Wenn einer dem anderen einen Schaden zufügt, dann wird das auf dem Land in der Regel ohne grosses Aufhebens zwischen den Beteiligten geregelt. Davon muss der Staat nichts erfahren. Wichtig ist ja nur, dass einem der Schaden ersetzt wird, oder? Man muss den anderen ja nicht noch verpfeifen.
Das sahen die Obrigkeiten allerdings ganz anders. Denn damals wie heute waren Bussgelder eine wichtige Einnahmequelle. Heute hat der Staat Radarfallen aufgestellt, deren Einnahmen fix im Budget eingeplant sind. Und damals? Da verpflichtete man den Geschädigten, den Schädiger bei den Behörden zu «leiden», d.h. zu melden:
«So einem ein schadt durch verweiden, graßen, köhlen oder auf ander weiß und weg vor yemand beschehe, undt der selbige, deme dißer schaden widerfahren, solchen fürsezlicher weiß weder selbst noch durch yemandt anderen gehöriger orthen, dz ist vor ampt- oder dorffmeier und geschwornen, leiden, sondern verschweigen undt vertädigen wolte, der selbige solle hierumb nebent disen gelittenen schaden noch in die buß darzue nach gstaltsame der sachen verfallen sein.»
So wurde das anlässlich des Jahrgerichts am 13. Mai 1670 (d.h. einer besonderen Gemeindeversammlung, an der alle anwesend zu sein hatten) durch die Amtsträger des Fürstbischofs von Konstanz in «satz- und ordnungen» verpackt, öffentlich vorgelesen.
Verschweigen oder gar Rechtfertigen (vertädigen) von Verbotenem wurde also mindestens dreifach bestraft: beim Übertreter mit der dafür vorgesehenen Busse. Und beim Geschädigten mit einer Strafe fürs Verschweigen und dadurch, dass er auf dem Schaden sitzen blieb. Was hier nicht steht: gut möglich, dass die Obrigkeit die Schadensumme beim Schädiger trotzdem einzog und für sich behielt.
Der Sinn ist klar. Die fürstbischöfliche Verwaltung wollte sich so den Anken nicht vom Brot nehmen lassen. Die Plafonierung des maximal zulässigen Bussbetrags auf 9 Pfund (Abmachung mit den Zürchern als hoher Obrigkeit) und fortschreitender Geldentwertung liessen dies aus Regierungssicht umso angezeigter erscheinen.
Aber verkauft wurde das den Weiachern natürlich nur mit dem obrigkeitlichen Auftrage: Aufrechterhalten von Gesetz und Ordnung.
Quelle
- Weibel, Th.: Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen. Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft; Erster Band: Das Neuamt. Aarau 1996 – S. 436. [RQNA 193 Bemerkung 1, Nr. 5]
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