Freitag, 29. Juni 2007

Letzte Tagung der Gz. Füs. Kp. V/269

Aktivdienst. Für die meisten heute Lebenden ist das ein Wort aus grauer Vorzeit. Eines, das mit Zweitem Weltkrieg und allenfalls noch mit der Zerqa-Krise anfangs der 70er-Jahre in Verbindung gebracht wird, als eine Swissair-Maschine in der jordanischen Wüste in die Luft gesprengt und der Flughafen Zürich mit Kampfmunition bewacht wurde (vgl. Suter 2004).

Die ehemaligen Angehörigen der Grenzfüsilierkompanie V/269 und anderer Truppenverbände der Zeit von 1939 bis 1945 konnten damit aber ganz konkrete, existentielle Erfahrungen über Jahre der Unsicherheit hinweg verbinden. Das schweisst zusammen.

Noch 19 alte Krieger

Und deshalb wundert es auch nicht, dass sich die Angehörigen der 5. Kompanie noch bis in diese Tage regelmässig offiziell getroffen haben. Damit ist es nun vorbei, wie die Journalistin Sandra Zrinski vom Weiacher Noldi Hauser erfahren hat:

«In regelmässigen Abständen haben sich die Angehörigen der Kompanie in den Jahren nach dem Krieg getroffen. Hauser ist mit 95 Jahren der Älteste. Der Altersdurchschnitt liegt unterdessen bei 87 Jahren, und beim letzten Treffen sind noch 19 Männer in Kaiserstuhl zusammengekommen. Das letzte Mal, denn aus Altersgründen wird es keine offiziellen Zusammenkünfte mehr geben. «Alles, was wir noch in der Kasse hatten, haben wir auf den Putz gehauen», sagt Hauser heiter.»

Gemeinsames Rauchen mitten auf der Rheinbrücke

Spannend ist, was der mittlerweile älteste noch Lebende unter den V/269-ern über das tägliche Wacheschieben bei Kaiserstuhl zu berichten weiss:

«Viele Nächte lang, so Hauser, habe er in Unterständen Wache gehalten und den Rhein beobachtet. «Wir hatten Angst und scharfe Munition geladen. Wir wussten ja nicht, was geschehen würde.» Der Weiacher war in Kaiserstuhl stationiert. Viele seiner Kollegen stammten ebenfalls aus der näheren Umgebung. In der Mitte der Brücke sei man manchmal mit den deutschen Soldaten zusammengestanden und habe eine Zigarette geraucht. «Wenn das unsere Vorgesetzten gewusst hätten...».»

Friedliche Momente - wie in den Schützengräben des 1. Weltkriegs zu Weihnachten. Eine tröstliche Erkenntnis.

Quelle

  • Zrinski, S.: Der älteste Füsilier seiner Art. Weiach – Die letzte Tagung der Grenzschützer der 5. Kompanie ist Geschichte. In: Zürcher Unterländer, 28. Juni 2007 – S. 9.
  • Suter, M.: Kantonspolizei Zürich 1804-2004. Zürich 2004 - S. 287-288.

[Veröffentlicht am 2. Dezember 2007]

Donnerstag, 28. Juni 2007

Swissair-Urteil ein Schlag ins Gesicht

«HANSPETER BÜHLER, WEIACH». Diesen Eintrag trifft man oft am Schluss von Beiträgen in den Leserbriefspalten der grossen Tageszeitungen. Natürlich hat er sich auch zu den Urteilen im Swissair-Prozess in der Bülacher Stadthalle geäussert:

Schlag ins Gesicht. «Offenbar haben wir in unserem Gesetz eine grosse Lücke gefunden. Es kann doch nicht sein, dass mündige Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte von allen mitverantworteten Fehlern und Dummheiten freigesprochen werden. Die entsprechenden Saläre und Entschädigungen waren verhältnismässig hoch und sollten auch das Tragen von Verantwortung einschliessen. Jeder kleine Angestellte oder Kleingewerbler würde solche Unfähigkeiten und Fehleinschätzungen bitter büssen müssen. Die zusätzlichen Abfindungen mögen dem Gesetz entsprechen, ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler sind sie allemal.»

In diesem Fall hat der in der alten Mühle wohnhafte Image- und Kommunikationsberater Bühler virtuos Volkes Stimme intoniert. In diesem Tenor tönte es wohl auch an den Stammtischen der beiden noch verbliebenen Beizen im Dorf, in der «Linde» und im «Wiesental».

Und auch WeiachBlog äusserte sich unterm 8. Juni in diese Richtung (vgl. ersten Abschnitt).

Quelle

  • Empörung über Swissair-Urteil. Zu den Urteilen im Swissair-Prozess von gestern. In: Tages-Anzeiger, 8. Juni 2007 - S. 25.

[Veröffentlicht am 24. November 2007]

Donnerstag, 21. Juni 2007

Juniwetter 1957

«Der Juni 2007 war vor allem im Osten deutlich wärmer als im Mittel der Jahre 1961 bis 90. Der Wärmeüberschuss betrug hier meist 2 Grad und mehr», schreibt die MeteoSchweiz in ihrem Juni-Rückblick.

Weiter wussten die staatlichen Wetterfrösche für 2007 zu berichten, dass teils deutlich mehr Regen fiel als normal. Das erinnert durchaus an den Juni vor 50 Jahren in Weiach, den Walter Zollinger in seiner Jahreschronik beschreibt:

«Der Juni zeichnet sich durch sehr viele bedeckte Vormittage und schwüle Nachmittage aus; 21mal stieg die Temperatur am Nachmittag auf über 20°, Höchsttemperaturen bis 31°, hauptsächlich in der zweiten Monatshälfte. Trotzdem rückte die Heuernte nur langsam vorwärts; denn an 13 Tagen fielen immer wieder gewittrige Regenschauer, an fünf Nachmittagen frühe schon richtige Gewitter m. ergiebigen Schauern. Dies hemmte die Heuerarbeit natürlich arg, sodass sich die geplagten Bauern mit Heinzen behelfen mussten, wenn sie überhaupt noch irgendwie "heuen" wollten und für das Futter wars eben zeitig geworden. – Dafür steht aber "die Frucht" prächtig da.»

Bereits im WeiachBlog erschienene Wetterartikel

Quelle

  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1957 – S. 5 (Original in der Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Signatur: G-Ch Weiach 1957)
[Veröffentlicht am 1. Oktober 2007]

Sonntag, 17. Juni 2007

Gutmenschen nerven Afrikaner. Wann nützt Entwicklungshilfe?

Nach dem gestrigen sei hier grad noch einmal ein Leserbrief abgedruckt. Er stammt vom Kommunikationsberater Hanspeter Bühler-Racle - auch einer der in diesem Bereich aktiven Weiacher (vgl. die WeiachBlog-Einträge DJ Bobo an den Karren gefahren und Israel, Gaza und Zidane).

Der nachfolgende Beitrag wurde ebenfalls auf der Forum-Seite des Zeitungsverbundes Zürcher Landzeitung (Neues Bülacher Tagblatt zusammen mit Zürcher Unterländer) vom 13. Juni abgedruckt:

Laute Gutmenschen für Afrika

«Der nigerianische Literaturnobelpreisträger Woyle Soyinka ist auf laute Gutmenschen wie beispielsweise den Rocksänger Bono nicht gut zu sprechen. «Der hält uns wohl für blöde», sagt er über den Iren und dessen Bemühungen, die Welt auf das Schicksal Afrikas aufmerksam zu machen - beziehungsweise, was er dafür hält. «Diese Bonos, Geldofs und wie sie alle heissen, sagen, dass man uns helfen muss, und unterstellen damit, dass wir dazu nicht selbst in der Lage sind», schimpft der Nigerianer: «Das ist Rassismus.» Wie Soyinka denken mittlerweile viele in Afrika. Nur will das in den Industrieländern niemand zur Kenntnis nehmen. Das beste Beispiel ist der G-8-Gipfel in Heiligendamm und die neuerliche Diskussion über eine drastische Erhöhung der Entwicklungshilfe. Von bis zu 50 Milliarden Dollar für Afrika bis 2010 ist die Rede. Seit 1960 sind schätzungsweise 500 Milliarden Dollar Entwicklungshilfe in Richtung Schwarzer Kontinent geflossen. Heute ist das Lebensniveau teilweise sogar noch unter das der späteren Kolonialzeit gefallen. Der kenianische Wirtschaftswissenschaftler James Shikwati plädiert deshalb für ein sofortiges Ende jeder Entwicklungshilfezahlungen. Sie habe die Korruption nur gefördert und gleichzeitig zur Entmündigung Afrikas geführt.

Dass diese Haltung von Schwarzafrikanern stammt, ist gut, denn wenn wir von der Ersten Welt solche Statements abgeben würden, würde uns Rechtsextremismus und Rassismus unterstellt. Wer aber die Verhältnisse wie ich in Afrika seit Jahrzehnten erlebt hat, weiss, dass diese weitsichtigen Schwarzafrikaner klar erkannt haben, dass die Finanzierung durch Entwicklungshilfe eine endlose unglückselige Spirale darstellt. Ihre Eigenverantwortung werden die Völker Afrikas damit nie erreichen. Aber da das Interesse des Westens an einem unterentwickelten Afrika grösser ist als an einem emanzipierten, wird es wohl so weitergehen. Der Grossteil der Politiker an der Spitze der westlichen Nationen sind Marionetten der wirtschaftlichen Interessen und haben kein Rückgrat zu helfen diesen Teufelskreis zu durchbrechen. So hat auch dieser G-8-Gipfel geendet: Der Berg wird eine Maus gebären.
»

Ich sehe die Angelegenheit ähnlich kritisch wie Bühler und die zitierten Afrikaner. Der Vers des römischen Dichters Horaz aus De arte poetica, 139: "Parturient montes, nascetur ridiculus mus." (sinngemäss übersetzt: Wenn Berge gebären wird eine lächerlich kleine Maus geboren) passt wirklich auf die Entwicklungshilfe der letzten Jahre, wenn man die Wirkung für den kleinen Mann betrachtet.

Wie man den gordischen Knoten zerschlägt

Was wäre denn nun wirklich nützliche Entwicklungshilfe? Wirklich von Nutzen ist sie nur dann, wenn sie geeignet ist, breite Bevölkerungsschichten Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen.

Das erreicht man nicht mit Milliarden, die in gigantischen Infrastruktur-Projekten versickern - und die damit fast ohne Umwege wieder in die Industriestaaten zurückfliessen, sei es in Form von Aufträgen für Maschinen oder in Form von Rohstoffen, die in Afrika lediglich abgebaut und abtransportiert, dann aber anderswo zu hochwertigen Konsum- und Investitionsgütern veredelt werden. Von dem in Korruptionssümpfen versickernden Anteil, der letztlich auch wieder bei uns landet (Bankkonten, Immobilienbesitz am Genfersee etc.) ganz zu schweigen.

Das geht nur über unspektakuläre Basisarbeit durch vorgelebtes Beispiel. Man kann eine Gesellschaft nicht von der prekarisierten agrarischen Subsistenz direkt ins Atomzeitalter beamen. So etwas ist nicht nachhaltig. Viel wichtiger ist es, den eigenverantwortlichen Aufbau eines tragfähigen Netzes von Kleinunternehmen zu fördern, indem man die für sie unabdingbaren stabilen Rahmenbedingungen schafft. Dazu könnte u.a. ein funktionierendes Mikrokredit-System beitragen.

Dazu gehört aber auch die Politik. Um diese zu transformieren müsste man aber etlichen korrupten Regierungen und Machtsystemen den Marsch blasen - solchen der G8-Staaten wie solchen afrikanischer Länder. Dies wäre wahre Entwicklungshilfe.

Quelle
  • Bühler-Racle, H.: Laute Gutmenschen für Afrika. Leserbrief. In: Zürcher Landzeitung/ZU/NBT, 13. Juni 2007 - S. 11.

[Veröffentlicht am 2. November 2007]

Samstag, 16. Juni 2007

Wer hat, dem wird gegeben

Daniel Elsener, FEAM und Biobauer, ist einer der in Weiach wohnhaften Leserbriefschreiber, die sich regelmässig zu Wort melden und deren Beiträge auch abgedruckt werden.

Dass er sich in der Evangelischen Volkspartei der Schweiz (EVP) des Bezirks Dielsdorf engagiert, kann man schon am Titel dieses Beitrags ablesen. Er stammt nämlich aus der Bibel:

«Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, dass er Fülle habe; wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat.» – Matthäus-Evangelium 25,29 (Übersetzung nach Luther)

Nach diesem berühmten Spruch sei sogar ein Grundprinzip der handlungsbezogenen Soziologie benannt, wird einem in der Wikipedia erklärt, der sog. Matthäuseffekt. Es geht da also nicht um Fussball. Sondern um die menschliche Erfahrung die umgangssprachlich derb auch mit «Der Teufel scheisst immer auf den grössten Haufen» wiedergegeben wird.

Doch zurück zu Elseners Leserbrief. Man findet ihn auf der Forum-Seite des Zürcher Unterländers vom 12. Juni. Dort werden im Vorfeld von Abstimmungen vor allem politische Stellungnahmen abgedruckt.

Nachfolgend der Text im vollen Wortlaut:

Dem der hat, dem wird gegeben

So lautet eine alte Lebensweisheit, welche sich leider immer wieder bewahrheitet. In der Annahme, dass eine Geldmenge sich nicht einfach vermehrt und das Ganze ein Nullsummenspiel ist, muss das Geben auch von irgendwoher kommen, also von denen, die nicht haben! Genau um dieses Thema geht es bei der nächsten Abstimmung. Einmal um die 5. IV-Revision und einmal über die kantonale Volksinitiative «Chance für Kinder».

Erstere verlangt Einsparungen von den Behinderten und eine rasche Wiedereingliederung in Arbeitsplätze, welche gar nicht vorhanden sind. Dabei sollen die Arbeitgeber freiwillig helfen. Aber wie soll das gehen, wenn gerade die Arbeitgeber freiwillig geholfen haben, die IV im grossen Stil bei Umstrukturierungen zu missbrauchen? Viele Menschen wurden dabei noch so gerne in die Invalidenversicherung abgeschoben. Die Revision ist eine Totgeburt, weil die Arbeitgeber nicht in die Pflicht genommen werden, und verkommt somit zur reinen Farce und Sparübung auf dem Buckel der Behinderten. Mein Prädikat: schlecht, darum ein Nein.

Die Volksinitiative «Chance für Kinder» bekommt von mir ein Ja, weil Prädikat: gut! Diese Kinder sind unsere Zukunft und verdienen mit ihren Eltern unsere Unterstützung. 20000 Kinder sollen in unserem Kanton nicht in Armut aufwachsen müssen. Das ist meine Meinung und auch die der Evangelischen Volkspartei (EVP). Ein Elternteil sollte seine Verantwortung wahrnehmen und sich um die Kinder kümmern können, statt nur arbeiten zu müssen (Jugendkriminalität). Die Kosten sind ein Zeiger, und dieser zeigt einen grossen Handlungsbedarf in dieser Frage. Nicht sparen, sondern investieren in unsere Zukunft, darum ein Ja.

Daniel Elsener, Präsident EVP Bezirk Dielsdorf, Weiach


Wie sagt doch die Website der EVP, was das Ziel der Partei sei: «christliche Werte in einer menschlichen Politik umsetzen». So prägnant geschriebene Stellungnahmen wie die von Elsener sind jedenfalls Werbung für den Standpunkt der Partei. Ob man ihn teilt oder nicht.

Quelle
  • Elsener, D.: Dem der hat, dem wird gegeben. Leserbrief. In: Zürcher Unterländer, 12. Juni 2007 - S. 11.


[Veröffentlicht am 2. November 2007]

Freitag, 15. Juni 2007

Deponie im Naturschutzgebiet geplant?

Mit Datum 11. Juni 2007 haben zwei Kantonsrätinnen der Grünen, Susanne Rihs-Lanz (aus der Nachbargemeinde Glattfelden) und Maria Rohweder-Lischer (Uetikon am See), eine Anfrage an den Regierungsrat eingereicht. Sie erhielt die Geschäftsnummer 180/2007 und beginnt wie folgt:

«Im Zusammenhang mit der 5. Ausbauetappe des Flughafens Kloten wurden im Kanton Zürich als Ausgleich für verlorene Naturflächen andere Flächen aufgewertet, darunter eine Kiesgrube in Weiach. Diese Aufwertung ist offensichtlich geglückt und beherbergt heute eine ansehnliche Zahl bedrohter Pflanzenarten. Im Richtplan ist diese Grube allerdings immer noch als Deponie zur Materialablagerung vorgesehen, was den Erlass einer Schutzverordnung verunmögliche.»

Diese Einschätzung wird von Seiten des Kantons klar geteilt, wie WeiachBlog vor ziemlich genau einem Jahr berichten konnte (vgl. Beitrag vom 10. Juni 2006).

Umso erstaunlicher ist es, dass man nach der Bewilligung der 5. Ausbauetappe kein Verfahren zur Änderung des Richtplans eingeleitet hat. Haben die kantonalen Behörden den Kantonsrat nicht zu fragen gewagt?

Die Fragen, die Rihs-Lanz und Rohweder-Lischer eingereicht haben, sind daher sehr berechtigt:

«1. Ist es richtig, dass die Konzession des Flughafens Zürich diese Kiesgrube als Naturobjekt schützt?

2. Ist vorgesehen, in der laufenden Richtplanrevision unter «Versorgung Entsorgung» die widersprüchlichen Nutzungsziele zu bereinigen?

3. Auf welchen Zeitpunkt ist eine ordentliche Schutzverordnung für dieses Gebiet zu erwarten?
»

Da sind wir ja gespannt, wie sich der Regierungsrat dazu äussern wird. Es macht ja nun wirklich keinen Sinn, für teures Geld ein neues Naturschutzgebiet einzurichten, nur um dann ein paar Jahre später an genau dieser Stelle nördlich der Bahnlinie eine Deponie zu eröffnen.

Zumal diese Deponierung schon längst abgeschlossen ist - nämlich mit Aushubmaterial, das die Weiacher Kies AG im Verlaufe der letzten Jahre mit eigenem Wagenmaterial dorthin transportiert und zur Verfüllung eingesetzt hat.

Quellen und weitere Artikel

[Veröffentlicht am 16.9.2007]

Donnerstag, 14. Juni 2007

Asylantenwohnung besser auslasten

Wenn schon, denn schon sagte sich der Gemeinderat. Für die etwas schitter zwäge Liegenschaft Wiesendanger mitten im Oberdorf an der alten Hauptkreuzung (dort wo die Alte Post-Strasse und die Oberdorfstrasse aufeinandertreffen) wird der Mietzins einewäg fällig.

Also war der nachstehende Entscheid nur folgerichtig. Abgedruckt unter «Verschiedenes» in den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach:

«Der Gemeinderat stimmt der Unterbringung von zwei der Gemeinde Niederhasli zugeteilten Asylsuchenden in der Unterkunft in Weiach zu und genehmigt die Vereinbarung. Mit der entgeltlichen Unterbringung kann die Unterkunft besser ausgelastet werden.»

So wird also mit Asylsuchenden quasi Handel getrieben. Was problemlos geht, denn die haben keine freie Wohnsitzwahl. Und die Gemeinde bekommt erst noch Geld für ihre Einquartierung.

Quelle

  • Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Juni 2007, S. 6.
[Veröffentlicht am 16.9.2007]

Mittwoch, 13. Juni 2007

Versteigerung infolge durchgeführten Rechtstriebes

Wenn man 125-jährige Exemplare des Bülach-Dielsdorfer Volksfreunds durchblättert, so findet man fast in jeder Ausgabe einen Hinweis auf das Leben in Weiach.

Oft sind das leider alles andere als freudige Angelegenheiten. Weder für den fruchtlos betriebenen Schuldner noch für seine Gläubiger. Im vorliegenden Fall wurden wohl alle noch vorhandenen Vermögenswerte zu Geld gemacht und dieses dann auf die Gläubiger verteilt.

«Konkurs-Anzeige.

Ueber Johannes Meierhofer, a. Gemeindrath, alt Waibel, Rudolfen, von Weiach, ist infolge durchgeführten Rechtstriebes Konkurs eröffnet. Die Eingabefrist geht den 1. Juli 1882 zu Ende; die Bedenkzeit dauert vom 14. Juli bis 24. Juli. Die Versteigerung der Aktiven findet am 20. Juli und die Konkursverhandlung den 5. August 1882, Nachmittags 2 Uhr, im Gerichtshause in Dielsdorf statt, laut Amtsblatt Nr. 45.

Niederglatt, den 5. Juni 1882.
Notariatskanzlei Niederglatt;
Alex. Schmid, Landschreiber.
»

Eingabefrist. Bedenkzeit. Versteigerung. Konkursverhandlung. Dieser Ablauf galt damals nach kantonalem Recht. Das heute geltende Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) ist erst seit dem 1. Januar 1892 in Kraft.

Quelle

  • Bülach-Dielsdorfer Volksfreund, Nr. 45, Mittwoch, 7. Juni 1882

[Veröffentlicht am 16. September 2007]

Dienstag, 12. Juni 2007

Neue Fahrzeuge für Zivilschutz und Förster

In den ersten Tagen nach Erscheinen der Mitteilungen für die Gemeinde Weiach werden die offiziellen Verlautbarungen des Gemeinderates jeweils von den regionalen Printmedien verwertet. Vor drei Monaten war es beispielsweise ein Infohäppchen aus dem Bereich Finanzen, das die Aufmerksamkeit der Journalisten weckte:

«Der Gemeinderat stimmt der Anschaffung eines Personentransporters für den Zivilschutz des Sicherheitszweckverbandes Glattfelden - Stadel - Weiach, mit Gesamtkosten von CHF 42'000.- zu und bewilligt den Kredit für den Investitionskostenanteil der Gemeinde von CHF 6'010.-. -- Das Amt für Landschaft und Natur, Forstkreis 7, bewilligt auf Gesuch hin, den Forstreservefonds mit einem Bestand von CHF 26'779.45 für die Anschaffung des neuen Forstfahrzeuges aufzulösen.» (MGW 3/2007)

Fahrzeuge stehen nun zur Verfügung

Daraus machte Lorenz Schmid vom Tages-Anzeiger Zürcher Unterland den folgenden Kurzbeitrag:

«Weiach. - Die Gemeinde Weiach beteiligt sich mit 6000 Franken am Kauf eines Personentransporters für den Zivilschutz des Sicherheitszweckverbands Glattfelden-Stadel-Weiach. Das Amt für Landschaft und Natur erlaubt zudem, den Forstreservefonds aufzulösen und die darin enthaltenen 27 000 Franken für den Kauf eines Forstfahrzeugs zu verwenden. (los)» (TA, 6.3.07)

Die Fahrzeuge sind nun in Dienst gestellt: Beim Feuerwehrpikett Glattfelden ist ein neuer Personentransporter Renault Trafic T 29 stationiert. Und der Weiacher Förster verfügt neu über einen Toyota Hi-Lux Single Cab 4x4 Terra, samt separat durch den Lieferanten Harlacher in Winkel erstellter Alubrücke drauf.

Quellen

  • Gemeinderat Weiach (Hrsg.): Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, März 2007 - S. 3
  • Schmid, L.: Fuhrpark wird erweitert. In: Tages-Anzeiger, 6. März 2007 - S. 63.
  • Mündliche Auskunft Gemeindeschreiber Weiach

[Veröffentlicht am 20. August 2007]

Montag, 11. Juni 2007

Salat am laufenden Meter

Im Landwirtschaftsgebiet See - vis-à-vis des alten Bahnhofs Weiach-Kaiserstuhl und nördlich der Bahnlinie Winterthur-Koblenz - reihen sich die Salatköpfe über die ganze Feldlänge. Und erntereif sind sie auch schon. Aber sehen Sie selbst:

Blick Richtung Kaiserstuhl:
Blick über den Rhein nach Hohentengen:
Blick Richtung Dorf:
Hier sind die Landarbeiter schon fleissig am Ernten:
[Veröffentlicht am 20. August 2007]

Sonntag, 10. Juni 2007

Tüchtiger Knecht in den Bedmen gesucht

In den letzten Beiträgen war häufig von der Welt vor 125 Jahren die Rede. Jedenfalls derjenigen, die sich uns aus Inseraten im Bülach-Dielsdorfer Volksfreund erschliesst.

So ging es beispielsweise um den neuen Fahrplan der Nordostbahn, den Verlust der Bürgerrechte als Folge eines Konkurses, einen Heugrasverkauf direkt ab Wiese, den Konkurs des Sternenwirts, eine Gant, bei der Rebstickel unter den Hammer kamen, eine, wo Eichen vergantet wurden, eine Tanzbelustigung im Sternen, das Weiacher Patt bei den Wahlen in die Sekundarschulpflege 1882 und nochmals um eine tragische Versteigerung der Reste einer ganzen Kleinbauernexistenz.

Da mutet es schon tröstlich an, dass es in dieser Zeit durchaus Arbeit gab in Weiach. Sogar freie Stellen waren zu vergeben, wie das nachstehende genau 125-jährige «Dienstgesuch» verrät:

«Ein tüchtiger Knecht, der die Güterarbeit versteht, mit Vieh umzugehen weiß und melken kann, findet einen Platz, bei Gebr. Meierhofer im Bedmen-Weiach.»

Diesen Bauernhof gibt es heute noch. Wenn auch in wiederaufgebauter Form, denn 1952 brannte die Liegenschaft an der Kaiserstuhlerstrasse 19 ab. Die Besitzerfamilie heisst bis auf den heutigen Tag Meierhofer.

Quelle
  • Bülach-Dielsdorfer Volksfreund, Nr. 46, Samstag, 10. Juni 1882

[Veröffentlicht am 20. August 2007]

Samstag, 9. Juni 2007

Sommernacht auf dem Roten Platz

Ja, auch wir haben einen Roten Platz. Mitten im Dorf, auf der ehemaligen Hofwiese. Eine hundert Meter lange Bahn mit Erweiterung zu einem Platz - alles aus rot gefärbtem Gummibelag. Die perfekte Abkürzung vom Gemeindehaus und der Kirche in die Chälen.

Die Bilder wurden vor einem Jahr, am 9. Juni 2006, 21:46 Uhr aufgenommen:



Das Flutlicht brennt übrigens nur bis zum Ende des Trainings des TV Weiach. Dann versinkt unser roter Platz auch in der Dämmerung. Schlaf gut, Weiach!

[Veröffentlicht am 20. August 2007]

Freitag, 8. Juni 2007

Zürcher Arroganz – live in der Helferei

Erste Erfahrung gestern morgen: auch wer eine Milliardenpleite zu verantworten hat, wird nicht zur Verantwortung gezogen und erhält zusätzlich zum richterlichen Persilschein auch noch eine fürstliche Prozessentschädigung aus Steuergeldern. 19 Millionen soll der Swissair-Prozess gekostet haben. Mit anderen Worten: jeder Zürcher zahlt für dieses Theater noch 20 Franken Eintritt. Dummheit ist erlaubt und strafrechtlich irrelevant.

Nicht wirklich viele Einsprachen

Heute ist die Rekursfrist gegen den Gekröpften Nordanflug abgelaufen. Es gab gerade einmal 455 Einsprachen, davon 378 «auf dem gleichen vorgedruckten Formular einer Fluglärmorganisation», schreibt der Tages-Anzeiger. Den Grossteil wird das BAZL also wohl in globo beurteilen.

Es handelt sich auch nicht wirklich um eine Einspracheflut von Seiten gewöhnlicher Betroffener, wie sie in den letzten Jahren von den Südschneisern organisiert wurde. Im Norden hat man sich auf privater Ebene offensichtlich mit der Belärmung abgefunden - nicht aber auf der politischen. Das Engagement der Gemeinden und einiger Flulärmvereine wird unterstützt - wenn auch nicht derart spektakulär wie in den traditionell aufrührerischen Gebieten auf dem Pfannenstil und am See.

Die Selbstdarsteller schlagen ihre Pfauenräder

Zweite Erfahrung gestern abend nach 18:30 Uhr an einer Podiumsdiskussion zum Gekröpften Nordanflug: Die Zürcher Politik südlich des Flughafens glaubt nach wie vor, arrogantes Auftreten gegenüber den Süddeutschen bringe Verhandlungsvorteile. Die Verkörperung dieser Arroganz war der Part von Filippo Leutenegger, dem zum Politiker mutierten Arena-Moderator des Schweizer Fernsehens.

Neben Leutenegger waren auch die Präsidenten der Vereine Gekröpfter Nordanflug Nein und Flugschneise Süd Nein (VFSN) auf dem Podium sowie als weiterer Nationalrat der Aargauer Grüne Geri Müller.

Im Kulturhaus Helferei an der Kirchgasse 13 mitten in der Zürcher Altstadt kreuzten also folgende Herren die Klingen (v.l.n.r.):
  • Thomas Morf, Präsident Flugschneise Süd – NEIN
  • Kurt Schmid, Präsident Gekröpfter Nordanflug NEIN
  • Filippo Leutenegger, NR FDP, Zürich
  • Geri Müller, NR GPS, Aargau
Stephan Oehen, politischer Berater des Fluglärmforums Süd (der Vereinigung der Gemeinden im Süden des Flughafens) versuchte sich als Moderator.


Das Publikum? Entsprechend dem Organisator (erkennbar an den allgegenwärtigen gelben VFSN-Bannern) bestand es vor allem aus saturierten Wohlstandsbürgern im Pensionierungsalter, die beim Warten auf die Podiumsdiskussion die nächsten sogenannten «Mahnwachen» am Flughafen besprachen. Die bewährte Claquer-Truppe also, die gerne ihrem Guru Thomas Morf zuhört und alle ausbuht, die nicht genau auf dieser Linie fahren.


Taschenspielertricks verwedeln alles

Während Morf wie ein Taschenspieler sec seine Zahlen und Fakten herunterratterte, die von vielen Zuhörern brav mit Kopfnicken quittiert wurden, war Leutenegger für die populistischen Kraftmeiereien zuständig.

Das lässt sich an einem Beispiel vom Beginn der Veranstaltung illustrieren:

Geri Müller sagte da unter anderem: «Wir haben ein Mengenproblem. Nun dürfen die heissen Herdöpfel nicht im Kreis herumgeschoben werden.» Der gesamte Flugverkehr müsse reduziert werden, man dürfe nicht einfach verlangen, das sollten die im Süden fressen. Der Südanflug sei ebenso nicht akzeptabel wie der Gekröpfte Nordanflug. Das freute die meisten Zuhörer natürlich.

Müller hatte allerdings auch ein gewichtiges Gegenargument im Köcher. Im Zwischenlager Würenlingen stünden 8 Castoren mit nur 20 cm Betondecke darüber. «Die KSK [Kommission für die Sicherheit der Kernkraftwerke] hat ihre Meinung dazu gesagt und das floss nicht in die Beurteilung ein!». Daraus muss man schliessen, dass die KSK-Stellungnahme überhaupt nicht positiv ausgefallen ist - im Gegenteil (vgl. den WeiachBlog-Artikel vom 4. Juni).

Leutenegger als Arroganzbolzen

Leutenegger hörte sehr selektiv zu. Er dankte für die Steilvorlage, Südanflüge seien etwas Schlechtes. Und zog dann gegen die Raumplanungspolitik des Kantons vom Leder. Da sei Kritik nötig. Man habe «am falschen Ort (..) zusätzliche Ansiedlungen gemacht». Dann streute er Asche über sein Politikerhaupt: «Man muss das Instrument GNA richtig interpretieren. Die paar Dörfer im Süddeutschen konnten sich nur wehren weil wir arrogant gehandelt haben». Da hat er allerdings recht. Und es tönt schon fast so, als sei das eine späte Einsicht. Schliesslich war Leuteneggers FDP massgeblich daran beteiligt, den Staatsvertrag zu kippen.

Bald zeigte sich allerdings, was von diesen Worten zu halten ist. Der Gekröpfte sei nur eine «temporäre Massnahme damit die Schweiz den Willen bekundet, dass wir diesen Zustand nicht akzeptieren und mit Deutschland verhandlungsfähig werden. Dann haben die Deutschen wieder ein Interesse zu verhandeln. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Verhandlungsmasse haben», sagte Leutenegger. Also Spiegelfechten. Zwängerei. Und deshalb: Arroganz pur. Nichts gelernt. Da werden die Deutschen nur noch mehr blocken.

Verschobene Wahrnehmung

Die Krone setzte der Ex-Arena-Matador dem Ganzen auf, als er schliesslich noch etwas faselte von «Waldshut» (gemeint: der Landkreis), das sich «in der Geiselhaft von Hohentengen» befinde. Eine völlige Verkehrung der Realitäten. Berlin und Waldshut benutzen die Hohentengener auch nur als Spielfiguren. Da wundere sich noch einer, wieso die FDP auf dem absteigenden Ast ist. Bei solchen Politikern ist das die logische Folge.

Die einzig realistische Stellungnahme dazu gab Geri Müller: «Deutschland wird dem nie und nimmer zustimmen. Die werden sofort Retorsionsmassnahmen ergreifen».

[Veröffentlicht am 20. August 2007]

Donnerstag, 7. Juni 2007

Der NOB-Fahrplan vor 125 Jahren

Neben privaten Inseraten für «nicht rauchende Glättekohlen» (Bügeleisen wurden damals noch nicht mit Strom betrieben) und für einen neuen Brückenwagen (noch heute redet man unter älteren Bauern vom «Brügiwagen»), findet man in alten Ausgaben des Bülach-Dielsdorfer Volksfreunds (heute Neues Bülacher Tagblatt) auch den neuen Regional-Fahrplan der Schweizerischen Nordostbahn.

Für die Strecken im Gebiet nördlich von Zürich, darunter Winterthur-Bülach-Waldshut und Winterthur-Zürich werden die Abfahrtszeiten für alle Stationen angegeben.


Interessant ist der Vergleich: von Zürich nach Winterthur verkehrten vor 125 Jahren bereits elf und in die Gegenrichtung zehn Züge pro Tag, auf der Strecke Winterthur-Bülach dagegen nur fünf und zwischen Bülach und Waldshut sogar nur vier je Tag und Richtung.

Weiach ab: vier Mal pro Tag in jede Richtung

Ab «Weiach Kaisersthl» fuhren um 6.53 und 10.12 vormittags, sowie um 2.36 und 6.18 Uhr nachmittags ein Zug in Richtung Zurzach und Waldshut.

In die Gegenrichtung, von «Weiach Kaisersthl» nach Eglisau, Bülach und weiter nach Winterthur, waren die Abfahrtszeiten mehr in den Abend verschoben: 8.50 Uhr fuhr vormittags der einzige Zug, nachmittags um 1.10 einer und abends um 5.02 und 8.03 Uhr noch zwei.

Es lohnte sich also damals, frühzeitig am Bahnhof zu sein. Pendler gab es noch keine. Höchstens Wochenaufenthalter. Wenn die Weiacher nach Zürich mussten, dann war das weiterhin eine kleinere Weltreise - ob zu Fuss oder mit der Bahn.

Aber immerhin: Jetzt war sie auch ohne Fuhrwerk oder Postkutsche in einem Tag zu bewältigen. Und das ohne, dass man - wie nach der Eröffnung der Strecke Zürich-Bülach im Jahre 1865 - in Niederglatt aus dem Zug aussteigen und den Rest zu Fuss gehen musste. Seit dem 1. August 1876 stand auf Weiacher Boden nämlich eine eigene Station: eben «Weiach Kaisersthl».

Quelle

  • Bülach-Dielsdorfer Volksfreund, Nr. 45, Mittwoch, 7. Juni 1882

[Veröffentlicht am 5. August 2007]

Mittwoch, 6. Juni 2007

Die Kantonsregierung lügt uns seit 50 Jahren an

Heute vor 50 Jahren wurde die Regierung des Kantons Zürich von ihrem eigenen Stimmvolk desavouiert. Die Stimmbürger trauten den flughafenbejubelnden Schalmeienklängen der Regierungsräte nicht über den Weg. Völlig zu Recht, wie sich in den darauf folgenden Jahrzehnten zeigte.

Der nachstehende Text von der offiziellen Website der Gemeinde Höri ist ein Augenöffner was den Verrat an der eigenen Bevölkerung betrifft. Er zeigt wie Regierungen Realpolitik machen. Ganz nach dem Motto: Was interessiert mich mein Geschwätz (= Abstimmungspropaganda) von gestern.

«Im Vorfeld der Erweiterung des Flughafens im Jahre 1957 gelangte der Gemeinderat Höri im Mai an den Regierungsrat. Er war beunruhigt über den zunehmenden Fluglärm, wies den gelegentlich geäusserten Vorwurf übertriebener Empfindlichkeit in aller Form zurück und äusserte seine Besorgnis um eine gesunde Wohnplanung. Noch vor der Abstimmung am 6. Juni 1957, gelangte die regierungsrätliche Antwort an den Gemeinderat Höri. Einige Zitate aus dem Schreiben mögen einen Eindruck vermitteln:

„… Düsenflugzeuge werden einen Schalldämpfer aufweisen, die … den Lärm auf das Ausmass der heutigen Kolbenflugzeuge reduzieren werden. Es kann darum heute schon erklärt werden, dass Gefährdungen und Schädigungen der Gesundheit nicht zu befürchten sind. Düsenflugzeuge, die größeren Lärm erzeugen als die heutigen grossen Kolbenmotorflugzeuge erhalten Landeverbot.“

Trotz dieser beruhigenden Erklärungen gegenüber Höri wurde die Vorlage an der Abstimmung verworfen. Doch schon ein Jahr später wurde eine revidierte Ausbauvorlage zur Abstimmung unterbreitet. Die dem Lärmproblem eine größere Beachtung schenkte. In der Weisung an den Stimmbürger war unter anderem zu lesen, dass der Fluglärm keinen weitere Steigerung, sondern im Laufe der Jahre eine Milderung erfahre. Die Regierung werde sich mit allen verfügbaren Mitteln dafür einsetzen, dass auf dem Flughafen Zürich nur solche Flugzeuge zugelassen würden, die keinen übermässigen Lärm erzeugten. Diese deutliche und unmissverständliche Zusicherung der Regierung überzeugte: Diese zweite Ausbauvorlage wurde vom Volk gutgeheissen.

Trotz den Beteuerungen der Kantonsregierung nahm der Fluglärm laufend zu. Die ständig gestiegenen Flugbewegungen haben dazu geführt dass heute in gewissen Baugebieten die Alarmwertgrenze gemäss Lärmschutzverordnung überschritten wird, was zur Folge hat, dass die betroffenen Parzellen mit einem Bauverbot belegt sind. Wohnbauten bedürfen heute besonderer Schallschutzmassnahmen. Ebenso ist wegen auftretender Randwirbelschleppen landender Grossraumflugzeuge auch die Dachziegelklammerung obligatorisch geworden. Für den Gemeinderat steht die Gewährleistung einer gesunden Entwicklung der Gemeinde nach wie vor im Vordergrund. Es versteht sich folglich von selbst, dass sich der Rat für eine gerechte Verteilung der Lärmbelastung und somit eine Verminderung der Belastung für die Gemeinde Höri mit allen Mitteln einsetzt und sich gegen eine bauliche Erweiterung (Pistenverlängerung, Parallelpiste) des Flughafens zur Wehr setzt.
»

Fazit: Der damaligen Regierung konnte man im Nachhinein gesehen nicht über den Weg trauen. Und unseren heutigen Regierungsräten? Bei denen dürfte es kaum anders sein. Auch bei ihnen heiligt der Zweck die Mittel. Oder anders gesagt: erlaubt ist ganz offenbar auch bewusste Irreführung der eigenen Bevölkerung. Sind ja nur ein paar Nasen im Unterland. Nicht relevant für die eigene Wiederwahl.

Dieser Beurteilung ist nicht viel mehr hinzuzufügen, als dass man die Angelegenheit in Weiach ganz ähnlich sieht. Auch wir wurden über den Tisch gezogen und kämpfen deshalb Seite an Seite mit Höri gegen Pistenverlängerung, Parallelpiste und Gekröpften Nordanflug.

Quelle

[Veröffentlicht am 5. August 2007]

Dienstag, 5. Juni 2007

Durchzogenes Feldschiessen

Das grösste Schützenfest der Welt soll es sein, das Eidgenössische Feldschiessen. Die Deutschen sind zwar der Meinung, das Schützenfest Hannover sei das grösste der Welt. Aber nach der Teilnehmerzahl (und nicht der Anzahl Besucher, die nur an die Chilbi gehen) ist das Eidgenössische wohl trotzdem grösser, auch wenn es unmöglich scheint, dem Internet genaue Zahlen zu entlocken. Nicht einmal die Website des Schweizer Schiesssportverbands (SSV-FST) gibt darüber Auskunft.

Ein Artikel des Neuen Bülacher Tagblatts vermittelt aber schon einen Eindruck von den Grössenordnungen: «Effektiv sind es im Bezirk Dielsdorf 1005 Gewehr- und 235 Pistolenschützen, die das Feldschiessen absolviert haben. Im Bezirk Bülach hingegen mussten die Verantwortlichen einen leichten Rückgang hinnehmen. Die Teilnehmerzahl liegt mit 1529 Gewehr- und 342 Pistolenschützen unter dem Vorjahreswert.» Und das sind bei weitem nicht die bevölkerungsstärksten Bezirke des Kantons Zürich.

Feldschiessen gibt es seit 130 Jahren

Wenigstens findet man beim SSV einen Abriss über die Geschichte:

«Die Entwicklung des Feldschiessens hängt weitgehend mit derjenigen des Obligatorischen Schiessens zusammen. In der Militärorganisation vom 8.5.1850 wird erstmals das jährliche Zielschiessen für Mannschaften eingeführt, wobei die Art der Durchführung und das Schiessprogramm weitgehend den kantonalen Gesetzgebungen vorbehalten war. Die Schiessresultate waren jedoch allgemein unbefriedigend. ".... von den auf die mittlere Distanz von 300 m auf Mannsfigur abgegebenen Schüssen haben nur 15% getroffen und 85% sind vorbeigegangen". Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde mit der MO 1874 eine obligatorische ausserdienstliche Schiesstätigkeit eingeführt.»

Wahrlich kein Ruhmesblatt, nur 15% Treffer. Heute dürfte diese Zahl wesentlich höher liegen - auch dank den wesentlich präziseren Waffen, die nun zur Verfügung stehen.

Die eigentliche Entstehung der Feldsektionswettschiessen, wie sie zuerst hiessen, spielte sich nach der 1874er-Revision in jedem Kanton unterschiedlich ab. Föderalismus pur.

Die Weiacher schossen in Bachs nur mittelprächtig

Das Feldschiessen findet verteilt auf Dutzende von Schiessplätzen und während drei Tagen im Frühling oder Frühsommer statt. Dieses Jahr war der SV Bachs als Organisator an der Reihe.

Gerade gut abgeschnitten haben die Weiacher im westlichen Nachbardorf aber nicht. Bester Weiacher war gemäss den veröffentlichten Listen mit 64 Punkten Dimitris Kalaitzidakis (von den Bachsern falsch registriert ohne t im Nachnamen und s im Vornamen), ein Sohn der Stadtschreiberin von Kaiserstuhl und Enkel des langjährigen Präsidenten der Schützengesellschaft Weiach, Gustav Duttweiler. Immerhin fällt der Apfel nicht weit vom Stamm.

Mit ziemlich lamentablen 55 Punkten (von maximal 72) zeigte sich beim Verfasser dieser Zeilen wieder einmal die Abneigung gegen den Bachser Stand im Speziellen, sowie das Feldschiessen mit seinen B-Scheiben im Allgemeinen. Schiessen ist halt wirklich eine Konzentrationssache - vor allem wenn es darum geht, auf 300 m einzufädeln.

Tages-Anzeiger und Zürcher Unterländer geben sich patriotisch
Lustigerweise haben die beiden Print-Konkurrenten im Unterland sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen und beide neben redaktionellen Artikeln auch die Ranglisten abgedruckt. Der Unterländer ausführlich (4 Seiten, sogar des Verfassers Resultat war drin!), der Tages-Anzeiger eingedampft auf eine Seite mit den Besten.

Quellen
  • Die Treffsichersten am Feldschiessen. In: Tages-Anzeiger Zürcher Unterland, 5. Juni 2007 - S. 65
  • Erfolgreiche Unterländer am grössten Schützenfest der Welt. In: Zürcher Unterländer, 5. Juni 2007 - S. 8-11.
[Veröffentlicht am 5. August 2007]

Montag, 4. Juni 2007

Südschneiser nehmen Atomkatastrophe in Kauf

In vielen Staaten ist man – den 11. September 2001 vor Augen – heutzutage vorsichtig. Direktüberflüge von Kernkraftwerken und anderen Atomanlagen werden nicht mehr gestattet. Solche Anlagen sind von grossen Flugverbotszonen umgeben. Bei manchen stehen sogar schon permanent scharfe, automatische Fliegerabwehrlenkwaffen im Einsatz – bereit, jedes fliegende Objekt abzuschiessen, das in den Luftraum um das Schutzobjekt eindringt und dieses gefährden könnte.

Noch mehr Risiko durch Gekröpften Nordanflug!

Bei uns soll nun genau das Gegenteil von Schutz eingeführt werden. Überflugverbote gab es im Aargau meines Wissens bisher nicht. Der jahrelangen Zwängerei einiger Südschneiser haben wir es nun aber zu verdanken, dass in der Schweiz das Überfliegen von Kernkraftwerken quasi zum Standard werden könnte – nach Einführung des Gekröpften Nordanflugs (GNA) nämlich. Die Aufkolonnierungsräume für diesen Anflug liegen über dem Nordaargau – just dort, wo bei Beznau, Leibstadt, Villigen und Würenlingen einige der heikelsten Anlagen des Landes stehen.

Der Warteraum GIPOL und die vorgesehene Anflugroute bis zur Pistenschwelle sind zwar nicht direkt über den genannten Punkten situiert – aber eben sehr nahe dran. Aus der Erfahrung mit der grossen Streuung der tatsächlichen Flugspuren über dem Landkreis Waldshut (v.a. Piste 14 mit Direktanflug über Weiach) ist anzunehmen, dass es auch viele Direktüberflüge von Kernanlagen geben wird.

Was nicht ins Konzept passt, wird ausgeblendet

Auf der Diskussions-Plattform des Hans Bantli findet man zwar massenhaft kritische Kommentare. Aber eben nur solche, die die eigenen Interessen ohne Wenn und Aber stützen. Alles was dem Ziel «Weg mit den Südanflügen – aber subito» gefährlich werden könnte, wird ausgeblendet. Beweise gefällig?

Über die Absturzrisiken im Südanflug lamentieren die Südschneiser seitenweise und erklären ein übers andere Mal wie unzumutbar dieses ach so ungerechte Anflugverfahren doch sei. Wenn ihnen dann aber ein NZZ-Journalist deutsch und deutlich und unter Verweis auf einen Bericht ausgewiesener Experten aus Grossbritannien (der CAA Safety Regulation Group) unter die Nase reibt, dass auch der geplante gekröpfte Nordanflug ein mit sehr grossem Absturzrisiko behaftetes Verfahren ist (da kompliziert und nicht vollautomatisiert) – dann herrscht auf dieser Plattform das grosse Schweigen. Der Diskussionsbeitrag der NZZ wurde zwar im Forum gepostet – in den Kommentaren jedoch mit keinem Wort darauf eingegangen.

Von Risiken redet man nur, wenn es einem nützt

Sehr verwunderlich, geht es doch auch hier um ihr immer wieder bemühtes Mantra: die Sicherheit und den Umweltschutz. Der Anflug von Süden auf Piste 34 verfügt nun über ein Instrumentenlandesystem. Das neue Verfahren im Norden (auch Short 14 genannt) soll aber – mindestens in der ersten Zeit – über weite Strecken im reinen Sichtflugverfahren geflogen werden. Konkret bedeutet das: mehrere Jahre lang!

Dass dies gefährlicher ist als ein Instrumentenanflug liegt zwar auf der Hand – den Gelbkäppchenschneisern ist das aber schnurzpiepegal. Höhere Absturzrisiken im Norden sind für sie halt eine notwendige und leider, leider, leider unausweichliche Folge der von ihnen ständig geforderten 100%igen Wiedereinführung der sogenannten «historischen Nordausrichtung», wie sie das zu nennen belieben. Polemisch formuliert lautet ihr Programm: Mit Toten im Norden können wir leben. Denn unsere Ruhe geht uns über alles.

Entscheid nach Fakten? Ja klar, Fakt ist: wir sind die Mehrheit.

Die konsequente Erpressung der eigenen Politiker («Und bist du nicht für den GNA, dann wähl' ich Dich beim nächsten Mal nicht mehr») wirkt sich aus. Die neugeschmiedete Allianz der St.Floriansgemeinden im Süden hat sogar noch die Frechheit einen «Entscheid nach Fakten und nicht nach politischer Willkür» zu fordern (Mediencommunique vom 3.5.2007).

Dabei sind sie ohnehin nur willens, Fakten zu akzeptieren, die ihnen in den politischen Kram passen und ausschliesslich zu ihrem Nutzen sind. Reine Willkür also. Wenn sie wenigstens ehrlich wären und zugeben würde, dass das nicht deklarierte Ziel seit Jahrzehnten das immer Gleiche ist: Siegen soll wieder einmal die Diktatur der Geldsäcke.

Jodtabletten für alle - auch für die Südschneiser

Das Geld und die Ruhe werden ihnen aber auch nichts mehr nützen, wenn ihr blindes Vertrauen in die Piloten zum bösen Erwachen führt. Denn sollte es je zu einem (absichtlich herbeigeführten) Absturz eines Grossraumflugzeugs auf eine Atomanlage im Aargau und einer nachfolgenden Freisetzung von Radioaktivität kommen, dann muss sich auch der Gelbkäppchenschneiser seinen Teil der Verantwortung aufrechnen lassen.

Aber eben, sein Glaubensbekenntnis ist ja dieses: Hauptsache der Flughafen ist nur einen Katzensprung entfernt, mein nur dank Flughafen möglicher Job bringt mir fette Boni und trotzdem sei jederzeit garantiert absolute Ruhe über meinem Villen-Dach.

Es wäre an der Zeit, auch den Gelbkäppchen im Süden Jodtabletten zu verteilen, wie sie hier bei uns jeder Haushalt schon länger im Apothekenkasten hat. Rein präventiv, versteht sich. Denn sie wissen ja nicht, was sie tun.

Quellen

  • Bolli, R.: Gekröpfter Nordanflug - sicher genug? Studie warnt vor Einführung des Nicht-Präzisions-Verfahrens. In: Neue Zürcher Zeitung, 4. Januar 2007.
  • Fluglärmforum Süd (Plattform der Gemeinden und Städte im Süden des Flughafens Zürich): Genugtuung beim Fluglärmforum Süd über die Auflage des Gekröpften Nordanflugs: Süden verlangt Entscheid nach Fakten und nicht nach politischer Willkür. Medienmitteilung, Fällanden, 3. Mai 2007


[Veröffentlicht am 2. August 2007]

Sonntag, 3. Juni 2007

Wegen Konkurs im Aktivbürgerrecht eingestellt

Von Konkursen früherer Tage und ihrem Widerhall in den damaligen Zeitungen hat WeiachBlog schon bei mehreren Gelegenheiten berichtet.

Auch heute jährt sich wieder eine solche Publikation. Sie erfolgte im «Bülach-Dielsdorfer Volksfreund» (heute: Neues Bülacher Tagblatt) Nr. 44 vom Samstag, 3. Juni 1882. Dort liest man:

«Konkursbeendigung.

Die Konkurse über:
1. Jakob Schneider, Weber von Weiach,
2. Heinrich Albrecht, alt Gemeindammann von Stadel,
3. Heinrich Albrecht, Rudolfen, Schwarzen von Stadel,
4. Heinrich Bucher, alt Försters Sohn, von Stadel,
sind beendigt. Im Aktivbürgerrecht wurden eingestellt
1. Jakob Schneider bis 17. Mai 1884,
2. Heinrich Albrecht, alt Gemeindammann bis 17. Mai 1885. Nr. 3 und 4 sind im Aktivbürgerrecht nicht eingestellt worden.

Niederglatt, den 30. Mai 1882.
Notariatskanzlei Niederglatt;
Alex. Schmid, Landschreiber.
»

Für zwei Jahre an den Pranger gestellt

Das Recht sah also vor 125 Jahren noch eine Bestrafung an der Ehre vor. Die Konkursiten konnten je nach ihrem Verschulden auch öffentlich an den Pranger gestellt werden - und das in weitem Umkreis.

In einer Welt wie dem damaligen Zürcher Unterland, in der es je nach Gemeinde gerade einmal eine bis zwei Zeitungen und sonst ausser amtlichen Anschlägen keine schriftlichen Informationen gab, ist diese Massnahme überaus einschneidend. Zumal allen Anwesenden an jeder Weiacher Gemeindeversammlung der nächsten zwei Jahre klar war, aus welchen Gründen Jakob Schneider nicht mitstimmen durfte.

Ob Schneider auch von der Teilnahme an der Gemeindeversammlung ausgeschlossen war oder es gleich vorzog, dort gar nicht erst zu erscheinen, ist mir nicht bekannt. Allenfalls ist in alten Versammlungsprotokollen noch der eine oder andere Hinweis versteckt.

[Veröffentlicht am 2. August 2007]

Samstag, 2. Juni 2007

Gekröpfter Nordanflug – nur ein politisch motiviertes Zückerli

Im Sommer 2006 testete Flughafenbetreiber UNIQUE die Wassertemperatur in den vom Gekröpften Nordanflug direkt betroffenen Gemeinden. Sie gingen mit ihrem Projekt auf Roadshow und schauten direkt bei den kommunalen Behörden vorbei.

Man kann diese Mission(ierung) nicht wirklich als erfolgreich bezeichnen, wenn man in den öffentlich aufgelegten Unterlagen zu den nötigen Baumassnahmen in der Anflugschneise den nachfolgend in voller Länge und ohne Zwischenkommentare wiedergegebenen Brief des Gemeinderates Weiach an UNIQUE Flughafen Zürich AG, Operation Ingeneering [sic!], Herr B. Ehrler, 8058 Zürich-Flughafen liest:

«8187 Weiach, 4. September 2006

"Gekröpfter Nordanflug" / Hindernisbefeuerung auf dem Stadlerbeg.
[sic!]
Stellungnahme des Gemeinderates Weiach

Grüezi Herr Ehrler

Am 18. Juli 2006 haben Sie zusammen mit einer Delegation von Unique Flughafen Zürich AG den Gemeinderat über den Stand des von Unique eingeleiteten Verfahrens für einen "gekröpften Nordanflug" mit Sicht-Endanflug informiert. Es handelt sich dabei um ein Anflugverfahren aus dem westlich gelegenen Warteraum "GIPOL" auf die Piste 14 des Flughafens Zürich.

Der Anflug verläuft von Frick AG bis nach Zurzach in ost-nordöstlicher Richtung und anschliessend nach Osten bis auf die Höhe von Weiach, wo die Flugzeuge nach Südosten einschwenken, um auf die Piste 14 abzusinken. Ab einem Punkt 8 km vor dem Pistenende, also im Grenzbereich der Gemeinden Weiach, Stadel und Bachs, müssen die Piloten die Pistenschwelle sehen und nach Sichtreferenzen von Hand fliegen. Sieht der Pilot die Pistenschwelle nicht, muss er einen Durchstart einleiten.

Für dieses Anflugverfahren ist der Stadlerberg ein Hindernis. Aufgrund der duchgeführten Sicherheitsbeurteilung verlangt das Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL die Erweiterung der Hindernisbefeuerung unter anderem auch im Bereich "Haggenberg" (Stahlrohrmast Nr. 603) auf dem Gemeindegebiet von Weiach als nördlichster Befeuerungspunkt.

Anlässlich der Besprechung vom 18. Juli 2006 ist der Gemeinderat eingeladen worden, sich zuhanden des Berichtes von Unique an das BAZL zur geplanten Hindernisbefeuerung zu äussern. Diesem Wunsch kommt die Behörde gerne nach.

Erwägungen

a) Die zusätzliche Befeuerung, Stahlrohrmast Punkt 603, ist auf einem Grundstück der politischen Gemeinde vorgesehen.

b) Ungeachtet der unterschiedlichen Ansichten und Standpunkte in der Fluglärmdebatte sind sich alle Parteien zusammen mit Unique und Skyguide einig, dass die Sicherheit bei den Anflugverfahren oberste Priorität geniesst.

c) Diesen Sicherheitsaspekt bringen die Südgemeinden und auch die Stadt Zürich immer wieder lautstark in die Diskussion um eine gerechte Fluglärmverteilung ein. Der Gemeinderat Weiach fragt sich ernsthaft, ob dieses Streben nach Sicherheit für die Nordgemeinden und insbesondere für die Bevölkerung um den Stadlerberg nicht gilt.

d) Obwohl der Anflugkorridor mit rund 2 Kilometern Breite grosszügig bemessen ist, gibt es keine Garantie, dass dieser im Rahmen des Sichtanfluges durch den Piloten eingehalten und nicht verlassen wird. Je weiter nördlicher der Anflug erfolgt, desto grösser ist das Sicherheitsrisiko der Dorfbevölkerung.

e) Im Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass vom Piloten Durchstarts eingeleitet werden müssen, wenn der Sichtkontakt zur Piste fehlt. Diese Durchstarts erfolgen in Bezug auf das darunterliegende Terrain in geringer Höhe und stellen nebst den zusätzlichen Immissionen ein zusätzliches Sicherheitsrisiko für die Dorfbevölkerung dar.

f) Der als sicher angepriesene "gekröpfte Nordanflug" mit dem neuen, genaueren Navigationsstandard (P-PNAV) endet genau im Grenzbereich der Gemeinden Weiach und Stadel mit dem offensichtlichen Hindernis "Stadlerberg". Für den Endanflug und die restliche Flugdauer sind ausschliesslich das Können und die Erfahrung des Piloten das Mass aller Dinge.

g) Seit dem Flugzeugabsturz von 1990 ist die Bevölkerung sensibilisiert, dass sich das erlebte und in den Köpfen stets presente Ereignis mit noch grösseren Folgen auf dem Gemeindegebiet von Weiach wiederholen könnte. Je komplexer ein Anflugverfahren ist, desto grösser auch das Risiko eines Fehlers.

h) In einem Bericht des Zürcher Unterländers vom 29. Juli 2006 äussert sich Tower Chef Andreas Heiter, notabene einer der profundesten Kenner des Flughafens Zürich sehr skeptisch zum "gekröpften Nordanflug". Seiner Ansicht nach entspricht dieser nicht den internationalen Standards eines interkontinentalen Flughafens, wonach ein sicherer Anflug möglichst lange geradeaus geflogen werden sollte. Einen Vergleich mit dem JF.-Kennedy-Flughafen in New York akzeptiert er nicht, da sich dort die topographischen Verhältnisse anders präsentieren.

i) Gemäss den Informationen findet der "gekröpfte Nordanflug lediglich während den Sperrzeiten über deutschem Luftraum (21.00 - 07.00 Uhr) jeweils von 06.00 - 07.00 Uhr Lokalzeit Anwendung, um die "dichtbesiedelten Gebiete im (südlichen!!) Anflugbereich teilweise zu entlasten" (und den Norden wieder zusätzlich zu belasten).

Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich diese geringe Erleichterung von lediglich einer Stunde für die südlichen Gebiete, wo das Anflugverfahren einfacher und sicherer durchgeführt werden kann, zulasten der Sicherheit der Bevölkerung mit einem komplexen risikoreichen Anflugverfahren im Norden rechtfertigen lässt.

j) Nach Aussage der Vertreter der UNIOUE ist die Planung und Umsetzung des "gekröpften Nordanfluges" mit erheblichen Kosten verbunden. Diese Kosten stehen offensichtlich in keinem Verhältnis zum Nutzen, da der Flugbetrieb aus wirtschaftlichen und Kapazitätsgründen pro Tag nur je 1 Stunde mit dem "gekröpften Nordanflug" ausgeführt werden kann. Es zeigt sich damit, dass das geplante neue Anflugverfahren lediglich ein politisch motiviertes "Zückerli" darstellt um die kritischen Stimmen im Süden zu beruhigen.

k) Der Gemeinderat ist überzeugt, dass der Flughafen auch ohne den "gekröpften Nordanflug" sehr gut zu betreiben ist. Dieses Anflugverfahren ist ausschliesslich politisch motiviert und dient lediglich dazu, den wirtschaftlich starken und einflussreichen Süden vom Fluglärm zu befreien. Dass man bereit ist, dafür die Bevölkerung im Norden des Flughafens einem erhöhten Sicherheitsrisiko auszusetzen, stimmt sehr nachdenklich.

Der Gemeinderat beschliesst:

1. Dem Aufstellen einer Hindernisbefeuerung auf dem Grundstück der Politischen Gemeinde Weiach, Punkt 603, Haggenberg wird nicht zugestimmt.

2. Eine baurechtliche Bewilligung zur Erstellung der Hindernisbefeuerungsmasten auf Punkt 603 auf dem Gemeindegebiet von Weiach zur Realisierung des "gekröpften Nordanflugs", muss im Interesse unserer Bevölkerung aus Sicherheitsgründen verweigert werden.
»

Kommentar WeiachBlog

Das Misstrauen gegenüber diesem neuen Ansinnen der Flughafengewaltigen ist in obigem Schreiben mit Händen zu greifen.

Konsequenterweise verweigert die politische Gemeinde auch die Baubewilligung und lässt es auf ein Enteignungsverfahren ankommen. Damit demonstriert die Behörde deutlich, was sie vom Gekröpften hält - nämlich gar nichts.

Es ist wirklich so, wie der Gemeinderat schreibt. Der «Gekröpfte» ist ein «politisch motiviertes Zückerli», das mehr Risiken für den Norden und die Flugpassagiere bringt und letztlich nur einem Ziel dient: das Geschrei der Gelbkäppchen-Schneiser im reichen Süden in den Ohren der Regierenden wenigstens etwas abzudämpfen.

Für den operativen Betrieb des Flughafens bringt diese neue Anflugvariante rein gar nichts - im Gegenteil. Das geben Verantwortliche von UNIQUE im persönlichen Gespräch offen zu. Wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand.

Hoffen wir, dass die Gemeinde sämtliche Rechtsmittel ausschöpft, um die angedrohte Enteignung eines Teils unseres Waldes wenn nicht zu ver-, so doch maximal zu be-hindern.

[Veröffentlicht am 2. August 2007]

Freitag, 1. Juni 2007

Heugras-Verkauf direkt ab Wiese

Wie gestern, so auch heute: 125 Jahre alte Inserate aus dem Bülach-Dielsdorfer Volksfreund, dem Vorläufer des heutigen Neuen Bülacher Tagblatts.

Der Jahreszeit und der damaligen wirtschaftlichen Basis entsprechend geht es vor allem um den Absatz landwirtschaftlicher Produkte - sonnengetrocknetes Gras.

Heugras-Verkauf.

«Wittwe Markwalder in Zürich verkauft das Heugras ab 2 Vierling Wiesen im Dörfler, 2 Vierling beim Weier, und den Lucerneklee ab 2 ½ Vrlg. Acker in Krummäckern, Gemeindsbann Weiach. Um Kaufsabschlüsse für einzelne Stücke oder das Ganze wende man sich an Posthalter Meierhofer in Weiach.»

Zum Verkauf.

«Das Heugras ab ca. 40 Aren oder 5 Vierling Wiesen in Kleinenwiesen.
Auskunft ertheilt Frau Anna Schenkel in Weiach.
»

Man muss sich das wohl so vorstellen, dass der Käufer das Gras noch im frischen Zustand, also ungeschnitten und direkt ab Wiese erstanden hat. Denn wäre es schon getrocknet und eingebracht, dann würde die Lage der Wiese wahrscheinlich nicht mehr so interessieren.

Ortskundige konnten den Flurnamen jedenfalls schon ziemlich genau entnehmen, um welche Qualität es sich beim Angebotenen handelte. Es gab auf Gemeindegebiet schliesslich damals schon Trockenwiesen, saure Riedgraswiesen und fette, mit Bachwasser genährte Schwemmwiesen.

Interessant ist auch, dass Witwe Markwalder (vielleicht eine in die Stadt verheiratete ehemalige Weiacherin) den hiesigen Posthalter als Intermediär nutzte. Das scheint bei weitem die effizienteste Lösung gewesen zu sein.

Umbruchphase auf neue Flächenmasse

Ebenso bemerkenswert sind die unterschiedlichen Flächenangaben, besonders im Inserat von Frau Schenkel. Sie schreibt explizit von 40 Aren! Und weil das damals noch nicht allen geläufig war, gibt sie auch die Umrechnung in Vierling.

Erst 1877 war schliesslich mit der Einführung des metrischen Systems die Are als gesetzliche Einheit festgelegt worden. Ein Juchart unterteilte sich in 4 Vierlinge. Man kann also umrechnen und sieht, dass 1 Vierling damals in Weiach 8 Aren entsprach.

Wenn man das mit dem WeiachBlog-Artikel über die Jucharte vergleicht, dann stellt man fest: die Weiacher Jucharte (etwa 32 Aren) war offenbar kleiner als die des benachbarten Kaiserstuhls (ca. 36 Aren).

Quellen

[Veröffentlicht am 18. Juli 2007]