Mittwoch, 22. Januar 2020

Haus Nr. 72 wird im Sternen zu Weiach öffentlich versteigert

Die Lagerbücher der kantonalen Brandassecuranz (heute unter dem Namen Gebäudeversicherung des Kantons Zürich, kurz: GVZ, bekannt) waren ja eigentlich vor allem dazu gedacht, die Versicherungssummen und Änderungen im Baubestand für die assekurierten Häuser zu verzeichnen. Eine unverzichtbare Hilfe beim Inkasso der Prämien und bei Schadenfällen.

Heutzutage haben die alten Folianten aber noch eine ganz andere Funktion. In Verbindung mit Amtlichen Bekanntmachungen in alten Zeitungen kann man die eine oder andere Hausgeschichte zuweilen mit einem weiteren Mosaikstein komplettieren.

Versteigerung eines Heimets, 4. Dezember 1854

So wie mit dieser Versteigerungsankündigung in der Freitagszeitung, u.a. betreffend das «Wohngebäude No. 72» in Weiach:

«Aus Auftrag des löbl. Bezirksgerichtes Regensberg und unter Ratifikationsvorbehalt desselben werden Montags den 4. Dezember 1854, Nachmittags 3 Uhr, im Sternen zu Weiach auf öffentlicher Gant verkauft: die Pfände eines 450 fl. a. W. haltenden Schuldbriefes, d. d. 23. Oktober 1849, auf den gegenwärtig unbekannt abwesenden Hs. Ulrich Meierhofer, Schuster, in Weiach, zu Gunsten des dortigen Schulgutes, bestehend in dem Wohngebäude No. 72, 3 Vierling Rebland, 6 Mäßli Wiesen, 7 Mäßli Ackerland, 2 Mäßli Holz und Boden. Niederglatt, den 24. November 1854. Notariatskanzlei Neuamt: Landschreiber Bänninger.»  (Züricherische Freitagszeitung, Nummer 48, 1. Dezember 1854, S. 4)

Abgebrannt am 16. Juni 1927

Aus der Gebäudenummernkonkordanz der Gemeinde Weiach (einem Zusammenzug verschiedener Information aus diesen alten Lagerbüchern) geht hervor, dass die nach System 1809 mit der N° 72 versehene Baute ab 1895 die Nr. 136 trug und «In Kellen» stand. Stand, denn dieses Bauernhaus ist abgebrannt.

In der sechsten, erweiterten Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach», die seit 2003 unter Titel «Weiach – Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes» erscheint (Ausgabe V6.20, Dezember 2019. 108 S.; pdf, 2.88 MB) ist auf Seite 69 zu lesen:

«Am 16. Juni 1927 traf das Unglück ein Wohnhaus mit Scheune, Stall und Schweinestallanbau, das Kleinbauernhaus des Robert Siegenthaler an der Stockistrasse; es stand nördlich der Abzweigung in die Zelglistrasse, gegenüber dem «Chalet» (Stockistrasse 8). Da dieses Gebäude nicht wiederaufgebaut wurde, wird diese Wiese «der Brandplatz» genannt.»

Und in der dazugehörigen Fussnote 242:

«Zollinger schrieb in der 1. Auflage 1972, dieses Haus habe «gegenüber dem Brunnen beim Schopf Rüdlinger gestanden», also auf Parzelle Nr. 206. Dass es eher «schräg gegenüber» heissen müsste und eigentlich Parzelle Nr. 349 gemeint ist, hat U. Brandenberger vom zum Zeitpunkt des Brandes zweijährigen Sohn des Besitzers, Walter Siegenthaler-Rüdlinger (1925-2015, ehemals wohnhaft Chälenstrasse 22), mitgeteilt erhalten (Persönl. Gespräch, 31.8.2002). Siegenthalers Aussage wird durch die Schräg-Luftaufnahme LBS_MH01-004532 bestätigt (Walter Mittelholzer, 1925: http://doi.org/10.3932/ethz-a-000296424).»

Davor noch aus der Luft fotografiert, 1925

Dank der Luftaufnahme von Swissair-Mitgründer und Flugpionier Walter Mittelholzer haben wir noch einen letzten Bildbeweis für die Existenz dieses im Dezember 1854 versteigerten Hauses (Blickrichtung nach Südwesten):


Im roten Rahmen sieht man unten das abgebrannte Haus, oben das heute noch stehende Gebäude Zelglistrasse 6.


Derselbe rote Rahmen auf die Erstausgabe der Siegfriedkarte 1:25'000 gelegt, die gemäss maps.zh.ch um 1880 entstanden ist. Zum Vergleich: Auf der Siegfriedkarte 1930 fehlt das Gebäude Nr. 72.

Keine Kommentare: