Abbruch grosser Teile der Schulanlage (sogar des neuen Kindergartens Farbtupf)!
⟹ Die RPK lehnt das Projekt klar ab! [Vgl. WeiachBlog Nr. 1925]
⟹ Die grossen Kieserträge gehen zu Ende! Ab 2027 steigt auch ohne Bauprojekt der Steuerfuss massiv an!
⟹ Schulanlage ist finanzverträglich ausbaubar!»
Und der Flyer schliesst mit der rhetorischen Frage «Wollen wir dieses überrissene Infrastrukturprojekt?». Die Antwort ist klar: «NEIN DANKE!»
In den nächsten Tagen wird WeiachBlog diesen Begründungen der Projektgegner nachgehen und prüfen, ob etwas und wenn ja, was daran untragbar ist.
Scola Piccola-Klippe. Nur geschmacklos oder doch prophetische Metapher?
Über die Tragödie der realen Costa Concordia sind bereits viele Worte verloren worden. Was der Zufall (oder die Hand Gottes) in solchen Situationen ausmacht, zeigt sich schon an der Frage, ob 32 Todesopfer viele seien. Berücksichtigt man den Umstand, dass an der Endlage des Schiffes der Abhang auf lediglich einer Schiffslänge von 5 auf 100 Meter Wassertiefe abfällt, eher nicht. Hätte der Wind das Schiff nicht an die Klippe gedrückt, sondern von ihr weg, dann wäre es unweigerlich untergegangen. Und das hätte zu deutlich höheren Opferzahlen geführt (vgl. Anm-30 im Wikipedia-Artikel).
Was nun die «MS Weiach» betrifft, geht es für uns um die Frage, ob am 18. Juni tatsächlich eine finanzielle Havarie bevorsteht, ob das Infrastrukturprojekt mit Schulräumen dem Felsen an der Scola Piccola vergleichbar sei, samt Totalschaden für das Gemeinwesen, wie der Flyer unterstellt.
Es geht darum, ob der Kapitän im Vorfeld des an die Wand gemalten Schreckensszenarios die richtigen Entscheidungen trifft bzw. getroffen hat, damit ebendieses nicht eintritt. Ob die Kommunikation auf der Brücke funktioniert (hat) und wie krisenresistent sie ist. Vor allem aber darum, ob die Reederei (in diesem Fall der Souverän, d.h. die Stimmberechtigten) die richtigen Informationen in ihre Entscheidungen einfliessen lässt. Und sie damit ihr Schiff auf den richtigen Weg und nicht auf Kollisionskurs in den Untergang schickt.
Die Grosskatastrophe der Costa Concordia ist dabei gleich in mehrfacher Hinsicht eine interessante Denkvorlage. Denn Kapitän Schettino ist zwar als Hauptverantwortlicher abgeurteilt worden. Aber längst nicht der einzige, der dazu beigetragen hat, dass diese Havarie überhaupt möglich wurde. Dazu gehört immer auch Organisationsversagen.
[Veröffentlicht am 3. Juni 2023 um 02:10 MESZ]
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